Steuerhinterziehung - Die Betrachtung eines gesellschaftlichen Problems aus steuerpsychologischer Sicht
©2005
Bachelorarbeit
44 Seiten
Zusammenfassung
Seit es Besteuerung gibt, versuchen Bürger sich dieser finanziellen Last zu entledigen. Vor allem in den Volkswirtschaften der Moderne ist Steuerhinterziehung ein wachsendes Problem. Die vorliegende Studie untersucht die Ursachen von Steuerhinterziehung sowie deren Umfang. Dabei werden nicht traditionell-ökonomische Modelle angewandt, sondern eine Betrachtung aus wirtschafts- bzw. steuerpsychologischer Sicht diskutiert. Zudem werden Verbesserungsmöglichkeiten, die von öffentlicher Seite ausgehen, vorgeschlagen und Steuermentalität, -moral und Belastungsgefühl diskutiert.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
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1.) Einleitung
Der Tatbestand der Steuerhinterziehung ist so alt wie die Besteuerung an sich. Zu allen Zeiten
versuchten Bürger, sich der auferlegten Last ohne Anspruch auf Gegenleistung zu entledigen.
Aber v.a. in den entwickelten Volkswirtschaften der Moderne scheint dieses Problem ein
immer größeres Ausmaß anzunehmen. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick zu
verschaffen über den Umfang, die Ursachen und die möglichen Maßnahmen gegen die
Steuerhinterziehung. Abgerundet wird dieses Werk durch eine abschließende Betrachtung der
Sachlage und Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten von öffentlicher Seite aus. Der
Fokus dieser Arbeit liegt dabei eindeutig auf der Begründung der Steuerhinterziehung, welche
mit Hilfe von wirtschafts- bzw. steuerpsychologischen Instrumenten durchgeführt wird.
Folglich werden v.a. Begriffe wie Steuermentalität, Belastungsgefühl und Steuermoral eine
gewichtige Rolle spielen.
Ursachenforschung zur Steuerhinterziehung bieten zwar auch traditionell-ökonomische
Modelle an, doch soll dieser Weg hier nicht eingeschlagen werden. Trotzdem wird der
traditionellen Ökonomie in dieser Arbeit Tribut gezollt, indem das ,,Grundmodell der
rationalen Steuerhinterziehung" mitsamt seinen Lösungsansätzen kurz vorgestellt wird. Sollte
von Seiten des Lesers weiterhin ein Informationsbedarf bestehen, welcher über das Angebot
in dieser Arbeit hinausgeht, dann wird dem durch ausführliche Verweise auf weiterführende
Literatur Rechnung getragen.
Zum Ende dieser Einführung sei noch anzumerken, dass der hier eingeschlagene Weg der
Bearbeitung keinen Anspruch auf Einzigartigkeit erhebt. Nicht zuletzt durch die Restriktion
des begrenzten Umfangs dieser Arbeit ist es nötig, Entscheidungen zu treffen, welcher Weg
verfolgt und welcher Weg vernachlässigt werden soll. Demzufolge können manche Aspekte
auch nicht oder nur am Rande behandelt werden. Dieser Umstand ist allerdings nicht weiter
tragisch, denn egal wie viele Seiten einem Autor zur Verfügung stehen, der Umfang wird zur
Bearbeitung des Themas nie ausreichen. Das Verfassen eines Textes ist somit ein inverses
Abbild der Steuerproblematik, denn Steuersätze können noch so niedrig sein, sie werden
immer eine Belastung der Bevölkerung sein.
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2.) Definition, Erscheinungsformen und Ausmaß der Steuerhinterziehung
Ziel dieses ersten Abschnittes ist es, den Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und
legaler Steuerausweichung aufzuzeigen und im Anschluss daran zu versuchen, das Volumen
des illegalen Steuerwiderstandes in Bezug auf die Größe der Schattenwirtschaft bzw. auf das
Ausmaß der Kapitalflucht zu quantifizieren.
2.1.) Abgrenzung der Steuerhinterziehung von der Steuerausweichung
Der Zensit kann der Steuerzahlung auf zwei verschiedene Weisen entgehen. Zum einen durch
die legale Steuerausweichung, zum anderen durch die illegale Steuerhinterziehung, wobei
eine genaue Abgrenzung zwischen diesen beiden Möglichkeiten teilweise problematisch ist,
da sich viele Handlungen, die getätigt werden um die individuelle Steuerlast zu reduzieren, im
Grenzbereich zwischen Steuerausweichung und Steuerhinterziehung befinden.
