Preisfairness bei Immobilien: Ein Untersuchung des Wohnimmobilienmarktes in München
©2014
Diplomarbeit
117 Seiten
Zusammenfassung
München ist eine der aufschwungreichsten Regionen Deutschlands. Dies spiegelt sich nicht nur in dem attraktiven Arbeitsmarkt, sondern auch durch die Lage der Stadt wider. Diese Vorteile haben auch ihre Schattenseiten, die sich in den letzten 5 Jahren hauptsächlich bei der Entwicklung der Immobilienpreise bemerkbar machten. Bei dem aktuell herrschenden Trend auf dem Münchener Wohnimmobilienmarkt stellt sich die Frage, wie die Immobilienkäufer und -verkäufer die Fairness der Preise auf dem Markt beurteilen. Ziel der Arbeit ist es, durch eine empirische Untersuchung unter der Verwendung von Fragebögen die Preisfairness auf dem Münchener Wohnimmobilienmarkt zu untersuchen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: S-O-R Modell ... 8
Abbildung 2: Zusammenfassung Ergebnisse Literaturrecherche ... 31
Abbildung 3: Ablauf der Untersuchung ... 32
Abbildung 4: Darstellung München Anzahl teilgenommene Käufer ... 43
Abbildung 5: Kaufgründe ... 45
Abbildung 6: Altersverteilung - Käufer ... 45
Abbildung 7: Anzahl Personen im Haushalt - Käufer ... 46
Abbildung 8: Ergebnisse empirische Untersuchung - Käufer ... 46
Abbildung 9: Darstellung München Anzahl teilgenommene Verkäufer ... 49
Abbildung 10: Verkaufsgrund ... 50
Abbildung 11: Altersverteilung - Verkäufer ... 50
Abbildung 12: Anzahl Personen im Haushalt - Verkäufer ... 51
Abbildung 13: Ergebnisse empirische Untersuchung - Verkäufer ... 52
Abbildung 14: Ergebnisse empirische Untersuchung ... 55
3
1. Einleitung
1.1 Einführung zum Thema
Die Vermögensanlage der privaten Haushalte in Deutschland erfolgt
größtenteils durch den Kauf von Immobilien, dem sogenannten Betongold.
Der Wert des Immobilienvermögens der Deutschen übersteigt sogar den des
Geldvermögens
1
, da auf Grund der derzeitigen Euro-Schuldenkrise die
Privatanleger eine Alternative zu niedrigverzinslichen und spekulativen
Anlageprodukten, z. B. Aktien, Staatsanleihen etc., suchen. Nach herr-
schender Meinung vieler Experten gilt Betongold, also der Kauf von
Immobilien, als sicherer Hafen.
2
Unterstützt wird dieser Trend durch die Politik der Europäischen Zentralbank
(EZB), die ihre Geldpolitik auf den Schutz von Krisenländern ausgerichtet
hat. Nebenwirkung dieser expansiven Geldpolitik ist das Handeln der
Anleger, die aus Angst vor Inflation, Schutz in Immobilien suchen. Zusätzlich
profitieren die Darlehensnehmer von historisch niedrigen Leitzinsen.
3
Im Fokus dieser Arbeit steht der Wohnimmobilienmarkt der Stadt München.
Der seit 5 Jahren andauernde Trend des Anstiegs der Immobilienpreise,
unabhängig von Lage und Qualität der Immobilie, wurde 2012 wieder
fortgesetzt. Begünstigt wird dieser Verlauf durch das niedrige Immobilien-
angebot, verbunden mit einer hohen Immobiliennachfrage und dem daraus
einhergehenden exorbitanten Preisanstieg. Als Folge dieser Konstellation
stieg das Geldumsatzvolumen, dagegen reduzierte sich die Anzahl der
beurkundeten Immobiliengeschäfte. Dadurch wurde bei dem Umsatzvolumen
ein historisches Rekordergebnis erzielt.
4
1
Vgl. Francke, Hans-Hermann / Rehkugler, Heinz; Immobilienmärkte und
Immobilienbewertung; 2011 S. 45
2
Vgl. Zydra, Markus; Jetzt muss die Luft raus; 2012
3
Vgl. Blackstone, Brian / Boston, William; EZB-Politik löst Immobilienboom aus; 2012
4
Vgl. Wirtschaft München; Immobilien-Newsletter; 1/2013
4
Im Jahr 2013 blieb der Trend ungebrochen und es fanden weitere
Preissteigerungen bei Immobilien statt.
5
Diese Faktoren untermauern die große Attraktivität des Immobilienstandorts
München. Die starke Nachfrage nach Wohnimmobilien in München wird
durch mehrere Faktoren ausgelöst. Hervorzuheben sind, z. B. das hohe
Durchschnittseinkommen der Münchener sowie die verkehrsgünstige Lage
der Stadt.
6
1.2 Problemstellung und Ziel dieser Arbeit
München ist eine der aufschwungsreichsten Regionen Deutschlands. Dies
spiegelt sich nicht nur in dem attraktiven Arbeitsmarkt, sondern auch durch
die Lage der Stadt wieder. Diese Vorteile haben auch ihre Schattenseiten,
die sich in den letzten 5 Jahren hauptsächlich bei der Entwicklung der
Immobilienpreise bemerkbar machten.
7
Bei dem aktuell herrschenden Trend auf dem Münchener Wohnimmobilien-
markt stellt sich die Frage, wie die Immobilienkäufer und -verkäufer die
Fairness der Preise auf dem Markt beurteilen.
Ziel der Arbeit ist es, durch eine empirische Untersuchung unter der
Verwendung von Fragebögen die Preisfairness auf dem Münchener
Wohnimmobilienmarkt zu untersuchen. Dabei sollen folgende Fragen
beantwortet werden:
Wie setzt sich die Preisfairness auf dem Münchener Wohnimmobilien-
markt zusammen?
Wie stellt sich die Wahrnehmung der Preisfairness dar?
