Instrumente erfolgreicher Vertriebssteuerung: Die Kundenergebnisrechnung als Bestandteil eines Anreiz- und Entlohnungssystems in der Vertriebssteuerung im B2B-Bereich
©2009
Masterarbeit
71 Seiten
Zusammenfassung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine differenzierte Betrachtung der Kundenergebnisrechnung und der vertrieblichen Anreiz- und Entlohnungssysteme vorzunehmen. Des Weiteren soll der Frage nachgegangen werden, wie die Kundenergebnisrechnung, insbesondere unter Berücksichtigung des B2B-Bereichs, auszugestalten ist, um diese im Rahmen eines vertrieblichen Anreiz- und Entlohnungssystems zur Vertriebssteuerung anwenden zu können.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Der Vertrieb ist das maßgebliche und unverzichtbare Bindeglied zwischen Unter-
nehmen und Kunden. In Zeiten sich zunehmend verschärfender Wettbewerbssi-
tuation haben Unternehmen erkannt, dass ein effizienter Vertrieb ein wesentli-
ches Kriterium für ihren Erfolg darstellt.
In der Praxis dominiert häufig noch immer das umsatzorientierte Denken. Der
Leistungsindikator ,,Umsatz" bedeutet jedoch nicht zugleich auch Ertrag und lie-
fert demnach kein getreues Bild über die Ertragsstruktur. Umsatzstarke Kunden
sind demnach nicht zwingend auch ertragsstarke Kunden. Mit Hilfe der Kunden-
ergebnisrechnung wird der Erfolgsbeitrag jedes Kunden für Unternehmen trans-
parent. Die Kundenergebnisrechnung schafft damit die Basis für eine effiziente
Vertriebssteuerung.
1
Wie aber können die aus der Kundenergebnisrechnung ge-
wonnenen Erkenntnisse zur Vertriebssteuerung im Unternehmen eingesetzt wer-
den? Eine effiziente Steuerung des Vertriebs im Sinne der Unternehmensziele
macht flexibel ausgestaltete, leistungsorientierte Anreiz- und Entlohnungssyste-
me erforderlich. Die Vertriebsmitarbeiter sollen zu ergebnisorientiertem Denken
und Handeln motiviert werden, indem ihre Entlohnung an ihrem individuellen
Beitrag zum Unternehmenserfolg ausgerichtet wird. Die traditionell umsatzorien-
tierten Anreiz- und Entlohnungssysteme werden daher den unternehmerischen
Anforderungen nicht mehr gerecht. Demzufolge hat in den vergangenen Jahren
die Forderung nach leistungsorientierten Anreiz- und Entlohnungssystemen, die
eine ergebnisorientierte Steuerung der Vertriebsmitarbeiter ermöglichen, stark
zugenommen. Die Kundenergebnisrechnung als Basis für eine effiziente und
ergebnisorientierte Vertriebssteuerung kann daher als Bestandteil leistungsorien-
tierter Anreiz- und Entlohnungssysteme herangezogen werden.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine differenzierte Betrachtung der Kun-
denergebnisrechnung und der vertrieblichen Anreiz- und Entlohnungssysteme
vorzunehmen. Des Weiteren soll der Frage nachgegangen werden, wie die Kun-
denergebnisrechnung, insbesondere unter Berücksichtigung des B2B-Bereichs,
auszugestalten ist, um diese im Rahmen eines vertrieblichen Anreiz- und Entloh-
nungssystems zur Vertriebssteuerung anwenden zu können.
1
Vgl. Deutsch (1993), S. 47.
1
1.2 Gang der Untersuchung
Vor diesem Hintergrund beginnt die vorliegende Arbeit in Kapitel 2 mit der Klä-
rung begrifflicher Grundlagen. Hierbei werden zunächst die Begriffe Controlling,
Vertrieb und Vertriebscontrolling definiert, um eine Einordnung der Vertriebs-
steuerung vornehmen zu können. Im Anschluss daran wird ein kurzer Überblick
über die Instrumente der Vertriebssteuerung gegeben.
In Kapitel 3 wird die Kundenergebnisrechnung eingehender behandelt. Nach
einer kurzen Einordnung der Kundenergebnisrechnung in die Vertriebsergebnis-
rechnung erfolgt eine detaillierte Betrachtung des Grundkonzeptes der Kunden-
ergebnisrechnung sowie deren denkbare Einflussfaktoren. Im weiteren Gang der
Untersuchung wird ein Blick auf die Erkenntnisse, die aus der Kundenergebnis-
rechnung gewonnen werden können, geworfen sowie mögliche Probleme in ei-
ner kritischen Bewertung zusammengetragen.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit vertrieblichen Anreiz- und Entlohnungssystemen.
Dabei wird zunächst auf die bestehende Notwendigkeit zeitgemäßer Anreiz- und
Entlohnungssysteme und auf die Anforderungen, die an derartige Systeme ge-
stellt werden, eingegangen. In einem weiteren Schritt werden die unterschiedli-
chen Elemente leistungsorientierter Entlohnungssysteme dargelegt. Dabei wer-
den die Entlohnungselemente auf Basis der Kundenergebnisrechnung gesondert
herausgegriffen und einige Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt.