Unter Steuerausweichung versteht man die Handlungen, die ein Individuum unternimmt, um
auf legale Weise die Steuer zu vermeiden und die auch letztlich zu den bereits aus der
traditionellen Finanzwissenschaft bekannten Substitutionseffekten führen. Dazu gehört die
häufigere Nutzung von Freizeit bei starker Einkommensbesteuerung, die verminderte
Spartätigkeit bei erhöhter Besteuerung des Kapitaleinkommens und der geringere Konsum
von besonders stark besteuerten Gütern. Obwohl eine Veränderung der individuellen
Präferenzen aus der Sicht des Staates oftmals sicherlich nicht gewollt ist
1
, und solche
Handlungen jeweils neben der Steuerbelastung auch noch weiteren Nutzenverlust durch die
Zusatzlast hervorrufen, ist dieses Verhalten nicht gesetzeswidrig.
Während bei der Steuerausweichung sowohl die Steuervermeidung, als auch die
entsprechende wirtschaftliche Aktivität legal ist, stellt sich der Tatbestand der
Steuerhinterziehung etwas komplexer dar [Vgl. Beckmann, K. (2003), S. 4]. Beckmann
unterscheidet hier drei verschiedene Fälle, wobei jedem zugrunde liegt, dass die
Steuervermeidung an sich illegal ist. Ist die zugrundeliegende wirtschaftliche Aktivität zudem
1
Anders sieht es bei der Besteuerung von umweltschädlichem oder ,,lasterhaftem" Verhalten wie Alkohol-,
Glücksspiel-, oder Zigarettenkonsum aus. Hier ist durchaus anzunehmen, dass der Staat ein Interesse an einer
Eindämmung dieser Aktivitäten hat, auch wenn er sie nicht verbietet. Allerdings darf nicht verschwiegen
werden, dass die Einnahmen aus eben jenen Steuern teilweise einen großen Posten im Staatsetat innehaben, ein
Einnahmerückgang aufgrund von Minderkonsum also paradoxerweise nicht immer im Interesse des Staates
liegen muss.
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ebenfalls illegal, wie z.B. der Drogenhandel, dann handelt es sich um Kriminalität im engeren
Sinne. Bei der Steuerhinterziehung i.e.S. ist die wirtschaftliche Aktivität hingegen
vollkommen legal. So verstößt beispielsweise das Anlegen von Kapital gegen kein Gesetz,
aber eine etwaige Nichtdeklaration der Kapitaleinkünfte gegenüber dem Finanzamt zum
Zwecke der Steuerhinterziehung ist illegal. Der letzte Fall thematisiert das sogenannte
,,Moonlighting", die Aktivitäten einer Person in der Schattenwirtschaft ,,nach Feierabend", die
nur deshalb ungesetzlich sind, weil diese Arbeiten ,,schwarz", mit dem klaren Ziel der
Besteuerung zu entgehen, verrichtet werden. Diese Tätigkeiten könnten ohne weiteres durch
eine offizielle Anmeldung und damit verbundenen Steuerzahlungen aus ihrer Illegalität befreit
werden, wenn es denn von den beteiligten Akteuren so gewollt wäre [Vgl. Beckmann, K.
(2003), S. 3-5].
Als nächstes ist es interessant zu wissen, welche Definition die deutsche Gesetzgebung zur
Steuerhinterziehung hat, um den Tatbestand der Illegalität weiter zu präzisieren. So wird nach
AO 1977 § 370 Steuerhinterziehung jeder, der Steuern verkürzt, selbige also ,,nicht in voller
Höhe oder nicht rechtzeitig festsetzt", oder ,,nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt", mit
einer Geldstrafe oder einer bis zu fünf Jahre andauernden Freiheitsstrafe belegt, in besonders
schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren. Die Verkürzung kann entweder durch falsche,
unvollständige oder unterlassene Auskünfte gegenüber den (Finanz)Behörden geschehen,
oder durch die Unterlassung der ,,Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern"
[Vgl. AO 1977 § 370 Steuerhinterziehung].
Aus der Sicht eines Ökonomen ist eine juristische Abgrenzung der Legalität bzw. Illegalität
gewisser Steuervermeidungspraktiken allerdings nicht befriedigend. Vielmehr ist es
bedeutend, ob der Zensit davon ausgeht, dass sein steuerverkürzendes Verhalten eine
Bestrafung seitens der Obrigkeit zur Folge haben wird, unabhängig vom genauen Wortlaut im
Gesetzestext [Vgl. Beckmann, K. (2003), S.6]. Aus der Sicht des Grundmodells rationaler
Steuerhinterziehung ,,handelt es sich nicht um Steuerhinterziehung, wenn zwar der Buchstabe
des Gesetzes eine bestimmte Form der Steuervermeidung als illegal erklärt, dies aber de facto
nicht durchgesetzt wird" [Beckmann, K. (2003), S.6] und vice versa.
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Eine kurze Einführung in das Grundmodell rationaler Steuerhinterziehung erfolgt in Abschnitt 3.
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2.2.) Ausmaß der Steuerhinterziehung
Das schwerwiegendste Problem beim Versuch der Messung der Steuerhinterziehung ist die
Tatsache, dass solche Aktivitäten weitestgehend im Verborgenen stattfinden. Zwar existieren
offizielle Berichte der (Steuer)Behörden über die Anzahl der aufgedeckten Steuerdelikte und
die Gesamthöhe der entdeckten hinterzogenen Steuern, vermutlich jedoch stellen diese nur
einen Bruchteil der wahren Hinterziehungstätigkeiten dar. Folglich nimmt die Schätzung der
Steuerhinterziehungsaktivitäten eine wichtige Stellung beim Versuch ein, das Ausmaß zu
bestimmen. Allerdings sind diese Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen, da diesen
Meßmethoden ein bedeutend hohes Ausmaß an Unsicherheit beiwohnt.
2.2.1.) Die Größe der Schattenwirtschaft
Die Bestimmung der Größe der Schattenwirtschaft ist überaus wichtig, um die damit
verbundene Steuerhinterziehung schätzen zu können. Unter Schattenwirtschaft versteht man
den Teil der Wirtschaft, der im Verborgenen stattfindet, mit Tätigkeiten, die deshalb nicht
offiziell statistisch erfasst werden, aber dennoch ,,im Sinne der Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung eine Wertschöpfung darstellen" [Weck, H./ Pommerehne, W./ Frey, B.
(1984), S. 7]. Folglich gehören diesem Sektor beispielsweise kriminelle Aktivitäten oder die
Tätigkeit in der Schwarzarbeit (Moonlighting) an. Das gilt aber nicht für die private
Hausarbeit oder ein Engagement für karitative Zwecke, ebenso wenig wie ,,rein finanzielle
Transaktionen, die keine Wertschöpfung darstellen" [Weck, H./ Pommerehne, W./ Frey, B.
(1984), S. 8], wobei für den letztgenannten Punkt besonders die unter dem Schlagwort
,,Kapitalflucht" bekannte Transaktion von Kapital ins Ausland zum Zwecke der
Steuerhinterziehung für diese Arbeit interessant ist [Vgl. Weck, H./ Pommerehne, W./Frey, B.
(1984), S.8].
Zur genaueren Quantifizierung des Umfangs der Schattenwirtschaft existieren verschiedene
Ansätze wie z.B. die repräsentative Bürgerbefragung. Der Ansatz aber, der heutzutage am
verbreitetsten ist, ist der Bargeldansatz.
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Das Durchführen einer Umfrage ist eine direkte Methode, während der Bargeldansatz zu den indirekten
Methoden gehört. [Vgl. Weck, H./ Pommerehne, W./Frey, B. (1984), S.8]
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Wie bereits erwähnt, versuchen die in der Schattenwirtschaft agierenden Individuen möglichst
unbemerkt zu bleiben. Folglich wird angenommen, dass die Zahlungen in der
Schattenwirtschaft im Normalfall in bar abgewickelt werden, um dem Fiskus keine Spuren
wie z.B. verräterische Kontenbewegungen, zu hinterlassen. Schattenwirtschaftliche
Aktivitäten wären also an Bargeldbeträgen zu erkennen, die über ein als normal erachtetes
Maß hinausgehen würden. Beim Bargeldansatz werden nun durch multiple Regression
einerseits die klassischen Determinanten der Bargeldnachfrage, also der Zinssatz,
Bargeldsubstitute und die Einkommenshöhe, als auch andererseits der Einfluss, der durch die
Schattenwirtschaft entsteht, geschätzt. [Vgl. Weck, H./ Pommerehne, W./ Frey, B. (1984),
S.15-16]
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Abbildung 1: Größe der Schattenwirtschaft
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1975
1980
1985
1990
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
Jahre
In % de
s
BIP
Deutschland
Österreich
Schweiz
Quelle: Institut für Angew andte Wirtschaftsforschung (2003)
Die aus dieser Art der Schätzung resultierenden Ergebnisse lassen für Deutschland eine Größe
der Schattenwirtschaft von 370 Milliarden Euro im Jahre 2003 vermuten. Dies entspricht
17,07 % des offiziellen BIP. Die Größe der Schattenwirtschaft im Verhältnis zum BIP ist
außerdem seit 1975 beinahe kontinuierlich von 5,75 % bis auf ihren heutigen Wert gestiegen.
4
Eine tiefergehende Betrachtung des Bargeldumlauf-Ansatzes selbiger Autoren findet sich auch in ,,Die
heimliche Wirtschaft" (1986).
10
Der deutsche Wert liegt dabei leicht über dem Durchschnitt von 21 ausgewählten OECD-
Ländern, wobei bemerkenswert ist, dass die größten Untergrundwirtschaften anscheinend in
Südeuropa beheimatet sind, von denen noch einmal Italien und Griechenland mit Werten von
26,2 % bzw. 28,3 % herausragen. Die relativ kleinsten Schattenwirtschaften finden sich in
den USA mit 8,6 % und in der Schweiz mit 9,5 %. Eine für die Bundesrepublik Deutschland
bedenkliche Situation ist zudem die Tatsache, dass die relative Bedeutung der Aktivitäten im
Untergrund im Durchschnitt über die 21 OECD-Länder in den letzten Jahren etwas
zurückging, während sie in Deutschland weiter anstieg.
5
[Vgl. Institut für Angewandte
Wirtschaftsforschung (2003)]
Diejenigen wirtschaftlichen Aktivitäten, die im Verborgenen stattfinden, sind natürlich auch
nicht der Steuer unterworfen. Folglich entsteht dem Staat aufgrund der teilweise erheblichen
Größe der Schattenwirtschaft ein gewaltiger Steuerausfall. Beziffert man den Umfang der
Schattenwirtschaft in Deutschland wie bereits geschehen auf 370 Milliarden Euro und setzt
daraufhin die durchschnittliche Steuerquote von 21,7 %
6
an [Vgl. Bundesministerium der
Finanzen (2004)], dann entgingen dem Fiskus allein im Jahre 2003 knapp über 80 Milliarden
Euro an Steuereinnahmen.
Dieser Wert kann natürlich nur eine grobe Abschätzung der Höhe, der durch die
Schattenwirtschaft entstandenen Steuerausfälle sein, verdeutlicht aber eindeutig das für
Deutschland zunehmende Problem, welches man noch plakativer darstellen kann. Denn
würde es gelingen, etwas mehr als die Hälfte dieser Steuerausfälle einzutreiben, dann wäre die
komplette Neuverschuldung des Bundes, welche im Bundeshaushalt 2004 mit dem
Rekordwert von 43,5 Milliarden Euro beziffert wurde, obsolet.
2.2.2.) Ausmaß der Kapitalflucht
Da ,,rein finanzielle Transaktionen, die keine Wertschöpfung darstellen"
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[Weck, H./
Pommerehne, W./ Frey, B. (1984), S.8], nicht zur Schattenwirtschaft gerechnet werden, und
somit auch nicht in den entsprechenden Größenschätzungen enthalten sind, lohnt es sich an
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Eine visuelle Aufbereitung der Entwicklung der Schattenwirtschaft über die letzten 30 Jahre in Deutschland,
Österreich und der Schweiz in Bezug auf das jeweils aktuelle BIP, findet sich in Abbildung 1.
6
Diese Steuerquote ist die deutsche Steuerquote des Jahres 2002.
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Schmiergeldzahlungen und Bestechungen sind ebenfalls finanzielle Transaktionen, die keine Wertschöpfung
darstellen.
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dieser Stelle auf das Problem der Kapitalflucht aus Deutschland gesondert einzugehen. Bei
der Kapitalflucht werden Geldbeträge ins meist grenznahe Ausland geschafft, mit der
Intention u.a., dort erwirtschaftete Kapitalerträge bei der Besteuerung in Deutschland nicht zu
deklarieren. Wie auch bei der Quantifizierung der Schattenwirtschaft ist eine exakte
Erfassung des gesamten Ausmaßes nicht möglich, aufgrund der Bestrebungen der Täter im
Verborgenen zu bleiben. So schätzt das Bundesministerium der Finanzen, dass
,,Schwarzgeld" in der Größenordnung von ca. 100 Milliarden Euro im Ausland lagert, wobei
die Deutsche Steuer-Gewerkschaft allerdings von einem Vielfachen dieses Betrages ausgeht.
[Vgl. Die Zeit (2003)] Ebenfalls interessant ist, dass der deutsche Zoll im Jahre 2003 allein an
der schweizerischen Grenze ,,Schwarzgeld" in der Höhe von zwei Milliarden Euro entdeckt
hat, wobei die entdeckte Summe wahrscheinlich wie bei der aufgedeckten
Steuerhinterziehung, nur einen Bruchteil des wirklich transferierten Schwarzgeldes ausmacht.
[Vgl. Wirtschaftswoche (2004)]
Dass auch die Bundesregierung um die Bedeutung des illegal ins Ausland transferierten
Geldes weiß, zeigt das ,,Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit", das zum Jahresbeginn
2004 in Kraft trat. Mit diesem Gesetzes soll versucht werden, Steuersünder, deren
Schwarzgeld bislang im Ausland lagerte, mithilfe eines ermäßigten Steuersatzes und der
Aussicht auf Straffreiheit, zur Deklaration ihres Schwarzgeldes zu bewegen und somit den
Weg zurück in die Steuerehrlichkeit zu ebnen.
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3.) Ursachen der Steuerhinterziehung
Nachdem im vorhergehenden Abschnitt, wenn auch zum Teil nur mittels Schätzungen,
dargelegt wurde, welches Ausmaß die Steuerhinterziehung insbesondere in Deutschland hat,
beschäftigt sich dieser Abschnitt mit den Ursachen der Steuerhinterziehung. Dabei wird der
Frage nachgegangen, welche Motive einen Steuerzahler bewegen, steuerehrlich zu bleiben
oder steuerunehrlich zu werden.
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Eine genauere Betrachtung des ,,Steueramnestiegesetzes" erfolgt in Abschnitt 4.2.
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3.1.) Das Grundmodell rationaler Steuerhinterziehung
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3.1.1.) Einführung in das Grundmodell
Innerhalb des Grundmodells nach Allingham/Sandmo (1972) wird ein rationales, risiko-
averses, steuerpflichtiges Individuum betrachtet, welches verpflichtet ist, dem Fiskus sein
exogen gegebenes Einkommen zu deklarieren. Der Fiskus erhält seine Informationen über das
Einkommen einzig und allein durch den Steuerzahler, der also folglich der Steuer für den Teil
des Einkommens entgehen kann, den er der Obrigkeit gegenüber verschweigt. Allerdings sind
die Hinterziehungsaktivitäten mit einem gewissen Risiko belastet, denn wird der
entsprechende Zensit einer Steuerprüfung von Seiten des Fiskus unterzogen, dann bringt diese
immer das wahre Ausmaß des Einkommens ans Tageslicht. Zudem folgt bei einer
aufgedeckten Hinterziehung eine automatische Geldstrafe, die abhängig von der Schwere des
Vergehens, also der Höhe des nichtdeklarierten Einkommens ist. [Vgl. Hagedorn, R. (1991),
S. 7]
Im Modell beschreibt Y das wahre Einkommen des Individuums, D das gegenüber dem
Fiskus deklarierte und H steht für das hinterzogene Einkommen. Der proportionale Steuersatz
t liegt zwischen null und eins. Entscheidet sich das Individuum nun dafür, nicht sein gesamtes
Einkommen zu deklarieren, dann ist D < Y und H > 0. Wird diese Hinterziehung vom
Finanzamt zudem nicht entdeckt, dann beträgt das Nettoeinkommen:
G = Y- tD = Y (1-t) + tH
Das Einkommen nach Steuern entspricht dem Bruttoeinkommen abzüglich der veranschlagten
Steuerzahlungen für das deklarierte Einkommen. Anders ausgedrückt zeigt der zweite Teil der
Formel, dass das Nettoeinkommen umso höher ist, je mehr das Individuum von seinem
wahren Einkommen nicht deklariert. [Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 8]
Allerdings schwebt die Bedrohung durch eine Steuerprüfung wie ein Damoklesschwert über
dem hinterziehenden Zensiten. Eben jene Wahrscheinlichkeit beschreibt die Variable p, die
zwischen null und eins liegen kann. In den Extremfällen wird bei p = 0 keine Steuererklärung
genauer geprüft, bei p = 1 erfolgt eine Nachprüfung bei jeder eingehenden Erklärung. Mit
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Die Beschreibung des Modells ist hauptsächlich entnommen von Hagedorn (1991). Eine tiefergehende
Betrachtung findet sich zudem bei Beckmann (2003), sowie, wenn auch nicht direkt in dieser Arbeit zitiert, bei
Allingham und Sandmo (1972): Income tax evasion: a theoretical analysis, Journal of Public Economics 1, 323-
38.
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einer Wahrscheinlichkeit von q = 1- p bleibt dem Steuerzahler also eine genaue Prüfung
seiner Angaben erspart. [Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 9]
Kommt es allerdings mit der Wahrscheinlichkeit p zu einer Überprüfung und wird die
Steuerhinterziehung aufgedeckt, dann muss nicht nur die hinterzogene Steuerverpflichtung
beglichen werden, sondern auch eine Geldstrafe, abhängig von der Höhe des nichtdeklarierten
Einkommens bezahlt werden:
S
1
=
tH, > 0
bezeichnet man auch als Strafsatz, dessen Höhe in Verbindung mit den hinterzogenen
Steuern das Ausmaß der Strafe determiniert. [Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 8]
Wird die Steuerhinterziehung nun mittels einer Steuerprüfung aufgedeckt, dann beträgt das
Einkommen des steuerhinterziehenden Individuums:
P = Y tD (1+
) tH
= Y (1- t) -
tH
Das Einkommen nach Steuern und aufgedeckter Hinterziehung entspricht dem
Bruttoeinkommen abzüglich der Steuerzahlungen für das deklarierte Einkommen, der
Steuernachzahlung für das hinterzogene Einkommen sowie der Strafzahlung. Der zweite Teil
der Gleichung zeigt, dass bei exogen gegebenem
das Nettoeinkommen umso geringer wird,
je mehr das Individuum an Einkommen hinterzogen hat. [Vgl. Hagedorn, R. (1991), S. 8]
Für das Individuum existiert zudem eine auf den Konsum C bezogene Nutzenfunktion U(C ).
,,Für die Ableitung dieser Funktion gelte U´(C ) > 0 und U´´(C ) < 0: Der Steuerpflichtige
zeichnet sich durch Nichtsättigung und Risikoaversion aus." [ Hagedorn, R. (1991), S. 9] Ziel
des Steuerpflichtigen ist es also, ,,das hinterzogene Einkommen so zu wählen, dass der
Erwartungsnutzen E(U(C )) = qU (G) + pU (P) aus dem Konsum des Einkommens nach
Steuer und Strafe maximal ist." [ Hagedorn, R. (1991), S. 9]
Der entsprechende Steuerzahler ist also mit folgendem Problem konfrontiert:
max qU (Y(1- t) + tH) + pU (Y(1- t) -
tH)
H
Unter der Nebenbedingung, dass H mindestens den Wert von 0 und höchstens den Wert von
Y annehmen kann, die Angabe von negativem Einkommen also nicht möglich ist. Zudem
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2005
- ISBN (eBook)
- 9783958209046
- ISBN (Paperback)
- 9783958204041
- Dateigröße
- 3.3 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Paderborn
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- steuerhinterziehung betrachtung problems sicht
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing