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Führung im Wandel: Die Bedeutung von Führungskräften beim Changemanagement

©2005 Diplomarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

Veränderungen sind zum permanenten Begleiter und oft sogar zum aktiven Treiber im Wirtschaftsleben geworden: Veränderungen als Ergebnis von Strategiewechseln, Veränderungen in Folge von Restrukturierungen, Veränderungen als Resultat von Unternehmenszusammenschlüssen oder auch Veränderungen durch externe Einflüsse und permanent als Konsequenz technologischer Innovationen. Unternehmen, in denen sich in der Vergangenheit Wandlungsphasen mit eher statischen Phasen abwechselten, sehen sich, aufgrund der rasanten Entwicklung auf den Märkten, immer mehr in einer Situation ständigen Wandels, der zunehmend durch parallel und sich überschneidenden Veränderungsprozessen gekennzeichnet ist. Der Wandel ist nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel geworden. Welche Anforderungen müssen nun aber Unternehmen erfüllen, um den Wandel erfolgreich zu gestalten und welche Anforderungen werden an die Fähigkeiten der Führungskräfte gestellt? Diese Arbeit beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Anforderungen an die Kernkompetenzen von Führungskräften im Changemanagement.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2
Im Rahmen dieser Arbeit soll beschrieben werden, welche Anforderungen an die Füh-
rungskraft gestellt werden, um Veränderungen erfolgreich zu gestalten. Sie haben in Zei-
ten des tief greifenden, rasanten Wandels vielfältige Entscheidungen zu treffen, die sich
auf die Strategie, die finanzielle Sicherung, die Marketingkonzeption, den Technologieein-
satz, die Produktpalette, etc. beziehen. In dieser Untersuchung soll darauf aber nicht ein-
gegangen werden. Von großer Bedeutung ist die personale Führung im Unternehmen, auf
die in dieser Arbeit wesentlich eingegangen werden soll, da sie im Changemanagement
besonders herausgefordert ist.
Innerhalb des ersten Abschnittes dieser Arbeit werden zunächst die Grundlagen des
Changemanagements näher erläutert. Hierbei werden die Basis und der Anstoß zum Ver-
änderungsprozess aufgezeigt, um anschließend die Beteiligten und den Verlauf des Pro-
zesses darzustellen. Dabei werden die geforderten Fähigkeiten der Führungskräfte, um
den Wandel erfolgreich zu bewältigen, immer wieder beleuchtet.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird im folgenden zweiten Abschnitt zunächst die
Grundlagen der Führung beschrieben, um anschließend auf die speziellen Kompetenzen
einer Führungskraft im Wandel eingehen zu können. Ein wichtiger Aspekt, der den Erfolg
oder Misserfolg eines Wandels ausmachen kann und sich somit über den ganzen Prozess
hinweg zieht, ist die Kommunikation, die ebenfalls außerordentliche Fähigkeiten von einer
Führungskraft fordert.
Zuletzt werden die Erkenntnisse aus den vorherigen Abschnitten miteinander verknüpft
und es wird aufgezeigt, welche speziellen Aufgaben eine Führungskraft im zeitlichen Ab-
lauf des Veränderungsprozesses zu bewältigen hat.
Abschließend wird ein Fazit gezogen.

3
2 Das Konzept des Changemanagements
2.1 Definition und Grundlagen des organisatorischen Wandels
Der amerikanische Begriff "Change" wird in der deutschsprachigen Literatur als "Wandel"
oder auch "Veränderung" übersetzt. Sicherlich kann zwischen diesen Bezeichnungen noch
detaillierter unterschieden werden, bringt für die Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit
aber keinen Mehrwert. Daher werden diese Bezeichnungen im Folgenden synonym ver-
wendet.
Es kann zwischen geplanten und ungeplanten Wandel unterschieden werden, wobei der
Ursprung des geplanten Wandels in der bewussten Entscheidung eines Systems liegt,
seine Leistungsfähigkeit zu verbessern. Ungeplanter Wandel ist eher permanent, nicht
intendiert und vielmehr eine zufällige Änderung des Systems
3
. Im Folgenden steht der
geplante Wandel im Mittelpunkt der Betrachtung.
Der geplante Wandel, der eine bewusste Entscheidung des Systems voraussetzt, seine
Arbeits- bzw. Funktionsweise durch das Einleiten eines Wandlungsprozesses zu ändern,
um dadurch eine Effizienzverbesserung zu erreichen, wird nun auf den Begriff der Organi-
sation übertragen. Organisation kann als Institution oder System mit Handlungsvorschrif-
ten und Regelungen oder die Aktivität des Organisierens in einem System verstanden
werden
4
. Ein anderer Ansatz ist, dass eine Organisation als soziales Gebilde verstanden,
die dauerhaft ein Ziel verfolgt und eine formale Struktur aufweist, mit deren Hilfe Aktivitä-
ten der Mitglieder auf das verfolgte Ziel ausgerichtet werden
5
. Organisatorischen Wandel
nur auf die Veränderung der formalen Struktur (Strukturwandel) zu beschränken, ist unzu-
reichend. Neben der organisatorischen Struktur muss auch das Verhalten der dort tätigen
Mitarbeiter bedacht werden. Denn es ist unmögliche, eine Änderung der formalen Organi-
sation durchzuführen, ohne das Verhalten und die Einstellungen jedes einzelnen Indivi-
duums zu beachten (Verhaltensänderung).
6
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird somit geplanter, organisatorischer Wandel verstan-
den als die bewusste Entscheidung einer Organisation, einen auf ihre Funktionsweise und
das Verhalten der Organisationsmitglieder ausgerichteten Veränderungsprozess durchzu-
führen, mit dem Ziel, das vorhandene Effizienzniveau der Organisation zu verbessern.
3
Vgl. Lippitt/Watson/Westley (1958), S.VI.
4
Vgl. Schertler (1995), S. 20.
5
Vgl. Kieser/Kubicek (1992), S. 4.
6
Vgl. Kieser/Hegele/Klimmer (1998), S. 106.

4
Bedingt durch die Verknappung der Ressource Zeit und Geld und die dramatische Steige-
rung der Komplexität
7
, ist heute die Herausforderung für das einzelne Unternehmen durch
die schnelle und wirtschaftliche Bewältigung einer Vielfalt sich rasch ändernder Aufgaben
geprägt
8
. Die Organisationen werden gezwungen, sich mit dem Wandel auseinander zu-
setzen. Sowohl von außen induziert als auch von innen eingeleitet, bestimmen Verände-
rungen den Unternehmensalltag. Die Unternehmen müssen erkennen, dass sie sich im
Hinblick auf die Marktleistungen und Kernkompetenzen immer wieder neu positionieren
und selbst mit eigenen Veränderungen reagieren müssen, wenn sie weiterhin im Wettbe-
werb erfolgreich bestehen wollen
9
. Den Unternehmen fehlt es dabei nicht an Innovations-
konzepten, sondern an deren konsequenten Umsetzung. Die zunehmende Wichtigkeit des
strategischen Erfolgpotentials organisatorischer Veränderungen stellt somit Unternehmen
nicht vor die Frage, "ob" sie sich verändern wollen, sondern "wie" sie sich verändern wol-
len
10
. Changemanagement meint somit nicht nur das Thema und das konkrete Projektziel,
sondern viel mehr die spezifische Art und Weise der Umsetzung, die zur Hauptaufgabe
der Unternehmensführung gehört. Der Wandel ist in periodisch immer kürzer werdenden
Zyklen oder als ständiger Prozess ein dominierendes Thema erfolgreicher Unternehmen
geworden. Um sich im Wettbewerb behaupten zu können, sind die Unternehmen darauf
angewiesen, nicht nur permanent neue Produkte zu entwickeln und zu realisieren, sondern
auch kontinuierlich ihre technischen und organisatorischen Prozesse und Strukturen zu
verändern, um auf diese Weise ihre Produktivität zu steigern
11
.
Da ein Veränderungsprozess meist nicht aus Eigeninitiative einer Führungskraft angesto-
ßen wird, stellt sich die Frage, was Führungskräfte eines Unternehmens in der heutigen
Zeit zunehmend veranlasst, über Veränderungen in ihren Unternehmen nachzudenken. Es
werden nachstehend fünf wesentliche Einflussgrößen dargestellt, deren Veränderung Füh-
rungskräfte zu einem geänderten Problemlösungsverhalten veranlasst und somit die Not-
wendigkeit eines organisatorischen Wandels
12
.
7
Vgl. Doppler/Lauterburg (2000), S. 21.
8
Vgl. ebd., S. 47.
9
Vgl. Böttcher (2003), S. 1.
10
Vgl. Mohr (1997), S. 3.
11
Vgl. Springer (2004), S. 9.
12
Vgl. Mohr (1997), S. 5 ff.

5
Abb. 1: Bestimmungsfaktoren von Wandel in Organisationen
13
Industriestrukturelemente
Veränderungen der Industriestrukturelemente (Industriestruktur, Industrieverhalten und
Industrieergebnis) bedingen ein geändertes strategisches Verhalten und somit einen orga-
nisatorischen Wandel. Erst die genaue Kenntnis der eigenen Industriestruktur befähigt das
Management richtige Entscheidungen zu treffen. Der Wettbewerb basiert auf der ökono-
mischen Struktur und hängt nicht nur vom Verhalten des existierenden Wettbewerber ab,
sondern vielmehr hängt der Stand des Wettbewerbs von fünf grundlegenden Wettbe-
werbskräften - Bedrohung durch neue Konkurrenten, Gefahr durch Ersatzprodukte, Ver-
handlungsstärke des Kunden, Verhandlungsstärke des Lieferanten und Rivalität unter den
bestehenden Wettbewerbern - ab. Eine Änderung eines Industriestrukturelements könnte
z. B. sein, dass eine Bäckerei, die bisher nur Backwaren verkauft hat, eine neue Bäckerei
mit niedrigeren Preisen als Konkurrenz in unmittelbarer Nähe bekommt. Um keine Kunden
zu verlieren, muss die erste Bäckerei Maßnahmen treffen, die die Wettbewerbsfähigkeit
sichert, z. B. das Produktangebot um Kaffee oder Tageszeitungen erweitern.
Generelle Unternehmensumwelt
Auch veränderte Umwelteinflüsse wirken sich auf die Unternehmen aus und führen zu
Anpassungen. Um die Unternehmensumwelt zu betrachten, können Umweltanalysen
(auch Umfeldanalysen) durchgeführt werden. Hierbei sind das wirtschaftliche, gesellschaft-
liche, technologische, rechtliche, politische, ökologische, marktbezogene, branchenbezo-
gene und konkurrentenbezogene Umfeld zu unterscheiden
14
. Aus dieser Analyse können
Reaktionen auf diese Umwelteinflüsse vom Management abgeleitet werden. So hat z. B.
der Staat einen restriktiven (durch Steuern/Zölle) oder förderlichen Einfluss (durch Sub-
ventionen), wodurch ganze Branchen zum Umdenken gezwungen werden können. Bspw.
13
Abbildung in Anlehnung an Steinmann/Schreyögg (1993), S. 413.
14
Vgl. Rahn (2000), S. 436.
Veränderungen der
Organisation
Organisatorischer
Lebenszyklus
Menschen in der
Organisation
Technologie-
entwicklung
Industriestruktur-
elemente
Generelle
Unternehmensumwelt

6
Muss ein Produktionsunternehmen in Osteuropa, welches die hergestellte Ware nach
Deutschland exportiert, ihre Unternehmensstrategie neu entwerfen, wenn die Export-
/Import-Zölle zu hoch steigen.
Organisatorischer Lebenszyklus
Für Unternehmen wird ein Lebenszyklus angenommen, der aus den Phasen der Grün-
dung, des Wachstums, der Konsolidierung und evtl. des Niedergangs besteht
15
. Jedes
Fortschreiten im Lebenszyklus verlangt eine veränderte Organisationsgestaltung, an die
unterschiedliche Anforderungen während der verschiedenen Phasen gestellt werden. So
sind in der Gründungsphase mehr Kreativität und Pioniergeist, aber weniger Management-
fähigkeiten gefordert. Organisationen in der Reifephase benötigen verstärkte koordinative
Fähigkeiten, womit die Tendenz zur Entscheidungsdelegation steigt. Ist ein Unternehmen
in der Gründungs- oder Wachstumsphase, wird z. B. die Marketingstrategie darauf auf-
bauen, das Unternehmen so kreativ und eindrucksvoll wie möglich zu vermarkten, wohin-
gegen die Werbung für ein Unternehmen in der Phase des Niedergangs kaum noch eine
Rolle spielt.
Menschen in der Organisation
Erwartungen und Bedürfnisse von Mitarbeitern beeinflussen die Organisationsstruktur. Im
Umkehrschluss werden aber ebenfalls diese Erwartungen und Bedürfnisse von den gege-
benen Strukturen beeinflusst (z. B. Unterforderung). Einerseits hängt dies mit der Weiter-
entwicklung, mit dem Erreichen eines höheren Lernniveaus der Mitarbeiter zusammen.
Veränderungsprozesse stellen somit auch immer Lernprozesse jedes einzelnen Mitarbei-
ters dar (lernende Organisation). Andererseits spielen politische Prozesse (z. B. das Stre-
ben nach Macht und Kontrolle) eine wichtige Rolle. Bei der Gestaltung der Organisation
versuchen gegensätzliche Interessengruppen, ihre speziellen Vorstellungen Geltung zu
verschaffen, wodurch es zu Konflikten und Widerständen kommen kann. Dies können or-
ganisationale (verursacht durch engen Veränderungsfokus, Trägheit der Gruppe, Bedro-
hung bestehender Machtbeziehungen,etc.) oder individuelle Widerstände (verursacht
durch Gewohnheit, Sicherheitsbedürfnisse, Furcht vor Neuem) sein
16
. Daraus lässt sich
ableiten, dass ein entscheidender Faktor beim organisatorischen Wandel das Führungs-
verhalten des Managements gegenüber seinen Mitarbeitern ist. Verhält sich ein Mitarbeiter
gegenüber einer Umstrukturierung z. B. aufständisch und stur, sollte die Führungskraft die
wahren Hintergründe erfragen, um herauszufinden, welche Bedürfnisse oder auch Ängste
der Mitarbeiter hat.
15
Vgl. Mohr (1997), S. 8.
16
Vgl. Greif/Runde/Seeberg (2004), S. 194.

7
Technologieentwicklung
Die technologische Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen auf die Ausweitung oder
Einschränkung des Handlungsspektrums eines Unternehmens. Die Veränderungszyklen
werden immer geringer, so dass eine Planungssicherheit kaum erzielbar und Flexibilität
unverzichtbar ist. Gerade die intensive Entwicklung der Informations- und Kommunikati-
onstechnologie forciert den Organisationswandel und wird viele Branchenstrukturen revo-
lutionieren (z.B. steigende Kommunikation über e-Mail). Auch hier sind die Entscheidun-
gen der Managementebene bzgl. der technischen Strategie richtungsweisend. So ist es z.
B. für ein Unternehmen mit vielen Außenmitarbeitern von Vorteil, Blackberry-Organizer
einzusetzen, die neben der Telefon- und SMS-Funktion auch ganze e-Mails abrufen und
verschicken können, um schneller und flexibler zu reagieren.
Durch die o.a. Faktoren wird die Notwendigkeit von Veränderungen herausgestellt. Dabei
sind die Parallelität und die Wechselwirkung zwischen den Faktoren nicht zu unterschät-
zen, da hierdurch die Komplexität des Umfelds ansteigt. Das wirtschaftliche, politische und
soziale Umfeld ist heutzutage hochgradig instabil und es passiert permanent sehr viel si-
multan. Erst wenn ein Unternehmen in der Lage ist, diese Komplexität zu beherrschen,
kann es in einem solch turbulenten, komplexen Umfeld überleben und den Wettbewerb
sichern
17
. Das Unternehmen muss sich diesen Sachverhalt bewusst machen, denn Mana-
ger und Führungskräfte werden vor ganz neuen Aufgaben gestellt, die neue Kenntnisse
und Fähigkeiten erfordern.
Unternehmenswandel bewegt sich immer in einem Spannungsfeld von Wandlungsbedarf,
Wandlungsbereitschaft und Wandlungsfähigkeit
18
. Das sog. 3W-Modell stellt ein Rahmen-
konzept vor, dass Wandlungsmanagement als Querschnittsaufgabe für alle Führungskräf-
te betrachtet. Wandlungsbedarf stellt den Ausgangspunkt dar; sog. Promotoren (vgl. Kapi-
tel 2.2) müssen den Wandlungsbedarf transparent machen und darüber hinaus die erfor-
derliche Wandlungsbereitschaft wecken und Wandlungsfähigkeit sichern. Die Einstellung
der Beteiligten gegenüber einem Veränderungsvorhaben wird unter Wandlungsbereit-
schaft verstanden. Die Wandlungsfähigkeit eines Individuum oder einer Gruppe ist ent-
scheidend für den Erfolg von Veränderungsprozessen. Die Führungskraft muss dafür sor-
gen, dass die Beteiligten und Betroffenen
mit den geeigneten Fähigkeiten und Fachwissen
ausgestattet werden. Dies darf nicht nur für den momentanen Veränderungsprozess
durchgeführt werden, sondern die Führungskräfte müssen ein Klima der ständigen Verän-
derungsbereitschaft bei ihren Mitarbeitern schaffen.
Die bewusste und professionelle Gestaltung der Veränderungsobjekte wird begleitet durch
einen hohen Grad an Zielorientierung, Effizienz, Umsetzungsstärke und Akzeptanz der
17
Vgl. Doppler/Lauterburg (2000), S. 47.
18
Vgl. Krüger (2002), S. 19.

8
Betroffenen
19
. Bei der Implementierung von Veränderungen stoßen die Verantwortlichen
immer wieder auf Probleme und Widerstand. Ein wichtiger Aspekt des Wandels ist, dass
sich ebenfalls die Mitarbeiter im Unternehmen verändern müssen
20
, d.h. ihr Verhalten und
ihre Einstellung gegenüber Wandlungsprozessen. Ebenfalls muss im Unternehmen ein
Kulturwandel zur ständigen Veränderung und somit auch zur Weiterentwicklung des Un-
ternehmens entsteht. Dies prägt der Begriff der lernenden Organisation, in der kontinuier-
lich Wissen aufgebaut wird, um Wettbewerbsvorteile zu generieren. Das Engagement je-
des einzelnen ist dabei erforderlich, denn es muss erkannt werden, dass alte Arbeitswei-
sen obsolet sind und neue Methoden erlernt werden müssen. Somit birgt der organisatori-
sche Wandel sowohl eine positive (schöpferische) als auch eine negative (zerstörende)
Seite
21
. Dies bedeutet, dass die bisherige Vorgehensweise, Struktur oder die genutzte
Technologie in Frage gestellt und als verbesserungswürdig betrachtet wird. Gleichzeitig
schafft die Innovation aber die Entwicklung und Umsetzung neuer Kombinationen von
Aufgaben und Kompetenzen. Diese "schöpferische Zerstörung" kann beim Mitarbeiter Wi-
derstand hervorrufen, da es sich nicht um einen freiwilligen Prozess handelt, sondern weil
die Umstände es erfordern. Entscheidend ist, wie die Führungskraft mit diesen Widerstän-
den umgeht und die Mitarbeiter im Veränderungsprozess unterstützt. Beispielsweise kann,
um die Produktion einer Ware zu steigern, ein manueller Arbeitsschritt durch fortgeschrit-
tene Technologie ersetzt werden. Der bisherige Arbeitsplatz wird somit rationalisiert, der
Mitarbeiter wird gegenüber der neuen Technologie Widerstand hegen. Dies impliziert,
dass Veränderungen Risiken, Probleme und Konflikte mit sich bringen, aber auch Heraus-
forderungen, Chancen und neue Perspektiven schaffen können. In unserem Beispiel könn-
ten der Umgang und die technische Weiterentwicklung der neu eingesetzten Technologie
zum neuen Aufgabenfeld des Mitarbeiters werden. Hierbei ist es Aufgabe der Führungs-
kraft, den Mitarbeiter während des Veränderungsprozesses zu unterstützen und zusam-
men mit ihm seine weitere Funktion im Unternehmen zu erarbeiten.
2.2 Beteiligte
des
Changemanagements
Bis hier wird deutlich, dass Changemanagement ein sehr komplexes Thema ist und aus
vielen Perspektiven betrachtet werden kann. Ein wichtiger Bestandteil sind die Personen,
die am Veränderungsprozess beteiligt sind. Oft werden die verschiedenen Rollen gar nicht
19
Vgl. Böning/Fritschle (1997), S. 34.
20
Vgl. Maucher in Müller-Stewens/Spickers (1995), S. 97.
21
Vgl. Schumpeter (1964)

9
im Zusammenhang mit der Veränderung gesehen oder die aktiv beteiligten Personen se-
hen selbst nicht, welche Rolle sie gerade ausüben bzw. ausüben sollten - und deswegen
sind sie weniger produktiv als sie sein könnten. In der folgenden Beschreibung wird her-
ausgestellt, dass die einzelnen Rollen durchaus unterschiedlich angelegt sind, sich gegen-
seitig ergänzen und z. T. auch unterschiedliche, individuelle Qualifikationen sowie unter-
schiedliche Arbeitsweisen und Werkzeuge verlangen
22
.
Das Topmanagement
Eine überragende Bedeutung im Unternehmenswandel kommt dem Topmanagement zu,
denn i. d. R. hängt es von ihm ab, ob überhaupt ein Veränderungsprozess gestartet wird,
ob dieser in die richtige Richtung geht und ob er über alle Hindernisse und Widerstände zu
einem guten Ergebnis kommt
23
. Ohne klare Ausrichtung, permanente Unterstützung und
Steuerung seitens der Unternehmensspitze kann kein Transformationsprozess gelingen.
Für den Erfolg des Wandels ist es somit wichtig, ob alle Maßnahmen vom Topmanage-
ment getragen und aktiv unterstützt werden. Bei den erforderlichen Aufgaben handelt es
sich um originäre Führungsaufgaben, die nicht delegierbar sind, sondern die hohe Auf-
merksamkeit und persönlichen Einsatz verlangen. Der Mitarbeiter muss das Gefühl haben,
dass die operativen Ziele zur Verwirklichung des Wandels konform mit den strategischen
Zielen der Geschäftsführung sind. Dies schließt keineswegs aus, dass auch das mittlere
Management und Mitarbeiter bereits zu Beginn des Changeprozesses impulsgebend tätig
sind. Die Unternehmensspitze ist auf zahlreiche Mitarbeiter angewiesen, die intelligente
Unterstützung leisten und Engagement mit sich bringen. Die betreffenden Personen müs-
sen erstens die Ziele, Intentionen und die innere Logik des Vorhabens verstehen, zweitens
sich darauf einlassen und drittens bei deren Umsetzung ihr ganzes Wissen und Können,
ihre Erfahrung und Kompetenz einbringen. Um dies bei den entsprechenden Personen zu
erreichen, sind Topmanager aufgefordert, als Promotoren des Wandels zu agieren
24
. Es
reicht nicht aus, Befehle zu geben, sondern einen Prozess zu gestalten, der die Mitarbeiter
aller Ebenen dazu veranlasst, sich auf das Vorhaben einzulassen, die Lösungssuche und
deren Umsetzung aktiv mitzugestalten und den eingeschlagenen Weg trotz Widerstände
bis zum Ziel durchzustehen.
25
Dies bedeutet, dass sie einige Teilaufgaben zu übernehmen
und aktive Beiträge in den verschiedenen Phasen des Transformationsprozesses zu leis-
ten haben.
22
Vgl. Czichos (1993), S. 449 ff.
23
Vgl. Berner, http://www.umsetzungsberatung.de, 28.02.2005.
24
Vgl. Krüger (2002), S. 127 ff.
25
Vgl. Berner, http://www.umsetzungsberatung.de, 28.02.2005.

10
Das mittlere Management
"Der Druck auf die Führungskräfte des mittleren Managements in Veränderungsprozessen
ist enorm. Ihr Alltag ist von zwei Dilemmata bestimmt: die Führungskräfte sollen die neuen
Vorhaben und Ziele in die Köpfe und Herzen der Mitarbeiter "hineinkriegen"; und sie sollen
sich selbst als erste verändern, wenn es um neue Grundhaltungen zu ihrem Geschäft
geht."
26
Die Führungskräfte des mittleren Managements bilden den entscheidenden Faktor für das
Gelingen von Veränderungsprozessen, da sie die Schlüsselperson zwischen Unterneh-
men und Mitarbeiter darstellen. Sie müssen die beiden Perspektiven verknüpfen: die un-
ternehmerische Notwendigkeit für Veränderungen und damit einhergehende Risiken und
die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter nach Orientierung und Stabilität. Um das Ein-
verständnis der Mitarbeiter zu Veränderungsprozessen zu erhalten und damit ihr Verhalten
und ihre Grundhaltung zum bisherigen Geschäft zu ändern, bedarf es mehr als die Steue-
rung des Prozesses durch das Topmanagement. Dieses gibt nur die grundlegende Rich-
tung an, das mittlere Management muss die Feingestaltung der Umsetzung erarbeiten, so
dass auch die Mitarbeiter davon überzeugt sind und den Veränderungsprozess unterstüt-
zen. Die traditionelle Arbeitsteilung von Top- und Mittelmanagement, wobei das Topmana-
gement für Bewegen und das Mittelmanagement für Umsetzen verantwortlich war, kommt
mit der Dezentralisierung von Managementverantwortung aus dem Gleichgewicht. Der
umsetzungsorientierte Mittelmanager muss zum bewegenden Veränderungsmanager
werden. Diese Verlagerung der Verantwortung führt in hohem Maße zu Verunsicherung,
erfordert eine neue Positionierung und lässt zwei erste Reaktionsformen beobachten:
· "Das Mittelmanagement ruft nach klaren Vorgaben, bekommt diese aber nicht. So wird
das Topmanagement als strategisch schwach erlebt: Die da oben wissen auch nicht,
wo es lang gehen soll.
· Das Mittelmanagement tritt die Flucht nach vorne an. Es beginnt mit "alten" Methoden
der Anweisung und Härte Veränderungen durchzuziehen und verliert damit das Com-
mittment der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter erleben ihre Führungskräfte als Verräter."
27
Zeichnet sich ein Veränderungsvorhaben ab, weist das Topmanagement den Weg und
erwartet vom mittleren Management eine aktive Beteiligung an der Erreichung der be-
triebswirtschaftlichen Unternehmensziele. Die Mitarbeiter sind dabei zwar motiviert, aber
zugleich auch verunsichert, welche Auswirkungen der Wandel auf sie als Individuen hat.
Die Führungskräfte des mittleren Managements stehen somit im Spannungsfeld der Er-
wartungshaltung der Führungsspitze, zeitlicher Rahmenbedingungen und den Erwar-
26
Untermarzoner, http://www.lemon.at, 25.02.2005, S. 1.
27
Untermarzoner, http://www.lemon.at, 25.02.2005, S. 3.

11
tungen und Ängsten der Mitarbeiter. Diese unterschiedlichen Erwartungen (von Mitarbei-
tern, Kollegen, Vorgesetzten, etc) an die Rolle "Führungskraft" können zu nicht miteinan-
der vereinbaren Interessen führen, zu Konflikten.
28
Vor diesem Hintergrund wird deutlich,
dass die Spanne der Anforderungen an die Kernkompetenzen, die eine Führungskraft des
Mittelmanagements zu erfüllen hat, sehr komplex ist. Sie müssen in unterschiedlichen Si-
tuationen in der Lage sein, die in Lernprozessen erworbenen, relativ überdauernden
Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Verhaltensmuster und Motive im Sinne der Aufga-
benstellung zu aktivieren.
Die Verlagerung des Schwerpunktes bei den Aufgaben eines Vorgesetzten gehen zukünf-
tig in drei Richtungen
29
:
1. Zukunftssicherung: Damit Aufgaben zukünftig erfüllt werden können, müssen
heute die notwendigen Infrastrukturen und Ressourcen gesichert werden.
2. Menschenführung: Mitarbeiter müssen ausgebildet und betreut werden, so
dass eine Teamentwicklung möglich ist. Zielvereinbarungen werden getroffen
und deren Erreichen kontrolliert.
3. Management des permanenten Wandels: Tagesgeschäft und Projektarbeit
muss koordiniert werden, gleichzeitig muss die interne und externe Kommuni-
kation sichergestellt sein. Widerstände und Konflikte müssen gemanagt wer-
den.
Weiterhin gehört zu den Kompetenzen auch das persönlichkeitsbezogene Fähigkeitspo-
tential an Selbst-, Sozial-, Methoden- und Lernkompetenzen, die sog. Metaskills oder
Schlüsselqualifikationen
30
. Die einzelnen Kompetenzen werden im Kapital 3.1
im Detail
erläutert.
Der Change-Agent
Der Change-Agent oder auch Change-Manager wurde in den 60er Jahren als typischer
externer Berater verstanden, der in der Organisation deren Bedarf an Wandel bewertet,
Handlungspläne erarbeitet und die letztendliche Umsetzung dem Topmanagement über-
lässt
31
. Während der 70er Jahre wurde die externe Rolle des Change-Agents sukzessive
weiterentwickelt. Change-Agents wurden nicht mehr nur als externe Berater betrachtet,
sondern auch als interne Organisationsmitglieder, die den Innovationsprozess begleiten.
Diese Betrachtung geht soweit, dass Change-Manager nicht nur als spezielle Gruppen, die
während des Prozesses agieren (intern oder extern), verstanden werden, sondern jeden
28
Vgl. Hentze/Kammel/Lindert (1997), S. 368.
29
Vgl. Doppler/Lauterburg (2000), S. 60.
30
Vgl. Kammel (2000), S. 276.
31
Vgl. Mohr (1997), S. 98 f.

12
Mitarbeiter einbeziehen, der direkt oder indirekt vom Wandlungsvorhaben betroffen ist und
früher oder später zu einem Change-Agent werden muss. Im Rahmen dieser Begriffsaus-
legung entstehen zwei Gruppierungen von Change-Agents:
32
· Change-Agent im weiteren Sinne: Jeder Mitarbeiter im Unternehmen, der direkt
oder indirekt vom Innovationsprozess betroffen ist
· Change-Agent im engeren Sinne: Interne oder externe Berater, die den Chan-
geprozess professionell unterstützen, ohne einer Linienhierarchie zu unterstehen.
Ein anderer Ansatz bezieht die Rolle des Change-Agents speziell auf die Führungskräfte
aller Positionen: "Massen von Führungskräften leiden heute an ihrem Schicksal, weil sie
den Übergang vom Fachmann zum Manager nie als Berufswechsel erkannt und nachvoll-
zogen haben. Ebenso viele werden morgen leiden - und Leid über andere bringen -, weil
sie die Notwendigkeit der nächsten beruflichen Neuorientierung nicht erkennen und nach-
vollziehen: den Übergang vom klassischen Manager zum
»Change Agent«."
33
Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit wird die Rolle des Change-Agents speziell als Auf-
gabe der Führungskräfte betrachtet. Das Managen von Veränderungen in Organisationen
verlangt ein hohes Maß an Verständnis und Qualifikation für die komplexen Anforderun-
gen. Daher ist das Managen von Veränderungen eine nicht delegierbare Aufgabe des Ma-
nagements
34
. Veränderungen führen immer zu blockierten Situationen, zu Frustrationen
und zu dem Gefühl, dass es nicht weitergeht. Das Gefühl der Verunsicherung und Bedro-
hung wird umso stärker, je mehr das Individuum selber von der Veränderung betroffen ist.
Wer sich beruflich mit Veränderungen und dessen Herausforderungen befasst, befindet
sich in einer leitenden Funktion im Unternehmen und sollte als Change-Agent die eigene
Angst vor Veränderungen überwunden haben
35
, denn an einen Change-Manager werden
hohe passive und aktive Anforderungen gestellt. Zu seinen Aufgaben im Allgemeinen ge-
hören notwendige Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, konsequent zu fördern und für
alle Beteiligten so nutzbringend wie möglich zu gestalten. Kraftvolle Impulse und persönli-
ches Engagement sind dabei genauso notwendig wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen und
Überzeugungskraft. Diese herausfordernden Faktoren, die von einer Führungskraft als
Change-Agent erfüllt werden müssen, können in vier Kompetenzen eingeteilt werden (vgl.
Abb. 2):
1. Personale
Kompetenz
2. Soziale
Kompetenz
3. Veränderungskompetenz
4. Strategische
Kompetenz
32
Vgl. Mohr (1997), S. 100.
33
Doppler/Lauterburg (2000), S. 62.
34
Vgl. von Rosenstiel/Comelli (2003) S. 145.
35
Vgl. Doppler/Lauterburg (2000), S. 62.

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Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783958209534
ISBN (Paperback)
9783958204539
Dateigröße
220 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leibniz Akademie Hannover - Berufsakademie Hannover
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
1
Schlagworte
führung wandel bedeutung führungskräften changemanagement
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