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Vergleich der Prozeßkostenrechnung mit den klassischen Kostenrechnungsverfahren hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit

©2001 Diplomarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Die vielschichtigen Veränderungen innerhalb einer Unternehmung und ihrer Umwelt haben zu einem starken Anstieg der Gemeinkosten geführt, da die durch Kapital und indirekte Leistungen verursachten Kosten nicht, wie etwa bei Material oder Fertigungslöhnen, direkt einem Zurechnungsobjekt belastet werden können. Daher stellt sich die Frage, ob die klassischen Kostenrechnungssysteme aufgrund der enormen Veränderungen der Kostenstrukturen noch den Anforderungen an ein Kostenrechnungssystem genügen oder ob die Prozeßkostenrechnung als ein „Produkt“ dieser Entwicklung, die bessere Alternative ist. Ziel dieser Arbeit ist, die Leistungsfähigkeit der klassischen Verfahren mit der Prozeßkostenrechnung zu vergleichen, indem die verschiedenen Verfahren nachfolgend kritisch dargestellt und vor dem Hintergrund der Anforderungen an ein modernes Kostenrechnungsverfahren verglichen werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


IV
Abbildungsverzeichnis
A
BBILDUNG
1:
V
ERÄNDERTE
K
OSTENSTRUKTUREN
... 1
A
BBILDUNG
2:
B
RUTTOWERTSCHÖPFUNG NACH
S
EKTOREN IN DER
BRD ... 3
A
BBILDUNG
3:
P
ROZEßKOSTENRECHNUNG
­
S
CHEMATISCHE
D
ARSTELLUNG
... 8
A
BBILDUNG
4:
H
AUPTPROZEßVERDICHTUNG
... 12
A
BBILDUNG
5:
A
USGANGSSITUATION EINER
V
ARIANTENKALKULATION
... 28

V
Tabellenverzeichnis
T
ABELLE
1
:
T
EILPROZESSE UND
K
OSTENTREIBER
... 14
T
ABELLE
2
:
P
ROZEßBOGEN
... 15
T
ABELLE
3
:
D
IVISIONSKALKUATION
-
E
RMITTLUNG DER
P
RODUKTIONSKOEFFIZIENTEN
... 19
T
ABELLE
4
:
D
IVISIONSKALKULATION
-
E
RMITTLUNG DES
G
ESAMTBEDARFSKOEFFIZIENTEN
... 19
T
ABELLE
5
:
S
YSTEM DER
Ä
QUIVALENZZIFFERNRECHNUNG
... 21
T
ABELLE
6
:
V
ERGLEICH
Z
USCHLAGS
-
UND
P
ROZEßKALKULATION
... 30


1
1. Einleitung
Die Kostenstruktur innerhalb der Unternehmen hat sich in den letzten Jahren stark ge-
wandelt. Besonders der Anteil der Gemeinkosten, also der Kosten, die nicht direkt ver-
ursachungsgerecht zurechenbar sind
1
, hat enorm zugenommen.
Abbildung 1: Veränderte Kostenstrukturen
2
Ausschlaggebend dafür sind vor allem nachfolgende betriebs- und volkswirtschaftliche
Ursachen:
Auf der einen Seite hat sich die Nachfrage, besonders durch die Konsumenten stark
gewandelt. Die nach dem 2. Weltkrieg vorherrschenden Verkäufermärkte, also ungesät-
tigte Märkte, auf denen die Nachfrage das Angebot übertrifft
3
, wurden mit steigendem
Einkommen der 1960er Jahre zusehends durch Käufermärkte, also gesättigte Märkte
1
Vgl. Witt (1997) S. 155
2
Coenenberg (1999) S. 222
3
Vgl. Wöhe (1996) S. 597

2
abgelöst.
4
Bedingt durch diese Verbesserung des Einkommens nahm die Nachfrage
nach Produkten, die die individuellen Bedürfnisse der Verbraucher besser treffen, stetig
zu. Dieser Trend, von Standardprodukten Abstand zu nehmen, veranlaßte somit die
Produzenten ihre Produktionsprogramme sukzessive zu erweitern, um der neuen hete-
rogenen Nachfragestruktur gerecht zu werden und somit auf dem Markt bestehen zu
können.
5
Auf der anderen Seite haben sich die Angebotsbedingungen durch die fortschreitende
technische Entwicklung, besonders durch die Automatisierung der Produktion, grundle-
gend geändert. Die Substitution der Arbeit durch Kapital und die zunehmenden Interde-
pendenzen innerhalb des Produktionsprozesses sind hierfür kausal.
Betrachtet man die Abbildung 1, so wird das Ausmaß der Substitution der Arbeit durch
Kapital, indiziert durch den starken Anstieg der Gemeinkosten, deutlich. Für diesen
Wandel der Wertschöpfungsstruktur ist besonders die technologische Entwicklung und
das damit verbundene Rationalisierungspotential verantwortlich. Weiterhin führen die
Zunahme der Komplexität der Produkte sowie die rasche Entwicklung der Computer-
technologie zum Einsatz moderner integrierter Produktionssysteme (CIM-Systeme)
6
,
die die verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens zum Zweck der flexiblen Pro-
duktion und der Information vernetzen. Diese Interdependenzen sind aufgrund der weit
verbreiteten produktionssynchronen Beschaffung (Just-in-time) besonders zwischen den
Bereichen Produktion und Beschaffung zu finden.
7
Aber auch weitere indirekte Leis-
tungsbereiche der Unternehmen, wie z.B. Qualitätssicherung, Forschung und Entwick-
lung oder Logistik haben aufgrund des erhöhten Bedarfes an Planung und Steuerung
ihren Anteil an der Zunahme der Gemeinkosten.
8
Weiterhin führt der Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft mit der einhergehenden
Verschiebung der Anteile an der Bruttowertschöpfung vom sekundären Sektor (produ-
zierendes Gewerbe) zum tertiären Sektor (Dienstleistungsunternehmen) zu einer weite-
ren Zunahme der Gemeinkosten.
9
4
Vgl. Remer (1997) S. 21 a.a.O.
5
Vgl. Braun (1999) S. 16 ff.
6
CIM = Computer Integrated Manufacturing
7
Vgl. Coenenberg (1999) S. 221
8
Vgl. Wesselmann (1999) S. 815
9
Vgl. Müller (1992) S. 14 f.

3
Abbildung 2: Bruttowertschöpfung nach Sektoren in der BRD
10
Diese vielschichtigen Veränderungen innerhalb der Unternehmung und ihrer Umwelt
haben zu einem starken Anstieg der Gemeinkosten geführt, da die durch Kapital und
indirekte Leistungen verursachten Kosten nicht, wie etwa bei Material oder Fertigungs-
löhnen, direkt einem Zurechnungsobjekt belastet werden können.
Daher stellt sich die Frage, ob die klassischen Kostenrechnungssysteme aufgrund der
enormen Veränderungen der Kostenstrukturen noch den Anforderungen an ein Kosten-
rechnungssystem genügen, oder ob die Prozeßkostenrechnung als ein ,,Produkt" dieser
Entwicklung, die bessere Alternative ist.
Ziel dieser Arbeit ist, die Leistungsfähigkeit der klassischen Verfahren mit der Prozeß-
kostenrechnung zu vergleichen, indem die verschiedenen Verfahren nachfolgend kri-
tisch dargestellt und vor dem Hintergrund der Anforderungen an ein modernes Kosten-
rechnungsverfahren verglichen werden.
10
eigene Darstellung, Daten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung, Jahresgutachten 1994/1995
Bruttow ertschöpfung nach Sektoren
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
70,0%
1950
1960
1970
1980
1990
Jahr
Anteil
primärer
Sektor
sekundärer
Sektor
tertiärer
Sektor

4
2. Aufgaben und Ziele der Kostenrechnungsverfahren
2.1 Allgemeines
Um einen objektiven Vergleich der verschiedenen Verfahren der Kostenrechnung zu
ermöglichen, müssen zuerst die Prämissen zur Bewertung geklärt werden. Daher sind
zunächst einmal die Aufgaben und Ziele der Kostenrechnung zu betrachten, um aus
ihnen die Anforderungen an ein leistungsfähiges Kostenrechnungsverfahren für die heu-
tige Zeit abzuleiten.
Grundsätzlich verfolgt das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen drei Aufgaben, die
prinzipiell in allen Teilbereichen der Kostenrechnung auftreten. Dies sind im einzelnen
Planung, Kontrolle und Dokumentation.
11
Während die Planung in die Zukunft gerichtet ist und die Grundlage zur Entscheidungs-
findung bildet, betrachtet die Kontrollrechnung die Ergebnisse der Vergangenheit. Da-
durch ist ein Vergleich von Plan- und Istwerten möglich, so daß Informationen über die
tatsächliche Zielerreichung und die aktuelle Situation der betrieblichen Abläufe transpa-
rent werden. Durch Analyse der Abweichungen lassen sich weiterhin Informationen für
Maßnahmen und zukünftige Entscheidungen generieren. Ebenso wird die Zielerrei-
chung durch den Kontrollprozeß forciert.
12
Planung und Kontrolle bilden also die
Grundlage für die betriebliche Steuerung.
Die Dokumentationsaufgabe der Kostenrechnung, die überwiegend aus gesetzlichen
Verpflichtungen resultiert, ist im Rahmen dieser Arbeit zu vernachlässigen und wird
daher nicht näher behandelt.
Um diese Leistungen zu erbringen, bedient sich die Kostenrechnung der Systeme der
Kostenartenrechnung, Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung.
2.2 Kostenerfassung als Grundlage der Verrechnung
Um die Basis zur Durchführung dieser Aufgaben zu schaffen, bedarf es zunächst einer
Erfassung der Kosten. Dies geschieht sowohl in der klassischen Kostenrechnung als
auch bei der Prozeßkostenrechnung im Rahmen der Kostenartenrechnung. Sie bildet die
Grundlage für die spätere Verrechnung. Die Erfassung der verschiedenen Arten von
11
Vgl. Coenenberg (1999) S. 25
12
Vgl. Coenenberg (1999) S. 25 f.

5
Kosten erfolgt in Anlehnung an die gebuchten Aufwendungen der Finanzbuchhaltung,
die je nach zugrunde gelegtem Kontierungssystem in Kontenklasse 4 (GKR) oder in den
Kontenklassen 6 und 7 (IKR) erfaßt werden.
13
Diese Kosten werden abschließend durch
das interne Rechnungswesen mit Hilfe kalkulatorischer Buchungen ergänzt, um den
tatsächlich entstandenen Leistungsverzehr darzustellen, der durch die Daten der Finanz-
buchhaltung oftmals nur unzureichend dargestellt werden kann. Man spricht in diesem
Zusammenhang von Zusatz- und Anderskosten. Zusatzkosten (aufwandslose Kosten)
können z.B. kalkulatorische Unternehmerlöhne der Eigentümer einer Personengesell-
schaft sein, die kein Gehalt beziehen, im Gegensatz zu geschäftsführenden Gesellschaf-
tern einer Kapitalgesellschaft. Anderskosten (aufwandsungleiche Kosten) treten bei-
spielsweise durch steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Abschreibungen auf.
2.3 Kostenverrechnung
2.3.1 Grundlagen
Der zweite Schritt, nachdem die Kosten erfaßt sind, ist nun die verursachungsgerechte
Verrechnung der Kosten auf die Zurechnungsobjekte, was schon seit jeher eines der
Grundanliegen der Kostenrechnung ist.
14
Die Zuordnung der Kosten erfolgt dabei nach
dem Identitätsprinzip, das als maßgebliches Prinzip zur Kostenverteilung gilt und auf
einen identischen dispositiven Ursprung von Kosten und Zurechnungsobjekt aufbaut.
15
Dies bedeutet, daß die Kosten in dem Moment wegfallen, indem auch das Zurech-
nungsobjekt wegfällt.
In der Praxis bereitet die verursachungsgerechte Kostenverteilung bei steigendem Anteil
der Gemeinkosten an den Gesamtkosten stets Probleme, da die Verfahrensweise der
Vollkostenrechnung, die Gemeinkosten nach Schlüsseln auf Kostenstellen und Kosten-
träger zu verteilen, weder die Kostenverursachung noch das Kostenverhalten zutreffend
abbildet.
16
Die Verwendung von Schlüsseln führt dabei häufig zu einer Proportionalisie-
13
Vgl. Braunschweig (1999) S. 28
14
Vgl. Coenenberg/Fischer (1991) S. 31
15
Vgl. Gabler Wirtschafts-Lexikon auf CD-ROM, 14. Auflage, Wiesbaden 1997, ,,Identitätsprinzip"
16
Vgl. Männel (1997) S. 60

6
rung von Fixkosten, was zu falschen Prognosen von Kosten- und Ergebnisveränderun-
gen führen kann.
17
Während die Kostenverrechnung bei den Einzelkosten aufgrund ihrer direkten Zure-
chenbarkeit kein Problem darstellt, bedarf es hingegen bei der Verteilung der Gemein-
kosten eines größeren Aufwands.
2.3.2 Kostenverrechnung in der klassischen Kostenrechnung
In der klassischen Kostenrechnung werden hierfür zwei Zurechnungsobjekte eingesetzt;
dies sind Kostenstellen und Kostenträger.
Die Kostenstellenrechnung nutzt die erfaßten Kosten aus der Kostenartenrechnung und
verteilt sie auf Kostenstellen. Dies geschieht bei den nicht direkt zurechenbaren Ge-
meinkosten mit Hilfe teils umfangreicher Verteilungsschlüssel. Als Kostenstelle kom-
men dabei in Abhängigkeit von der betrieblichen Organisation alle Abrechnungseinhei-
ten in Frage, die getrennt geplant, erfaßt und kontrolliert werden können.
18
Neben der
Kontrolle der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Gemeinkostenmanagements, der Hilfe
bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern, sowie der Abgrenzung von Absatzleistungen
und innerbetrieblichen Eigenleistungen,
19
dient die Kostenstellenrechnung auch der
Weiterverrechnung der Kosten auf die Kostenträger.
Die Kostenträgerrechnung ist der dritte Teilbereich der klassischen Kostenrechnung und
baut auf der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung auf. Die Kostenträgerrechnung
kommt in zwei Varianten vor, der Kostenträgerzeitrechnung und der Kostenträgerstück-
rechnung.
Die Kostenträgerzeitrechnung beschäftigt sich im Gegensatz zur Kostenträgerstück-
rechnung nicht mit den Kosten der produzierten Stückmengen, sondern mit den Kosten
und Ergebnissen der Abrechnungsperiode. Sie dient daher zur kurzfristigen Erfolgs-
rechnung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit.
20
17
Vgl. Männel (1997) S. 66
18
Vgl. Hummel/Männel (1986) S. 190
19
Vgl. Ehrmann (1997) S.75
20
Vgl. Coenenberg (1999) S. 102 f.

7
Die Aufgabe der Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation) ist die Ermittlung der Kosten
pro Kostenträgereinheit. Dabei verfolgt sie zwei zentrale Ziele unternehmerischer
Tätigkeit.
Die Kalkulation liefert durch Bestimmung der Selbstkosten die Grundlage für strategi-
sche Entscheidungen des Managements. Dabei kommen auch so umfangreiche Maß-
nahmen wie beispielsweise die Definition einer Unternehmensstrategie, wie z.B. Kos-
tenführerschaft
21
in Frage, so daß Fehlkalkulationen u.U. für das Unternehmen bedroh-
lich werden können, da möglicherweise strategische Fehlentscheidungen aufgrund fal-
scher Informationen gefällt werden. Auch wird durch die Kalkulation die Preisbeurtei-
lung beispielsweise im Rahmen einer Make-or-Buy-Entscheidung möglich. Letztlich
dient die Kenntnis der Selbstkosten natürlich auch der Preisbildung, besonders wenn der
Preis aufgrund der Konkurrenzsituation oder besonderer Vorzüge (Präferenzen) des
Produktes oder der Dienstleistung nicht vom Markt vorgegeben ist.
Der zweite Aufgabenbereich der Kalkulation umfaßt die Kontrolle. Mit ihrer Hilfe las-
sen sich die Stückselbstkosten auf Basis von Ist-Ist-Analysen oder Plan-Ist-Analysen
kontrollieren. Durch diese Kontrolle erhalten die verantwortlichen Stellen eine Grund-
lage zum Ergreifen von Maßnahmen und zum Treffen von Entscheidungen
(Dispositionsaufgabe der Kostenrechnung).
Als Kostenträger kommen generell alle selbständigen Leistungs- und Produkteinheiten
in Betracht. Ihre Abgrenzung macht trotz der unterschiedlichsten Leistungseinheiten
innerhalb der verschiedenen Branchen kaum Schwierigkeiten.
22
2.3.3 Kostenverrechnung im Rahmen der Prozeßkostenrechnung
Die Kostenverrechnung im Rahmen der Prozeßkostenrechnung basiert auf den Grund-
lagen der klassischen Kostenverrechnung; auch hier kommen die Kostenstellen- und die
Kostenträgerrechnung zum Einsatz.
Ebenso erfolgt die Kostenverrechnung in zwei Schritten. Während bei der traditionellen
Kostenverrechnung die Kosten über die Kostenstellen auf die Kostenträger verrechnet
werden, erfolgt die Kostenverrechnung bei der Prozeßkostenrechnung über den ,,Pro-
zeß". Demnach wird die Kostenstelle als erstes Zurechnungsobjekt bei der Prozeß-
21
siehe auch Welge (1999) S.375 ff.
22
Vgl. Coenenberg (1999) S. 91

8
kostenrechnung durch den ,,Prozeß" abgelöst.
23
Sie dient jedoch zur Definition von
Teilprozessen, so daß auch bei der Prozeßkostenrechnung eine Kostenstellenrechnung
notwendig ist.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich die traditionelle Kostenrechnung überwie-
gend an institutionellen, räumlichen Gegebenheiten orientiert, während die Prozeß-
kostenrechnung aktivitätsorientiert ist.
Abbildung 3: Prozeßkostenrechnung ­ Schematische Darstellung
24
Diese Aktivitätsorientierung ist dann auch gleichzeitig die Definition des Begriffes
,,Prozeß" in der Kostenrechnung, da man darunter repetitive Tätigkeiten versteht, die
innerhalb der verschiedenen Kostenstellen in Ausführung betrieblicher Aufgaben anfal-
len.
25
Wie der Name schon sagt, ist somit der Prozeß als Zurechnungsobjekt das Kern-
element der Prozeßkostenrechnung.
23
Vgl. Braun (1999) S. 34
24
eigene Darstellung
25
Vgl. Campl (1989) S. 51 ff.
Materialbereich
Auftrags-
abwicklung
Versand
Material
beschaffen
Aufträge
bearbeiten
Kostenstellenkosten
Kostenstellen
Prozeßkosten
Prozesse

9
3. Die Prozeßkostenrechnung ­ eine kurze Darstellung
3.1 Entstehung und Ziel der Prozeßkostenrechnung
3.1.1 Entstehung
Der Grundgedanke, die Aktivität in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, ist mitt-
lerweile über 25 Jahre alt.
26
Er resultiert aus den eingangs beschriebenen Veränderun-
gen der Kostenstrukturen im Zusammenhang mit der Zunahme des Gemeinkostenanteils
an den Gesamtkosten.
Auf breites Interesse stößt die prozeßorientierte Kostenrechnung jedoch erst seit 1985.
Der Anstoß dafür kam von Miller und Vollmann, die mit ihrem Aufsatz ,,The Hidden
Factory" die große Bedeutung der indirekten Leistungsbereiche erstmals in den Vorder-
grund stellten.
27
Seitdem hat diese Form der aktivitätsorientierten Kostenrechnung in
der Literatur einen breiten Niederschlag gefunden. Dabei werden unterschiedliche Beg-
riffe zur Bezeichnung des gleichen Ansatzes in der Literatur verwand.
Die bekanntesten Bezeichnungen im englischen Sprachraum sind wohl ,,Activity Based
Costing"
28
und ,,Transaction Costing"
29
und in Deutschland ,,Aktivitätsorientierte Kos-
tenrechnung"
30
und ,,Prozeßkostenrechnung".
31
Die Bezeichnung Prozeßkostenrech-
nung hat sich in Deutschland auch allgemein durchgesetzt. Während im amerikanischen
Rechnungswesen der Fokus der Prozeßkostenrechnung überwiegend im Produktionsbe-
reich liegt, wird in Deutschland überwiegend in den indirekten Leistungsbereichen mit
ihr gearbeitet, da innerhalb der Produktion durch die weite Verbreitung der flexiblen
Grenzplankostenrechnung im Zusammenhang mit einer ausgefeilten Kostenstellenrech-
nung und innerbetrieblicher Leistungsverrechnung zufriedenstellende Ergebnisse erzielt
werden.
32
26
Reckenfelderbäumer (1994) S. 18 a.a.O.
27
Vgl. Miller/Vollmann (1985) S. 142 ff.
28
Vgl. Cooper/Kaplan (1988b) S. 39
29
Vgl. Cooper (1988a) S. 53
30
Vgl. Schulte (1989) S. 60 ff.
31
Vgl. Horváth/Mayer (1989) S. 214 ff.
32
Vgl. Horváth (1998) S. 532 f.

10
Nicht zuletzt spielt auch der Wirtschaftlichkeitsaspekt eine Rolle, da durch die Einfüh-
rung der Prozeßkostenrechnung auch ein gewisses Maß an betrieblichen Ressourcen in
Anspruch genommen wird. So sind in diesem Zusammenhang besonders Personalkos-
ten, die beispielsweise durch ein eingesetztes Projektteam zur Implementierung der Pro-
zeßkostenrechnung entstehen, zu nennen. Die Auswahl des Einsatzbereiches der Pro-
zeßkostenrechnung ist also immer vor dem Hintergrund einer Kosten-Nutzen-Analyse
auszuwählen.
33
3.1.2 Ziel der Prozeßkostenrechnung
Als Ziel der Prozeßkostenrechnung ist die verursachungsgerechte Verteilung der Ge-
meinkosten an dieser Stelle deutlich hervorzuheben. Der aus den eingangs beschriebe-
nen Gründen erfolgte deutliche Anstieg der Gemeinkosten ist für die Notwendigkeit
einer neuen Systematik der Kostenverrechnung ausschlaggebend. Dabei konzentriert
sich die Kostenrechnung besonders auf zwei Einsatzgebiete, die als Basisanwendungen
der Prozeßkostenrechnung bezeichnet werden können.
Das erste Einsatzgebiet umfaßt den Bereich der Kalkulation. Da es sich bei der Prozeß-
kostenrechnung um eine Vollkostenrechnung handelt, ist hier besonders die verursa-
chungsgerechte Bestimmung der Selbstkosten für langfristige produktpolitische Ent-
scheidungen, also strategische Maßnahmen anzuführen.
34
Das zweite Einsatzgebiet der Prozeßkostenrechnung umfaßt den Bereich des Gemein-
kostenmanagements, das aufgrund des relativen Anstiegs der Gemeinkosten ständig an
Bedeutung gewinnt. Hier sind besonders die verbesserte Effizienz bei Planung und
Kontrolle der Gemeinkosten sowie die Erhöhung der Kostentransparenz in den indirek-
ten Leistungsbereichen als Unterziele des Gemeinkostenmanagements zu nennen.
35
33
Vgl. Lorson (1993) S. 275
34
Vgl. Pfohl/Stölzle (1991) S. 1286 f.
35
Vgl. Pfohl/Stölzle (1991) S. 1287 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783958209688
ISBN (Paperback)
9783958204683
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Bochum gGmbH
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
2
Schlagworte
vergleich prozeßkostenrechnung kostenrechnungsverfahren leistungsfähigkeit
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Titel: Vergleich der Prozeßkostenrechnung mit den klassischen Kostenrechnungsverfahren hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit
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