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Grenzen und Möglichkeiten der GmbH & Still: Rahmenbedingungen für die typische und die atypische Stille Gesellschaft

©2001 Diplomarbeit 53 Seiten

Zusammenfassung

Aufgrund des permanenten Strebens der Öffentlichen Hand nach neuen Steuerquellen und dem Verschließen von sogenannten Steuerschlupflöchern besteht das stetige Bedürfnis der Steuerpflichtigen nach Konzepten und Sachverhaltsgestaltungen. Ziel der Steuerpflichtigen ist die Vermeidung oder Minimierung der Steuerlasten. Wegen des Haftungsrisikos einer Einzelfirma sind Unternehmer zunehmend dazu übergegangen, eine GmbH zu gründen, die aber steuerlich etwas unvorteilhafter ist als Einzelunternehmen oder Personengesellschaften. Aus Steuersparerwägungen heraus und auch auf der Suche nach geeigneten Finanzierungsstrategien hat sich in den letzten Jahren die GmbH & Still als eine vertrauliche Unternehmensform entwickelt, die in Ansätzen die ertragsteuerlichen Vorteile der Personengesellschaft mit den haftungsrechtlichen Vorteilen der GmbH verbindet. Insbesondere in der ex ante Sachverhaltsgestaltung ist sie von Interesse, aber auch ex post gibt es Möglichkeiten.
Die vorliegende Untersuchung gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten werden die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen sowohl für die typische als auch für die atypische stille Gesellschaft dargestellt, im zweiten Abschnitt wird deren steuerrechtliche Behandlung und im dritten Abschnitt wird die aktuelle Bedeutung der GmbH & Still umfassend und auch anhand von theoretisch möglichen Praxisbeispielen diskutiert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



1
A. Einführung
und
Problemstellung
Aufgrund des permanenten Strebens der Öffentlichen Hand nach neuen Steuerquellen
und dem Verschließen von sogenannten Steuerschlupflöchern
1
besteht das stetige Be-
dürfnis der Steuerpflichtigen nach Konzepten und Sachverhaltsgestaltungen. Ziel der
Steuerpflichtigen ist die Vermeidung oder Minimierung der Steuerlasten. Wegen des
Haftungsrisikos einer Einzelfirma sind Unternehmer zunehmend dazu übergegangen,
eine GmbH zu gründen, die aber steuerlich etwas unvorteilhafter ist als Einzelunter-
nehmen oder Personengesellschaften.
2
Aus Steuersparerwägungen heraus und auch auf
der Suche nach geeigneten Finanzierungsstrategien hat sich in den letzten Jahren die
GmbH & Still als eine vertrauliche Unternehmensform entwickelt, die in Ansätzen die
ertragsteuerlichen Vorteile der Personengesellschaft mit den haftungsrechtlichen Vortei-
len der GmbH verbindet.
3
Insbesondere in der ex ante Sachverhaltsgestaltung ist sie
von Interesse, aber auch ex post gibt es Möglichkeiten.
Hier besteht die stille Beteiligung als Finanzierungsinstrument im Wege einer Kapital-
zufuhr zur GmbH und zur steuerlichen Nutzung von Gewinnen und Verlusten der
GmbH & Still auf Gesellschafterebene, die in dieser Arbeit untersucht werden sollen.
4
Auch die GmbH & Co. KG, Holdinggesellschaften im In- und Ausland, Stiftungen, die
AG & Co. und andere Konstrukte bieten Möglichkeiten der Steueroptimierung. Diese
sollen hier aber nicht untersucht werden. Nachfolgend soll hier primär die besondere
Bedeutung des stillen Gesellschafters in Verlustsituationen der GmbH, die Sachver-
haltsgestaltung auf Gesellschafterebene und die Bedeutung des stillen Gesellschafters
bei Umwandlungen unter Berücksichtigung des Steuersenkungsgesetzes vom
23.10.2000
5
diskutiert werden.
Die Untersuchung gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten werden die gesellschafts-
rechtlichen Rahmenbedingungen sowohl für die typische als auch für die atypische stille
Gesellschaft dargestellt, im zweiten Abschnitt wird deren steuerrechtliche Behandlung
und im dritten Abschnitt wird die aktuelle Bedeutung der GmbH & Still umfassend und
auch anhand von theoretisch möglichen Praxisbeispielen diskutiert.
1
Populärer Begriff der Steuerpolitiker der Jahre 1997 bis 1999.
2
Vgl. Schaumburg, H.; Rödder, T. (2000), S. 153.
3
Vgl. Erkens, Michael (2000), S. 13.
4
Vgl. Schulze zur Wiesche (1997), S. 3 zum ,,Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren".
5
BStBl. I 2000, S. 1428.

