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Das Schutzschirmverfahren nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)

©2014 Bachelorarbeit 64 Seiten

Zusammenfassung

In der aktuellen Auflage der Insolvenzordnung (InsO), welche zum 01.01.1999 in Kraft getreten ist, ist durch § 1 InsO das oberste Verfahrensziel, die Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen. Mit der Neueinführung dieser InsO wird jedoch auch erkennbar, dass der Gesetzgeber nun auch die Sanierung notleidender Unternehmen vorsieht, anstatt diese zu liquidieren. Es sollte ein Grundstein für den Erhalt der Unternehmen gelegt werden, damit sie wieder wettbewerbsfähig werden bzw. es weiterhin bleiben. Als Vorbild galt das erfolgsversprechende amerikanische Insolvenzrecht nach Chapter 11, da die dortigen Sanierungen sehr erfolgreich verlaufen und eine zweite Chance für ein Unternehmen als ein gängiges Verfahren angesehen wird. Allerdings konnte dieser Erfolg nach Deutschland nicht übertragen werden, sodass wieder ein Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers geboten war. Es folgte die Einführung des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) und mit ihr neue Instrumente, die mit ihrer Umsetzung in der Praxis zu einer neuen Insolvenzkultur in Deutschland führen sollten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


LG
Landgericht
MoMiG
Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung
von Missbräuchen
n. F.
neue Fassung
Nr.
Nummer
NZI
Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung
OHG
offene Handelsgesellschaft
OLG
Oberlandesgericht
PartG
Partnerschaftsgesellschaft
Rn.
Randnummer
SGB
Sozialgesetzbuch
StBerG
Steuerberatungsgesetz
StGB
Strafgesetzbuch
u. a.
unter anderem
u. U.
unter Umständen
USA
United States of America
vgl.
vergleiche
VR
Verwaltungsrundschau
z. B.
zum Beispiel
ZInsO
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZPO
Zivilprozessordnung

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
In der aktuellen Auflage der Insolvenzordnung (InsO), welche zum 01.01.1999 in Kraft
getreten ist, ist durch § 1 InsO das oberste Verfahrensziel, die Gläubiger gemeinschaftlich
zu befriedigen. Mit der Neueinführung dieser InsO wird jedoch auch erkennbar, dass der
Gesetzgeber nun auch die Sanierung notleidender Unternehmen vorsieht, anstatt diese zu
liquidieren.
1
Es sollte ein Grundstein für den Erhalt der Unternehmen gelegt werden, da-
mit sie wieder wettbewerbsfähig werden, bzw. es weiterhin bleiben. Als Vorbild galt das
erfolgsversprechende amerikanische Insolvenzrecht nach Chapter 11, da die dortigen Sa-
nierungen sehr erfolgreich verlaufen und eine zweite Chance für ein Unternehmen als ein
gängiges Verfahren angesehen wird. Allerdings konnte dieser Erfolg nach Deutschland
nicht übertragen werden, sodass wieder ein Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers
geboten war. Es folgte die Einführung des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sa-
nierung von Unternehmen (ESUG) und mit ihr neue Instrumente, die mit ihrer Umsetzung
in der Praxis zu einer neuen Insolvenzkultur in Deutschland führen sollten.
2
Dem Unternehmen stehen für die Sanierung folgende Instrumente zur Verfügung:
3
x übertragende Sanierung
x Insolvenzplanverfahren sowie
x HLJHQYHUZDOWHWHV ,QVROYHQ]YHUIDKUHQ LQVEHVRQGHUH GDV ÄQHXH³ 6FKXW]VFKLUPYHU
fahren.
Die Unternehmensfortführung ist dabei für das ESUG und seinen Instrumenten eine we-
sentliche Voraussetzung und ein direkter Unterschied zum Regelinsolvenzverfahren, mit
welcher das Unternehmen aufgelöst werden würde.
4
Wie bereits erwähnt, bleibt trotz der neuen Sanierungsmöglichkeit durch die Einführung
des ESUG weiterhin das oberste Gebot bestehen, dass die Gläubiger gemeinschaftlich
befriedigt werden sollen. Hierzu dient vor allem auch das Anfechtungsrecht der InsO,
mithilfe dessen die Möglichkeit besteht, die Insolvenzmasse in den Zustand zurückzuver-
setzen, welcher bestanden hätte, wenn eine für andere Gläubiger benachteiligende
1
Vgl. Diss. Lixfeld, S. (2010), S. 1.
2
Vgl. Vgl. Harant, I. (2013), S. 1.
3
Hohberger, S., et al. (2014), S. 328.
4
Vgl. Hohberger, S., et al. (2014), S. 328.
1

