Kosten und Nutzen von Telemedizin bei chronischen Krankheiten
					
	
		©2014
		Bachelorarbeit
		
			
				58 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Der demographische und soziokulturelle Wandel, der steigende Ärztemangel und die Ausbreitung chronischer Krankheiten gefährden das deutsche Gesundheitssystem. Darüber hinaus lässt der medizinische und technologische Fortschritt in Zusammenhang mit einer niedrigen Geburtenrate die Bevölkerung altern. Daraus resultiert eine erhöhte Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, die zu erhöhten Gesundheitsausgaben führt. Das gleichzeitige Sinken des Einkommensniveaus ist die Folge eines steigenden Anteils an Nicht-Erwerbstätigen und einer Abnahme der Erwerbstätigen. Der Telemedizin wird eine Schlüsselrolle in der Überwindung des demographischen Wandels und der Reformierung des Gesundheitssystems zugesprochen.
Um das Thema „Kosten und Nutzen von Telemedizin bei chronischen Krankheiten“ adäquat darzustellen, werden im ersten Schritt die Begrifflichkeiten der Telemedizin eingegrenzt. Daraufhin erfolgen die Definition der „Telemedizin“ und die Darstellung der telemedizinischen Anwendungsarten. Die Begriffe des „Nutzens“ und der „Kosten“ werden hinsichtlich der Instrumente der Kosten-Nutzen-Analysen der gesundheitsökonomischen Evaluation erläutert. In Kapitel 5 werden die zentralen Kosten-Nutzen-Analysen der Telemedizin an den Beispielen der chronischen Herzinsuffizienz (CHI) und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) veranschaulicht.
	Um das Thema „Kosten und Nutzen von Telemedizin bei chronischen Krankheiten“ adäquat darzustellen, werden im ersten Schritt die Begrifflichkeiten der Telemedizin eingegrenzt. Daraufhin erfolgen die Definition der „Telemedizin“ und die Darstellung der telemedizinischen Anwendungsarten. Die Begriffe des „Nutzens“ und der „Kosten“ werden hinsichtlich der Instrumente der Kosten-Nutzen-Analysen der gesundheitsökonomischen Evaluation erläutert. In Kapitel 5 werden die zentralen Kosten-Nutzen-Analysen der Telemedizin an den Beispielen der chronischen Herzinsuffizienz (CHI) und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) veranschaulicht.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis 
Abbildung 1: Systematik gesundheitsökonomischer Evaluationen ... 9
Abbildung 2: Inhalte des Cochrane Review ... 15
Abbildung 3: Kostenersparnisse durch die Telemedizin ... 16
Abbildung 4: Ergebnisse des Telemonitoring bei der COPD ... 18
Abbildung 5: Charakteristika der nationalen Studienlage bei der CHI... 19
Abbildung 6:  Studienergebnisse TIM-HF I ... 20
Abbildung 7: Medizinische Effekte und Ergebnisse des Telemonitoring ... 23
Abbildung 8: Ergebniss des Projektes ,,Zertiva``... 24
Abbildung 9: Gesamt- und effektivitäts-adjustierte Kosten ... 24
Abbildung 10: Ergebnisse ausgewählter Studien des Cochrane Review ... 27
Abbildung 11: Klinische Effekte bei der chronischen Herzinsuffizienz ... 29
Abbildung 12: Arten und Formeln der gesundheitsökonomischen Evaluation ... 42
Abbildung 13: Komponenten einer gesundheitsökonomischen Evaluation ... 42
Abbildung 14: Arbeits-und Ausstattungskosten der Telemedizin ... 42
Abbildung 15: Darstellung TIM-HF Studie ... 43
Abbildung 16: Ein- und Ausschlusskriterien TIM-HF I ... 43
Abbildung 17: Darstellung Kosten INH-Studie ... 44
Abbildung 18: Charakteristika TIM-HF II ... 44
Abbildung 19: Vergleich TIM-HF I und TIM-HF II ... 45
IV
Zusammenfassung / Abstract 
Einleitung: Der demographische und soziokulturelle Wandel, der steigende 
Ärztemangel und die Ausbreitung chronischer Krankheiten gefährden das deutsche 
Gesundheitssystem. Darüber hinaus lässt der medizinische und technologische 
Fortschritt in Zusammenhang mit einer niedrigen Geburtenrate die Bevölkerung altern. 