5
Vgl. Wirtschaft München; Immobilien-Newsletter
;
4/2013
6
Vgl. GfK Geomarketing; Kaufkraft; 2014
7
Vgl. t-online; Immobilien-Preisen; 2013
5
Neben der Definition von Preisfairness werden die einzelnen Unter-
suchungsfaktoren wie Determinanten und Auswirkungen geprüft. Als
Ergebnis sollen dabei die Zusammenhänge der verschiedenen Faktoren auf
die Preisfairnesswahrnehmung identifiziert und durch die Untersuchungen
Handlungsempfehlungen für Verkäufer und Käufer abgeleitet werden.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im folgenden Teil werden die theoretischen Grundlagen des Konstrukts
Preisfairness dargestellt. Dabei sollen neben der Definition die Fairness-
dimensionen und die verschiedenen Theorien der Preisfairness erläutert
werden.
Kapitel 3 beschäftigt sich mit den weiteren Definitionen der Untersuchungs-
objekte ,,Wohnimmobilienmarkt" und ,,München".
Der nächste Abschnitt beinhaltet die Vorbereitung der empirischen
Untersuchung. Hierbei sollen neben der Überprüfung der Anwendbarkeit von
Preisfairness auf dem Immobilienmarkt auch die einzelnen Untersuchungs-
faktoren, wie Determinanten und Auswirkungen der Preisfairness, definiert
werden.
Im 5. Kapitel wird das Erstellen des Fragebogens und der vorgenommenen
Pretest diskutiert.
Im darauffolgenden Teil werden auf die Durchführung der empirischen
Untersuchung mit einer Auswertung der Fragebögen und einer
Zusammenfassung der Ergebnisse eingegangen.
Das 7. Kapitel beinhaltet die möglichen Handlungsempfehlungen für
Immobilienkäufer und -verkäufer.
6
2. Preisfairness
2.1 Definition von Preisfairness
Für Preisfairness existiert keine eindeutige und allgemein gültige Definition.
Bereits in den 60er und 70er Jahren beschäftigten sich einige Sozial-
psychologen mit dem Phänomen.
8
In den folgenden Jahren wurden
verschiedene Ansichten entwickelt und verwendet, um das komplexe
Konstrukt beschreiben zu können.
9
Die in dieser Arbeit verwendete Definition beruht auf den Ausführungen von
Diller/Anselstetter: Preisfairness ist: ,,(...) ein mehrere Komponenten
umfassendes Verhaltenskonstrukt, das sich auf die subjektive Beurteilung
der Gerechtigkeit von Preisen bezieht."
10
Bei einer einzelnen Betrachtung der Komponenten des Wortes Preisfairness
konnten laut der Literatur folgende Ausführungen gefunden werden: Der
Preis wird als Gegenleistung eines Käufers für ein bestimmtes Wirtschaftsgut
in bestimmter Menge und Qualität definiert.
11
Der Begriff Fairness kann mit
dem deutschen Wort Gerechtigkeit übersetzt werden. Unter Gerechtigkeit
versteht man die Haltung eines einzelnen Menschen; dabei ist es das
oberste Prinzip von Recht, von dem alles Handeln abgeleitet wird.
12
Bei der Untersuchung von Preisfairness wird also die Annahme verwendet,
dass Käufer ein Wirtschaftsgut nicht nur rein aufgrund des Preises mit ,,teuer"
oder ,,günstig" wahrnehmen, sondern auch die Gerechtigkeit des Preises in
die Überlegungen mit einbeziehen.
Preisfairnessbeurteilungen gehen über Preisgünstigkeits- und Preiswürdig-
keitsurteile hinaus. Bei dem Gerechtigkeitsempfinden beurteilen Kunden den
Preis mit einem Vergleich von früheren Angeboten und Käufen, aber auch
mit denen, die andere Käufer erhalten. Zusätzlich werden Vergleiche zu
8
Vgl. Homburg, Christian; Kundenzufriedenheit; 2008; S. 314
9
Vgl. Xia, Lane / Monroe, Kent B. / Cox, Jennifer L.; The Price Is Unfair!; 2004; S. 1
10
Vgl. Diller, Hermann /Anselstetter, Sabine; Preisfairness von Preiserhöhungen am Beispiel
von Lebensmitteln; 2007; S. 5
11
Vgl. Diller, Hermann; Preispolitik; 2008; S. 30
12
Vgl. Meyer, Ursula I.; Der philosophische Blick auf die Wirtschaft; 2002; S. 36
7
Wettbewerber und das Kosten- und Leistungsverhältnis in die Beurteilung mit
einbezogen. Weiterhin wird der Preis vor dem Hintergrund tatsächlicher oder
vermuteter Preise und sozialer sowie gesellschaftlicher Normen und
Standards beurteilt.
13
Diese unterschiedlichen Ansichten und Betrachtungsweisen zeigen, dass
eine vollständige Definition des Konstrukts Preisfairness nicht möglich ist.
Eine Untersuchung von Preisfairness kann also nur rein auf theoretischen
Annahmen erfolgen.
Eine genauere theoretische Einordnung der Preisfairness erfolgt bei den
betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen aus der Preistheorie. Aufgrund von
Untersuchungen wurden die vorhandenen Modelle um den verhaltens-
theoretischen Ansatz ergänzt. Es werden neben den Preis-Reaktions-
zusammenhängen auch die persönlichen und psychischen Variablen des
Käufers berücksichtigt. Nach Diller entsteht dabei das sogenannte ,,S-O-R
Modell".
14
Hier wird die Preisfairness in Organismus-Variablen (O) eingeordnet. Diese
stehen zwischen den preispolitischen Stimuli (S) und den je nach Zielsetzung
unterschiedlichen preispolitischen Reaktionsgrößen (R).
13
Vgl. Homburg, Christian / Krohmer, Harley; Marketingmanagement; 2006; S. 687
14
Vgl. Diller, Hermann; Preispolitik; 2008; S. 63
8
Abbildung 1: S-O-R Modell
Quelle: Vgl. Diller, Hermann; Preispolitik; 2008; S. 63 und 166ff
2.2 Fairness Dimensionen
Eine weitere Möglichkeit bei der Definition des Begriffs Preisfairness stellen
die unterschiedlichen Fairness Dimensionen dar. Dabei wird zwischen der
distributiven, prozeduralen und interaktionalen Gerechtigkeit unterschieden.
S
Preishöhe, Rabatte, Preisaktion, Preisoptik usw.