2
B.
Die Stille Beteiligung an einer GmbH aus
gesellschaftsrechtlicher Sicht
B.I.
Formen der Stillen Beteiligung
Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft nach § 705 BGB und zeichnet sich da-
durch aus, daß die Einlage in das Vermögen des Handelsgewerbes eingeht
6
und kein
Gesamthandsvermögen gebildet wird. Die Verträge können ohne Formzwang abge-
schlossen werden. Eine Eintragung im Handelsregister findet nicht statt.
7
Es gibt zwei
Formen der Stillen Beteiligung, die typische und die atypische. Beiden ist gemeinsam,
daß die Gewinnbeteiligung ein zwingendes Erfordernis ist
8
, die Verlustbeteiligung kann
jedoch ausgeschlossen werden
9
. Der Gewinnanteil wird entsprechend den Gewinner-
mittlungsvorschriften der §§ 238 ff. HGB bestimmt. Die Berücksichtigung bilanzieller
Bewertungswahlrechte, der Ansatz steuerlicher Sonderabschreibungen, die Bildung be-
stimmter Rückstellungen, die Kürzung des Gewinns um die Körperschaftsteuer und an-
dere spezifische Faktoren, die den Gewinn beeinflussen, sollten im Gesellschaftsvertrag
durch eine eindeutige Berechnungsgrundlage geregelt werden,
10
um spätere Gewinnver-
teilungsstreitigkeiten zu vermeiden.
Die typische stille Gesellschaft wird infolge der Vertragsfreiheit dann zur atypischen
stillen Gesellschaft, wenn die Rechte des Gesellschafters den gesetzlich geregelten
Normalfall überschreiten.
11
Eine atypische stille Gesellschaft liegt also vor, wenn im
Innenverhältnis das Vermögen des Inhabers als gemeinschaftliches Vermögen des Inha-
bers und des stillen Gesellschafters betrachtet wird.
12
. Das hat zur Folge, daß sich die
stille Einlage von einer Fremdkapitalforderung in haftendes Kapital wandelt
13
. Dann
wird der typische stille Gesellschafter wie ein Kommanditist behandelt
14
Die Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft läßt sich wie
folgt zusammenfassen:
6
Vgl. Guery, Michael (1999), S. 16 ­ 17.
7
Vgl. BFH Urteil vom 22.7.97, VIII R 12/96.
8
Vgl. BFH vom 27.5.1993, BStBl. II 1994, S. 700.
9
Vgl. § 231 Abs. 2 HGB.
10
Vgl. Paulick, Heinz (1981), S. 95 ff.
11
Vgl. Lotze, Andreas (1993), S. 62.
12
Vgl. BGH vom 14.11.1977, BB 1978, S. 13.
13
Vgl. Schmidt, Karsten (1997) S. 1855.
14
Vgl. BFH Urteil vom 3.3.1998, VIII B 62/97.

3
Eine atypische stille Gesellschaft liegt vor, wenn der stille Gesellschafter
Mitunternehmer ist, also als Gesellschafter anzusehen ist, ein Mitunternehmerri-
siko trägt und eine Mitunternehmerinitiative ergreifen kann
15
:
o
Beteiligung auch am Verlust, an den stillen Reserven und am Geschäftswert,
o
Möglichkeit der Einflußnahme auf Geschäftsführung.
o
Grenzlinie: wenn die Rechte des stillen Gesellschafters mindestens denen
entsprechen, die nach dem gesetzlichen Leitbild dem Kommanditisten einer
KG gewährt werden.
Eine typische stille Gesellschaft liegt vor, wenn dem stillen Gesellschafter
o
keine Unternehmerinitiative, sondern nur Kontrollrechte durch jährliche Re-
chenschaftslegung und Einsichtnahme in die Geschäftsbücher gewährt wer-
den
16
,
o
wenn er keine Verlustbeteiligung hat,
17
o
oder Teilnahme an Verlusten nur bis zur Höhe der Einlage bestehen,
o
eine Abfindung beim Ausscheiden in Höhe der nominellen Einlage, d.h. kei-
ne Beteiligung an den stillen Reserven und am Unternehmenswert, sondern
nur Beteiligung an realisierten Gewinnen erfolgt.
18
Dementsprechend hat eine Stille Beteiligung rechtliche Folgen, die nachfolgend diffe-
renziert dargestellt werden.
B.II.
Rechtliche Folgen einer Stillen Beteiligung
B.II.1.
Formen der stillen Einlage und deren bilanzielle Behandlung
Bilanzierungspflichtig bleibt allein die GmbH, deren Bilanz gleichzeitig die Funktion
der Bilanz der Innengesellschaft erfüllt.
19
Gegenstand der stillen Einlage kann jeder
Vermögensvorteil sein, der im Rechtsverkehr faßbar ist, unabhängig von seiner Bilan-
zierungsfähigkeit.
20
Im wesentlichen können es also materielle und immaterielle Ver-
mögensgegenstände, Bareinlagen, Sacheinlagen, Nutzungseinlagen, z.B. Pachtverhält-
15
Vgl. BGH vom 14.11.77, in: BB 1978, S. 13.
16
§ 233 HGB.
17
§ 231 Abs. 2, 1. Halbsatz HGB.
18
Vgl. Fichtelmann, Helmar (2000), S. 17.
19
Vgl. Schulze zur Wiesche (1997), S. 101 ff.
20
Vgl. Westerfeldhaus, H. (1988), S. 1175 ff.

4
nisse, und Diensteinlagen wie z.B. Arbeitsverhältnisse sein.
21
Der stille Gesellschafter
braucht also handelsrechtlich nicht zu bilanzieren.
B.II.2.
Gewinn- und Verlustbeteiligung
Der Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung ist in § 231 Abs. 2, 2. Halbsatz HGB gesetz-
lich geregelt. Die Verlustbeteiligung hingegen kann vertraglich ganz ausgeschlossen
werden.
22
Die Angemessenheit der Gewinnbeteiligung und deren Höhe ist handelsrecht-
lich unproblematisch zu bestimmen.
23
Steuerlich sind die Grundsätze der steuerrechtli-
chen Gewinnermittlung zu beachten.
24
B.II.3.
Übrige Rechtsbeziehungen
Neben obigen Rechtsbeziehungen sind Geschäftsführerverträge von Bedeutung, bei de-
nen der Geschäftsführer gleichzeitig ein stiller Gesellschafter einer GmbH ist. Sie haben
zur Folge, daß beide Rechtsverhältnisse getrennt voneinander zu beurteilen sind, wobei
die stille Gesellschaft stets den Abschluß eines Vertrages und die Einbringung einer
Einlage voraussetzt.
25
Anders sind die Geschäftsführerbezüge bei der atypischen GmbH
& Still zu beurteilen
26
, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer gleichzeitig atypischer
stiller Gesellschafter ist.
27
In diesem Fall sind die Bezüge gewerbliche Einkünfte nach §
15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
28
Die Pachtverhältnisse eines typischen stillen Gesellschafters bilden ein selbständiges
Rechtsverhältnis neben dem stillen Beteiligungsverhältnis. Die Verträge sind deshalb
steuerlich voneinander unabhängig zu beurteilen.
29
Der Verpächter und stille Gesell-
schafter hat deshalb Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG aus der stillen Be-
teiligung und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG aus dem
Pacht- oder Lizenzvertrag, die zu versteuern sind. Beide Positionen sind bei der GmbH
steuermindernde Betriebsausgaben. Gewerbesteuerlich sind allerdings die Gewinnantei-
21
Vgl. Paulick, Heinz (1981), S. 68 ff.
22
Vgl. § 231 Abs. 2, 1. Halbsatz HGB
23
Vgl. Schwacke, Peter (1995), S. 33
24
§§ 4 und 5 EStG.
25
Vgl. Schwedhelm, Rolf (1987), S. 42.
26
Vgl. FG Köln vom 18.6.97, 10-K-2413/93.
27
Vgl. BFH vom 31.8.99, VIII-R-22/98.
28
Vgl. Schwedhelm, Rolf (1987), S. 46.
29
Vgl. Schulze zur Wiesche, Dieter (1997), S. 35.

5
le des stillen Gesellschafters dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu zurechen, wenn sie
beim Empfänger nicht zur Gewerbeertragsteuer heranzuziehen sind.
30
Ein atypischer stiller Gesellschafter hingegen wird behandelt wie ein Mitunternehmer
und kann demzufolge keine Pacht- oder Lizenzeinnahmen erzielen. Die Pachtzahlungen
werden deshalb wie Gewinnanteile nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteuert. Die GmbH
hat keinen Pachtaufwand, sondern zahlt Gewinnvorweganteile.
Mit Darlehensverträgen des typischen stillen Gesellschafters an die GmbH können Dar-
lehen zur Verfügung gestellt werden. Das gilt insbesondere auch für ausgeschüttete
Gewinnanteile, die der GmbH im sogenannten ,,Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren" wie-
der zur Verfügung gestellt werden.
31
Nach Abschnitt 77 Abs. 9 KStR ist eine Gewinn-
ausschüttung grundsätzlich auch dann zugeflossen, wenn die Gesellschafter ihre ausge-
schütteten Gewinnanteile für Kapitaleinlagen und Kapitalerhöhungen, Kapitalrücklagen
nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, Darlehen an die GmbH, oder zur Beteiligung als stiller
Gesellschafter bei der Körperschaft verwenden. Diese Verfahren werden auch als
,,Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren" bezeichnet. Sie haben zur Folge, daß aus den ver-
steuerten ausgeschütteten Gewinnanteilen private Darlehen oder Beteiligungen werden,
die ihrerseits gewinnanspruchsberechtigt sind. Die Darlehenszinsen sind bei der GmbH
Betriebsausgabe und bei dem Darlehensgeber Einkünfte aus Kapitalvermögen. Bei der
atypischen stillen Gesellschaft hingegen werden die Zinsen nicht als Betriebsausgaben
angesehen, sondern steuerrechtlich für die Gesellschafter zu versteuernde Gewinnantei-
le sind.
Von Interesse bei der Gründung einer GmbH & Still ist deren Beendigung, da diese
auch steuerrechtliche Folgen hat.
B.II.4.
Beendigung der Stillen Gesellschaft
Die stille Gesellschaft kann durch Kündigung aufgelöst werden
32
. Aber auch durch
Zeitablauf bei vereinbarter Befristung, durch Kündigung aus wichtigem Grund nach §
723 BGB, oder mit der Insolvenz der GmbH bzw. des Geschäftsinhabers
33
. Nach der
Auflösung der stillen Gesellschaft hat der Stille Gesellschafter Anspruch auf die Aus-
zahlung des Guthabens seines Kapitalkontostandes in Geld gem. § 235 Abs. 1 HGB.
30
§ 8 Nr. 3 GewStG.
31
Vgl. Schulze zur Wiesche, (1997), S. 35.
32
§§ 234, 132 HGB
33
Vgl. BGH vom 21.3.1983, GmbHR 1984, 37.

6
Der atypische stille Beteiligte erhält nicht nur den Buchwert seiner Einlage, sondern ein
Auseinandersetzungsguthaben, das sich von dem eines Gesellschafters einer OHG nicht
unterscheidet und dessen Wert sich nach dem tatsächlichen Wert bestimmt. Er hat An-
spruch auf eine Auseinandersetzungsbilanz, in der die offenen Rücklagen und der Ge-
schäftswert berücksichtigt sind.
34
Bezüglich der stillen Reserven können besondere
Vereinbarungen getroffen werden. Die Auszahlung des Guthabens hat grundsätzlich in
Geld zu erfolgen.
35
Der typische stille Beteiligte ist im Konkurs- und Insolvenzfall mit dem Wert seines
Kapitalkontos Konkursgläubiger gem. § 236 Abs. 1 HGB. Die atypische stille Beteili-
gung hingegen kann dem gegenüber nicht als Konkursforderung geltend gemacht wer-
den, weil sie eigenkapitalersetzenden Charakter hat.
36
Falls der stille Beteiligte seine
Einlage noch nicht erbracht hat, muß er sie gem. § 236 Abs. 2 HGB im Konkurs bis zur
Höhe des auf ihn entfallenden Verlustanteils in die Konkursmasse einzahlen
Nachdem die gesellschaftsrechtlichen Konstrukte dargestellt worden sind, werden im
nächsten Abschnitt die steuerlichen Folgen der Sachverhaltsgestaltung abgehandelt.
34
Vgl. BFH vom 3.2.94, III R 23/89.
35
Vgl. § 235 Abs. 2 HGB.
36
Vgl. Fichtelmann, Helmar (2000), S. 39.

7
C.
Steuerliche Behandlung der GmbH & Still
C.I.
Typische stille Beteiligung im Einkommensteuerrecht
C.I.1.
Angemessenheit und Zufluß des Gewinnanspruchs
Entscheidend für die Besteuerung von Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters ist der
Zeitpunkt des Zuflusses
37
des Gewinnanspruches und dessen Angemessenheit. Diese ist
deshalb zu prüfen, weil sich bei einem Mißverhältnis eine verdeckte Gewinnausschüt-
tung ergeben kann
38
, die nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG das Einkommen der Kapitalgesell-
schaft nicht mindert. Bei einer stillen Gesellschaft liegt dann eine verdeckte Gewinnaus-
schüttung vor, wenn dem stillen Gesellschafter eine unangemessene hohe Gewinnbetei-
ligung zugestanden wird
39
, die einem Vergleich mit einem fremden Dritten nicht stand-
hält. Eine Gewinnverteilung entsprechend dem Kapitaleinsatz wird im Normalfall je-
doch nicht zu beanstanden sein, auch nicht unter Berücksichtigung der Vorwegvergü-
tung etwaiger Geschäftsführergehälter,
40
und wenn der Geschäftsführer stiller Gesell-
schafter ist.
Bei der Behandlung von Verlusten ist dieses nicht anders, was im nachfolgenden Kapi-
tel behandelt wird.
C.I.2.
Behandlung von Verlusten
Der stille Gesellschafter nimmt nach § 232 Abs. 2 S. 1 HGB nur bis zur Höhe seiner
Einlage am Verlust teil, es sei denn, die Verlustbeteiligung ist ausgeschlossen. Durch
den Verlustanteil mindert sich die Einlage, denn § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG bestimmt die
sinngemäße Anwendung des § 15 a EStG, d.h. der das Einlagekonto übersteigende Be-
trag wird steuerlich nicht anerkannt.
41
Etwas anderes kann nur gelten, wenn die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen
gehalten wird. Dann kann der Kaufmann, wenn es sich um eine dauernde Wertminde-
rung handelt, eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG vornehmen,
für die jedoch grundsätzlich das Wertaufholungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG
37
Nach § 11 EStG sind diese Einkünfte erst mit dem Zufluß beim Beteiligten zu versteuern.
38
Vgl. Schulze zur Wiesche, Dieter (1997), S. 121.
39
Vgl. FG München vom 30.4.99, 2-K-3257/96.
40
Vgl. BGH vom 30.3.98, II-ZR-20/97.
41
Vgl. BFH vom 16.12.97, VIII-R-76/93.

8
gilt. Daneben können Vergütungen aus anderen Rechtsbeziehungen noch bedeutsam
sein.
C.I.3.
Vergütungen aus anderen Rechtsbeziehungen
seitens der GmbH
Die Rechtsbeziehungen des GmbH-Gesellschafters und der GmbH sind unabhängig
voneinander zu beurteilen. Ist z.B. ein GmbH-Gesellschafter und stiller Gesellschafter
gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH
42
, so sind alle Einkünfte steuerlich gesondert
und unabhängig voneinander zu beurteilen.
43
Ein typischer stiller Gesellschafter kann
auch neben seinen Gewinnansprüchen noch Kapitaleinkünfte aus Darlehensgewährun-
gen erzielen, oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, z.B. aus der Überlas-
sung von Grundstücken und Gebäuden oder Maschinen. Allerdings prüfen die Finanz-
behörden in diesen Fällen genau, ob eine vGA vorliegt.
C.I.4.
Verdeckte Gewinnausschüttungen
Das Fehlen einer klaren Vereinbarung hinsichtlich der Höhe des Gewinnanspruches
oder seiner Bemessungsgrundlage können im Falle unüblicher hoher Gewinnausschüt-
tungen eine Vermögensminderung der Kapitalgesellschaft bewirken, die als verdeckte
Gewinnausschüttung, nachfolgend vGA genannt, i.S. des § 8 Abs. 1 S. 3 KStG defi-
niert werden kann. Auch eine unangemessene hohe Gewinnbeteiligung kann eine vGA
sein.
44
Bei der GmbH führt die vGA, soweit seitens des Finanzamtes festgestellt, zur
Erhöhung des steuerpflichtigen Einkommens gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Beim Gesell-
schafter führt die vGA zu Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
EStG, Verdeckte Gewinnausschüttungen sind also in der Regel mit erheblichen Steuer-
aufwendungen verbunden und sollten daher unterlassen werden. Deshalb ist auf eine
angemessene steuerrechtlich zulässige Gewinnverteilung abzustellen, wobei nachfol-
gend auf die atypische Stille Beteiligung eingegangen wird.
42
Vgl. BFH vom 15.12.98, VIII-R-62/97.
43
Vgl. FG Köln vom 20.02.97, 4-K-790/93.
44
Vgl. Schulze zur Wiesche, Dieter (1997), S. 119.

9
C.II.
Atypische stille Beteiligung im Einkommensteuerrecht
C.II.1.
Angemessene Gewinnverteilung
Bei der GmbH & atypisch Still kann eine unangemessene Gewinnverteilung in Form
einer verdeckten Ausschüttung der GmbH u.a. dann vorliegen, wenn:
45
·
die Komplementär-GmbH unangemessen hohe Gehälter an ihre Gesellschafter-
Geschäftsführer zahlt, die zugleich auch stille Gesellschafter sind,
·
die atypische stille Gesellschaft der GmbH deren Aufwendungen für die Ge-
schäftsführung unangemessen niedrig vergütet,
·
die Komplementär-GmbH aus anderen Gründen einen unangemessen niedrigen
Gewinnanteil oder zu wenig Haftungsvergütung erhält.
46
Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen und die Anerkennung von Familienge-
sellschaften sind daran zu messen, ob sie
·
nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,
·
einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließlichen Inhalt haben,
·
und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abge-
schlossen worden wären.
47
·
Der Gesellschaftsvertrag mit Familienmitgliedern einer Personengesellschaft,
einer Kapitalgesellschaft, oder einer stillen Gesellschaft muß ernsthaft gewollt
sein, d.h. er muß zivilrechtlich wirksam sein.
·
Die tatsächliche Durchführung des Vertrags muß mit der formellen Gestaltung
überein stimmen.
·
Bei der KG und der GmbH & Still: Prüfung der Mitunternehmerstellung, der
Mitunternehmerinitiative und des ­Risikos.
Grenze: Rechte, die einem Kommanditisten oder einem atypischen stillen Ge-
sellschafter nach dem Regelstatut des HGB zustehen.
48
Unter diesen Umständen ist auch eine bloß schlüssige wie auch mündliche Gesell-
schaftsgründung einer Mitunternehmerschaft in Form einer GbR und die entsprechende
Gewinnverteilung anzuerkennen.
49
45
Vgl. Schulze zur Wiesche, Dieter (1997), S. 122.
46
Vgl. BFH vom 14.12.99, 2-K-2355/96.
47
Vgl. Söffing, Günter (1993), S. 8592.
48
Vgl. Abschnitt 138a EStR.
49
Vgl. Fichtelmann, Helmar (2000), S. 65.

10
Die den stillen Gesellschaftern gezahlten Sondervergütungen wie z.B. Geschäftsführer-
gehälter, Pensionszusagen, Mieten und Pachten, Darlehenszinsen und Lizenzgebühren
stellen gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter dar
50
, die nicht als vGA anzusehen
sind, wie nachfolgend dargestellt wird.
C.II.2.
Behandlung von verdeckten Gewinnausschüttungen
Die Einkünfte des Mitunternehmers / atypischen stillen Beteiligten setzen sich nach den
§ 15 EStG und § 7 KStG zusammen aus dem Gewinnanteil und den Sondervergütun-
gen, die den Gesellschaftern aus betrieblichem Anlaß gezahlt werden und den Gewinn
gemindert haben, steuerlich den Gesellschaftern jedoch als gewerbliche Einnahmen zu-
zurechnen sind, weil diese Vergütungen im Zusammenhang mit der Beteiligung ste-
hen.
51
Hierzu zählen beispielsweise Architektenleistungen eines Gesellschafters einer
Bauträger GmbH
52
, oder Autorenhonorare eines Gesellschafters für eine Gesellschaft,
die einen Verlag betreibt
53
.
Eine vGA kann entweder als Gewinnverzicht der GmbH, oder als unangemessene Ge-
winnverteilung aufgrund von Verzichten anderer Mitgesellschafter vorliegen.
54
Wenn
beispielsweise der Hauptgesellschafter der GmbH gleichzeitig atypischer stiller Gesell-
schafter ist und seinen Kindern noch atypische stille Beteiligungen geschenkt hat, sind
die Grundsätze der angemessenen Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaf-
ten anzuwenden
55
und, soweit die Gewinnverteilung auf nicht betrieblichen Gründen
basiert, greift das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG. Werden zwischen der GmbH und
den atypischen stillen Gesellschaftern Vereinbarungen getroffen, die zu einem unange-
messen niedrigen Gewinn der GmbH führen, liegt seitens der GmbH eine vGA an ihren
Gesellschafter vor. Nach herrschender Meinung ist grundsätzlich eine Gewinnbeteili-
gung von 15 v.H., berechnet auf den gemeinen Wert des Anteils, als angemessen zu be-
trachten
56
. Im Falle eines Verlustausschlusses wird noch eine Gewinnbeteiligung von
12 v.H. als angemessen anerkannt.
57
Wenn die Beteiligung des stillen Gesellschafters
nicht aus einer Schenkung bestand und er auch am Verlust beteiligt ist, kann eine durch-
50
Schreiben des BdF vom 26.1.87, BStBl 1987 I, S. 765.
51
Vgl. Wacker (1999), S. 4986 ff.
52
Vgl. BFH vom 23.05.1979, BStBl. II 79, S. 757.
53
Vgl. BFH vom 30.11.1978, BStBl. II 79, S. 237.
54
Vgl. Schulze zur Wiesche, Dieter (1997), S. 122.
55
Vgl. Söffing, Günter (1993), S. 8563.
56
Vgl. Söffing, Günter (1993), S. 8589.
57
Vgl. BFH vom 29.3.1973, BStBl. II S. 73.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2001
ISBN (PDF)
9783958209763
ISBN (Paperback)
9783958204768
Dateigröße
426 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (ehem. Hochschule für Wirtschaft und Politik) – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2015 (Dezember)
Note
1
Schlagworte
Gewinnanspruch Gewinnverteilung Finanzierungsfunktion Darlehen Einkommenssteuerrecht
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