Rechtshandlung nicht erfolgt wäre. Dem Insolvenz- bzw. Sachwalter werden durch die
§§ 129 ff. InsO eine Reihe von Anfechtungsmöglichkeiten zur Seite gestellt, die dem
Wohle aller Gläubiger nützen und nicht einen allein bevorzugen.
5
Vor bzw. in der Phase der Unternehmenssanierung können Fehler seitens des GmbH-
Geschäftsführers auftreten. Dabei kommen eine Reihe strafrechtliche sowie haftungs-
rechtliche Tatbestände in Betracht, die weitreichende Konsequenzen für den Geschäfts-
führer selbst mit sich bringen. Allen voran gilt die Insolvenzverschleppung als häufigster
Tatbestand in der Unternehmenskrise. Der Geschäftsführer haftet dann höchst selbst.
Aber auch in Zeiten vor der Unternehmenskrise kann der Geschäftsführer in Regress ge-
nommen werden, wenn durch ihn das Unternehmensvermögen beeinträchtigt wird und es
auf ein schuldhaftes Handeln dessen zurückzuführen ist.
6
Das Schutzschirmverfahren wird mittlerweile von vielen Unternehmen und der Öffent-
lichkeit anerkannt und zur Unternehmenssanierung vermehrt angewandt, so auch u. a. der
Verlag Suhrkamp, der Fernsehgerätehersteller Loewe, der Maschinenbauer Centrotherm
oder die Immobilienfirma IVG Immobilien
7
, wenngleich auch festgehalten werden muss,
dass dieses Verfahren fast ausschließlich eher von größeren Unternehmen genutzt wird.
8
Das Schutzschirmverfahren als besonderes Instrument der Eigenverwaltung hat in dieser
Thesis einen zentralen Stellenwert und es wird in der weiteren Analyse regelmäßig Bezug
auf dieses Instrument genommen.
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Eigenverwaltung und insbesondere das
Schutzschirmverfahren vor dem Hintergrund der Anfechtungsrisiken und der Haftung des
GmbH-Geschäftsführers zu beleuchten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist diese Thesis in
vier Kernelemente gegliedert. Zunächst werden die Grundlagen des Insolvenzrechts er-
örtert. Es werden kurz die Phasen der Unternehmenskrise dargestellt, die die letztlich ein
Handeln des Unternehmens erforderlich werden lassen. Weiter folgt die Definition bzw.
Abgrenzung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem vorläufigen Sachwalter.
5
Vgl. Thole, Ch. (2010), S. 5 ff..
6
Vgl. Jula, R., et al. (2010), S. 154 ff..
7
Vgl. Handelsblatt, Schöner Scheitern, Abruf: 31.08.2014.
8
Vgl. Perspektive Mittelstand, Zwei Jahre Schutzschirmverfahren - eine Bilanz, Abruf: 27.09.2014.
2

Für den Einstieg in die Thematik werden die Kernelemente des ESUG mitsamt der Än-
derungen durch den Gesetzgeber im Bezug zur alten Insolvenzordnung erörtert. Insbe-
sondere liegt der Schwerpunkt hier auf der Eigenverwaltung sowie dem Schutzschirm-
verfahren als besonderes Instrument der InsO. Da diese beiden Instrumente sehr eng mit-
einander verknüpft sind, ist eine Vorstellung beider erforderlich, um den Gesamtkontext
zu verdeutlichen. Neben den gesetzlichen Normen soll die Wichtigkeit dieser Neuerun-
gen dargestellt werden. Zudem wird der Sachwalter als wichtige Figur in der Sanierung
mitsamt seiner Aufgaben und Pflichten, sowie seiner Befugnisse vorgestellt.
Bezugnehmend auf das Schutzschirmverfahren kommt es in der Praxis immer wieder zu
Anfechtungsgründen, die zum Schutz der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter
respektive dem Sachwalter geltend gemacht werden können. Die wichtigsten Anfech-
tungsgründe werden konkret dargestellt. Hierbei relevant sind neben der Deckungs-
anfechtung unter anderem auch Handlungen, die sich gegen den Gesellschafter richten.
Aber nicht nur Anfechtungen sind in der Insolvenz von großer Bedeutung. Auch Fehler
des GmbH-Geschäftsführers können weitreichende Konsequenzen für ihn und das Unter-
nehmen aufweisen. Hier werden Straftaten wie die Insolvenzverschleppung oder aber die
Veruntreuung von Arbeitsentgelten sowie weitere strafrechtliche Konsequenzen näher
beleuchtet.
Abgerundet wird diese Thesis mit einer detaillierten kritischen Würdigung der Erkennt-
nisse im Zusammenhang mit dem Schutzschirmverfahren und einem Fazit.
2 Grundlagen des Insolvenzrechts
2.1 Wesen des Insolvenzrechts
Das Insolvenzrecht kommt dann zum Einsatz, wenn ein Unternehmen in Not gerät und
ohne weiteres nicht eigenständig in der Lage ist, diese Krise zu bewältigen. Eine Krise
stellt die Existenzfähigkeit eines Unternehmens in Frage und erzwingt dadurch einen
Handlungsbedarf, der Krise entgegenzusteuern. Insolvenzrechtlich gesehen tritt eine
Krise dann ein, wenn ein Insolvenzeröffnungsgrund nach §§ 17
± 19 InsO
9
gegeben ist.
10
9
Insolvenzeröffnungsgründe nach §§ 17
± 19 InsO: Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit,
Überschuldung, siehe Kapitel 2.2 dieser Thesis.
10
Vgl. Kaufmann, S. (2011), S. 12.
3

Mit der Einführung der neuen InsO wurde die 1877 im Deutschen Reich entstandene und
für die Bundesrepublik Deutschland (BRD) geltende Konkursordnung und Vergleichs-
ordnung einerseits und die Gesamtvollstreckungsverordnung der Deutschen Demokrati-
schen Republik (DDR) andererseits abgelöst und das Insolvenzrecht grundlegend neu
überarbeitet.
11
Der Gesetzgeber reformierte das deutsche Insolvenzrecht, um nun flächen-
deckend in der Bundesrepublik Deutschland ein konformes und für alle gleich geltendes
Insolvenzrecht zu ermöglichen.
12
Nun ist es gemäß § 1 InsO nicht mehr nur Ziel, alle Gläubiger eines Schuldners zu be-
friedigen, sondern nach § 1 Satz 2 InsO dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, seine
Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen und sich damit zu sanieren, anstatt das Unter-
nehmen zu liquidieren. Der Schuldner soll also die Möglichkeit erhalten, sich mit dem
Unternehmen weiter am Markt zu halten, anstatt es aufzulösen.
13
In Zeiten vor der InsO
kannte das Gesetz nur die Liquidierung des Unternehmens. Durch die Novellierung der
InsO wendete sich die Einstellung des Insolvenzrechts, da es nun bedeutender wurde, das
Unternehmen mit allen Mitteln des deutschen Insolvenzrechts zu erhalten. Im Insolvenz-
recht ist ein derartiger Wandel kaum zu übertreffen.
14
Das Insolvenzrecht dient zum einen der Fixierung der wirtschaftlichen Situation des
Schuldners und der Auflistung aller Gläubiger mit ihren Forderungen. Zum anderen sol-
len so viele Gläubiger wie möglich mit dem noch verbleibenden Vermögen des Schuld-
ners befriedigt werden.
15
Ä'DV ,QVROYHQ]UHFKW JUHLIW VREDOG VLFK GLH =DKOXQJVXQIlKLJNHLW
GHV 6FKXOGQHUV RIIHQEDUW³
16
, welche in § 17 InsO definiert ist.
Weitere Ziele der Reform waren:
17
x Erhöhung der zur Verfügung stehenden Verteilungsmasse
x Erhöhung der Verteilungsgerechtigkeit
x Stärkung der Gläubigerautonomie
x Gleichwertigkeit der Verwertungsalternativen
x Möglichkeit des wirtschaftlichen Neuanfangs für den Schuldner
11
Vgl. Becker, Ch. (2009), S. 21, Rn. 51.
12
Vgl. Dobler, T. (2002), S. 11.
13
Vgl. Dumser, K., et. al. (2010), S. 205, Rn. 7 ff..
14
Vgl. Vallender, NZI 2010, 838, 840.
15
Vgl. Keller, U. (2006), S. 2 ff..
16
Keller, U. (2006), S. 3.
17
Dobler, T. (2002), S. 11.
4

x Entstigmatisierung der Insolvenz
x Förderung der außergerichtlichen Sanierung.
2.2 Insolvenzgründe
2.2.1 Zahlungsunfähigkeit
Nach § 17 InsO bedeutet Zahlungsunfähigkeit, dass der Schuldner aufgrund fehlender
finanzieller Möglichkeiten seinen Verpflichtungen zur Zahlung der fälligen Verbindlich-
keiten nicht nachkommen kann. Hierbei handelt es sich um einen allgemeinen Eröff-
nungsgrund zum Insolvenzverfahren.
18
Hat ein Schuldner seine Zahlungen eingestellt, kann von einer Zahlungsunfähigkeit aus-
gegangen werden und es entsteht eine Liquiditätslücke.
19
Auch ist dies anzunehmen,
wenn der Schuldner kurzfristig nicht in der Lage ist, die benötigten Mittel zur Befriedi-
gung der Verbindlichkeiten zu beschaffen. In der allgemeinen Rechtsprechung wird als
Kurzfristigkeit drei Wochen für angemessen erachtet. Der Status der Zahlungsunfähigkeit
des Schuldners ändert sich auch dann nicht, wenn er einzelne Beträge begleicht, im ge-
samten jedoch die Zahlung eingestellt hat.
20
Indizien, die auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen, sind u.a.:
21
x rückständige Lohn- und Gehaltszahlungen,
x rückständige Sozialversicherungsleistungen und Steuern,
x rückständige Kreditraten,
x nicht ausdrücklich genehmigte Kontoüberziehungen,
x rückständige Miet- und Leasingraten,
x Überziehung von Lieferantenkrediten.
Wie hoch die Liquiditätslücke sein darf, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom
25.05.2005 definiert:
Ä%HWUlJW HLQH LQQHUKDOE YRQ GUHL :RFKHQ QLFKW ]X EHVHLWLJHQGH /LTXLGLWlWVOFNH GHV
Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von
18
Vgl. Zimmermann, W. (2012), S. 11, Rn. 44.
19
Vgl. Häger, M., et al. (2005), S. 18.
20
Vgl. Crone, A., et al. (2014), S. 19 ff..
21
Crone, A., et al. (2014), S. 20.
5

Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, daß die Lücke dem-
nächst mehr als 10 % erreichen wird.
³
22
Dieser Rechtsprechung nach, ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn es ihm nicht mög-
OLFK LVW ELQQHQ GUHL :RFKHQ Ä
VHLQHU IlOOLJHQ 9HUELQGOLFKNHLWHQ ]X HUIOOHQ³
23
.
2.2.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit
§ 18 InsO gibt dem Schuldner die Möglichkeit, bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit
einen Insolvenzantrag einzureichen. Dabei bezieht sich die drohende Zahlungsunfähig-
keit auf eine Prognose
24
GLH PLWWHOV HLQHU Ä)LQDQ]- E]Z /LTXLGLWlWVSODQXQJ³
25
zu ermit-
teln ist. Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist dann gegeben, wenn sich durch die Finanz-
bzw. Liquiditätsplanung vorhersagen lässt, dass Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt ihrer
Fälligkeit nicht mehr bedient werden können.
26
Die drohende Zahlungsunfähigkeit be-
schäftigt sich mit einer Zukunftsprognose. Hier kommt es auf die voraussichtliche Zah-
lungsunfähigkeit an. Dabei hat der Gesetzgeber festgelegt, dass zu prüfen ist, ob die
Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer zukünftigen Zahlungsunfähigkeit größer ist, als
dass sie nicht eintritt. So soll vermieden werden, dass es zu Unsicherheiten in der Bewer-
tung künftiger Einnahmen und Ausgaben kommt.
27
2.2.3 Überschuldung
§ 19 InsO ist ausschließlich
ÄEHL juristischen Personen und bei beschränkt haftenden Ge-
VHOOVFKDIWHQ GHV +DQGHOVUHFKWV³
28
ein Grund, einen Insolvenzantrag zu stellen. Durch das
FMStG
29
hat die Bundesregierung festgelegt
30
, dass die Überschuldung vorliegt, wenn
die bestehenden Verbindlichkeiten durch das vorhandene Vermögen des Schuldners nicht
mehr zu decken sind.
31
Eine Prüfung auf Überschuldung bedarf einer vorab zu erstellen-
den Überschuldungsbilanz, die, anders als die Jahresbilanz, die tatsächlichen Werte in
dem Unternehmen des Schuldners durch die Gegenüberstellung von Vermögen und
22
BGH vom 24.05.2005
± IX ZR 123/04.
23
Crone, A., et al. (2014), S. 20.
24
Vgl. Zimmermann, W. (2012), S. 11, Rn. 46.
25
Crone, A., et al. (2014), S. 28.
26
Vgl. Häger, M., et al. (2005), S. 24.
27
Vgl. Obermüller, M., et al. (2003), S. 44, Rn. 92.
28
Gogger, M. (2005), S. 7.
29
FMStG vom 17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1982.
30
Vgl. Crone, A., et al. (2014), S. 28.
31
Vgl. Zimmermann, W. (2012), S. 12, Rn. 47.
6

Schulden dokumentiert. Übersteigen die Schulden das Vermögen, wird von einer Über-
schuldung gesprochen.
32
2.3 Insolvenzverwalter und vorläufiger Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter ist
ÄGerjenige, der während des Insolvenzverfahrens das vom
Schuldner entzogene Verwaltungs- und Verfügungsrecht ausübt
³
33
. Nach § 56 Abs. 1
InsO ist eine taugliche und unabhängige Person durch das Insolvenzgericht zu berufen,
welche die Insolvenzmasse des Unternehmens verwaltet und verwertet.
34
Die Insolvenz-
masse ist nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, welches dem Schuldner zur Zeit
der Eröffnung des Verfahrens gehört und während des Verfahrens erlangt. Der Insolvenz-
verwalter ist darauf bedacht, das Insolvenzverfahren so zügig wie möglich abzuschließen.
Dabei kann das Ziel entweder die Sanierung oder die Liquidierung der Gesellschaft sein,
wobei eine Sanierung oftmals eine Teilliquidierung erfordert. Es ist manchmal durchaus
notwendig, dass ein Insolvenzverwalter mittel- oder langfristig, u.U. sogar über Jahre, in
dem insolventen Unternehmen eingesetzt bleiben muss, wenn dieses seit der Übernahme
durch den Insolvenzverwalter rentabler wirtschaftet und die Veräußerung später erfolgen
soll.
35
Vom Insolvenzverwalter abzugrenzen ist der vorläufige Insolvenzverwalter. Während der
Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingesetzt wird, kann bereits
vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestimmt
werden.
36
Das Insolvenzgericht kann, gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO, einen vorläufigen
Insolvenzverwalter bestellen, dessen Aufgabe es ist, nach dem Insolvenzantrag des
Schuldners zum Wohl der Gläubiger eine negative Veränderung der Unternehmenssitua-
WLRQ ]X YHUKLQGHUQ 6R VROO GHU YRUOlXILJH ,QVROYHQ]YHUZDOWHU GLH ÄNQIWLJH ,QVROYHQ]
PDVVH VLFKHUQ XQG HUKDOWHQ³
37
.
Die Position des vorläufigen Insolvenzverwalters gibt es seit der Insolvenzrechtsreform
vom 01.01.1999. In der Konkurs- und Gesamtvollstreckungsordnung entsprach diese Po-
32
Vgl. Crone, A., et al. (2014), S. 28.
33
Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Insolvenzverwalter, Abruf: 19.06.2014.
34
Vgl. Schulz, D., et al. (2012), S. 140 ff..
35
Vgl. Schulz, D., et al. (2012), S. 140 ff..
36
Vgl. Becker, Ch. (2009), S. 99, Rn. 316.
37
Keller, U. (2006), S. 219.
7

sition dem Sequester
38
HLQ ÄYom Staat eingesetzter Zwangsverwalter³
39
. Es werden zwei
Arten des vorläufigen Insolvenzverwalters unterschieden:
x starker vorläufiger Insolvenzverwalter, §22, Abs. 1 InsO
x schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter, § 22, Abs. 2 InsO.
Dem Insolvenzrecht nach, tritt der starke vorläufige Insolvenzverwalter auf, wenn das
Gericht gegen den Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot verhängt. Somit erhält
der vorläufige Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und hat die
Aufgaben:
1.
das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten, § 22 Abs. 1 Nr. 1 InsO
2.
das Unternehmen des Schuldners fortzuführen
3.
zu prüfen, ob die Kosten des Verfahrens durch das Vermögen des Schuldners ge-
deckt werden können.
Anders als beim starken vorläufigen Insolvenzverwalter werden die Pflichten des schwa-
chen vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht festgelegt, wenn dem
Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird.
40
Durch den § 22 Abs. 3 InsO wird gesetzlich geregelt, dass der vorläufige Insolvenzver-
walter grundsätzlich alle Geschäftsräume für Untersuchungen betreten darf und dass der
Schuldner ihn in seinen Ermittlungen unterstützen muss, indem er ihm alle benötigen
Informationen übermittelt und die Geschäftsbücher überlässt.
3 ESUG - Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
3.1 Grundlagen
Seit der Restrukturierung des deutschen Insolvenzrechts zum 01.01.1999 kam es immer
wieder vor, dass Unternehmen den Firmensitz kurzfristig nach England verlegten, um in
den Genuss der Sanierung nach englischem Recht zu gelangen, da diese einfacher und
attraktiver erschien. Wenngleich es sich hierbei nur um Einzelfälle handelte, war dies für
den Gesetzgeber Anlass genug, die inländische Insolvenzordnung reizvoller zu gestalten,
38
Vgl. Schulz, D., et al. (2012), S. 76.
39
Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Sequester, Abruf: 19.06.2014.
40
Vgl. Keller, U. (2006), S. 219 ff..
8