O
Preisverhalten
Aktivierung
Preisemotion
Preisinteresse
Kognition
Preiswahrnehmung
Preislernen/ -kenntnisse
Preisbeurteilung
Einstellung/
Preisintention
Preisbereitschaft
Preispräferenz
Preiszufriedenheit
Preisvertrauen/ Preisfairness
R
Kauf-, Absatzmenge, Umsatz, Gewinn, usw.
Komponenten der
Preisfairness:
Preisgerechtigkeit
Konsistentes
Verhalten
Preiszuverlässigkeit
Preisehrlichkeit
Einfluss/Mitsprache-
recht
Persönlicher
Respekt und
Achtung
Kulanz
9
2.2.1 Distributive Gerechtigkeit
Unter distributiver Gerechtigkeit versteht man, dass Fairness auftritt, wenn
bei allen Personen einer Austauschbeziehung das Verhältnis von Gewinnen
bzw. Erträgen und Investitionen identisch ist. Es werden nicht nur Käufer und
Verkäufer mit einbezogen, sondern auch andere Personen, die in einer
Geschäftsbeziehung mit dem Verkäufer stehen.
15
Diese Ansicht ist bei späteren Untersuchungen um weitere Punkte erweitert
worden. Dabei wird davon ausgegangen, dass Käufer und Verkäufer ihren
Preis mit dem von anderen Kunden für die gleichen Produkte bzw.
Dienstleistungen vergleichen.
16
Zusätzlich findet ein Vergleich mit dem
individuellen ökonomischen Ertrag und sozialen Nutzen statt.
17
Entsteht im Rahmen dessen ein Ungleichgewicht, spricht man von einer
Unfairness einer Person in der Austauschbeziehung.
2.2.2 Prozedurale Gerechtigkeit
Bei der prozeduralen Gerechtigkeit ist Fairness ein Prozess, der durch
soziale Normen und Verhaltensweisen bestimmt wird.
18
Dabei kann die Gerechtigkeit aus objektiven und subjektiven Perspektiven
analysiert werden. Die objektive bezieht sich auf die Festlegung, ob der
Prozess geeignet ist. Dagegen beurteilt die subjektive Perspektive die
Auswirkungen des Prozesses auf Fairnessbeurteilungen der Akteure, welche
im Prozess eingebunden sind.
19
Bei der prozeduralen Gerechtigkeit kann durch die Wahrnehmung eines
unfairen Prozesses ein bereits getroffenes faires Preisurteil revidiert werden,
15
Vgl. Homans, Georg Casper; Social Behavior; 1961; S. 264
16
Vgl. Martins, Marielza / Monroe, Kent B.; Perceived Price Fairness; 1994; S. 75
17
Vgl. Maxwell, Sarah / Nye, Pete / Maxwell, Nicholas; Less Pain, Same Gain; 1999; S. 547f
18
Vgl. Thibaut, John W. / Walker, Laurens; Procedural Justice; 1975; S. 3f
19
Vgl. Lind, E. A. / Tyler, T. R.; The Social Psychology of Procedural Justice; 1988; S. 3
10
aber auch bei einem unfairen Preisurteil kann bei fairen Prozessen die
Entscheidung verändert werden.
20
Sollte bei dem Preisfestlegungsverfahren gegen soziale Normen und
Verhaltensweisen verstoßen werden, erfolgen Anbieterwechsel sowie
Beschwerden und eventuelle Produktwechsel.
21
2.2.3 Interaktionale Gerechtigkeit
Unter interaktionaler Gerechtigkeit beurteilt man die bei einer Austausch-
beziehung auftretenden zwischenmenschlichen Beziehungen.
22
Es geht vor allem um den gegenseitigen Respekt der Akteure miteinander.
Aber auch um ein höfliches und korrektes Verhalten sowie eine nach-
vollziehbare Erklärung für Entscheidungen.
23
2.3 Theorien zur Preisfairness
Die Theorien bauen auf den Fairness Dimensionen auf. Dabei werden auf
der theoretischen Grundlage durch experimentelle Forschung aufgestellte
Hypothesen überprüft. Die häufigsten Erklärungsansätze für eine Preis-
fairnessbeurteilung werden im Folgenden behandelt und dargestellt. Als
Ergebnis wird eine Begründung für das Empfinden von Unfairness
beschrieben.
20
Vgl. Maxwell, Sarah; The Price is Wrong; 2008; S. 75
21
Vgl. Dickson, Peter R. / Kalapurakal, Rosemarie; The use and perceived fairness of price-
setting rules in the bulk electricity market; 1994; S. 442
22
Vgl. Diller, Hermann; Preispolitik; 2008; S. 166
23
Vgl. Colquitt, Jason A. et al.; Justice at the Millennium; 2001; S. 426f
11
2.3.1 Equity Theorie
Die Equity Theorie ähnelt stark der distributiven Gerechtigkeit. Bei der
distributiven Gerechtigkeit wird der Fokus auf die individuellen Beiträge und
Erträge gelegt. In der Equity Theorie vergleichen die Personen die
erhaltenen Erträge (Outcomes) und die erbrachten Aufwendungen (Inputs)
mit dem gleichen Verhältnis einer anderen Transaktion bzw. Person.
24
Das
Argument wird dabei auf die Fairness einer interpersonellen Austausch-
beziehung gelegt.
25
Das in dem Austausch verwendete Outcome stellt die erhaltene Leistung und
den dadurch entstandenen ökonomischen und sozialen Nutzen dar. Der
Input entspricht dem Kaufpreis und dem benötigten Aufwand, der durch den
Kauf entsteht.
26
Eine Preisunfairness liegt vor, wenn das Preis-Leistungsverhältnis nicht
stimmt. Das heißt, dass der Kunde einen höheren Preis für das gleiche
Produkt bezahlen muss oder das gleiche Produkt zu einer geringeren
Leistung als andere Kunden erhält.
27
Diese Wahrnehmung beruht aber allein
auf subjektiven Werten.
Kunden versuchen diese Unfairness auszuräumen und streben nach
Konsistenz. Das kann entweder durch eine Beendigung der Austausch-
beziehung erreicht werden oder der Kunde versucht den Input (geringerer
Kaufpreis) oder Outcome (mehr Serviceleistungen) zu verändern. Dadurch
soll eine Fairness hergestellt werden.