In Kapitel 5 wird anschließend die Kundenergebnisrechnung als Bestandteil ver-
trieblicher Anreiz- und Entlohnungssysteme insbesondere für den B2B-Bereich
eingehender behandelt. Neben den Besonderheiten des Vertriebs im B2B-
Bereich werden die prinzipielle Eignung der Kundendeckungsbeiträge zur Ver-
triebssteuerung und die speziellen Anforderungen, die an die Kundenergebnis-
rechnung im B2B-Bereich gestellt werden, herausgearbeitet. Anschließend wird
aufgezeigt, wie vertriebliche Anreiz- und Entlohnungssysteme im B2B-Bereich
ausgestaltet werden können.
Um zu überprüfen, ob die Ergebnisse der theoretischen Ausarbeitung des The-
mas tatsächlich mit der Praxis übereinstimmen, wird in Kapitel 6 ein Unterneh-
men aus dem B2B-Bereich zum Vergleich herangezogen wobei die Unterschiede
herausgearbeitet werden.
Kapitel 7 enthält abschließend eine kurze Schlussbetrachtung.
2
2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Controlling
Der Begriff Controlling ist in den letzten zwanzig Jahren in der deutschsprachigen
wissenschaftlichen Literatur stark herangewachsen und diskutiert worden. Den-
noch ist in der Literatur keine einheitliche Definition dieses Begriffes vorzufinden,
sondern man trifft vielmehr auf eine Vielzahl unterschiedlicher Auffassungen und
Definitionsansätzen. Controlling wird sowohl als die Beschaffung, Aufbereitung
und Koordination von Informationen und somit als Informationsversorgungsfunk-
tion verstanden wie auch als eine spezielle Form der Unternehmensführung.
2
Dominierend ist heutzutage jedoch der koordinationsbezogene Ansatz von
H
ORVÁTH
. Er definiert Controlling als ,,dasjenige Subsystem der Führung, das
Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung systembildend und system-
koppelnd ergebniszielorientiert koordiniert und so die Adaption und Koordination
des Gesamtsystems unterstützt."
3
Das Controlling fungiert dabei als Unterstützung der Führung und ermöglicht ihr,
das Gesamtsystem an Veränderungen der Umwelt anzupassen, um die Errei-
chung der Erfolgsziele des Unternehmens zu gewährleisten. Dabei stellt das
Controlling die für Managemententscheidungen relevanten Informationen sowie
Instrumente, die für eine Erreichung der Unternehmensziele erforderlich sind,
bereit und übernimmt für das Management einen Service- bzw. Lotsendienst.
4
Der koordinationsbezogene Ansatz des Controllings unterstützt folglich das ziel-
gerichtete Handeln der Führung, wobei zielgerichtetes Handeln die Anwendung
des Rationalitätsprinzips bedeutet. Damit wird dem Definitionsansatz von W
EBER
,
der das Controlling als Rationalitätssicherung der Führung definiert, ebenfalls
Rechnung getragen.
5
Das Controlling wird weitergehend hinsichtlich seiner Ziele und Aufgaben und
unter Berücksichtigung zeitlicher Aspekte in das strategische und operative Cont-
rolling unterteilt. Das strategische Controlling unterstützt das Management bei
der strategischen Planung und Kontrolle. Das Ziel des strategischen Controllings
ist die nachhaltige Existenzsicherung des Unternehmens sowie der Aufbau von
Erfolgspotentialen, die langfristig eine Erzielung von Erträgen erlauben. Das stra-
tegische Controlling ist daher nicht nur unternehmensorientiert, sondern darüber
2
Vgl. Weber (2004), S. 23 ff.
3
Horváth (2006), S. 134.
4
Vgl. Horváth (2006), S. 134 f.
5
Vgl. Horváth (2006), S. 137; vgl. dazu auch Weber (2004), S. 47 f.
3
hinaus stark umwelt- und marktorientiert. Das operative Controlling dagegen ist
in erster Linie auf interne Aspekte des Unternehmens ausgerichtet und befasst
sich insbesondere mit den Zielgrößen Gewinn, Rentabilität und Liquidität sowie
mit der Wirtschaftlichkeit betrieblicher Prozesse. Aufgabe des operativen Control-
lings ist es, das Management bei der kurz- und mittelfristigen Planung und Kon-
trolle zu unterstützen.
6
Neben der Abgrenzung des Controllings in strategisch und operativ kann ebenso
eine differenzierte Betrachtung des Controllings nach Branchen, Organisations-
formen und nach Funktionen vorgenommen werden. Betrachtet man die funkti-
onsbezogene Abgrenzung des Controllings eingehender, so zeigt sich, dass sich
in der Entwicklung des Controllings Controllingbereiche mit eigenständigen Cont-
rollingaufgaben und -instrumenten herausgebildet haben. Diese umfassen bspw.
die Unternehmensbereiche Vertrieb, Einkauf, Marketing, Produktion, Personal
und Logistik.
7
In den weiteren Ausführungen sollen insbesondere die Aspekte
des Vertriebs und des Vertriebscontrollings eingehender behandelt werden.
2.2 Vertrieb und Vertriebscontrolling
Ebenso wie der Controlling-Begriff ist der Begriff des Vertriebs in der wissen-
schaftlichen Literatur nicht einheitlich definiert. Nach der Auffassung von P
EPELS
umfasst der Vertrieb die Akquisition von Kunden, die Interaktion mit Kunden und
die Nachbereitung bei Kunden.