sodass solche Abwanderungen zukünftig vermieden werden können.
41
So führte der Ge-
setzgeber das ESUG ein, welches weitestgehend zum 01.03.2012
42
in Kraft getreten ist.
43
In der bisherigen InsO war der Verlauf und der Ausgang eines Insolvenzverfahrens für
Gläubiger und Schuldner zugleich kaum kalkulierbar gewesen, vor allem, da es kein
Wahlrecht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters gab. Oftmals war vorab nicht ausrei-
chend klar gewesen, ob ein Insolvenzverfahren Erfolg haben kann. Des Weiteren gab es
keine Möglichkeit des Dept-Equity-Swap
44
in Deutschland. Auch war die Dauer des In-
solvenzverfahrens kaum bestimmbar, da einzelne Gläubiger, teilweise für einen sehr lan-
gen Zeitraum, den Insolvenzplan blockierten und so das gesamte Verfahren verzögern
konnten. Bereits in der InsO vor dem ESUG gab es das Mittel der Eigenverwaltung.
45
Jedoch waren die Insolvenzgerichte sehr zaghaft in der Genehmigung solcher Insol-
venzanträge. Selbst bei Schuldnern, die bereits bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit
einen Insolvenzantrag stellten und deren Gläubiger überzeugt waren, dass das Insolvenz-
verfahren positiv abschließen würde, zögerten die Insolvenzgerichte bei der Zustimmung.
Es gab keine Gewissheit, dass das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung genehmigen
würde.
46
Aus diesen Defiziten resultierte, dass Geschäftsführer viel zu lange mit der Antragsstel-
lung warteten, da sie nicht sicher waren, wie sie idealerweise vorzugehen hatten. Gleich-
falls wurde i. d. R. erst ein Insolvenzantrag gestellt, wenn bereits das gesamte Vermögen
des Schuldners aufgebraucht und somit eine Sanierung des Unternehmens faktisch nicht
mehr möglich war.
47
Ziele des ESUG sind die Erleichterung der Unternehmenssanierung in der außergericht-
lichen Sanierung und der Erhalt der Arbeitsplätze. Es soll ein Anreiz geschaffen werden,
dass Unternehmen frühzeitig eine drohende Zahlungsunfähigkeit erkennen und melden,
41
Vgl. BR-Drs. 127/11, S. 1 ff..
42
Vgl. Art. 10 ESUG, BGBl. 1 2011, 2591.
43
Mit Ausnahme der Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes (Art. 4), des Rechtspflegergesetzes
(Art. 5) und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Art. 8) sowie dem Gesetz über
die Insolvenzstatistik (Art. 7), welche zum 01.01.2013 in Kraft traten, vgl. Art. 10 ESUG, BGBl. 1
2011, 2591.
44
Nach § 225a Abs. 2 InsO bedeutet ein Debt-Equity-Swap, dass die Forderung eines Gläubigers in An-
teils- oder Mitgliedschaftsrechte umgewandelt wird.
45
Siehe Kapitel 3.3.1.
46
Vgl. BT-Drs. 17/5712, S. 1 ff..
47
Vgl. BT-Drs. 17/5712, S. 1 ff..
9

sodass durch Sanierungsmaßnahmen diese Unternehmen gerettet werden und weiter fort-
bestehen können. Dieser Anreiz soll durch die Vereinfachung des Insolvenzplanverfah-
rens und der Gleichstellung der Gläubiger gesetzt werden. Zudem will der Gesetzgeber
mit der Erleichterung die Abwanderung in das Europäische Ausland, allen voran Groß-
britannien, vermeiden und das deutsche Insolvenzrecht attraktiver gestalten.
48
3.2 Änderungen der Insolvenzordnung durch das ESUG
3.2.1 Insolvenzeröffnungsverfahren
3.2.1.1 Anforderungen an den Eigenantrag des Schuldners
Damit ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann, ist es erforderlich, dass nach § 13
Abs. 1 InsO ein schriftlicher Antrag eingereicht wird. Neben diesem Antrag müssen bei
einer Fortführung des Betriebes folgende Punkte angegeben werden:
49
1.
die höchsten Forderungen
2.
die höchsten gesicherten Forderungen
3.
die Forderungen der Finanzverwaltung
4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung
Diese Angaben sind erforderlich, wenn er die Eigenverwaltung beantragt, die Merkmale
des § 22a Abs. 1 InsO erfüllt
50
oder beantragt wurde, einen vorläufigen Gläubigeraus-
schuss einzusetzen, § 13 Abs. 1 S. 5 InsO. Zusätzlich ist der Schuldner nach § 13 Abs. 1
S. 5 InsO verpflichtet, Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durch-
schnittlichen Arbeitnehmerzahl des letzten Geschäftsjahres zu machen.
Neben dem Eigenantrag des Schuldners sind auch die Gläubiger berechtigt, einen Antrag
auf Insolvenz zu stellen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Gläubiger beweisen kann,
dass er eine offene Forderung gegenüber dem Schuldner besitzt und ein Insolvenzgrund
seitens des Schuldners vorliegt. Der Gesetzgeber beabsichtigt mit der Beweislast durch
48
Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, Wachstum, Bildung, Zusammenhalt, 2009, S. 18.
49
§ 13 Abs. 1 InsO.
50
Nach § 22a Abs. 1 InsO ist zwingend ein vorläufiger Gläubigerausschuss einzusetzen, wenn im letzten
*HVFKlIWVMDKU PLQGHVWHQV ]ZHL YRQ GUHL 0HUNPDOHQ HUIOOW ZXUGHQ PLQGHVWHQV ¼ %LODQ]-
summe nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Abs. 3
+*% PLQGHVWHQV ¼ 8PVDW]HUO|VH LQ GHQ HUVten zwölf Monaten vor dem Abschlussstich-
tag; 3. im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Mitarbeiter.
10

den Gläubiger, dass dieser nicht mutwillig einen Insolvenzantrag stellt, wenn eigentlich
kein Grund vorliegt.
51
3.2.1.2 Vorläufiger Gläubigerausschuss und Wahl des Insolvenzverwalters
Der vorläufige Gläubigerausschuss soll den Gläubigern schon im Eröffnungsverfahren
die Möglichkeit zur Mitsprache am geplanten Insolvenzverfahren geben, wenn es darum
geht, einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen, oder die Eigenverwaltung anzu-
ordnen und einen Sachwalter zu benennen, welcher als Beobachter, aber auch als Berater
das Schutzschirmverfahren, § 270b InsO, begleitet.
52
Dazu hat der Gesetzgeber die Kons-
tellation des vorläufigen Gläubigerausschusses in § 67 Abs. 2 InsO bestimmt. So sollen
in diesem Ausschuss die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger
mit den höchsten Forderungen, die Kleingläubiger und ein Vertreter der Arbeitnehmer
vertreten sein.
53
Absonderungsberechtigte Gläubiger sind nach § 49 ff. InsO jene Gläubi-
ger, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstre-
ckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen, z. B. durch ein Pfandrecht oder auf-
grund einer Grundschuld.
54
Zusätzlich lässt der Gesetzgeber gemäß § 67 Abs. 3 InsO auch
außenstehende Personen zu, die keine Gläubiger des Schuldners sind. Damit kann bewirkt
werden, dass der Gläubigerausschuss durch entsprechende Fachkompetenz aufgewertet
wird.
55
Der vorläufige Gläubigerausschuss hat nach § 56a InsO das Recht, sich an der Wahl des
Insolvenzverwalters zu beteiligen und das Anforderungsprofil eines geeigneten Insol-
venzverwalters mitzubestimmen. Die Wahl eines anderen Insolvenzverwalters, als jenen
durch den Gläubigerausschuss einvernehmlich gewählt, darf das Gericht nur in Erwägung
ziehen, wenn dieser absolut nicht für diese Tätigkeit geeignet ist, weil ihm z. B. fachliche
Kompetenzen fehlen.
Den gewählten Insolvenzverwalter hat der vorläufige Gläubigerausschuss in dessen ge-
schäftsführenden Tätigkeiten zu unterstützen und zu überwachen. Weiterhin deckt der
51
Vgl. Foerste, U. (2008), S. 46, Rn. 88 ff..
52
Vgl. BT-Drs. 17/5712, S. 24.
53
Vgl. Breuer, W. (2011), S. 50, Rn. 144.
54
Vgl. Meller-Hannich in: Jaeger Insolvenzordnung: §§ 174-216 (2010), S. 246, Rn. 8.
55
Vgl. Sicklinger, S. (2009), S. 81.
11

Aufgabenbereich des Gläubigerausschusses nach § 69 Satz 2 InsO die Einsicht der Ge-
schäftsbücher und die Prüfung des Geldverkehrs, sowie die Unterrichtung des Geschäfts-
ganges ab.
Bei Rechtshandlungen, die der Insolvenzverwalter vornehmen möchte, hat dieser gemäß
§ 160 Abs. 1 InsO immer die Erlaubnis des vorläufigen Gläubigerausschusses einzuholen,
wenn dieser existiert. Gibt es keinen, ist die Zustimmung der Gläubigerversammlung zu
beschaffen. Ist ein Rechtsgeschäft durch den Insolvenzverwalter ohne die Zustimmung
des vorläufigen Gläubigerausschusses erfolgt, bleibt die Wirksamkeit dieses Rechtsge-
schäftes bestehen und es haftet der Insolvenzverwalter nach § 60 Abs. 1 InsO bei einer
Pflichtverletzung als ordentlicher Verwalter.
56
3.2.1.3 Abweisung mangels Insolvenzmasse
Ein wesentlicher Grund, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 26
Abs. 1 InsO abzuweisen besteht für die Insolvenzgerichte, wenn das Vermögen des
Schuldners nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Diese sind
durch den § 54 InsO definiert. So gilt es für den Schuldner, zumindest die Gerichtskosten
des Insolvenzverfahrens und die Vergütung sowie Auslagen des vorläufigen Insolvenz-
verwalters, des Insolvenzverwalters und den Mitgliedern des Gläubigerausschusses zu
bedienen. Unter Umständen kann es zu einem Massekostenvorschuss durch den Gläubi-
ger kommen, wenn ein Schuldner die Kosten des Insolvenzverfahrens nicht decken kann.
Dies kann v. a. dann vorkommen, wenn der Gläubiger sich gute Chancen auf eine erfolg-
reiche Sanierung errechnet.
57
Wird ein Fehlen der nötigen Insolvenzmasse für die Befriedigung des § 54 InsO nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgestellt, hat das Insolvenzgericht das Verfahren
nach § 207 Abs. 1 InsO einzustellen.
58
3.2.2 Eröffnetes Insolvenzverfahren
Das Insolvenzverfahren wird durch den Eröffnungsbeschluss nach § 27 InsO eröffnet.
Dadurch geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des in den §§ 35 - 37 InsO beschrie-
benen Vermögens des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über, gemäß § 80 Abs. 1
56
Vgl. Breuer, W. (2011), S. 50, Rn. 144.
57
Vgl. Waza, Th., et al. (2012), S. 108, Rn. 241 ff..
58
Vgl. Paulus, Ch. (2007), S. 134.
12

InsO. Auch wenn dem Schuldner das Verwaltungs- und Verfügungsrecht entzogen
wurde, bleibt er der Eigentümer und darf weiterhin Rechtsgeschäfte tätigen.
59
Zudem macht sich der Schuldner nach § 136 StGB
60
strafbar, wenn er in einem laufenden
Insolvenzverfahren eine Sache aus der Insolvenzmasse zerstört, beschädigt, unbrauchbar
macht oder in anderer Weise ganz oder zum Teil der Verstrickung entzieht. Das Verfü-
gungsverbot gilt nicht bei Anwendung der Eigenverwaltung, da in dieser charakteristisch
der Schuldner das Verwaltungs- und Verfügungsrecht behält.
61
3.3 Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren
3.3.1 Eigenverwaltung
Mit der Einführung des ESUG soll vor allem die Eigenverwaltung, die bereits in der
neuen InsO im Jahre 1999 eingeführt wurde, weiter gestärkt und zu einem nützlichen
Hilfsmittel zur Unternehmenssanierung ausgebaut werden. Um die Eigenverwaltung reiz-
voller zu gestalten, wurden zum einen die Gläubigerrechte in der Eigenverwaltung ver-
stärkt und zum anderen das Schutzschirmverfahren eingeführt. Im Fokus der Stärkung
der Eigenverwaltung bleibt weiterhin das Ziel, die Gläubiger gemeinschaftlich zu befrie-
digen, gemäß § 1 Satz 1 InsO.
62
Die Eigenverwaltung nach § 270 ff. InsO ermöglicht dem Schuldner, sein Unternehmen
eigenmächtig und ohne einen Insolvenzverwalter weiter zu führen. Dies ist besonders
dann sinnvoll, wenn der Schuldner über spezielles Fachwissen verfügt, welches für den
Unternehmenserhalt essentiell ist und davon ausgegangen werden kann, dass der Insol-
venzverwalter dieses nicht besitzt. Neben dem Einbringen der Kenntnisse des Schuldners
KDW VLFK GHU Ä*HVHW]JHEHU « bei der Einführung des Rechtsinstituts der Eigenverwaltung
[auch] davon leiten lassen, d
DVV « die Einarbeitungszeit eines Verwalters vermieden
werde, die Kosten des Verfahrens gesenkt werden könnten und sich der Anreiz für eine
UHFKW]HLWLJH ,QVROYHQ]DQWUDJVVWHOOXQJ HUK|KH³
63
. Der Schuldner behält in der Eigenver-
waltung die Verfügungsbefugnis, ist aber einem Sachwalter unterstellt, dessen Aufgabe
es ist, den Schuldner zu überwachen.
64
Genauso wie beim Insolvenzverwalter hat
Ädas
59
Vgl. Waza, Th., et al. (2012), S. 110, Rn. 262 ff..
60
'HU 6W*% QXW]W GLH %H]HLFKQXQJ Ä%HVFKODJQDKPH³ ZHOFKHV V\QRQ\P IU GLH (QW]LHKXQJ GHU
Verfügungsbefugnis verwendet wird, vgl. hierzu Keller (2006), S. 302, Rn. 820 ff..
61
Vgl. Breuer, W. (2011), S. 115, Rn. 291.
62
Vgl. Hirte, H., et al. (2012), S. 53.
63
Buchalik, NZI 2000, 294, 295.
64
Vgl. Bork, R. (2012), S. 242, Rn. 399.
13

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2014
ISBN (eBook)
9783958208858
ISBN (Paperback)
9783958203853
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
2,7
Schlagworte
schutzschirmverfahren gesetz erleichterung sanierung unternehmen esug
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Titel: Das Schutzschirmverfahren nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)
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