28
24
Vgl. Schwinger, Thomas; Just Allocations of Goods; 1980; S. 96f
25
Vgl. Homburg, Christian / Krohmer, Harley; Marketingmanagement; 2006; S. 123
26
Vgl. Walster, E. / Walster, G. E. /Berscheid, E.; Equity Theory and Research; 1978; S. 18
27
Vgl. Haws, Kelly L. / Bearden, William O.; Dynamic Pricing and Consumer Fairness
Perceptions; 2006; S. 305
28
Vgl. Huppertz, John W. / Arenson, Sidney J. / Evans, Richard H.; An Application of Equity
Theory to Buyer-Seller Exchange Situations; 1978; S. 250
12
2.3.2 Dual Entitlement Theorie
Die Dual Entitlement Theorie ist eine Weiterentwicklung der Equity Theorie.
Dabei hängt die Preisfairness von den erhaltenen Erträgen der beteiligten
Personen einer Austauschbeziehung ab. Der Fokus hier liegt auf dem
Anspruchsempfinden der Menschen und einer Referenzgröße als Prüfstein.
Die beteiligten Personen einer Austauschbeziehung haben einerseits den
Anspruch auf die Bedingungen einer Referenztransaktion und andererseits
auf einen Referenzgewinn.
29
Die vorherrschenden Ansprüche können aufgrund auftretender Veränder-
ungen verletzt werden. Darunter versteht man zum Beispiel eine Kosten-
steigerung beim Verkäufer. Der Anspruch auf eine gewisse Höhe des
Referenzgewinns wird dabei verletzt. Der Verkäufer reagiert mit einer
erlaubten Preiserhöhung des Produktes, obwohl dadurch der Wunsch der
Kunden auf eine feste Bedingung der Referenztransaktion gestört wird.
Werden die Ansprüche einer der Vertragsparteien verletzt, kommt es dazu,
dass die Austauschbeziehung als unfair wahrgenommen wird.
30
Hauptsächlich empfindet der Kunde die Transaktion als unfair, wenn der
Verkäufer seine Preise aufgrund von Gewinnsteigerungsabsichten oder
durch die Ausnutzung seiner Marktmacht erhöht.
31
Entgegen dessen müssen
nach der Dual Entitlement Theorie Kostensenkungen in Form von Preis-
senkungen nicht an den Käufer weitergegeben werden.
32
29
Vgl. Kahneman, Daniel / Knetsch, Jack L. / Thaler, Richard Fairness as a Constraint on
Profit Seeking; 1986; S. 729f
30
Vgl. Kahneman, Daniel / Knetsch, Jack L. / Thaler, Richard H.; Fairness and the
Assumptions of Economics; 1986; S. 296f
31
Vgl. Kahneman, Daniel / Knetsch, Jack L. / Thaler, Richard; Fairness as a Constraint on
Profit Seeking; 1986; S. 733f
32
Vgl. Kahneman, Daniel / Knetsch, Jack L. / Thaler, Richard; Fairness and the Assumptions
of Economics; 1986; S. 296f
13
2.3.3 Attributionstheorie
Im Fokus der Attributionstheorie steht die subjektive Verhaltensbeurteilung.
33
Dabei versuchen Personen bei kognitiven Abläufen Ursachen für das eigene
Verhalten und das anderer Menschen zu ergründen.
34
Diese Theorie versucht Gründe für das Wahrnehmen von Preisfairness zu
finden. Als mögliche Ursachen können Eigenschaften einer Person, aber
auch Faktoren aus der Umgebung bzw. bestimmte Situationen verwendet
werden.
35
Bei Preiserhöhungen wird versucht die Ursache zu finden. Abhängig von
dieser wird entschieden, ob die Austauschbeziehung als fair oder unfair
bewertet wird.
36
2.3.4 Theorie der kognitiven Dissonanz
Die Theorie der kognitiven Dissonanz kann den Theorien des intra-
personellen Gleichgewichts zugeordnet werden.
37
Dabei wird versucht ein inneres Gleichgewicht zu erreichen. Dies liegt vor,
wenn die kognitiven Elemente wie Wissen, Erfahrung, Einstellung und
Meinung eines Menschen miteinander übereinstimmen.
38
Ein kognitives Ungleichgewicht erfolgt, wenn der Kunde einen anderen Preis
aufgrund seiner Erfahrungen erwartet oder einen früheren Preis als Referenz
durch sein Wissen annimmt.
39
33
Vgl. Folkes, Valerie S.; Recent Attribution Research in Consumer Behavior; 1988; S. 548ff
34
Vgl. Homburg, Christian / Krohmer, Harley; Marketingmanagement; 2006; S. 126
35
Vgl. Folkes, Valerie S.; Recent Attribution Research in Consumer Behavior; 1988; S. 549
36
Vgl. Homburg, Christian / Koschate, Nicole; Bahavioral Pricing; 2005; S. 404
37
Vgl. Homburg, Christian / Krohmer, Harley; Marketingmanagement; 2006; S. 61f und 126
38
Vgl. Homburg, Christian / Koschate, Nicole; Bahavioral Pricing; 2005; S. 404
39
Vgl. Ajzen, Icek; Equity in Attitude Formation and Change; 1982; S. 162f
14
Die Kunden versuchen kognitives Ungleichgewicht zu beseitigen. Dies kann
durch Verhaltens- und Einstellungsänderung sowie die Suche nach neuen
Informationen erfolgen.
40
2.4 Zusammenfassung
Nach den Ausführungen wurde eine Übersicht über das komplexe Konstrukt
Preisfairness gewonnen. Als Ergebnis stellt sich dar, dass es sich um einen
Verhaltensansatz handelt, bei dem die subjektiven Eindrücke in die
Gerechtigkeitsgedanken einbezogen werden.
Bei der distributiven Gerechtigkeit sowie der Equity Theorie und Dual
Entitlement Theorie wird rein der Input und Output einer Austauschbeziehung
verglichen und für die Fairnessbeurteilung herangezogen.
Erweitert wurden diese Ansichten bei der prozedurale Gerechtigkeit durch
subjektive und objektive Einschätzung des Prozesses und in der
interaktionalen Gerechtigkeit um den zwischenmenschlichen Faktor in der
Austauschbeziehung.
