Umfang und Grenzen des Weisungsrechts von GmbH-Gesellschaftern
©2009
Studienarbeit
46 Seiten
Zusammenfassung
Durch § 6 GmbHG wird zwingend das Vorhandensein eines oder mehrerer Geschäftsführer vorgeschrieben. Damit besitzt jede GmbH bereits nach dem Normalstatut zumindest zwei Organe - die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung. Durch das in § 37 Abs. 1 GmbHG verankerte Weisungsrecht wird den Gesellschaftern die Möglichkeit gegeben, die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer jederzeit Beschränkungen zu unterwerfen. Durch die Flexibilität des GmbHG werden die Gesellschafter also in die Lage versetzt, sich entweder aktiv in die Geschäfte der Gesellschaft einzuschalten, oder sich aber auch nur in die passive Rolle des Kapitalgebers zu begeben. Ist der Umfang der jeweiligen Kompetenzen von Gesellschafter und Geschäftsführern unklar, so führt dies oftmals zu Konflikten in der Gesellschaft. Daher besteht die Notwendigkeit, einerseits die Reichweite der Geschäftsführungsbefugnis und andererseits den Umfang und die Grenzen des Weisungsrechts zu konkretisieren. In der vorliegenden Untersuchung wird zunächst lediglich die mitbestimmungsfreie GmbH betrachtet, da es sich bei dieser um die am häufigsten in Erscheinung tretende Form der GmbH handelt. Es wird dabei besonderes Augenmerk auf die Voraussetzungen gelegt, die für das Zustandekommen einer Weisung notwendig sind. Hier soll vor allem auf das Verhältnis der Organe zueinander, sowie deren Aufgaben und Kompetenzen eingegangen werden. Anschließend werden die unterschiedlichen Arten von Weisungen sowie der weisungsfreie Bereich der Geschäftsführer untersucht. Abschließend werden dann noch einige Überlegungen bezüglich möglicher Unterschiede zwischen der mitbestimmungsfreien und der mitbestimmten GmbH angestellt.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
2
tende Form der GmbH handelt. Zunächst soll auf die Voraussetzungen eingegangen wer-
den, die für das Zustandekommen einer Weisung notwendig sind. Hierbei soll im Besonde-
ren auf das Verhältnis der Organe zueinander, sowie deren Aufgaben und Kompetenzen
eingegangen werden. Anschließend werden die unterschiedlichen Arten von Weisungen
sowie der weisungsfreie Bereich der Geschäftsführer untersucht. Eingegangen wird im Fol-
genden auch auf die Frage der Weisungsberechtigung und die Möglichkeit der Übertragung
des Weisungsrechts auf fakultative Organe wie Beirat oder Aufsichtsrat, sowie auf die sich
hieraus ergebenden möglichen Organkonflikte (dies im Besonderen in der der Mitbestim-
mung unterliegenden GmbH). Abschließend sollen dann noch einige Überlegungen bezüg-
lich möglicher Unterschiede zwischen der mitbestimmungsfreien und der mitbestimmten
GmbH angestellt werden.
3
2.
Rechtsgrundlagen der Weisung
Ein Weisungsrecht der GmbH Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern hinsichtlich
der Geschäftsführung findet seine gesetzliche Grundlage in § 37 Abs. GmbHG. Durch diese
Vorschrift wird im Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern die Be-
fugnis zur Geschäftsführung, die ihrerseits schon vorweg durch den Gesellschaftszweck und
die den Gesellschaftern in § 46 GmbHG zumindest dispositiv zugewiesenen Gesellschafter-
rechte begrenzt ist, weiter eingeschränkt
4
.
Die bindende Wirkung der Weisungen durch Gesellschafterbeschluss wird zutreffend nicht
allein aus § 37 Abs. GmbHG , sondern auch mit der dominierenden Stellung der Gesell-
schafterversammlung in der Verfassung der GmbH begründet, wie sie seit Erlass des Geset-
zes nie zweifelhaft war
5
. Nach herrschender Meinung in der Literatur
6
sowie in der Recht-
sprechung
7
ist es nicht notwendig, dieses Weisungsrecht nochmals ausdrücklich in die Sat-
zung der GmbH aufzunehmen, wobei es aber möglich ist, das Weisungsrecht der Gesell-
schafter durch die Satzung einzuschränken
8
.
3.
Voraussetzungen für das Erteilen von Weisungen
Damit eine Weisung im Sinne einer verbindlichen Anweisung zur Befolgung oder Unterlas-
sen einer Handlung erteilt werden kann, ist ein Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Wei-
sungsempfänger und -geber zwingend erforderlich.
In einer GmbH kann ein solches Verhältnis, das auch als Subordinationsverhältnis bezeich-
net werden kann, auf drei verschiedene Art und Weisen entstehen:
-
durch die im Gesetz festgelegte Hierarchie der Organe der Gesellschaft
-
durch die Satzung der Gesellschaft und den Beschlüssen der Gesellschafter
-
durch ein schuldrechtliches Verhältnis, etwa dem Anstellungsvertrag des Geschäfts-
führers.
4
Vgl. Konzen (1989) S. 2979
5
Vgl. Zöllner (1985) § 37 RdNr. 10; Eisenhardt (1988) S. 840
6
Vgl. Mertens (1979) § 37 RdNr. 20; Altmeppen (1997) § 37 RdNr. 11
7
OLG Düsseldorf (1978) S. 1478 in Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
8
Roth (1987) § 3 7 Nr. 2.2.3
4
4. Das Verhältnis der Organe zueinander in der GmbH
In §37 GmbHG hat der Gesetzgeber den Gesellschaftern eine weitgehende Regelungs- und
Eingriffskompetenz in die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer eingeräumt. Aus
diesem Grund werden die Gesellschafter einhellig als die Herren der Gesellschaft und als
oberstes Organ angesehen
9
. Hierbei unterscheidet jedoch das GmbHG hinsichtlich des Um-
fanges der Geschäftsführungsbefugnis nicht wie das Personengesellschaftsrecht in
§ 116 HGB nach laufenden und außergewöhnlichen Geschäften. Dennoch wird im Schrifttum
überwiegend die Meinung vertreten, dass diese Unterscheidung auch für das Normalstatut
der GmbH anzuwenden ist
10
.
4.1 Kompetenzen und Aufgaben der Gesellschafterversammlung nach dem Normalstatut im
GmbHG
Den Gesellschaftern obliegt es, gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG eine der wichtigsten Festle-
gungen für die Gesellschaft, nämlich den Gegenstand des Unternehmens im Gesellschafts-
vertrag festzulegen. Da der Inhalt des Gesellschaftervertrages und damit auch der Gegens-
tand des Unternehmens ausschließlich durch einen Beschluss der Gesellschafter erfolgen
kann, sind die Geschäftsführer in allen ihren Handlungen dem Gegenstand des Unterneh-
mens unterworfen
11
. Nur den Gesellschaftern selbst ist es möglich, gemäß
§ 53 Abs. 1 GmbHG den festgeschriebenen Unternehmensgegenstand abzuändern. Soweit
keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen, bestimmen sich die Rechte der Gesell-
schafter gemäß § 45 Abs. 1 aus dem Gesellschaftsvertrag. Nur in dem Falle, dass der Ge-
sellschaftsvertrag keine besonderen Regelungen enthält, sind die Vorschriften der §§ 46 bis
51 anzuwenden. Hieraus wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Kompetenz der Gesell-
schafter hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Beziehung der Organe untereinander
sehr weit fassen wollte. Soweit nicht die als zwingend anzusehenden Grundlagenkompeten-
zen (z.B. §§ 26, 53, 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) berührt werden, können die Gesellschafter ihre
Stellung in der Gesellschaft und damit auch gegenüber den Geschäftsführern beliebig im
Gesellschaftsvertrag festlegen bzw. wegen der immer zwingend verbleibenden Kompetenz -
Kompetenz abändern
12
.
Gesetzliche Regelungen wurden nur dort getroffen, wo es der Gesetzgeber für unumgäng-
lich hielt, Vorschriften aus Gründen des Schutzes der Gesellschafter und des
9
Esch(1988)S. 1555;Koppensteiner(1997) § 37RdNr. 22; auch Mertens (1979) § 35 RdNr. 4
10
Vgl. Koppensteiner (1997) § 37 RdNr. 10; Lutter/Hommelhoff(1995) §37 RdNr.lO; Mertens (1979) RdNr. 4; Alt-
meppen (1997) § 37 RdNr 18
11
Vgl. Koppensteiner (1997) § 37 RdNr. 7
12
Vgl. Roth (1997) § 45 RdNr. 2,3
5
Rechtsverkehrs zu erlassen. Grundlegende Aufgaben werden den Gesellschaftern in
§ 46 GmbHG zugewiesen. Wie bereits erwähnt, wird in § 45 Abs. 2 GmbHG jedoch darauf
hingewiesen, dass diese Zuteilung von Aufgaben nur in Ermangelung besonderer Bestim-
mungen im Gesellschaftsvertrag anzuwenden ist. Nach Koppensteiner
13
ist der in
§ 46 GmbHG aufgestellte Aufgabenkatalog im wesentlichen dispositiv anzusehen. In den
Nummern 1 bis 3 des § 46 GmbHG wird den Gesellschaftern die Kompetenz bezüglich der
Entscheidung des Jahresabschlusses, der Ergebnisverwendung, sowie der Grundsatzent-
scheidung zur Einzahlung des Stammkapitals und der Behandlung von Nachschüssen zuer-
kannt. Hierin wird deutlich, dass nach dem Willen der Gesetzgeber den Gesellschaftern die
Entscheidung über die Verwendung des von ihnen erbrachten Kapitals und dessen Rendite
zusteht. Daraus folgt, dass das Kapital zur Erfüllung des von den Gesellschaftern definierten
Gesellschaftszweckes zur Verfügung steht, aber unter der Dispositionsbefugnis der Kapital-
geber (Gesellschafter) bleibt. Nummer 3 des § 46 GmbHG weist den Gesellschaftern die
Entscheidungskompetenz zur Teilung und Einziehung der Geschäftsanteile zu. Auch diese
Regelung ist als Teil der Kapitalhoheit der Gesellschafter anzusehen, da es ihnen obliegt,
über die aus dem eingebrachten Kapital gebildeten Geschäftsanteile und deren Zukunft zu
entscheiden.
In den Nummern 5 bis 8 des § 46 GmbHG wird den Gesellschaftern die Personalhoheit über
die Geschäftsführung und die Leitungsebene, d.h. über die Personen, die die Gesellschaft
nach außen hin vertreten können, zuerkannt. Konkret treffen die Gesellschafter selbst die
wesentlichen Entscheidungen in den Personalangelegenheiten wie Bestellung, Kontrolle und
Abberufung.
4.2 Kompetenzen im Bereich der Geschäftsführung der GmbH
Nach der gesetzlichen Geschäftsführungsbefügnis verpflichtet und berechtigt der statuari-
sche Unternehmensgegenstand (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) die Geschäftsführer, sämtliche
Maßnahmen zu beschließen und auszuführen, die erforderlich sind, um den Unternehmens-
gegenstand mit den zur Verfügung stehenden personellen, sachlichen und finanziellen Res-
sourcen nach den Grundzügen ordnungsgemäßer Geschäftsleitung ( § 43 Abs 1 GmbHG)
fortwährend zu verwirklichen. Dabei haben die Geschäftsführer allerdings Entscheidungszu-
ständigkeit und Mitwirkungsrechte anderer Gesellschaftsorgane, namentlich der Gesellschaf-
ter, zu wahren
14
.
13
Vgl. Koppensteiner § 45 RdNr. 2
14
Lutter/Hommelhoff (1995) § 37 RdNr. 3
6
Der genaue Umfang der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer wird in der Literatur
unterschiedlich beschrieben
15
. Gerade aber die Frage nach dem Umfang der Geschäftsfüh-
rungsbefügnis der Geschäftsführer ist für das Weisungsrecht der Gesellschafter von großer
Bedeutung. Bejaht man eine gesetzliche Beschränkung auf lediglich die laufenden Geschäf-
te, so muss die Geschäftsführung von sich aus eine Vielzahl von Geschäften der Gesell-
schafterversammlung zur Entscheidung vorlegen. Ist jedoch die Geschäftsführungsbefügnis
umfassend anzusehen, so ist es an den Gesellschaftern, durch generelle oder einzelne Wei-
sungen an die Geschäftsführung ihre eigene Position innerhalb der GmbH zu beschreiben.
Bedeutsam wird dies vor allem dann, wenn sich die Gesellschafter nicht auf eine einheitliche
Vorgehensweise einigen können. Handelt es sich in diesem Fall um eine beschränkte Ge-
schäftsführungsbefugnis, so bedarf die Geschäftsführung der Zustimmung der Gesellschaf-
terversammlung und hat das Geschäft zu unterlassen, wenn sich die Gesellschafter nicht
einigen können. Geht man hingegen von einer unbeschränkten Geschäftsführungsbefügnis
aus, so können die Gesellschafter lediglich durch einen Mehrheitsbeschluss den Geschäfts-
führern mittels Weisung eine bestimmte Maßnahme untersagen oder auferlegen.
In § 37 Abs. 1 GmbHG hat der Gesetzgeber lediglich die Geschäftsführungsbefügnis der
Geschäftsführer dargelegt, ohne jedoch den Umfang und Inhalt zu definieren. Durch
§ 37 Abs. 1 GmbHG wird vielmehr den Gesellschaftern das Recht eingeräumt, selbst durch
den Gesellschaftervertrag oder einzelne Gesellschafterbeschlüsse den Umfang und Inhalt
der Geschäftsführerbefügnis festzulegen. Allerdings wurden durch den Gesetzgeber den
Geschäftsführern eine Vielzahl von Einzelaufgaben in den §§ 30, 31, 33, 35, 40, 41, 42, 43,
49, 64 und 78 GmbHG zugewiesen. Damit hat das Gesetz Bestimmungen, an der Stelle ge-
schaffen, an der dem Verkehrsschutz besonders hohe Bedeutung zugemessen wird.
Die ganz überwiegend in der Literatur vertretene Meinung geht davon aus, dass die Gesell-
schafter der GmbH nicht wie der Vorstand der AG gemäß § 78 Abs. 1 AktG die Gesellschaft
unter eigener Verantwortung leiten, sondern vielmehr den gesellschaftsvertraglich oder
beschlussmäßig gefassten Entscheidungen der Gesellschafter unterworfen sind
16
und somit
von vorne herein in ihrer Geschäftsführungsbefugnis beschränkt sind.
So wird in der Literatur den Gesellschaftern die Entscheidungen über die Grundsätze der
Unternehmenspolitik zugestanden. Dies folgt in erster Linie aus § 46 GmbHG 1, 5, 6, und 7.
Hier wird den Gesellschaftern die alleinige Kompetenz in den wesentlichen finanzpolitischen
und personalpolitischen Angelegenheiten zugewiesen
17
. Dass hiergegen aber einige Argu-
mente sprechen wird noch zu zeigen sein.
15
Vgl. Zöllner (1985) § 37 RdNr. 6; Eisenhardt (1988) S. 839,842
16
Vgl. Koppensteiner (1997) § 37 RdNr. 3
17
Vgl. Mertens (1979) § 37 RdNr. 5; Lutter/Hommelhoff (1995) § 37 RdNr. 7; Eisenhardt (1988) S. 839,842
7
Inwieweit es den Geschäftsführern zusteht bzw. untersagt ist, betreffend außergewöhnlicher
Geschäfte eine Entscheidung ohne Gesellschafterbeschluss zu treffen, wird in der Literatur
unterschiedlich behandelt.
4.2.1 Außergewöhnliche Geschäfte
Wie bereits oben erwähnt unterscheidet das GmbHG nicht wie das HGB nach laufenden und
außergewöhnlichen Geschäften. Trotzdem wird vielfach die Ansicht vertreten, dass die Ge-
schäftsführer nicht befugt sind, ohne vorher die Gesellschafterversammlung zu konsultieren,
sog. außergewöhnliche Geschäfte zu tätigen
18
.
Sowohl ein wesentlicher Teil der Literatur
19
als auch der BGH
20
folgern eine Beschränkung
der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer aus § 49 Abs. 2 GmbHG, in dem den
Geschäftsführern die Pflicht auferlegt wird, eine Gesellschafterversammlung zu berufen,
wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Bei dieser Beschränkung der
Geschäftsführungsbefugnis werden solche Geschäfte verstanden ( zum Teil in Anlehnung an
§ 116 HGB), die entweder außerhalb des statuarischen Unternehmensgegenstands liegen
oder wegen ihrer Bedeutung, ihre Risikos, Zweckes oder Inhaltes einen Ausnahmecharakter
haben und vom bisher Praktizierten abweichen, also über den gewöhnlichen Geschäftsbe-
trieb hinausgehen oder solche, die dem mutmaßlichen Willen der Geschäftsführer wider-
sprechen
21
.
4.2.1.1 Geschäfte außerhalb des Unternehmensgegenstandes
Bei Geschäften außerhalb des Unternehmensgegenstandes handelt es sich um Maßnah-
men, die sich außerhalb des durch die Gesellschafter gemäß § 3 Abs. 2 GmbHG im Gesell-
schaftsvertrag festgelegten Gegenstand des Unternehmens befinden. Eine Vornahme sol-
cher Geschäfte kann nicht Gegenstand der Geschäftsführung sein, da sie nicht mehr von der
Satzung getragen wird
22
. Im Gesetz wird einerseits zwischen Gesellschaftszweck
(§ 1 GmbHG) und andererseits dem Gegenstand des Unternehmens ( § 3 Abs. 2 GmbHG)
unterschieden. Die beiden Begriffe decken sich weitgehend, wobei aber der Unternehmens-
gegenstand der engere Begriff ist und wie auch die Eintragung ins Handelsregister zeigt,
nach Außen den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise
hinreichend erkennbar machen soll
23
. Soll also ein derartiges Geschäft getätigt werden, so
18
Vgl. Altmeppen (1997) § 37 RdNr. 16; Mertens (1979) § 37 RdNr. 3 ; Roth (1987) § 37 Nr. 2.2.1
19
Vgl. LuttCT/Hornmelhoff (1995) § 37 RdNr. 10; Schneider (1995) § 37 RdNr. 12
20
BGH (1984) S. 1462 in Neue juristische Wochenschrift, Heft 25
21
Vgl. Lutter/Horrmielhoff (1995) § 37 RdNr. 11
22
Vgl.Zöllner(1996)§37RdNr.6b;Boesebeck(1960) S. 119; Kort (1991) S. 1278
23
Vgl. Hueck (1985) § 3 RdNr. 9
8
bedarf es auf jeden Fall eines Beschlusses der Gesellschafter. An den Gegenstand des Un-
ternehmens sind nicht nur die Geschäftsführer, sondern alle Organe der Gesellschaft ge-
bunden. Daraus folgt, wollen die Gesellschafter vom Unternehmensgegenstand abweichen,
so bedarf dies einer Änderung der Satzung gemäß § 53 GmbHG. Das heißt, für den die Sat-
zung durchbrechenden Beschluss muss eine Gesellschafterversammlung einberufen wer-
den, auf der der Beschluss notariell beurkundet und mit einer Mehrheit von drei Vierteln der
Stimmen gefasst werden muss. Des weiteren hat der Beschluss, zumindest wenn er auf
Dauerwirkung angelegt ist, ins Handelsregister eingetragen zu werden
24
. Wenn nun selbst
die Gesellschafter einer formellen Änderung der Satzung bedürfen, um Maßnahmen durch-
zuführen, die außerhalb des Gegenstands des Unternehmens liegen, so kann es nur als
zwingend angesehen werden, dass die Geschäftsführer an den geltenden Unternehmensge-
genstand strikt gebunden sind.
Dass also Geschäfte außerhalb des Unternehmensgegenstandes der Geschäftsführungs-
kompetenz der Geschäftsführer entzogen sind, folgt nicht aus dem Ausnahmecharakter des
Geschäftes als vielmehr aus seinem satzungs-durchbrechenden bzw. satzungsändernden
Charakters
25
.
4.2.1.2 Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen
Einen weiteren Bereich, der nach herrschender Meinung der Geschäftsführungskompetenz
der Geschäftsführer entzogen ist, stellen solche Maßnahmen dar, die wegen ihres Inhaltes,
Risikos, Zwecks oder ihrer Bedeutung über den gewöhnlichen, laufenden Geschäftsbetrieb
hinausgehen
26
. Interessant erscheint, dass Vertreter dieser Meinung im Zusammenhang mit
der Haftung der Geschäftsführer grundsätzlich der Geschäftsführung das Tätigen risikorei-
cher Geschäfte nicht verwehren, solange dem Sorgfaltsmaßstab des § 43 GmbhG Folge
geleistet wird
27
.
Dagegen wird jedoch von Zöllner
28
die Meinung vertreten, es bestehen keine sachlichen Be-
schränkungen der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer auf die laufenden Ge-
schäfte, soweit nicht die Satzung oder Gesellschafterbeschlüsse Gegenteiliges regeln. Die
Geschäftsführer brauchten daher auch von sich aus weder für ungewöhnliche Geschäfte
noch über die Hauptlinien der Geschäftspolitik einen Gesellschafterbeschluss einzuholen.
Begründet wird diese Ansicht mit der Systematik der §§ 35, 37, 45, und 46 GmbHG sowie
eine ohne Not in das GmbH-Recht übertragene auch im Recht der OHG und KG nicht mehr
24
Vgl. Priester (1987) S. 47 ff, 51 ff; Ziemons (1996) S. 14; Schmidt (1995) § 45 RdNr 34; anderer Ansicht: immer
Eintragung ins Handelsregister: Lutter/HommelhofT(1995) §53 RdNr. 14; Habersack (1994) S. 366, 367
25
Vgl. Ziemons (1996) S. 14
26
Vgl. Mertens (1979) § 37 RdNr. 4; Lutter/Hommelhoff § 37 RdNr. 11; Schneider (1995) § 37 RdNr. 15; Eisenhardt
(1988) S. 843
27
Vgl. Lutter/Hommelhoff § 43 RdNr. 10; Schneider (1995) § 43 RdNr. 76,78
28
Vgl. Zöllner (1985) § 37 RdNr. 6
9
praktikablen Differenzierung (§§ 116, 164 HGB), wodurch für den Geschäftsbetrieb wegen
der Abgrenzungsproblematik unzweckmäßige Unsicherheit entstehe. Nach Eisenhardt
29
spricht gegen die Ansicht von Zöllner
30
, dass dieser die Formulierung in § 49 Abs. 2 GmbHG
(,,im Interesse der Gesellschaft") gleich setzt mit der des § 111 Abs.3, wonach der Aufsichts-
rat der AG die Hauptversammlung einberufen muss, wenn das ,,Wohl der Gesellschaft" es
erfordert. Es sei von einer Gleichsetzung von ,,Interesse der Gesellschaft" i.S. des § 49 Abs.
2 GmbHG und ,,Wohl der Gesellschaft i.S. des § 111 Abs. 3 AktG auf Grund der nach wie vor
auch in Anlehnung an § 111 Abs. 3 AktG geführten stetigen Diskussion über das, was als
,,Unternehmensinteresse" sowohl für den Vorstand als auch für den Aufsichtsrat der AG als
Verhakensmaxime anzusehen ist, Abstand zu nehmen. Doch das Problem der Konkretisie-
rung des Umfangs der außergewöhnlichen Geschäfte löst auch die Darstellung von Eisen-
hardt nicht abschließend. Eisenhardt
31
folgert zusammenfassend lediglich, dass nur solche
Geschäfte zum weisungsfreien Bereich gehören könnten, die nicht gemäß § 49 Abs. 2
GmbHG in einer ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung beschlossen
werden müssen. Auch Eisenhardt liefert damit wie auch § 49 Abs. 2 GmbHG selbst keinen
Maßstab, wann es im Interesse der Gesellschafter liegt, eine Gesellschafterversammlung
einzuberufen. § 49 Abs. 3 GmbHG liefert beispielhaft nur den Fall des Verlustes der Hälfte
des Stammkapitals als Hinweis für einen Maßstab, wann das Interesse der Gesellschafter es
verlangt, eine Gesellschafterversammlung zu berufen. Da aber solch gravierende Fälle nur
äußerst selten auftreten, wären damit auch die Gesellschafter lediglich in derartigen Aus-
nahmefallen zu konsultieren. Dass eine Miteinbeziehung der Gesellschafter auf diese Fälle
beschränkt sein soll, kann aber mit der personalistischen Struktur einer GmbH nicht in Ein-
klang gebracht werden. Einen brauchbaren Maßstab scheint Ziemons
32
zu liefern, indem die
Einberufungspflicht im Sinne des § 49 Abs. 2 GmbHG nicht bei allen außergewöhnlichen
Geschäften - wie z.B. von Lutter/Hommelhoff
33
gefordert -anzunehmen ist, sondern nur
dann, wenn ein Geschäft von erheblicher Bedeutung für Rentabilität und Liquidität der Ge-
sellschaft anzunehmen ist. Begründet wird dieser Ansatz damit, dass die Rentabilität und
Liquidität wichtige Interessen der Gesellschaft sind, was seine Bestätigung im § 90 Abs. 1
Nr. 4 AktG, der die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber des Aufsichtsrates für solche
Maßnahmen normiert, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher
Bedeutung sein können, findet. Hierbei ist der Bericht so rechtzeitig zu erstellen, dass der
Aufsichtsrat das Geschäft vor dessen Durchführung einem Zustimmungsvorbehalt im Sinne
des
§ 111 Abs. 4 AktG unterwerfen kann. Im Gegensatz zu der Einberufung einer Gesellschaf-
terversammlung nach § 49 Abs. 2 GmbHG, wo die Kontrolle der Geschäftsführung durch die
29
Vgl. Eisenhardt (1988) S. 842 f
30
Vgl. Zöllner (1985) § 49 RdNr. 13
31
Vgl. Eisenhardt(1988) S. 844
32
Vgl. Ziemons (1996) S. 16
33
Vgl. Lutter/Hommelhoff (1995) § 49 RdNr. 11
10
Gesellschafter weniger im Vordergrund steht, sollen §§ 90 Abs. 1 Nr. 4, § 111 Abs. 4 AktG
dem Aufsichtsrat die Möglichkeit einer Kontrolle der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat
geben, wobei indes sowohl den Regelungen im GmbHG als auch im AktG gemein ist, dass
das Organ, das Einfluss auf die Geschäftsführung hat, vor Tätigung eines für die Gesell-
schaft bedeutenden Geschäftes, aufzusuchen ist. Wie Ziemons
34
richtig herausstellt, bringt
eine Orientierung für die Einberufungspflicht der Gesellschafter an der Bedeutung des Ge-
schäftes für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft den Vorteil mit sich, dass damit
den Geschäftsführern ein leichter zu erkennender Leitfaden gegeben werden kann, wann sie
eine Gesellschafterversammlung einzuberufen haben, als wenn man der Argumentation ei-
ner Einberufungspflicht bei außergewöhnlichen Geschäften folgt.
Von Kort
35
wurde außerdem herausgestellt, dass eine Vielzahl der den außergewöhnlichen
Geschäften zugeordneten Maßnahmen, Grundlagenentscheidungen oder Strukturent-
scheidungen darstellen, die in der alleinigen Kompetenz der Gesellschafter liegen, da sie
nicht in den Bereich der Geschäftsführung im engeren Sinne fallen.
4.2.1.3 Geschäfte, die dem Willen oder dem mutmaßlichen Willen der Gesellschafter
widersprechen
Eine weitere Gruppe von Maßnahmen, die der Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschaf-
ter entzogen sein soll, sind solche, die dem mutmaßlichen Willen der Gesellschafter wider-
sprechen
36
. Das bedeutet, die Geschäftsführer haben solche Geschäfte zu unterlassen, von
denen sie annehmen müssen, dass sie dem Willen der Gesellschafter widersprechen oder
mit einem Widerspruch derselben rechnen müssten, wenn sie Kenntnis davon hätten
37
. So-
wohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur wird die Meinung vertreten, dass ein
Missbrauch der Vertretungsmacht des Geschäftsführers schon dann gegeben ist, wenn er
objektiv die Grenzen seiner Vertretungsmacht missbraucht
38
. Dass der Geschäftsführer sol-
che Maßnahmen zu unterlassen hat, folgt nicht aus der Außergewöhnlichkeit des Geschäf-
tes
39
, vielmehr folgt die Unterlassungspflicht aus der Bindung des Geschäftsführers an die
Weisungen der Gesellschafterversammlung nach § 37 Abs. 1 GmbHG
40
. Ziemons
41
begrün-
det eine Bindung an den Gesellschafterwillen, die nicht nur im Falle eines ausdrücklichen
Gesellschafterbeschlusses sondern auch im Falle eines nicht förmlich bekundeten Gesell-
schafterwillens gegeben ist, mit dem allgemeinen Grundsatz des deutschen Privatrechts,
34
Vgl. Ziemons (1996) S. 16
35
Vgl. Kort (1991) S. 1278
36
Vgl. Lutter/Hommelhoff (1995) § 37RdNr. 11
37
Vgl. BGH (1984) S. 1461 f, in Neue juristische Wochenschrift, Heft 25; OLG Frankfurt am Main (1989) S. 254 ff in
GmbH-Rundschau
38
Vgl. Lutter/Hommelhoff(1995) § 35 RdNr. 12 f; Altmeppen (1997) § 37RdNr. 34; BGH (1984)1461f
39
Vgl. Eisenhaidt (1988) S. 843
40
Vgl. Ziemons (1996) S. 17
41
Vgl. Ziemons (1996) S. 17
11
wonach sich ein treuhänderischer Sachverwalter (eine solche Stellung nimmt der Geschäfts-
führer ein) fremder (Vermögens-) Interessen an den Willen des Interessenträgers zu halten
hat. Dieser Grundsatz wird mit den Vorschriften des BGB bezüglich des Auftrags und der
Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet, wobei besonders auf die §§ 665 und 677 ff BGB
hingewiesen wird
42
. So gestattet § 665 BGB dem Beauftragten von den Weisungen des Auf-
traggebers abzuweichen, wenn er annehmen darf, dass der Auftraggeber die Abweichung
billigen würde. Die §§ 677 ff BGB machen deutlich, dass der Geschäftsführer ohne Auftrag
dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherren Folge zu leisten hat.
Dies wird lediglich für den Fall eingeschränkt, dass ein Abweichen vom Willen des Ge-
schäftsherren nicht in Frage kommt, wenn damit Pflichten erfüllt werden, die im öffentlichen
Interesse hegen.
Da zwar die Trägerin des Vermögensinteresses die Gesellschaft und nicht die Gesellschaf-
terversammlung darstellt, aber im Idealfall die Gesellschafterversammlung den Willen der
Gesellschaft wiedergibt, so ist davon auszugehen, dass auch ein Handeln nach dem tatsäch-
lichen oder mutmaßlichen Willen der Gesellschafter einem Handeln nach dem Willen der
Gesellschaft entspricht, welcher für den Geschäftsführer die oberste Handelsmaxime dar-
stellt. Es ist also unzweifelhaft anzunehmen, dass Maßnahmen, die nicht dem tatsächlichen
oder dem mutmaßlichen Willen der Gesellschafter entsprechen, außerhalb der Geschäfts-
führungskompetenz der Geschäftsführer hegen.
4.2.2 Maßnahmen, die den Bereich der Unternehmenspolitik betreffen
Häufig wird in der Literatur die Auffassung vertreten, die Festsetzung der Grundsätze der
Unternehmenspolitik entziehen sich der Geschäftsführungskompetenz der Gesellschafter
und lägen im Aufgabenbereich der Gesellschafter; abgeleitet wird dies durch die in den
§§29 Abs. 2, 42a Abs. 2und 46 Nr. 5 und 7, in denen den Gesellschaftern die finanz- und
personalpolitischen Kompetenzen zugewiesen werden
43
. Der in § 46 GmbHG dargestellte
Katalog kann sinnvoll nur in der Weise verstanden werden, dass hier lediglich die Zuständig-
keiten der Gesellschafter aufgeführt werden, deren Begründung nicht eines gesonderten
Gesellschafterbeschlusses bedürfen
44
. Da grundsätzlich aber die Geschäftsführung durch
die Geschäftsführer zu erfolgen hat
45
, sind diese auch für die Festlegung der Grundzüge der
Unternehmenspolitik zuständig, da dies im Umfang der Geschäftsführung enthalten ist
46
.
42
Vgl. Ziemons (1996) S. 17
43
Vgl. Eisenhaidt (1988) S. 839,842; Mertens (1979) § 37 RdNr. 5; Koppensteiner (1997) § 37 RdNr. 8; Lut-
ter/Hommelhoff(1995) § 37 RdNr. 8
44
Vgl. Mertens (1979) § 37 RdNr. 9
45
so auch Altmeppen (1997) § 37 RdNr. 2; Zöllner (1985) § 37 RdNr. 2; Grunewald (2000) 2.E RdNr. 43
46
Vgl. Schneider (1995) § 37 RdNr. 2
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (eBook)
- 9783958209305
- ISBN (Paperback)
- 9783958204300
- Dateigröße
- 353 KB
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Schlagworte
- umfang grenzen weisungsrechts gmbh-gesellschaftern