Daraus resultiert eine erhöhte Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, die zu 
erhöhten Gesundheitsausgaben führt. Das gleichzeitige Sinken des Einkommensniveaus 
ist die Folge eines steigenden Anteils an Nicht-Erwerbstätigen und einer Abnahme der 
Erwerbstätigen. Der Telemedizin wird eine Schlüsselrolle in der Überwindung des 
demographischen Wandels und der Reformierung des Gesundheitssystems 
zugesprochen.  
Methodik:  Um das Thema ,,Kosten und Nutzen von Telemedizin bei chronischen 
Krankheiten"  adäquat darzustellen, werden im ersten Schritt die Begrifflichkeiten der 
Telemedizin eingegrenzt. Daraufhin erfolgen die Definition der ,,Telemedizin" und die 
Darstellung der telemedizinischen Anwendungsarten. Die Begriffe des ,,Nutzens" und 
der  ,,Kosten"  werden hinsichtlich der Instrumente der Kosten-Nutzen-Analysen der 
gesundheitsökonomischen Evaluation erläutert. In Kapitel 5 werden die zentralen 
Kosten-Nutzen-Analysen der Telemedizin an den Beispielen der chronischen 
Herzinsuffizienz (CHI) und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) 
veranschaulicht. Bei der COPD umfasst die Darstellung der Forschungslage die Studien 
des Cochrane-Review, die Silver Chain Studie und zwei Studien von Paré et al. Bei der 
CHI liegt der Fokus auf den nationalen Studien von Köhler (TIM-HF), Kielblock, 
Angermann, Neumann, Heinen-Kammerer und der MOBITEL Studie. Diese Arbeiten 
werden gegenübergestellt und verglichen. Die Literaturrecherche erfolgte mithilfe der 
Funktionalitäten der Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität 
München (OPAC, Elektronische Zeitschriftenbibliothek, Datenbank-Infosystem) und 
insbesondere mithilfe der medizinischen Datenbank PubMed. 
Ergebnis:  Die untersuchten Studien zu den telemedizinischen Effekten bei der COPD 
und der CHI weisen unterschiedliche Studienziele auf. Des Weiteren unterscheidet sich 
der Aufbau der Studien in der Teilnehmerzahl, der Art der telemedizinischen 
Anwendung und der Durchführungsdauer der Studien. Die Teilnehmerzahlen der 
dargestellten Studien des Cochrane Review von Vitacca, Bourbeau, de Toledo und 
Casas sind in einer Bandbreite von 155 bis 240 Teilnehmern anzusiedeln. In den 
einzelnen Studien ist eine Reduzierung der Krankenhausaufenthalte, der 
Hausarztbesuche, der Notaufnahmen sowie der Mortalität zu beobachten. Darüber 
V
hinaus ist eine Steigerung der Lebensqualität zu vermerken. Die klinischen Effekte 
bewirken eine Verbesserung der Kosteneffektivität bzw. eine Kosteneinsparung 
aufgrund der verminderten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Abgesehen 
von der Anzahl der Hausarztbesuche erzielt die Silver Chain Studie, ebenfalls eine 
Reduzierung der benötigten Gesundheitsleistungen infolge einer telemedizinischen 
Anwendung. Bei dieser Studie beläuft sich die Quantifizierung der jährlichen Pro-Kopf-
Einsparungen der Telemedizin auf 2.931 USD. Eine ähnliche Vorgehensweise ist bei 
zwei untersuchten Studien von Paré zu beobachten, die eine Kosteneinsparung von 710 
USD bzw. 1.613 USD eruieren. Eine der meist zitierten Studien bei der CHI ist die 
TIM-HF Studie von Köhler. Allerdings erzielt diese keine signifikanten positiven 
Effekte bei den primären bzw. sekundären Endpunkten der Mortalität sowie der Dauer 
der Krankenhausaufenthalte und Notaufnahmen. Bei Neumann beläuft sich der Betrag 
der Kosten-Effektivitätsanalyse auf 10.582  pro verhindertem Todesfall. Das Ergebnis 
der Kosten-Nutzwert-Analyse ist ein Geldbetrag von 31.685  pro gewonnenem QALY. 
Das Zertiva-Projekt, dargestellt von Heinen-Kammerer, eruiert eine Einsparung der 
effektivitäts-adjustierten Kosten in der Telemedizingruppe von 3.332 . Ähnliche 
Ergebnisse erzielt die MOBITEL-Studie von Scherr. Diese umfasst 174 Patienten und 
erzielt eine Reduktion der Krankenhausaufenthaltsdauer, der Mortalität und der 
Hospitalisierung. 
Fazit: Die vorliegende Arbeit zeigt, dass in der Mehrheit der dargestellten Studien sich 
die Telemedizin gegenüber den Standardtherapien als vorteilhafter erweist. Dies äußert 
sich insbesondere in einer Reduzierung der klinischen Parameter. Dabei sind die Anzahl 
der Krankenhausaufenthalte, die Dauer der Aufenthalte, die Mortalität und die 
Notaufnahmen zu nennen. Damit einhergehend erfolgt eine Kosteneinsparung aufgrund 
einer verminderten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Der Grund für die 
fehlende Evidenz liegt in der geringen Verwendung der Elemente der 
gesundheitsökonomischen Evaluation. Darüber hinaus ist die Gegenüberstellung der 
Studien und damit einhergehend der Kosten-Nutzen-Vorteilhaftigkeit der Telemedizin 
aufgrund der starken Variationen der Studienaufbauten äußerst diffizil. Der geforderte 
Nachweis des Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des 
Sozialgesetzbuches kann somit nicht zweifelsfrei belegt werden. In naher Zukunft muss 
die Priorität auf der Durchführung weiterer Studien liegen, die den Anforderungen an 
eine gesundheitsökonomische Evaluation gerecht werden.  
VI
Introduction: The demographic and socio-cultural change combined with the 
progressive shortage of physicians and the increase in chronic diseases constitutes a 
severe problem for the German health system. Moreover, the advent of modern medical 
technologies and the discovery of novel tools and drugs for treating human infections 
and diseases result in an increased life expectancy. As a consequence of this 
development, the demand for health services along with the associated costs is on the 
rise. On the other hand, the current birth rate in the western world remains low. 
Therefore, the percentage decreases of the labor force with respect to the whole 
population and an increasing number unemployed workers lead to a lower level of 
revenue. The telemedicine is attributed a key role in overcoming the demographic 
change and in reforming the health system. 
Methodology: At first, the operation of the theme "costs and benefits of telemedicine in 
chronic diseases" limits the concepts of telemedicine investigating in the present thesis. 
In addition to the definition of the term "telemedicine" and the representation of the 
types of applications the terms "benefit" and "cost" are detailed with respect to the 
instruments of the cost-benefit analysis of the health economic evaluation. In the results 
section the central cost-benefit analysis of telemedicine is illustrated by examples of 
both chronic heart failure (CHF) and chronic obstructive pulmonary disease (COPD). 
For the latter part studies of the Cochrane review, the Silver Chain study and two 
studies of Paré are included in the discussion. Concerning heart failure, the focus lies on 
national studies by Köhler (TIM-HF), Kielblock, Neumann, Heinen-Kammerer and the 
MOBITEL study. Based on these reports, the study results are compared and evaluated. 
The required literature research was performed utilizing the functionalities of the 
University Library of the University of Munich (OPAC, Elektronische 
Zeitschriftenbibliothek, Datenbank-Infosystem) and particularly the medical database 
PubMed. The Ponzi scheme extends the literature base and refines the containment. The 
requirement of the study design is to conduct a randomized controlled trial, as well as 
national and international events. 
Results: The study results of telemedical applications in COPD and CHF are based on 
different study objectives. Furthermore, the design of the studies differs in the number 
of participants, the type of telemedical application and the duration of study conduct. 
The number of participants of the studies reported the Cochrane review of Vitacca, 
Bourbeau, Casas de Toledo ranges from 155 to 240 participants. In these individual 
studies a reduction of hospitalization, the medical rounds, the mortality and the 
emergency rooms visits were observed when applying telemedicine. Beneficially, the 
VII
patients also experienced a better quality of life. Overall, these factors reduced the use 
of health services and thus resulted in a better cost-effectiveness ratio or lowered the 
treatment costs. In agreement with the Cochrane Review, the Silver Chain study also 
reported, with exception of the number of medical rounds, a reduction in the use of 
health services as a result of a telemedicine application. The quantification of the annual 
per capita savings of telemedicine in this study amounts to USD 2,931. A similar 
approach in two studies reviewed by Paré results in a cost savings of USD 710 or USD 
1,613. Regarding the profitability of telemedicine in CHF, one of the most cited studies 
is the TIM-HF by Köhler. However, this study revealed no significant positive effects 
concerning the primary endpoints of mortality and the secondary endpoints of the length 
of hospital stays and emergency room visits. In contrast, the Neumann´s work showed 
that the use of telemedicine amounts in the cost-effectiveness analysis to  10,582 per 
impeded death. The result of the cost-utility analysis is a QALY gained of  31,685. 
The Zertiva project presented by Heinen-Kammerer elicited a reduction of the adjusted 
cost-effectiveness in the telemedicine group of  3,332. Similar results were obtained by 
the MOBITEL study of Scherr. This study with 174 patients determined a reduction in 
the overall length of hospital, mortality and hospitalization. 
Conclusion: Based on the discussed studies, this Bachelor Thesis demonstrates that the 
application of telemedicine is favored in comparison with standard therapies. In 
particular, this is expressed in a reduction of clinical parameters of hospitalizations, 
duration of stay, mortality and emergency room visits. Consequently, cost savings are 
due to a reduced use of health services. However, the comparably low use of the 
elements of health economic evaluation account for the lack of evidence. In addition, 
the comparability of studies and cost-benefit advantages of the telemedicine is 
extremely challenging due to the strong variation of the study structures. The required 
proof of the benefits of medical necessity and viability of the Social Security Code can 
therefore not unambiguously be assigned. In the near future the priority on the 
implementation of comprehensive studies on the merits of telemedicine is to meet the 
requirements of health economic evaluation needs. 
VIII
1
  Herausforderungen an das deutsche Gesundheitssystem  
Das deutsche Gesundheitssystem steht vor verschiedenen Herausforderungen. Ein 
zunehmender Ärztemangel, ein demografischer und soziokultureller Wandel und eine 
steigende Anzahl chronischer Krankheitsverläufe gefährden eine optimale Versorgung 
der Bevölkerung. Künftig wird die bestmögliche Versorgung durch steigende Kosten 
und eine Limitation der vorhandenen Ressourcen auf die Probe gestellt. (Dittmar et al., 
2009) Der medizinische und technische Fortschritt äußert sich in einer höheren 
Lebenserwartung der Bevölkerung und einem voranschreitenden demographischen 
Wandel. Als Folge daraus gefährdet der zunehmende Alterungsprozess die Strukturen 
des Gesundheitssystems. In Deutschland lag im Jahr 2010 der Anteil der Bevölkerung 
in der Altersklasse 60-79 Jahre bei 21 %. In der Altersgruppe der Über-80-Jährigen 
betrug der Anteil 5%. Bereits im Jahre 2030 wird der Anteil der 60-79 Jährigen auf 
29 % und der Anteil der Über-80-Jährigen auf 8% geschätzt. (Leidl, 2014, S.18) Daten 
des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2009 verdeutlichen die Verschiebung der 
Altersstruktur. Prognosen zufolge ist im Jahre 2050 der Anteil der 60-Jährigen doppelt 
so hoch wie die Geburtenrate. (Reiter et al., 2011, S.8; Statistisches Bundesamt, 2012) 
Um den Alterungsprozesses zu kompensieren, erfordert es eine Geburtenrate von 2,1 
Kindern pro Frau. Die aktuelle Geburtenrate von 1,37 Kindern pro Frau verfehlt diesen 
Richtwert deutlich. (Statistisches Bundesamt, 2013; Leidl, 2014, S. 19)  
In Deutschland finanzieren sich die gesetzlichen Krankenkassen mithilfe des 
Umlageverfahrens. Innerhalb einer Periode decken dabei alle Versicherten durch die 
gezahlten Versicherungsprämien die anfallenden Gesundheitsausgaben. Die 
zunehmende Verschiebung der Altersstruktur in höhere Altersschichten, die niedrige 
Geburtenrate und der medizinische und technologische Fortschritt führen zu einem 
Anstieg der Gesundheitsausgaben. Zusätzlich steigt der Anteil der multimorbiden und 
chronisch kranken Patienten. (Leidl, 2014, S. 24) Darüber hinaus sinkt das 
Einnahmenniveau des Gesundheitssystems. Aus der niedrigen Geburtenrate, die bereits 
seit ca. 40 Jahren unter der alterungskompensierenden Geburtenrate von 2,1 Kindern 
liegt, resultiert gegenwärtig - wie auch zukünftig - eine geringere Anzahl an 
Erwerbstätigen. Aufgrund des demographischen Wandels erhöht sich im gleichen Zug 
die Anzahl der Rentner und somit der Nicht-Erwerbstätigen. Studien belegen, dass es 
mit zunehmender Lebenserwartung zu einem Anstieg der Inanspruchnahme von 
Gesundheitsleistungen kommt. Darüber hinaus vermindert sich die Erwerbsfähigkeit 
durch die Zunahme chronischer Erkrankungen im fortgeschrittenen Alter. Ein weiterer 
Grund für die sinkenden Einnahmen des Gesundheitssystems ist in den diffizilen 
Formen der Beschäftigung angesiedelt. Volatile Beschäftigungsverhältnisse, temporäre 
1
Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und schwankende Erwerbsbiographien führen zu 
inkonstanten Einkommensverhältnissen. Als Konsequenz muss eine sinkende Anzahl 
Erwerbstätiger einen steigenden Anteil an Nicht-Erwerbstätigen finanzieren. Aus der 
Finanzierungslücke können erhebliche Zusatzlasten, wie beispielsweise erhöhte Pro-
Kopf-Beitragszahlungen, für die kommenden Generationen resultieren. Statistiken 
verdeutlichen die Bedrohung von steigenden Gesundheitsausgaben. Im ambulanten 
Sektor sind die Gesamtausgaben für Gesundheitsleistungen im Zeitraum von 1992 bis 
2008 von 77,712 Mrd.  auf 130,890 Mrd.  gestiegen. Im gleichen Zeitraum haben sich 
die Ausgaben im Stationären- und Teilstationärenbereich von 57,884 Mrd.  auf 94,610 
Mrd.   erhöht. Diese Werte entsprechen einem prozentualen Anstieg um 68,4 % bzw. 
63,1 % innerhalb von 16 Jahren. (Leidl, 2014, S. 18-23; Reiter et al., 2011, S. 7-10) 
Eine zentrale Rolle bei den Kostenträgern nehmen die chronischen Erkrankungen ein. 
Laut Statistischem Bundesamt waren beispielsweise im Jahr 2012 die chronische 
Herzinsuffizienz (CHI) und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) mit 
45.410 bzw. 26.654 Todesfällen als zwei der zehn häufigsten Todesursachen zu 
verzeichnen. (Statistisches Bundesamt, 2012b) 
Die bisherigen Ausführungen verdeutlichen, dass eine Reformierung der etablierten 
Versorgungsformen und Strukturen unumgänglich ist. Das deutsche Gesundheitssystem 
benötigt neue Ansätze und Maßnahmen, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des 
Systems aufrechtzuerhalten und zu gewährleisten. Dabei werden verschiedene moderne 
Technologien, insbesondere im Informationssektor, als Alternativen zu den aktuellen 
Versorgungsstrukturen angesehen. Die größten Hoffnungen zur Überwindung des 
Reformbedarfs und zur Effizienzsteigerung des Gesundheitssystems liegen in der 
Telemedizin. Der Telemedizin werden zentrale Attribute zur Bewältigung der aktuellen 
Herausforderungen des Gesundheitssystems zugesprochen. (Reiter et al., 2011, S. 3-4) 
Klaus Theo Schröder, Staatssekretär des Bundesministeriums für Gesundheit, betonte  
im Rahmen des Telehealth-Kongress im Jahr 2009 dass, ,,[...] das Versorgungsniveau 
des Gesundheitssystems [...] sich nur mit Hilfe von Telemedizin aufrecht erhalten 
lässt." (Lange, 2009) Mithilfe eines Berichts aus dem Jahr 2008 kann geschlussfolgert 
werden, dass die Europäische Kommission Hoffnungen in die Telemedizin setzt: ,,Ein 
größerer Einsatz der Telemedizin könnte enorme gesellschaftliche und wirtschaftliche 
Vorteile mit sich bringen." Jedoch merkt die Kommission im Gegenzug an: ,,Zum 
jetzigen Zeitpunkt liegt die volle Würdigung und Nutzung dieser Vorteile jedoch noch 
in weiter Ferne."(Kommission der europäischen Gemeinschaften, 2008) Diese Zitate 
symbolisieren den aktuellen Stand der Handhabung der Telemedizin. Experten und 
fachspezifische Institutionen sind sich grundsätzlich einig, dass die Telemedizin 
2
gesellschaftliche und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Dabei wird der 
Telemedizin das Potential zugeschrieben, die Finanzierungslücke im Gesundheitswesen 
zu schließen. (Reiter et al., 2011, S. 24) 
Das Thema der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit lautet: ,,Kosten und Nutzen von 
Telemedizin bei chronischen Krankheiten". Im Folgenden wird die Frage erläutert, wie 
die Telemedizin definiert ist, welche Anwendungsbereiche innerhalb der Telemedizin 
existieren und welche Begriffsabgrenzung vollzogen wird. Darüber hinaus wird für die 
Bearbeitung des Ergebnisteils ein Überblick über die Kosten-Nutzen-Instrumente der 
gesundheitsökonomischen Evaluation geschaffen. Die Methodik veranschaulicht, wie 
die Durchführung der Literaturrecherche, der Datenanalyse und der Datenerhebung 
vollzogen wird. In diesem Rahmen wird auch ein Überblick über die Verwendung der 
Daten und Literatur gegeben. Der Ergebnisteil beinhaltet die Darstellung der 
Studienlage telemedizinsicher Anwendungen am Beispiel der chronischen 
Herzinsuffizienz und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Im Zentrum stehen 
die in der Literatur gängigen und meist zitierten Studien dieser beiden chronischen 
Krankheiten. Die Themenstellung Kosten und Nutzen von Telemedizin bei chronischen 
Krankheiten ist die Basis für die Beantwortung der Fragestellung dieser Arbeit in der 
Diskussion. Es gilt festzustellen, ob auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Analysen von 
chronischen Krankheiten ein Zusatznutzen der Telemedizin gegenüber der 
Standardtherapie feststellbar ist. Darauf aufbauend erlaubt die Darstellung und 
Bewertung der Studienlage ebenso eine Einschätzung, ob eine Aufnahme der 
Telemedizin in den Leistungskatalog der Krankenkassen denkbar ist, und sie somit als 
eine Lösung zur Überwindung der Herausforderungen des Gesundheitssystems 
angesehen werden kann. Diese Fragestellung und die Ergebnisse werden in den Kontext 
zu anderen Arbeiten gestellt. Das abschließende Fazit gibt einen Überblick über die 
Ergebnisse der Arbeit und liefert einen Ausblick über die zukünftige Entwicklung der 
Telemedizin. 
2
  Was ist Telemedizin?  
Der Begriff der Telemedizin stammt aus dem Gesundheitswesen. Sie wird im Kontext 
zum Begriff der Telematik und als Unterkategorie der Gesundheitstelematik betrachtet. 
Die Begriffe der Telemedizin und der eHealth werden zunehmend synonym verwendet, 
obwohl unterschiedliche Bedeutungen vorliegen. (Link, 2007, S. 5) Im Folgenden wird 
eine Begriffsabgrenzung und ein Überblick über die Begriffseinordnung der 
,,Telemedizin" vorgenommen. Des Weiteren erfolgt die Abbildung verschiedener 
Definitionen unterschiedlicher Institutionen und Autoren sowie die Darstellung 
3
telemedizinischer Anwendungsarten- und bereiche. Aufgrund einer fehlenden 
Einheitsdefinition für den Begriff der ,,Telemedizin", existiert in Deutschland ein hohes 
Spektrum an  abweichenden Definitionen. Dieser Gliederungspunkt liefert eine 
Übersicht, welche die umfassende Bandbreite an Definitionen und zentralen 
Komponenten der Telemedizin möglichst präzise widerspiegeln soll. 
2.1
 Begriffseinordnung und -abgrenzung 
Der Begriff der Telemedizin bzw. Telematik leitet sich vom griechischen Wort ,,Telos" 
ab und bedeutet übersetzt ,,Ferne". Mit Telematik wird die Nutzung von moderner 
Telekommunikation und  Methoden der Informatik gemeint. Die Anwendung der 
Telematik im Gesundheitswesen wird als Gesundheitstelematik bezeichnet. Synonyme 
Bezeichnungen sind eHealth und Health Telematics. (Paulus und Romanowski, 2009, S. 
2; Hermeler, 2000, S. 5) Die Definition der Gesundheitstelematik ist breit gefasst. Der 
voranschreitende technische Fortschritt und die rapide wachsende Digitalisierung 
erschweren eine präzisere Formulierung einer Definition. (Link, 2007, S. 5) Jedoch 
gewährt der Bezug auf den synonymen Begriff eHealth einen umfassenderen Überblick 
über die Definition der Gesundheitstelamtik. Die EU definiert den synonymen Begriff 
eHealth wie folgt: "e-Health refers to the use of modern information and 
communication technologies to meet needs of citizens, patients, healthcare 
professionals, healthcare providers, as well as policy makers." (Europäische Union, 
2004) Dietzel versteht unter Gesundheitstelematik die ,,Anwendung moderner 
Telekommunikations- und Informationstechnologien auf das Gesundheitswesen, 
insbesondere auf administrative Prozesse, Wissensvermittlung und 
Behandlungsverfahren." (Dietzel, 2001, S. 14) Beckers geht mit dieser Definition 
konform, indem er e-Health charakterisiert als den ,,Einsatz von Informations- und 
Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen, mit Schwerpunktlegung auf 
einrichtungsübergreifende und vernetzte Geschäfts- und Versorgungsprozesse." 
(Beckers, 2014, S. 10) Die Telemedizin wird, als zentraler Begriff dieser 
wissenschaftlichen Arbeit, als ein Bestandteil der Gesundheitstelematik verstanden. 
Diese ist wiederum Teil der Telematik. Auf diese Weise kann eine klare Abgrenzung 
zwischen den Begriffen vollzogen werden.  
2.2
  Definition der Telemedizin  
Wie bereits erläutert, bedeutet Telemedizin übersetzt Fernmedizin (griech. Telos = 
Ferne). Die Telemedizin ist eine Anwendung die über eine spezielle 
4
Telematikinfrastruktur abgewickelt wird. Dabei überbrückt diese spezifische 
Informations- und Kommunikationstechnik die Distanz zwischen Ärzten und Patienten. 
(Hermeler, 2000, S. 5) Im deutschsprachlichen Raum existiert eine Vielzahl an 
Definitionen. Laut den Einbecker Empfehlungen, anlässlich eines Workshop der 
Deutschen Gesellschaft für Medizinrecht im Jahre 1999, ermöglicht und unterstützt die 
Telemedizin in Überwindung räumlicher Entfernungen medizinische Dienstleistungen 
durch die kombinierte Anwendung von Telekommunikation und Informatik. (DGMR, 
1999, S. 133-136) Im selben Jahr beschreibt Goetz die Telemedizin als die konkrete 
Erbringung medizinischer Leistungen, seien diese Diagnostik oder Therapie, mit den 
Mitteln der Telematik. (Goetz, 1999, S. 502) Das Bundesministerium für Bildung, 
Wissenschaft, Forschung und Technologie definiert den Begriff der Telemedizin als 
,,jegliches Behandlungsverfahren, das als Element die unmittelbare Überwindung 
räumlicher Distanz zwischen Patient und Arzt enthält." (Hermeler, 2000, S. 5) Eine u.a. 
von Link und der AnyCare Schriftenreihe zitierte Definition stammt von Dietzel: Die 
Telemedizin ist der ,,Einsatz von Gesundheitstelematik zur Überwindung einer 
räumlichen Trennung zwischen Patient und Arzt oder zwischen mehreren behandelnden 
Ärzten." (Dietzel, 2001, S. 14) Die World Health Organisation charakterisiert die 
Telemedizin als das Erbringen von Gesundheitsleistungen zur Diagnose, Therapie oder 
Prävention durch Gesundheitsberufstätige, aber auch für Forschung, Auswertungen und 
Weiterbildung von Gesundheitsberufstätigen unter Überwindung von räumlicher 
Entfernung. (WHO, 1998) Die bisherigen Erläuterungen zeigen, dass in Deutschland 
keine einheitliche Telemedizin-Definition vorherrscht. Vielmehr gibt es eine Vielzahl 
an Definitionen von unterschiedlichen Institutionen, Wissenschaftlern und Verbänden. 
Dennoch sind bei den verschiedenen Quellen Ähnlichkeiten und Überschneidungen zu 
vermerken. Beim Vergleich der vielfältigen Definitionen lassen sich kontinuierlich 
auftretende Attribute der Telemedizin filtern. Als Basis für die weitere Vorgehensweise 
der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit wird die Definition der Telemedizin aus der 
AnyCare Schriftenreihe zum Gesundheitsmanagement zugrunde gelegt. Durch den 
Einbezug verschiedener Experten der Krankenkassen und der Leistungserbringer liefert 
sie eine stichhaltige und umfassende Definition, die alle Begriffsattribute beinhaltet. 
Demzufolge lässt sich die Telemedizin als ein Verfahren oder System charakterisieren, 
das Patientendaten und andere medizinische Informationen über eine Distanz hinweg 
erhebt, verfügbar macht, auswertet oder diese Prozesse unterstützt. Dabei dienen die 
eingesetzten Techniken der Diagnostik und der Therapie. Unter Einbezug der 
Patientensicht wird zusätzlich zu einem ,,doctor-to-doctor" und ,,doctor-to-patient" 
Austausch auch eine ,,patient-to-patient" Kommunikation ermöglicht. (Thielscher, 
5
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2014
- ISBN (Paperback)
- 9783959930109
- ISBN (PDF)
- 9783959935104
- Dateigröße
- 945 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Ludwig-Maximilians-Universität München – Gesundheitsökonomie und Management
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Dezember)
- Note
- 2,0
- Schlagworte
- Telemedizin chronische Krankheiten Kosten Nutzen COPD chronische Herzinsuffizienz cost-benefit cost-utility
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing
 
					