Zusätzlich versuchen Kunden laut Attributionstheorie die Ursachen
menschlichen Handelns zu verstehen.
In eine Preisfairnessbeurteilung fließen, nach der Theorie der kognitiven
Dissonanz, noch weitere Faktoren wie Wissen, Erfahrungen, Einstellungen
und Meinungen mit ein.
Es lässt sich darstellen, dass eine einfache und allgemein gültige Definition
des Begriffs Preisfairness nicht möglich ist. Alle aufgeführten Dimensionen
und Theorien sind für eine Fairnessbeurteilung zu betrachten.
40
Vgl. Festinger, Leon; A Theory of Cognitive Dissonance; 1957; S. 31
15
3. Definition des Untersuchungsobjektes
3.1 Definition des Wohnimmobilienmarktes
Eine Immobilie ist ein Grundstück mit dem darauf befindlichen Gebäude und
dessen Zubehör. Das Wort leitet sich von dem lateinischen Begriff ,,im-
mobilis" ab. Übersetzt bedeutet dieser Ausdruck ,,nicht bewegliche Sache".
Dabei können verschiedene Immobilienarten unterschieden werden. Nach
Art der Nutzung ergibt sich eine Unterscheidung in Wohnimmobilien,
Gewerbeimmobilien und Sonderimmobilien.
Wohnimmobilien umfassen Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser. In diesem
Zusammenhang dient es den Wohnbedürfnissen verschiedener Personen.
41
Immobilien sind ein essentieller Bestandteil im Leben eines Menschen.
Wohnen und Arbeiten sowie die Freizeit finden darin statt. Es ist eines der
größten Wirtschaftsgüter.
42
Auf Immobilienmärkten herrscht eine geringe Umschlagshäufigkeit. Es kann
eine Segmentierung in Teilmärkte (lokal, regional und überregional) erfolgen,
diese sind allerdings standortgebunden.
43
Durch die angegebene Definition kann festgestellt werden, dass der
Wohnimmobilienmarkt ein standortgebundener Teilmarkt mit geringer Um-
schlagshäufigkeit ist, auf dem Immobilien zu Wohnzwecken gekauft und ver-
kauft werden.
41
Vgl. Meissl, Alexander; Strategische Projektentwicklung bei Immobilien; 2010; S. 9 - 10
42
Vgl. Rombach, Tobias; Preisblasen auf Wohnimmobilienmärkten; 2011; S. 84
43
Vgl. Rombach, Tobias; Preisblasen auf Wohnimmobilienmärkten; 2011; S. 155 und 157
16
3.2 Landeshauptstadt München
Die Stadt München im Alpenvorland erstreckt sich über 31.070 ha.
44
Sie ist in 25 Stadtbezirke von Feldmoching bis Hasenbergl im Norden
Thalkirchen, Obersendling, Forstenried, Fürstenried, Solln im Süden, Aubing,
Lochhausen, Langwied im Westen und Trudering bis Riem im Osten
gegliedert.
45
Laut statistischen Untersuchungen gehört die Landeshauptstadt München zu
den erfolgreichsten Großstädten Deutschland und auch im internationalen
Vergleich zu einer der führenden Wirtschaftsmetropolen.
München ist mit 1,4 Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt Deutschlands.
Der Großraum der Landeshauptstadt ist das Wirtschaftszentrum Bayerns
und erwirtschaftet rund 30 % des Bruttoinlandsproduktes des Bundeslandes.
Zusätzlich zählt München zum zweitgrößten Beschäftigungsstandort von
Deutschland und erreicht den höchsten durchschnittlichen Verdienst der
Bundesrepublik.
46
44
Vgl. Stadt München; Geografische Verhältnisse; 2012
45
Vgl. Stadt München; Stadtinfos; 2012
46
Vgl. Stadt München; Wirtschaftsstandort München; 2013
17
4. Vorbereitung der empirischen Untersuchung
4.1 Anwendbarkeit des Konstrukts Preisfairness auf dem
Immobilienmarkt
Eine Literaturrecherche ergab, dass die bisherigen Preisfairness Studien
ausschließlich empirisch und experimentell durchgeführt wurden.
Die hauptsächlichen Untersuchungen stammen aufgrund der Behavioral
Pricing-Forschung aus dem englischsprachigen Raum. Bei den Studien
wurden verschiedene Branchen getestet, um Käufe verschiedener Produkte
auszuwerten.
Dabei erfolgten die Untersuchungen von Bedarfsgütern bis hin zu Luxus-
gütern. Es fanden bisher nur reine Studien auf dem Konsumgütermarkt statt.
47
Um klären zu können, ob eine Anwendung des Konstrukts Preisfairness auf
dem Immobilienmarkt möglich ist, werden die Merkmale der Märkte mit-
einander verglichen.
Der Konsumgütermarkt ist durch eine Reihe typischer Merkmale gekenn-
zeichnet. Es handelt sich um einen Markt, auf dem völlig unterschiedliche
Güter angeboten werden und ganz verschiedene Zielgruppen als Käufer
auftreten. Es herrschen irrationale Kaufmotive und der Kauf erfolgt
hauptsächlich aufgrund von Emotionen, selten aus zwingenden Gründen. Ein
originärer Bedarf durch Selbstversorgung ist gegeben. Der Kauf kommt
durch eine Individualentscheidung zustande. Der Konsumgütermarkt ist
durch eine große Anzahl an Bedarfsträgern charakterisiert. Die Käufer sind
überwiegend anonym. Der Verkauf findet hauptsächlich über Absatzmittler
statt. Auf dem Konsumgütermarkt sind massive Werbebudgets vorhanden,
um weitgehend ähnliche Produkte zu verkaufen. Der Markt ist durch große
Preiskämpfe gekennzeichnet.
48
47
Vgl. Kirchen Sarah; Preisfairness-Zusammenfassung der aktuellen Forschung; 2009; S. 10-16
48
Vgl. Pepels, Werner; Praxishandbuch Relaunch Potenziale vorhandener Marken richtig
ausschöpfen; 2013; S. 211 - 213
18
Auf dem Immobilienmarkt ist das Produkt durch eine absolute Orts-
gebundenheit charakterisiert. Ein weiteres Merkmal besteht in der völligen
Immobilität des Angebots. Der Kaufpreis entspricht dem Verkehrswert der
Immobilie, der durch die Wertermittlungsverordnung zustande kommt. Das
gehandelte Produkt ist einer multidimensionalen Heterogenität ausgesetzt.
