Personalcontrolling und Personalcontrollinginstrumente: Dimensionen, Funktionen und organisatorische Einbindung
©2006
Studienarbeit
30 Seiten
Zusammenfassung
Mit der vorliegenden Arbeit soll ein systematischer Überblick über das Personalcontrolling und die Personalcontrollinginstrumente geschaffen werden. Die Ausführungen sind in vier Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel wird auf die Grundlagen des Personalcontrolling eingegangen. Im zweiten Kapitel werden Dimensionen, Funktionen und organisatorische Einbindung des Personalcontrolling sowie Anforderungen an ein leistungsfähiges Personalcontrolling vorgestellt. Im dritten Kapitel werden die einzelnen Personalcontrollinginstrumente behandelt. Im letzten Kapitel erfolgt dann eine kritische Würdigung der Betrachtung.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
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2 Grundlagen
2.1 Entwicklung/Entstehung des Personalcontrolling
Personalcontrolling hat seine Ursprünge im amerikanischen Human Resource Accounting.
Diese Form der Rechnungslegung entwickelte sich in den USA bereits Ende der 60er Jahre.
Da die erstellten Konzepte sehr aufwendig und zum großen Teil unübersichtlich waren, wur-
den sie in der Praxis kaum akzeptiert.
Der so oft praktizierte ,,Blick über den Teich" brachte weder für die betriebswirtschaftliche
Forschung noch für die interessierte Unternehmenspraxis im deutschsprachigen Raum Er-
kenntnisse, die die Beschäftigung mit einer ökonomischen bzw. quantitativen Fundierung der
Personalarbeit ausgelöst hätten.
Als Folge der breiten Controlling-Diskussion in Wissenschaft und Praxis seit Beginn der 80er
Jahre verknüpft mit ausdifferenzierten, funktionalen Controlling-Varianten (z.B. Logistik-,
Produktions-, F&E-, Marketingcontrolling), entstand der Gedanke, auch für den Personalbe-
reich ein Controlling zu konzipieren
.
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2.2 Definition
des
Personalcontrolling
Personalcontrolling lässt sich als spezielles ,,Bereichs-Controlling" charakterisieren. Es stellt
ein erfolgsorientiertes Management-Instrument dar, das u. a. die bewusste, systematische
wie integrierte Planung (Soll) und Kontrolle (Ist) personalwirtschaftlicher Tatbestände in
messbaren oder zumindest objektiv erfassbaren Daten umfasst und die Rückkopplung zwi-
schen Kontrolle und Planung sicherstellen soll. Hierbei werden die Ergebnisse der Abwei-
chungsanalysen zur Grundlage des Planungsprozesses.
Personalcontrolling ist somit kein ,,neues" Kontrollinstrument im Sinn eines Mitarbeiter-
Überwachungssystems, sondern ein Führungsteilsystem, das die Personalplanung und die
Personalplankontrolle sowie die personalwirtschaftlich relevante Informationsversorgung
systembildend und systemkoppelnd koordiniert und so die Adaption der Unternehmung als
Ganzes, insbesondere des Humansystems, unterstützt.
Personalcontrolling unterscheidet sich von anderen Controlling-Bereichen insbesondere in
folgenden Punkten:
¾ Personalcontrolling fokussiert die Personalarbeit, das menschliche Potential,
Leistungs- sowie Arbeitsverhalten und -ergebnisse.
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Vgl. Wunderer/Kuhn 1995, S. 173
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¾ Es konzentriert sich auf arbeitsrelevante Aspekte und auf Arbeitsrollen aller Mitarbei-
ter. Es werden deshalb nur Ausschnitte der Beziehung ,,Mensch-Arbeit" erfasst. Die
Begrenzung bestimmt die Personalcontrolling-Philosophie. Sie entscheidet z. B., in-
wieweit neben ökonomischen auch soziale Aspekte berücksichtigt werden.
Im Folgenden soll Personalcontrolling als planungsgestütztes, integratives Evaluationsden-
ken und -rechnen zur Abschätzung von Entscheidungen zum Personalmanagement, insbe-
sondere zu deren ökonomischen und sozialen Folgen verstanden werden. Personalcontrol-
ling hat dabei die Aufgabe, als organisationsinterne Service- und Beratungsfunktion sowie
als Steuerungsinstrument zu fungieren, mit dem Ziel einer optimalen Wertschöpfung der
menschlichen Ressourcen
.
3
Definition von
Leistungsmaßstäben
Realisierung
Abweichungsanalyse
Soll-ist-Vergleich
Abbildung 1: Controlling-Prozess als Regelkreis
Quelle: Wunderer 2001, S. 417
3
Vgl. Jung 2005, S. 926
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2.3 Ziele
des
Personalcontrolling
Mit Personalcontrolling soll der Personalbereich einer konsequenten ökonomischen Betrach-
tung und Ausrichtung unterzogen werden, auch in ihm soll das strategische und ökonomi-
sche Denken, Handeln und Entscheiden gefördert werden. Daraus erklärt sich das grund-
sätzliche Anliegen, mit Personalcontrolling den Beitrag der Arbeit im Allgemeinen und der
personalwirtschaftlichen Tätigkeiten im Besonderen zum Unternehmungserfolg zu erfassen
und zu beurteilen. Damit wird es auch möglich, derzeitige und zukünftige Stärken und
Schwächen der Personalarbeit offenzulegen. Mit einer solchen ,,ökonomischen Öffnung" des
Personal-Management werden quantitative Dimensionen (wie Personalkosten und
aufwand) in den Vordergrund gerückt; allerdings sollte sich das Personalcontrolling nicht in
einer rein kostenorientierten Betrachtung erschöpfen, sondern vielmehr stets auch die mit
dem Einsatz von Personal verbundenen und für den Unternehmenserfolg bedeutsamen qua-
litativen (u. a. psychologischen und sozialen) Aspekte einbeziehen, soweit dies in nachvoll-
ziehbarer Weise möglich ist. Arbeitszufriedenheit, Motivation, Identifikation, Führungsstil,
Betriebsklima, Unternehmungs- und Kooperationskultur u. a. spielen also auch hier eine Rol-
le als Bestandteile eines umfassenderen Zielbündels.
Diese Multidimensionalität kommt (wenn auch nur in Ansätzen) auch in der Auflistung von
Zielen zum Ausdruck, die in der betrieblichen Praxis mit dem Personalcontrolling verfolgt
werden: die Reihenfolge ist eine Rangfolge.
¾ Verbesserung der Übersicht über Struktur und Entwicklung der Personalkosten
¾ Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen für personalwirtschaftliche Aktivitäten
¾ Entschärfung personeller Engpässe
¾ Verringerung der Personalfluktuation
¾ Erhöhung der Arbeitsproduktivität
¾ Senkung der Personalkosten
¾ Verbesserung der Leistungsmotivation
¾ Senkung der Kosten der Personalarbeit
¾ Reduktion der Absenzen
¾ Stärkung der internen Stellung der Personalarbeit.
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4
Vgl. Berthel 2004, S. 1441 f.
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2.4 Aufgaben
des
Personalcontrolling
Aus den Zielen lassen sich unschwer die Aufgabenfelder des Personalcontrolling ablei-
ten, unter denen die Koordination und Integration einen besonderen Stellenwert hinsicht-
lich ihrer Unterstützungsfunktion für die Führungsaufgaben der Unternehmungsleitung
haben. Im Einzelnen lassen sich die folgenden Aufgaben unterscheiden:
1. Koordination im Personalbereich
¾ Zwischen Bestandteilen der Personalplanung
¾ Zwischen Personalplanung und Personalkontrolle
¾ Zum Personalinformationssystem
¾ Zu Organisation und Personalführung
2. Verknüpfung zu anderen Funktionsbereichen
¾ Koordination der Personalplanung mit Investitions-, Finanz- u. a. Planungen
¾ Berücksichtigung des Personalwesens in der Gesamtplanung
3. Mitwirkung an strategischer Personalarbeit
¾ Strategische Wirkungen personalwirtschaftlicher Entscheidungen
¾ Anpassung an Umweltänderungen
4. Bewertung und Ausrichtung der Personalarbeit
¾ Ökonomische Durchdringung der Personalarbeit
¾ Ökonomische Bedeutung der Personalarbeit
In umfassender Ausgestaltung sollten nicht nur einzelne Aufgabenfelder ausgewählt, son-
dern vielmehr sämtliche personellen Tätigkeitsbereiche bearbeitet werden. Dadurch entsteht
eine große Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten, wie Abb. 2 zeigt, die von konkreten Einzel-
aufgaben bis hin zu komplexen Aufgabenfeldern reicht
.
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5
Vgl. Berthel 2004, S. 1442 f.
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Personalmanagementfelder Controllingfunktion
Personalbestandsanalyse Fähigkeitscontrolling
Strukturcontrolling
Personalbedarfsbestimmung Anforderungscontrolling
Bedarfsstrukturcontrolling
Personalbeschaffung Beschaffungswegcontrolling
Bewerberauswahlcontrolling
Personalentwicklung Bildungscontrolling
Laufbahncontrolling
Personalfreisetzung Freisetzungscontrolling
Freisetzungabwicklungscontrolling
Personaleinsatz Arbeitsplatzcontrolling
Arbeitsaufgabencontrolling
Arbeitszeitcontrolling
Personalführung Motivationscontrolling
Führungscontrolling
Kulturcontrolling
Personalkostenmanagement Budgetcontrolling
Kostenstrukturcontrolling
Abbildung 2: Aufgabenfelder des Personalcontrolling und ihre exemplarische Konkretisie-
rung
Quelle: Berthel 2004, S. 1443
2.5 Ebenen des Personalcontrolling
Entsprechend dem Entwicklungsstand des Personalcontrolling lassen sich drei Dimensionen
des Personalcontrolling unterscheiden:
1. Kostencontrolling
2. Effizienz- bzw. Wirtschaftlichkeitscontrolling und
3. Effektivitäts- bzw. Erfolgscontrolling
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Abbildung 3: Ebenen des Personalcontrolling
Quelle: Wunderer/Jaritz 2002, S. 16
Das Kostencontrolling beinhaltet die periodische Planung der Personalkosten und der Kos-
ten der Personalabteilung selbst. Die Wertschöpfung liegt hier in der Einhaltung der Budget-
vorgaben. Das Effizienzcontrolling betrachtet die Produktivität der Personalarbeit durch einen
Vergleich von tatsächlichem und geplantem Ressourceneinsatz für die personalwirtschaftli-
chen Prozesse. Wertschöpfung ist hier der effiziente Umgang mit Ressourcen. Das Effektiv-
tätscontrolling zielt schließlich auf den Erfolgsbeitrag der Personalarbeit zum Unterneh-
menserfolg ab. Die Wertschöpfung beinhaltet hier die bedarfsgerechte Gestaltung der Per-
sonalfunktionen zur langfristigen Sicherung des Humanpotenzials. Die Messung der Wert-
schöpfung im Rahmen des Effektivitätscontrolling gestaltet sich am schwierigsten, da der
Erfolg des Personalmanagements weder direkt gemessen noch eindeutig zugerechnet wer-
den kann. Eine Erfassung über ein ausdifferenziertes Indikatorensystem ist daher notwen-
dig.
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Vgl. Wunderer/Jaritz 2002, S. 16 f.
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3 Personalcontrolling
3.1 Dimensionen des Personalcontrolling
3.1.1 Strategisches und operatives Personalcontrolling
Strategisches Personalcontrolling ist eine Unterstützungsfunktion des strategischen Perso-
nalmanagements. Diese Unterstützungsfunktion besteht in der Beteiligung an den Aktivitäten
zur Steuerung des Aufbaus und der Nutzung von Humanressourcen als Erfolgspotenzial zur
Sicherung der Erreichung der Unternehmensziele.
In der Praxis findet sich dieses strategische Moment des Personalcontrolling, abgeleitet aus
den Unternehmenszielen in vielen Standardprozessen, etwa in der Personalplanung, wieder,
ohne dass es als strategisches Personalcontrolling bezeichnet wird. Wird der Begriff den-
noch verwendet, so bezieht er sich auf Zahlen und Kennziffern, die strategische Personalzie-
le beinhalten.
Ein strategisches Personalcontrolling kann sinnvoll sein, wenn die Ziele konkret formuliert
und operationalisierbar sind. Das strategische Personalcontrolling leitet konkrete Prüf- und
Bewertungskriterien ab, erstellt einen Prüfplan und sorgt ausgestattet mit den erforderli-
chen Kompetenzen für seine Einhaltung.
Beispiel: Strategisches Ziel eines Unternehmens sei es, in fünf Jahren 20 Mitarbeiter mit
einem bestimmten Spezialwissen in neuen Geschäftsfeldern einzusetzen, die am Arbeits-
markt nicht ohne weiteres verfügbar sind. Die Steuerung und Kontrolle der Maßnahmen zum
Erreichen dieses Ziels ist Aufgabe des strategischen Personalcontrolling. Es stellt z. B. die
Frage, ob nach längstens einem Jahr ca. 25 Mitarbeiter eingestellt worden sind und mit den
Entwicklungsmaßnahmen begonnen wurde. Wenn diese Frage verneint wird, ist das strate-
gische Ziel gefährdet und es müssen Maßnahmen ergriffen werden.
Operatives Personalcontrolling ist im Gegensatz zum strategischen Personalcontrolling eine
Unterstützungsfunktion des operativen Managements (,,Abwicklung des Tagesgeschäfts"),
das primär handlungsbezogen auf wiederkehrende Arbeitsvorgänge und Aufgabenstellungen
ausgerichtet ist.
Anders als das strategische Personalcontrolling unterstützt das reaktive, operative Personal-
controlling nicht proaktiv den antizipativen Aufbau, die Nutzung, den Erhalt und den Abbau
sowie die eher langfristig ausgelegte Steuerung von Human-Erfolgspotenzialen
.
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7
Vgl. DGFP 2001, S. 21 f.
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Abb. 4 zeigt einige idealtypische Merkmalsunterschiede zwischen dem strategischen und
dem operativen Personalcontrolling auf, die keinen Gegensatz bilden, sondern einander
vielmehr ergänzen sollten
.
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Strategisches Perso-
nalcontrolling
Differenzierungsmerkmale Operatives
Personal-
controlling
Meist qualitative Größen
Zielgrößen
Meist quantitative Grö-
ßen
Stärken - Schwächen,
Chancen - Risiken
Dimensionen
Aufwand - Ertrag,
Kosten Leistung
Primär umweltorientiert,
nach außen gerichtet
Blickrichtung
Primär unternehmungs-
Orientiert, nach innen
gerichtet
Weiter Zukunftshorizont
Blickweite
Begrenzter Zukunftsho-
rizont
Hoch, Vernachlässigung
von Details
Komplexitätsreduzierung/
Abstraktionsgrad
Niedrig, Beachtung von
Details
Niedrig
Formalisierungsgrad
Mittel bis hoch
Langfristig
Zeitliche Ausrichtung
Mittel- bist kurzfristig
Synoptisch, radikal,
multikausale Wirkungs-
netze
Denkmuster der
Controllingträger
Analytisch, inkremental,
monokausale Wirkungs-
ketten
Oberes Management
Hierarchische Einordnung
der unterstützten
Entscheidungsträger
Unteres bis mittleres
Management
Abbildung 4: Gegenüberstellung idealtypischer Merkmale des strategischen und operativen
Personalcontrolling
Quelle: Berthel 2000, S. 442
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Vgl. Berthel 2000, S. 442
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2006
- ISBN (eBook)
- 9783958209374
- ISBN (Paperback)
- 9783958204379
- Dateigröße
- 619 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Fulda
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Note
- 2
- Schlagworte
- personalcontrolling personalcontrollinginstrumente dimensionen funktionen einbindung