8
W
INKELMANN
versteht außerdem unter Vertrieb
,,alle Funktionen und Tätigkeiten, Strukturen und Abläufe (Prozesse), Systeme
und Methoden zur betrieblichen Leistungsverwertung."
9
Dabei kann der Vertrieb
mit der Distributionspolitik gleichgesetzt werden, sofern die Distribution nicht nur
auf die physische Warenverteilung wie Lagerung, Versand und Transport be-
schränkt wird. Der Vertrieb bildet neben der Produkt-, Preis- und Kommunikati-
onspolitik ein weiteres bedeutendes Instrument des Marketing-Mixes
10
. Die Ge-
samtheit aller Tätigkeiten des Vertriebs bildet schließlich die Vertriebspolitik.
Diese umfasst alle Maßnahmen, die für eine systematische Gewinnung von Auf-
trägen und die Bereitstellung von Waren erforderlich sind. In der Vertriebspolitik
unterscheidet man dabei zwischen der vertriebslogistischen und marktgerichte-
ten akquisitorischen Komponente des Vertriebs. Der Fokus der vertriebslogisti-
6
Vgl. Horváth (2006), S. 234 ff.
7
Vgl. Preißner (2005), S. 7 f.
8
Vgl. Pepels (2002), S. 5.
9
Winkelmann (2005), S. 2.
10
Der Marketing-Mix bildet die Gesamtheit der Marketinginstrumente, die erforderlich sind, um die
Marketingstrategie in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 13 f.
4
schen Komponente liegt insbesondere auf der Sicherstellung der physischen
Bereitstellung von Produkten bei den Kunden. Die Vertriebslogistik wird jedoch in
der Praxis meist nicht dem Vertrieb zugeordnet. Die marktgerichtete akquisitori-
sche Komponente dagegen konzentriert sich auf die Gewinnung, Pflege und
Bindung von Kunden.
11
Die Vertriebsaktivitäten umfassen folglich sowohl Aspek-
te der Kunden- und Kostenorientierung als auch die Generierung sowie Siche-
rung der Umsätze.
Für den wirtschaftlichen Erfolg sowie den dauerhaften Fortbestand eines Unter-
nehmens gewinnt der Vertrieb als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kun-
den zunehmend an Bedeutung. Daher besteht die zentrale Aufgabe des Ver-
triebs darin, die Kunden optimal zu betreuen und wertvolle Kundenkontakte zu
pflegen, um die Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden und somit
Absatzpotentiale zu sichern bzw. weiter auszubauen. Um rechtzeitig auf sich
ändernde Kundenanforderungen reagieren zu können, ist es erforderlich, dass
das Vertriebsmanagement mit aussagekräftigen Informationen versorgt wird, um
die Vertriebsaktivitäten entsprechend zu planen, zu kontrollieren und im Hinblick
auf die Erfolgsziele des Unternehmens zu koordinieren.
12
Diesen Anforderungen wird das Vertriebscontrolling gerecht. In der wissenschaft-
lichen Literatur werden die Begriffe Vertriebscontrolling und Marketingcontrolling
häufig synonym verwendet. Obwohl es sich bei Vertrieb und Marketing um Ser-
vicebereiche handelt, die sich gegenseitig ergänzen, sind die Zielsetzungen und
Aufgabenstellungen unterschiedlich. Zu den Aufgaben des Marketingcontrollings
zählt insbesondere die Unterstützung des Marketingmanagements in allen Ent-
scheidungen, die im Hinblick auf aktuelle und zukünftige Beziehungen zwischen
einem Unternehmen und seinen Märkten zu treffen sind. Dabei unterstützt das
Marketingcontrolling das Marketingmanagement durch Bereitstellung entschei-
dungsrelevanter Informationen und darin, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit
des Unternehmens sowie den wirtschaftlichen Einsatz der Marketinginstrumente
im Rahmen der verfolgten Marketingstrategie sicherzustellen.
13
Während das Marketingcontrolling eher auf die Analyse und Transparenz der
absatzpolitischen Maßnahmen ausgerichtet ist, beschäftigt sich das Vertriebs-
controlling stärker mit der Analyse der erzielten Vertriebsergebnisse, den Ver-
triebsprozessen, dem Einsatz der Vertriebsressourcen und dem Kundenmana-
gement. Das Marketing- und das Vertriebscontrolling können jedoch als sich
11
Vgl. Winkelmann (2005), S. 33; vgl. dazu auch Homburg/Krohmer (2003), S. 14.
12
Vgl. Reichmann (2006), S. 525.
13
Vgl. Reichmann (2006), S. 441 f.
5
ergänzende Bestandteile des Unternehmenscontrollings angesehen werden.
14
Das Vertriebscontrolling unterstützt das Vertriebsmanagement dabei, den Ver-
trieb sowie die vielfältigen Vertriebsaktivitäten effizient zu steuern.
15
Das Aufgabenfeld des Vertriebscontrollings ist dabei sehr umfangreich und um-
fasst Aufgaben der Information, Analyse, Planung, Kontrolle und Steuerung.
16
Da
im Vertriebsbereich oftmals noch das reine Umsatzdenken der Vertriebsmitarbei-
ter dominiert und es zudem häufig an aussagefähigen Auswertungstechniken
mangelt, können Informationen über die Ertragskraft der Erfolgsträger nur selten
rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. Da die erheblichen Informationsdefizite
eine ergebnisorientierte Steuerung des Vertriebs nahezu unmöglich machen,
gewinnt das Vertriebscontrolling zunehmend an Bedeutung.
17
Das Vertriebscon-
trolling stellt die für das Vertriebsmanagement notwendigen Steuerungsinforma-
tionen sowie die Ergebnistransparenz nach Produkten, Kunden, Märkten und
Vertriebswegen sicher.
18
Insbesondere im operativen Bereich sind Entscheidun-
gen zu treffen, die direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Vertriebs-
aktivitäten haben. Hierbei muss das Vertriebscontrolling dem Vertriebsmanage-
ment aussagekräftige Informationen zur Planung und Steuerung von Umsatz,
Erfolg und Mitarbeitern zur Verfügung stellen. Zu diesem Zweck führt das Ver-
triebscontrolling geeignete Erfolgsrechnungen durch, wie bspw. Kundenergebnis-
rechnungen oder Regionenerfolgskontrollen, analysiert deren Ergebnisse und
bereitet diese für das Vertriebsmanagement auf.
19
Abweichend von dem koordinationsbezogenen Controllingansatz von H
ORVÁTH
genießt speziell im Vertriebscontrolling in erster Linie die Sicherstellung der In-
formationsversorgung oberste Priorität. Daher besteht das primäre Ziel des Ver-
triebscontrollings darin, entscheidungsrelevante Informationen zu erfassen, diese
aufzubereiten und dem Vertriebsmanagement zur Verfügung zu stellen, um die-
ses bei allen Entscheidungen im Hinblick auf eine Steuerung und Ausrichtung
der vielfältigen Vertriebsaktivitäten zu unterstützen. Damit schafft das Vertriebs-
controlling die Basis für eine effiziente Vertriebssteuerung.
20
Die Vertriebssteue-
rung bildet einen Managementprozess, der die Steuerung der gesamten Ver-
triebsaktivitäten und die zielgerichtete Umsetzung der Vertriebspolitik umfasst.
Die Vertriebssteuerung orientiert sich dabei an den Unternehmens- bzw. Ver-
14
Vgl. Internationaler Controller Verein e. V. (2007), S. 5.
15
Vgl. Stahl (1992), S. 187.
16
Vgl. Ehrmann (2002), S. 866 f.
17
Vgl. Reichmann (2006), S. 526.
18
Vgl. Internationaler Controller Verein e. V. (2007), S. 5.
19
Vgl. Reichmann (2006), S. 527.
20
Vgl. Reichmann (2006), S. 525 ff.
6
triebszielen. Infolgedessen sollen die Entscheidungs- und Verhaltensprozesse
der Vertriebsmitarbeiter so gelenkt werden, dass sich die Unternehmensziele
realisieren. Die Notwendigkeit der Vertriebssteuerung ergibt sich demnach dar-
aus, dass diese sowohl für die Einhaltung der strategischen Zielvorgaben des
Vertriebs als auch für deren Umsetzung bei der operativen Ergebnissteuerung
der Vertriebsaktivitäten verantwortlich ist.
21
2.3 Instrumente der Vertriebssteuerung
Um eine effiziente Steuerung des Vertriebs entlang den Unternehmenszielen zu
ermöglichen, stellt das Vertriebscontrolling entsprechende Steuerungsinstrumen-
te zur Verfügung. Diese Instrumente müssen derart ausgestaltet sein, dass sie
eine differenzierte Steuerung nach Kunden bzw. Kundengruppen, Produkten
bzw. Produktgruppen, einzelnen Vertriebseinheiten und Mitarbeitern sowie dem
Betriebsergebnis ermöglichen.
22
Eine zielgerichtete und effiziente Steuerung des Vertriebs setzt eine genaue
Kenntnis über den aktuellen Zustand und aktuelle Entwicklungen des Vertriebs
und der Vertriebsaktivitäten voraus und erfordert ein erhebliches Maß an Trans-
parenz. Vertriebsrelevante Informationen müssen gesammelt und entsprechend
aufbereitet werden mit dem Ziel, das Vertriebsmanagement mit entscheidungsre-
levanten Informationen zu versorgen. Dieser Anforderung wird ein kennzahlen-
gestütztes Berichtswesen gerecht. Dieses muss so konzipiert sein, dass es die
Informationsversorgung des Vertriebsmanagements sicherstellt und gleichzeitig
deren Informationsbedarf erfüllt. Dabei dient das Berichtswesen als Informati-
onsbasis für eine effiziente Steuerung des Vertriebs und der Vertriebsaktivitäten
und schafft die für Steuerungszwecke notwendige Transparenz.
23
Um die teils
erhebliche Menge entscheidungsrelevanter Informationen in verdichteter Form
abzubilden, ist es Aufgabe des Vertriebscontrollings, aussagekräftige Vertriebs-
kennzahlen zu entwickeln. Diese sollen einen konzentrierten Überblick über die
Absatz-, Kunden-, Wettbewerbs- und Marktsituation liefern.
24
Kennzahlen haben
dabei eine Informations- und/oder Steuerungsaufgabe und sind zudem ein wich-
tiges Hilfsmittel für die erfolgsorientierte Planung und Kontrolle.
25
Sie können als
Grundlage für die Bildung vertrieblicher Zielvorgaben und zur Kontrolle der Ziel-
21
Vgl. Duderstadt (2006), S. 6 ff.
22
Vgl. Duderstadt (2006), S. 10.
23
Vgl. Duderstadt (2006), S. 142.
24
Vgl. Reichmann (2006), S. 539.
25
Vgl. Horváth (2006), S. 543.
7
erreichung sowie zur frühzeitigen Erkennung von Abweichungen eingesetzt wer-
den.
26
Ein Vergleich der Soll- und Istkennzahlen lässt Analysemöglichkeiten zu
und gibt Anregungen für Steuerungs- und Anpassungsmaßnahmen. Die Ver-
triebskennzahlen sollen unter Berücksichtigung des Analysebereichs, der sowohl
Kosten- und Erfolgsgrößen als auch markt- und abnehmerbezogene Größen
umfasst, zu einem Vertriebskennzahlensystem verdichtet werden können. Das
Kennzahlensystem sollte dermaßen ausgebaut sein, dass ein konzentrierter
Überblick über den erzielten Erfolg der Vertriebsaktivitäten gegeben werden
kann. Dabei sollen folgende Analysebereiche berücksichtigt werden:
27
x
Strukturanalyse, die eine Analyse der Vertriebs- und Marktstruktur umfasst,
mit der die Notwendigkeit struktureller Anpassungen des Vertriebs an verän-
derte Rahmenbedingungen aufgedeckt werden soll;
x
Wirtschaftlichkeitsanalyse, welche die Erfolgswirkungen der Vertriebsaktivitä-
ten, die Effizienz der Vertriebsorganisation sowie den jeweiligen Beitrag der
Erfolgsträger (Kunde, Produkt) überwacht;
x
Lageanalyse, die zur frühzeitigen Identifikation von Marktentwicklungen ent-
sprechende Anpassungsmaßnahmen an veränderte Rahmenbedingungen in
die Wege leitet.
Denkbare Kennzahlen sind in diesem Zusammenhang bspw. die Umsatzrentabi-
lität, Werbeerfolgskontrolle, Personaleffizienz oder der kundengruppenbezogene
Umsatzanteil.
28
Neben einem kennzahlenbezogenen Berichtssystem kann eine effiziente und
effektive Vertriebssteuerung ebenso durch zielorientierte Kundenanalysen und
die Bereitstellung entscheidungsrelevanter Kundeninformationen umgesetzt wer-
den. Die Kunden sind aus unterschiedlichen Perspektiven hinsichtlich ihrer aktu-
ellen und auch zukünftigen Bedeutung für das Unternehmen zu beurteilen und im
Vergleich zu anderen Kunden entsprechend zu bewerten. Um die Effizienz und
die Ergebnisorientierung des Vertriebs zu steuern und die vorhandenen Ver-
triebsressourcen optimal einzusetzen, ist es daher von besonderer Relevanz zu
wissen, wer die rentablen und wer die weniger rentablen Kunden des Unterneh-
mens sind.
29
Das Vertriebscontrolling hat im Zusammenhang mit der Beantwor-
tung dieser Frage Instrumente und Methoden zur Kundenwertermittlung bereit-
26
Vgl. Horváth (2006), S. 561.
27
Vgl. Reichmann (2006), S. 539 ff.
28
Vgl. Reichmann (2006), S. 547.
29
Vgl. Winkelmann (2005), S. 282 f.
8
zustellen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur und Praxis existiert eine Viel-
zahl unterschiedlicher Ansätze und Methoden zur Ermittlung des Kundenwerts.
Bei der Ermittlung des Kundenwerts können sowohl die vergangenheitsbezogene
als auch die zukünftige Bedeutung des Kunden für ein Unternehmen betrachtet
werden und eindimensionale bzw. mehrdimensionale Beurteilungen je nach
Anzahl der herangezogenen Bewertungskriterien getroffen werden. Methoden
zur Kundenwertermittlung sind u. a. die ABC-Analyse nach Umsatz oder Ergeb-
nis bzw. die kombinierte ABC-Analyse nach Umsatz und Ergebnis, die Kunden-
ergebnisrechnung, die Kundenportfolio-Analyse, der Customer Lifetime Value
und Scoring-Modelle.
30
Nicht zu vernachlässigen ist zudem die Steuerung der Vertriebsmitarbeiter im
Hinblick auf die Erfolgsziele des Unternehmens. Da ein effizienter Vertrieb ein
wesentliches Erfolgskriterium des Unternehmens abbildet, ist es erforderlich,
flexible Anreiz- und Entlohnungssysteme aufzubauen. Die in der Praxis vorherr-
schenden Systeme sind jedoch häufig nicht zeitgemäß und basieren oftmals
ausschließlich auf dem Leistungsindikator ,,Umsatz". Weiterhin ist die mangelnde
Transparenz hinsichtlich der Rentabilität von Kundenaufträgen oder Produkten,
die den Unternehmenserfolg bereits mittelfristig gefährden kann, als problema-
tisch einzustufen.
31
Daher ist es erforderlich, dass das Vertriebscontrolling die
bestehenden Anreiz- und Entlohnungssysteme in regelmäßigen Abständen hin-
sichtlich Flexibilität und Motivationsfähigkeit überprüft und die Systeme an verän-
derte Marktgegebenheiten anpasst.
32
Die Besonderheiten und Ausgestaltungs-
möglichkeiten vertrieblicher Anreiz- und Entlohnungssysteme werden in Kapitel 4
explizit behandelt.
30
Vgl. Winkelmann (2005), S. 285 ff.; vgl. dazu auch Eberling (2002), S. 164 ff.
31
Vgl. Fritz/Bickenstein (1994), S. 283 f.
32
Vgl. Reichmann (2006), S. 527.
9
3 Kundenergebnisrechnung
3.1 Vertriebsergebnisrechnung
Als wesentliche Informationsgrundlage für eine kontinuierliche und ergebnisorien-
tierte Steuerung der Vertriebsaktivitäten gewinnt der Aufbau mehrdimensionaler
Vertriebsergebnisrechnungen zunehmend an Bedeutung. Diese werden dem
Vertriebsmanagement vom Vertriebscontrolling zur Verfügung gestellt. Um eine
Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Vertriebs vornehmen zu können, sind zu-
nächst die dafür erforderlichen Informationen von der betrieblichen Kosten- und
Leistungsrechnung bereitzustellen. Im Rahmen der Vertriebsergebnisrechnung
werden Umsätze und Kosten einer Periode unterschiedlichen Bezugsobjekten
zugeordnet. Bezugsobjekte sind bspw. Kunden, Kundengruppen, Regionen oder
Aufträge. Dabei erfordert eine differenzierte Analyse der Vertriebstätigkeiten ver-
schiedene Auswertungsmöglichkeiten der jeweiligen Bezugsobjekte sowie die
Kombination unterschiedlicher Bezugsobjekte wie bspw. Produkt-Kunde-Region.
Grundlage für die Vertriebsergebnisrechnung sind die verschiedenen Ausgestal-
tungsformen der Deckungsbeitragsrechnung. Diese wiederum können je nach
Entscheidungsproblem zu mehrdimensionalen Ergebnisrechnungen ausgebaut
werden. Neben der bekannten Produktergebnisrechnung gewinnt auch die Kun-
denergebnisrechnung im Vertriebscontrolling an Bedeutung. Diese wird i. d. R.
als Kundendeckungsbeitragsrechnung umgesetzt und ermöglicht die Erfassung
aller Kosten, Erlöse und Erlösschmälerungen und enthält daher alle Erfolgsfakto-
ren, die mit dem Kunden in Zusammenhang stehen. Der Kundendeckungsbeitrag
ermittelt als Differenz zwischen Umsatz und dem Kunden direkt zurechenbaren
Kosten ist dabei ein Indiz für den Wertbeitrag der Kunden zum Unternehmens-
erfolg. Darauf aufbauend können bspw. eine entsprechende Segmentierung der
Kunden vorgenommen und zukünftige Vertriebsmaßnahmen abgeleitet werden.
33
Durch die Aufnahme einer zusätzlichen regionalen Dimension kann die De-
ckungsbeitragsrechnung zu einer Regionenerfolgskontrolle ausgebaut werden.
Diese wird u. a. für die Analyse der geographischen Aufteilung der Verkaufsge-
biete verwendet. Mittels der Regionenerfolgskontrolle kann bspw. der jeweilige
Erfolgsgrad der Verkaufsregionen ermittelt werden, der wiederum für weitere
Analysen der Ergebnisentstehung und -entwicklung einzelner Verkaufsregionen
eingesetzt werden kann.
34
33
Vgl. Reichmann/Pallocks (1997), S. 455 f.
34
Vgl. Reichmann/Pallocks (1997), S. 457.
10
Mit der zunehmenden Kundenorientierung wird insbesondere im Markenartikel-
bereich sowie in der Konsumgüterindustrie die Steuerung des Vertriebs durch
das Key Account Management vorgenommen. Das Key Account Management ist
für den langfristigen Ausbau der Geschäftsbeziehungen und die Erreichung einer
optimalen Marktstellung bei den Kunden durch gezielte Umsatzförderung zu-
ständig. Der Key Account Manager zeichnet sich dabei durch seine Gesamtver-
antwortung für bestimmte Kundengruppen, die sog. Schlüssel-Kunden, aus. So-
mit besteht für ihn entsprechender Informationsbedarf, um eine ergebnisorien-
tierte Vertriebssteuerung wahrnehmen zu können. Das Vertriebscontrolling hat
dem Key Account Management neben einer aussagekräftigen Kundenergebnis-
rechnung ebenso Informationen über den Kunden, die Beziehung des Kunden
zum Unternehmen sowie zur Kundenplanung, d. h. Informationen zur Auf-
tragseingangsplanung und zum Erfolgspotential der Kunden, zur Verfügung zu
stellen.
35
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit sollen jedoch die Aspekte der Regio-
nenerfolgskontrolle und des Key Account Managements nicht eingehender un-
tersucht werden.
3.2 Grundkonzept der Kundenergebnisrechnung
Wie in Kapitel 3.1 bereits angedeutet wurde, ist die Kundenergebnisrechnung im
Rahmen der Vertriebserfolgsrechnung ein Instrument des Vertriebscontrollings
mit dem Ziel, den Erfolgsbeitrag der jeweiligen Kunden bzw. Kundengruppen zu
ermitteln. Die Kundenergebnisrechnung liefert dem Vertriebsmanagement ent-
scheidungsrelevante Informationen, die für die Steuerung des Vertriebs und den
effizienten Einsatz der Vertriebsressourcen erforderlich sind. Das Verfahren der
Kundenergebnisrechnung bietet sich insbesondere dann an, wenn bei gleicher
Produktart bei einzelnen Kunden unterschiedlich hohe Vertriebskosten entste-
hen. Dies kann bspw. dann der Fall sein, wenn vorherige Vereinbarungen kun-
denindividueller Sonderkonditionen getroffen wurden oder aufgrund räumlicher
Distanzen unterschiedliche Logistikkostenanteile verursacht werden.
36
Das Grundkonzept der Kundenergebnisrechnung besteht darin, alle kundenspe-
zifischen Kosten- und Erlösbestandteile den Kunden bzw. Kundengruppen zuzu-
ordnen. Dies erfordert die Erfassung aller kundenspezifischen Kosten- und Erlös-
größen durch die im Unternehmen vorherrschenden Kostenrechnungssysteme.
Dabei ist zu beachten, dass die Zurechnung der Kosten auf die Kunden verursa-
35
Vgl. Reichmann/Pallocks (1997), S. 457 f.
36
Vgl. Reichmann/Pallocks (1997), S. 455 f.
11
chungsgerecht erfolgt, da ansonsten kein aussagekräftiges Kundenergebnis er-
zielt wird, was möglicherweise Fehlentscheidungen auslöst.
37
Doch genau in der
verursachungsgerechten Zuordnung der Kosten ist die Schwierigkeit der Kun-
denergebnisrechnung zu sehen. Neben direkt zurechenbaren Kundeneinzelkos-
ten existieren zudem Kostenbestandteile, deren verursachungsgerechte Zuord-
nung sich in der Praxis häufig schwierig gestaltet. Es besteht die Gefahr, dass
eine willkürliche Verteilung der Kosten auf die jeweiligen Kunden vorgenommen
wird und somit auch Kosten verrechnet werden, die aus Kundensicht Gemein-
kosten darstellen.
38
Die Verrechnung der kundenspezifischen Kosten und Erlöse auf das Bezugsob-
jekt Kunde im Rahmen der Kundenergebnisrechnung kann unterschiedlich aus-
gestaltet werden. Analog zu den Kostenrechnungsverfahren im Unternehmen
kann man auch bei der Kundenergebnisrechnung zwischen vollkostenbezogener
Nettoerfolgsrechnung und teilkostenbezogener Deckungsbeitragsrechnung un-
terscheiden. In der Vollkostenrechnung werden die gesamten angefallenen Kos-
ten einer Periode auf die einzelnen Kunden verteilt. Neben Einzelkosten werden
auch Gemeinkosten, die nicht direkt einzelnen Kunden zurechenbar sind, indirekt
per Schlüsselung auf die Kunden weiterverrechnet. Die Schlüsselung erfolgt da-
bei anhand wert- oder volumenabhängiger Zuschlagsbasen, wodurch die Ge-
meinkosten als prozentualer Zuschlag auf die Einzelkosten verrechnet werden.
Die Verrechnung der Gemeinkosten basiert dabei auf dem Tragfähigkeitsprinzip.
Dies ist jedoch als problematisch einzustufen, denn es kann nicht pauschalisiert
werden, dass die Kunden, die hohe Einzelkosten verursachen, zugleich auch
hohe Gemeinkosten auslösen. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden,
dass Kunden unterschiedliche Leistungen beanspruchen, die unterschiedlich
hohe Kosten hervorrufen. Beim Vollkostenansatz wird somit ein proportionaler
Bezug hergestellt, der in der Realität nicht existiert.
39
Für eine verursachungsgerechte Verrechnung der Gemeinkosten sind teilkosten-
bezogene Deckungsbeitragsrechnungen tendenziell besser geeignet. Hierbei
unterscheidet man zwischen dem Verfahren des Direct Costing und der mehrstu-
figen Fixkostendeckungsrechnung. Das Direct Costing berücksichtigt ausschließ-
lich beschäftigungsabhängige variable Kosten der Kunden. Da aber dennoch
bestimmte Fixkosten wie bspw. das Gehalt eines Key Account Managers einzel-
nen Kunden zugerechnet werden können, ist dieses Verfahren für die Kundener-
37
Vgl. Haag (1992), S. 28 f.
38
Vgl. Duderstadt (2006), S. 92 f.; vgl. dazu auch Haag (1992), S. 28 f.
39
Vgl. Töpfer/Seeringer (2008), S. 236 f.
12
gebnisrechnung ungeeignet. Im Rahmen der mehrstufigen Fixkostendeckungs-
rechnung dagegen wird der Fixkostenblock weiter aufgespaltet und verursa-
chungsgerecht verschiedenen Hierarchieebenen zugerechnet. Die geläufige Un-
terscheidung in fixe und variable Kosten ist jedoch für die Kundenergebnis-
rechnung nicht maßgeblich. Stattdessen bietet sich eine Unterscheidung in
Einzel- und Gemeinkosten an.
40
Folgt man dem Konzept der relativen Einzelkosten nach R
IEBEL
, das auf dem
Identitätsprinzip basiert, so dürfen einem Bezugsobjekt nur jene Kosten und Er-
löse zugerechnet werden, die ,,... auf einen gemeinsamen dispositiven Ursprung,
also einen identischen Entscheidungszusammenhang, zurückgehen."
41
Demnach
werden alle Kosten, die auf einer Entscheidungsebene beeinflussbar sind, dieser
Ebene als Einzelkosten zugerechnet. Für die Kundenergebnisrechnung bedeutet
dies, dass dem Bezugsobjekt Kunde nur jene Kosten und Erlöse zugerechnet
werden dürfen, die durch dieselbe Entscheidung des Kunden verursacht und
beeinflusst werden. Darunter sind die Kosten zu verstehen, die durch die Exis-
tenz der Kundenbeziehung initiiert werden. Alle übrigen Kosten, die nicht nach
dem Identitätsprinzip dem Bezugsobjekt Kunde direkt zurechenbar sind, verkör-
pern dementsprechend Gemeinkosten. Von einer Schlüsselung dieser Kosten
auf die Bezugsobjekte soll nach der Auffassung von R
IEBEL
abgesehen werden,
da sie nur willkürlich erfolgen kann.
42
Eine konsequente Umsetzung des Ver-
zichts der Schlüsselung der Kundengemeinkosten erfordert daher, dass weitere
Bezugsobjekte definiert werden, denen Kosten und Erlöse verursachungsgerecht
zugerechnet werden können. Dadurch wird möglich, die ursprünglichen Gemein-
kosten als relative Einzelkosten übergeordneten Bezugsobjekten zuzuordnen,
auf deren Ebene die Gemeinkosten beeinflussbar sind. Damit steigt der Grad der
verursachungsgerechten Zurechenbarkeit mit jeder weiteren Hierarchieebene.
43
In der Darstellung 1 werden die verschiedenen Hierarchieebenen der Kosten der
jeweiligen Bezugsobjekte aufgezeigt. Es wird verdeutlicht, dass neben den auf
der Kundenebene entstandenen Kosten ebenso die Kosten der Produkt- und
Auftragsebene dem Bezugsobjekt Kunde zugeordnet werden können. Die Pro-
duktkosten werden den jeweiligen Kundenaufträgen und diese wiederum einzel-
nen Kunden zugewiesen, um eine kundenspezifische Erfassung der Kosten zu
ermöglichen.
44
Auf der Produktebene fallen zunächst die Kosten der Leistungs-
40
Vgl. Banzhaf/Feyrer (2006), S. 98 f.
41
Riebel (1994), S. 627.
42
Vgl. Banzhaf/Feyrer (2006), S. 99.
43
Vgl. Welling (2000), S. 210 f.
44
Vgl. Banzhaf/Feyrer (2006), S. 99.
13
erstellung an, die aus den betrieblichen Kostenrechnungssystemen entnommen
werden können. Die von der produzierten Menge unabhängigen spezifischen
Kosten der Auftragsverarbeitung wie bspw. Kosten der Angebotserstellung oder
der Fakturierung fallen auf der Auftragsebene an. Die kundenspezifischen Kos-
ten für Serviceleistungen, spezielle Produktanpassungen sowie Kosten für Kun-
denbindung und -pflege sind auf der Kundenebene anzuführen. Kosten für Wer-
bemaßnahmen werden bestimmten Marktsegmenten, administrative Kosten
dagegen wie bspw. die Kosten der Unternehmensleitung oder des Controllings
werden der Organisationsebene zugerechnet.
45
Darst. 1: Hierarchie der relevanten Kosten
Produkt X
Produkt Y
Produkt Z
Auftrag 1
Auftrag 3
Auftrag 2
Kunde A
Kunde B
Marktsegment I
Marktsegment II
Organisatorische
Leistungsbereitschaft
Produktebene
Löhne, Material, Abschreibungen für
Anlagen/Maschinen, Energie, Einkauf
Auftragsebene
Angebotserstellung, Verpackung und
Versand, Fakturierung
Kundenebene
kundenspez. Produktanpassung, Rabatte
Serviceleistungen, Kundenbesuche
Marktsegmentebene
Werbung, PR-Arbeit
Organisationsebene
Unternehmensleitung,
Personalwesen, Controlling
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Knöbel (1995), S. 8.
Darauf aufbauend ist die Kundenergebnisrechnung auszugestalten. In der Litera-
tur werden viele unterschiedliche Verfahren und Methoden zur Ermittlung perio-
denbezogener Kundenergebnisse vorgeschlagen. Darstellung 2 zeigt den Grund-
aufbau einer Kundenergebnisrechnung in Form einer mehrstufigen Kundende-
ckungsbeitragsrechnung, die auf der relativen Einzelkostenrechnung basiert und
die Hierarchie der relevanten Kosten wieder erkennen lässt.
In der dargestellten Kundenergebnisrechnung werden ausgehend von den
Bruttoumsatzerlösen alle dem Kunden zurechenbaren Kosten abgezogen. Von
dem Grundsatz der relativen Einzelkostenrechnung wird in diesem Berech-
nungsschema dahingehend abgewichen, dass die variablen Herstellkosten der
45
Vgl. Knöbel (1995), S. 8 f.
14
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2009
- ISBN (eBook)
- 9783958209459
- ISBN (Paperback)
- 9783958204454
- Dateigröße
- 221 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- instrumente vertriebssteuerung kundenergebnisrechnung bestandteil anreiz- entlohnungssystems b2b-bereich