Jede Immobilie ist aufgrund von Alter, Nutzungsart, Größe, Zuschnitt und
Ausstattung, aber zumindest durch die Lage, einmalig. Es herrschen eine
geringere Markttransparenz und erhöhte Transaktionskosten als bei anderen
Märkten. Der Immobilienmarkt besteht aus einer hohen Bestandsdominanz.
Dies ist auf die Langlebigkeit des Produktes und der längeren Pro-
duktionszeit zurückzuführen.
49
Trotz der Unterschiede zwischen Konsumgütermarkt und Immobilienmarkt ist
eine Anwendbarkeit des Konstrukts Preisfairness gegeben. Dies ist auf die
Ähnlichkeiten der Märkte aufgrund der Größen: unterschiedliche Produkte,
verschiedene Zielgruppen und Kauf ist mit dem Kennzeichen Emotion zu
beschreiben zurückzuführen. Dabei können nicht alle möglichen Unter-
suchungsfaktoren durch die Merkmale des Immobilienmarktes im Rahmen
der empirischen Studie überprüft werden.
4.2 Mögliche Untersuchungsfaktoren der Preisfairness
Durch eine Analyse der theoretischen und empirischen Studien der bisher
erfolgten Preisfairness-Forschungen kann zwischen den Determinanten
und den Auswirkungen wahrgenommener Preisfairness unterschieden
werden.
50
49
Vgl. Bäß, Thilo A.; Die Wertentwicklung von Immobilien vor dem Hintergrund regionaler
Wirtschaftsentwicklungen; 2001; S. 12 - 16
50
Vgl. Homburg, Christian / Koschate, Nicole; Bahavioral Pricing; 2005; S. 406ff
19
4.2.1 Determinanten der Preisfairness
Bei den Determinanten der Preisfairness werden Faktoren untersucht
wodurch die Empfindung von Fairness oder Unfairness überhaupt ausgelöst
wird. Dabei wird eine Einteilung in sechs Bereiche vorgenommen. Die
Einflussfaktoren der Preisfairness laut der Literatur sind: Preislevel,
Preisfestlegungsverfahren, vermutete Motive (Motivfairness), Preis-
informationen, Preisdifferenzierung und Preisvariation sowie Allokations-
verfahren.
51
4.2.1.1 Preislevel
Als erster Faktor für die wahrgenommene Preisfairness wird das Preislevel
betrachtet. Nach der Fair-Price-Theorie haben Kunden eine gewisse
Vorstellung von einem bestimmten Preis eines Produktes. Dabei sind sie
aufgrund der Erfahrungswerte nur bereit, diesen Preis bzw. einen geringeren
dafür zu bezahlen.
52
Nach erfolgten Studien hat das Preislevel einen negativen Einfluss auf die
wahrgenommene Preisfairness.
53
Je größer der Unterschied zwischen
erwartetem und aktuellem Preis ausfällt, desto unfairer stellt sich die
Preisbeurteilung bei den Kunden dar. Bei dieser Betrachtung wird nur der
ökonomische und persönliche Faktor der Preisfairness berücksichtigt. Der
soziale Gesichtspunkt bleibt dabei unbeachtet. Zieht man diesen in die
Berücksichtigung mit ein, wäre eine faire Wahrnehmung möglich. Eine
genaue Angabe der Preisempfehlung würde die unfaire Preiswahrnehmung
verringern. Noch ein größerer Effekt erreicht man bei der Angabe der
Herstellkosten.
54
51
Vgl. Wild, Manuela / Anselstetter, Sabine; Preisfairness; 2005; S. 17
52
Vgl. Kamen, Joseph M. / Toman, Robert J.; Psychophysics of Prices; 1970; S. 27
53
Vgl. Bearden, William O. / Carlson, Jay P. / Hardesty, David M.; Using invoice price
Information to frame advertised offers; 2003; S. 359
54
Vgl. Bearden, William O. / Carlson, Jay P. / Hardesty, David M.; Using invoice price
Information to frame advertised offers; 2003; S. 363
20
Eine Minderung des negativen Einflusses zwischen Preislevel und
Preisfairness kann durch eine größere Auswahlmöglichkeit bei den
Produkten entstehen. Kommt es aber zu einer zu großen Auswahl, kann der
negative Effekt dadurch verstärkt werden. Es wird davon ausgegangen, dass
Kunden höhere Preise akzeptieren, wenn sie eine größere Produktvielfalt
haben. Dadurch kann der Kunde seine individuelle Bedarfslage besser
decken. Eine größere Auswahlmöglichkeit beschränkt sich dabei auf bis zu
11 Alternativen. Übersteigt die Auswahl diese Anzahl, wird der Kunde
gestresst und überfordert. Er ist beim Einkauf nicht in der Lage eine schnelle
und optimale Entscheidung zu treffen. Das Empfinden des Kunden zur
Möglichkeit eines Fehlkaufs wird erhöht. Damit nimmt die Wahrnehmung der
Preisfairness stetig ab. Dieser Effekt tritt vor allem im höherpreisigen
Produktsegment auf. Eine Erhöhung der Preisfairness tritt also nicht bei einer
Vergrößerung der Auswahlmöglichkeit im Niedrigpreissegment bzw. einer zu
großen Auswahl im Hochpreissegment auf.
55
Zusätzlich fließt das Preisimage eines Unternehmens in die Betrachtung des
Preislevels mit ein. Es wurde festgestellt, dass zwischen Preisimage und
wahrgenommener Preisfairness ein positiver Zusammenhang besteht. Bei
einem teureren und prestigeträchtigeren Unternehmen gehen Kunden zwar
von einem höheren Preis aus, dennoch empfinden sie diesen als weniger
fair.
56
Ein weiterer Effekt des Preislevels zeigt sich im Online-Handel. Beim Einkauf
im Internet erwarten Kunden einen geringeren Preis als bei einem direkten
Kauf im Laden. Es werden im Online-Handel die Zustellungs- und
Vertriebskosten nicht genug in die Fairnessbeurteilung mit einbezogen. Ein
Vergleich hat ergeben, dass durch das Unterbieten des Preises bei einem
Online-Handel ein geringerer Effekt als durch das Unterbieten eines
Konkurrenzangebotes des direkten Mitbewerbers im Geschäft entsteht. Ein
geringerer als der Geschäftspreis eines anderen erhöht somit die Preis-
55
Vgl. Maxwell, Sarah; Hyperchoice and high prices; 2005; S. 451
56
Vgl. Bolton, Lisa E. / Warlop, Luk / Alba, Joseph W.; Consumer Preceptions of Price
(Un)Fairness; 2003; S. 478f
21
fairnesswahrnehmung stärker als bei einem Unterschreiten eines Online-
Preises.
57
Einen weiteren Teil des Preislevels stellt die Preiswürdigkeit dar. Es wird
davon ausgegangen, dass ein positiver Effekt zwischen Preiswürdigkeit und
Preisfairness besteht. Unter Preiswürdigkeit wird das wahrgenommene
Preis-Leistungs-Verhältnis verstanden. Bei diesem Effekt wird nicht nur die
Preishöhe, sondern auch die erhaltene und erbrachte Leistung beurteilt.
58
4.2.1.2 Preisfestlegungsverfahren
Eine weitere Determinante ist das Verfahren zur Preisfestlegung. Der
Einfluss der empfundenen Verfahrensgerechtigkeit der Preisfestlegung hat
einen positiven Effekt auf die wahrgenommene Preisfairness.
59
In einer Studie wurden vier kostenbasierte und vier marktbasierte
Festsetzungsregeln untersucht. Zu den kostenbasierten Regeln gehört die
Buffer-Rule (kleine Kostensteigerungen und senkungen werden vom
Verkäufer übernommen, die Preise bleiben konstant), die Cost-Plus-Rule
(größere und geringerer Kosten trägt der Käufer über angepasste Preise),
die Average-Cost-Rule (Kostenänderungen werden im Durchschnitt auf die
Preise übertragen) und das Dual Entitlement Prinzip (gestiegene Kosten
werden weitergegeben, gefallene nicht). Bei den marktbasierten Regeln geht
es um Preissteigerungen wegen sinkendem Angebot und steigender
Nachfrage bzw. Preissenkungen aufgrund von steigendem Angebot und
sinkender Nachfrage. Es stellt sich heraus, dass die asymmetrische
Kostenveränderung des Dual Entitlement Prinzips unfairer empfunden wird
als bei anderen kostenbasierten Regeln. Preissteigerungen infolge eines
sinkenden Angebots werden fairer wahrgenommen als Preissteigerungen
57
Vgl. Hardesty, David M. / Suter, Tracy A E-tail and retail reference price effects; 2005: S.
133
58
Vgl. Diller, Hermann; Preispolitik; 2008; S. 167
59
Vgl. Kukar-Kinney, Monika / Xia, Lan / Monroe, Kent B.; Consumers´perceptions of the
fairness price-matching refund policies; 2007; S. 330
22
aufgrund von einer erhöhten Nachfrage. Dabei wird vermutet, dass eine
Ausnutzung der Marktmacht des Anbieters vorliegt.
60
Nutzt der Verkäufer seine Marktmacht aus, um dadurch Preissteigerungen
durchführen zu können, hat dies einen negativen Einfluss auf das Empfinden
der Preisfairness eines Kunden. Dieses Verhalten zeigt sich auch bei
Preiserhöhungen von Produkten, obwohl andere Anbieter bei gleichen bzw.
vergleichbaren Produkten die Preise unverändert lassen. Diese Preis-
änderungen stellen willkürlich festgelegte Preise bei den Kunden dar. Die
Käufer können keine äußeren Faktoren für die Preissteigerung erkennen und
gehen von Verstößen gegen normative und ethische Wertvorstellungen
aus.
61
4.2.1.3 Motivfairness
Ein weiterer Faktor stellt die Motivfairness dar. Es besteht ein positiver Effekt
zwischen Motivfairness und wahrgenommener Preisfairness.
62
Preise und Preisänderungen werden auf ihre Ursachen hin untersucht. Wird
dabei ein positives Motiv, wie Verfolgung sozialer Zwecke, vermutet wird die
Preisänderung als fair wahrgenommen. Ist dagegen ein negatives Motiv, wie
Habgier des Verkäufers, ein empfundener Grund wird der Preis als unfair
angenommen. Dadurch kann der gleiche Preis von verschiedenen Kunden
unterschiedlich beurteilt werden. Damit fließt zusätzlich ein qualitativer Faktor
in die Fairnesswahrnehmung ein.
63
Die Kundenzufriedenheit stellt einen zusätzlichen Einfluss dar. Dieser Faktor
geht indirekt über die Motivfairness in die Beurteilung der Fairness ein.
Demnach sind Informationen über die Gründe eines Preises in der Realität
schlecht zu erhalten. Die Kunden ziehen deshalb Rückschlüsse über die
60
Vgl. Dickson, Peter R. / Kalapurakal, Rosemary; The use and perceived fairness of price-
setting rules in the bulk electricity market; 1994; S. 433ff
61
Vgl. Frey, Bruno S. / Gygi, Beat; Die Fairness von Preisen; 1988; S. 524ff
62
Vgl. Campbell, Margaret C.; Says Whow?!; 2007; S. 146f
63
Vgl. Campbell, Margaret C.; Perceptions of Price Unfairness; 1999; S. 189
23
bereits erfolgten Transaktionen mit dem Verkäufer. Waren die Käufer
zufrieden, wird das Motiv für Preissteigerungen eher als fair wahrgenommen,
als wenn sie mit dem Kauf unzufrieden sind.
64
Eine subjektive Einschätzung der Käufer über das Motiv kann positiv
beeinflusst werden. Dies kann durch Begründungen für Preisänderungen
oder gezielte Informationen erfolgen. Zusätzlich sollten die Informationen
nicht persönlich vom Verkäufer erfolgen. Eine Studie hat ergeben, dass sich
eine andere Quelle, wie z.B. Internet bei der Fairnessbeurteilung auf die
Annahme eines eher positiven Motives des Verkäufers auswirkt.
65
4.2.1.4 Preisinformationen
Eine weitere wichtige Determinante bei der wahrgenommenen Preisfairness
stellt die Preisinformation dar. Sie haben einen positiven Effekt auf
empfundene Preisfairness. Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits
dargestellt, suchen Kunden nach Gründen für den Preisanstieg. Werden
diese offen kommuniziert, können Preissteigerungen trotzdem als fair
wahrgenommen werden. Da die Kostenstruktur des Verkäufers dem Kunden
meist unbekannt ist, werden nur Vermutungen über die Ursachen des
Preisanstiegs angestellt. Eine Rechtfertigung des Verkäufers rein über
Kosten führt nicht immer zu einer fairen Beurteilung durch den Käufer. Die
Art ist ausschlaggebend. Während Preissteigerungen aufgrund von
gestiegen Rohstoffkosten akzeptiert werden, sind Managergehalts-
erhöhungen für Kunden nicht akzeptabel.
66
Eine Preiserhöhung durch gestiegene Nachfrage wird unfairer wahr-
genommen als ein Anstieg aufgrund gesteigerter Kosten. Zusätzlich wird
eine Preisänderung fairer empfunden, wenn der Gewinn nicht dem Verkäufer
64
Vgl. Homburg, Christian / Koschate, Nicole; Wie reagieren Kunden auf Preiserhöhungen?;
2004; S. 326
65
Vgl. Campbell, Margaret C.; "Says Who?!"; 2007; S. 265
66
Vgl. Gielissen, Robert / Dutilh, Chris E. / Graafland, Johan J.; Perception of Price
Fairness; 2008; S. 379f - Bolton, Lisa E. / Warlop, Luk / Alba, Joseph W.; Consumer
Preceptions of Price (Un)Fairness; 2003; S. 481
24
oder großen Unternehmen zu Gute kommt, sondern an arme Menschen oder
kleinen Firmen und Organisationen geht. Also wirkt der soziale Gesichts-
punkt der Preiserhöhung zusätzlich positiv auf die beobachtete Preis-
fairness.
67
Einen weiteren Effekt auf die Preisfairnesswahrnehmung stellt die
Informationsquelle dar. Eine menschliche Quelle hat einen geringeren
Einfluss auf die empfundene Preisfairness als eine nichtmenschliche.
68
4.2.1.5 Preisdifferenzierung und Preisvariation
Ein anderer Gesichtspunkt der wahrgenommenen Preisfairness stellen die
Preisdifferenzierung und Preisvariation dar.
Bei einer Preisdifferenzierung werden identische oder ähnliche Produkte an
unterschiedliche Kunden zu verschiedenen Preisen verkauft. Dabei soll
ausgenutzt werden, dass unterschiedliche Kunden eine gänzlich andere
Zahlungsbereitschaft aufweisen. Ziel ist, dass jeder Kunde am maximalen
Wert der Zahlungsbereitschaft das Produkt kauft.
69
Die Preisdifferenzierung steht in einem negativen Zusammenhang zur
beobachteten Preisfairness.
70
Nach der Equity-Theorie vergleichen Kunden den gezahlten Preis mit dem
von anderen Käufern für das gleiche Produkt. Sollte zwischen Input und
Outcome bei einem Vergleich ein Unterschied entstehen, stellt dies eine
unfaire Preiswahrwahrnehmung dar.
71
67
Vgl. Gielissen, Robert / Dutilh, Chris E. / Graafland, Johan J. Perception of Price Fairness;
2008; S. 373
68
Vgl. Campbell, Margaret C.; "Says Who?!"; 2007; S. 265ff
69
Vgl. Diller, Hermann; Preispolitik; 2008; S. 228
70
Vgl. . Bolton, Lisa E. / Warlop, Luk; Alba, Joseph W.; Consumer Preceptions of Price
(Un)Fairness; 2003; S. 478
71
Vgl. Martins, Marielza / Monroe, Kent B.; Perceived Price Fairness; 1994; S. 75
25
Eine Preisvariation entsteht vor allem bei Sonderangeboten, Rabatten und
Coupons. Diese werden bei den sogenannten Preis-Promotionen ein-
geordnet.
72
Eine Preisvariation hat einen positiven Effekt auf die empfundene
Preisfairness.
73
4.2.1.6 Allokationsverfahren
Eine weitere Determinante der Preisfairnesswahrnehmung stellt das
Allokationsverfahren dar. Dabei geht es vor allem um die Ressourcen-
allokation.
Das Allokationsverfahren hat einen positiven Effekt auf die wahrgenommene
Preisfairness. Es kann in unterschiedliche Verfahren getrennt werden. Bei
dem traditionellen Verfahren mit dem Prinzip first-come, first-served ist die
Preisfairnessbeurteilung am größten. Danach folgt das administrative
Verfahren, bei dem die Verteilung durch den Staat oder die Gemeinde
vorgenommen wird. In diesen Studien wurde eine Überschussnachfrage
unterstellt.
74
Als unfair wird bei Übernachfrage dagegen die Verteilung nach
Preismechanismus, aber auch die Zuweisung aufgrund eines Zufalls
beurteilt. Auch die Verteilung über Auktion wird als unfair empfunden. Anders
dagegen verhält es sich bei der Allokation über eine Lotterie.
75
Weitere Studien untersuchen die Allokationsverfahren nach dem Preis-
mechanismus im Internet. Bei Auktionen, Gruppenrabatten und Verhand-
72
Vgl. Gedenk, Karen; Preis-Promotions; 2003; S. 600
73
Vgl. Kimes, Sheryl E.; Perceived Fairness of Yield Management; 2002; S. 24ff
74
Vgl. Frey, Bruno S. / Gygi, Beat; Die Fairness von Preisen; 1988; S. 526f
75
Vgl. Kahneman, Daniel / Knetsch, Jack L. / Thaler Richard H.; Fairness and the
Assumptions of Economics; 1986; S. 287f
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2014
- ISBN (eBook)
- 9783958208940
- ISBN (Paperback)
- 9783958203945
- Dateigröße
- 4.1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- AKAD-Fachhochschule Leipzig
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Note
- 1
- Schlagworte
- preisfairness immobilien untersuchung wohnimmobilienmarktes münchen
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing