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Die rechtlichen Voraussetzungen der Direktansprache: Ein praxisorientierter Leitfaden

©2015 Akademische Arbeit 29 Seiten

Zusammenfassung

In Zeiten des allerorts proklamierten Fachkräftemangels haben viele Unternehmen zunehmend Probleme ausreichend qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden. Dadurch hat sich der Anteil der Arbeitgeber, die sich nicht mehr mit der passiven Personalsuche zufriedengeben wollen, erhöht. In diesem Zusammenhang stellt sich dann häufig die Frage, ob das planmäßige Abwerben von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz mittels Direktansprache überhaupt erlaubt ist und in welchen rechtlichen Grenzen man sich dabei bewegt.
Was ist Active Sorcing überhaupt, wie geht eine Personalberatung dabei vor und wie kann ein Unternehmen verfahren? Mit diesen Fragestellungen beschäftigt sich das vorliegende Buch und bietet einen Leitfaden für die praktische Anwendung.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


8
einfachen Handlungsprozess darstellt.
7
Daher haben viele Arbeitgeber damit
begonnen, ihre Rekrutierungsmethoden systematisch zu überprüfen und auch deren
Effizienz zu hinterfragen.
I) Die gängigsten Methoden der externen Mitarbeitersuche
Reicht es nicht aus, die bestehenden Mitarbeiter zu entwickeln oder ist dies aus
qualifikatorischen oder strategischen Gründen nicht sinnvoll, muss das Unternehmen
neues Personal von extern rekrutieren.
8
Dabei gibt es nicht die eine
Rekrutierungsmethode die pauschal für alle Vakanzen am besten geeignet ist. Es ist
vielmehr Aufgabe des Recruiters, die verschiedenen Rekrutierungsmöglichkeiten
geschickt zu kombinieren, um einen schnellen Erfolg zu realisieren.
1) Stellenanzeigen in Tageszeitungen und Fachzeitschriften
Das klassische Instrument der Personalrekrutierung sind Anzeigen in Tages-
zeitungen, Fachzeitschriften oder Informationsbroschüren, die Zielgruppenauswahl
kann dabei über das Medium gesteuert werden. Für viele hochspezialisierte
Disziplinen gibt es einschlägige Fachzeitschriften, so dass sich diese gut eignen,
Spezialisten in dem gesuchten Gebiet gezielt anzusprechen. Darüber hinaus erfüllen
Print-Anzeigen für die ausschreibenden Unternehmen auch häufig eine Marketing-
Funktion, da sie dem Leser signalisieren, dass das Unternehmen auf Wachstums-
kurs ist. Die Schaltung einer Stellenanzeige ist dabei der wohl bekannteste und
gebräuchlichste Weg.
2) Online-Stellenanzeigen
Stellenanzeigen im Internet erfreuen sich seit Jahren einer wachsenden Beliebtheit,
da sie flexibler und kostengünstiger sind. Sie können nach Belieben gestaltet
werden, ohne dass sich durch mehr Inhalt der Preis erhöht. Für die Zukunft ist daher
mit einer weiter steigenden Bedeutung des Internets als Informations- und
Kommunikationsmedium zu rechnen und es wird gemeinhin ein weiterer Rückgang
von Print-Anzeigen zugunsten elektronischer Medien erwartet.
9
7
Studienbrief 2140, S. 51.
8
Personalmanagement S. 39; Schneider S. 9.
9
Personalmanagement S. 55.

9
3) Personalbeschaffung mithilfe Einschaltung Dritter
Da sich viele Arbeitgeber beklagen, dass sie weniger Bewerbungen bekommen, und
auch die Qualität der Bewerber sinkt
10
und zugleich die Wirksamkeit von Anzeigen
nachlässt, hat sich der Anteil der Arbeitgeber die sich nicht mehr mit der passiven
Personalsuche zufriedengeben erhöht. Insbesondere wenn Positionen erfahrungs-
gemäß schwer zu besetzen sind, werden von vielen Unternehmen gerne
professionelle Personalberatungen mit der Kandidatensuche beauftragt. Dies hat den
Vorteil, dass bereits eine Vorselektion durch den Personalberater stattfindet und
Personalberatungen häufig über ein umfangreiches Netzwerk und/oder eine
Kandidatendatenbank verfügen, die sie bei der Suche einsetzen. Auf diese Weise
werden auch Kandidaten erreicht, die zwar nicht aktiv auf der Suche sind, aber
dennoch offen für die Vorstellung einer Karrierechance wären, um zu prüfen, ob
diese für sie von Interesse sein könnte.
11
II) Bedeutung und Definition des Direct Search
Vor ca. 65 Jahren gab es nur wenige amerikanische Unternehmen, die ihre
Führungskräfte in Unternehmen des direkten Wettbewerbs suchten.
12
Damals gab es
nur ein paar Executive-Search-Unternehmen in Deutschland, die sich darauf
spezialisiert hatten, hochkarätige Manager bei den direkten Wettbewerbern des
Auftraggebers zu suchen.
13
Der Direct Search (auch als Executive Search,
Direktansprache oder Headhunting bezeichnet) war damals noch eine
Nischenmethode in der Personalbeschaffung. Unter Direct Search versteht man die
Weitergabe der Personalsuche an externe Berater, die zunächst den Markt
sondieren, potenzielle Kandidaten recherchieren und nach Ihrer Wechselwilligkeit
befragen sowie diese im positiven Fall auf ihre Eignung hin prüfen.
14
Erst im
Anschluss daran wird dem Auftraggeber eine überschaubare Anzahl von Kandidaten
präsentiert, aus der er dann seinen künftigen Mitarbeiter auswählen kann.
Zusammenfassend kann man folgende Definition annehmen: ,,Unter Direktansprache
versteht man die systematische Identifikation, Ansprache, Beurteilung und Auswahl
10
Hilker in Personalwirtschaft S. 8.
11
Dannhäuser S. 2.
12
Klein S. 10.
13
Schneider S. 10; Diemer in Handbuch der Personalberatung S. 37.
14
Schneider S. 13; Fink/Dr. Schmid.

10
von Kandidaten für eine definierte Position. Kandidaten werden nicht über eine
Stellenanzeige auf eine Position aufmerksam gemacht, sondern durch einen direkten
Kontakt über den Headhunter."
15
15
Schneider S. 14.

11
B) Hauptteil
I) Direktansprache in der Personalberatung
Die Suchmethoden der Personalberatungen zeichnen sich durch ihren proaktiven
Charakter aus, denn es werden stets Personen angesprochen, die sich bis zum
Zeitpunkt der Direktansprache durch den Personalberater vielleicht noch gar nicht
mit dem Gedanken eines Arbeitgeberwechsels beschäftigt haben. In diesem
Zusammenhang stellt sich häufig die Frage, ob das planmäßige Abwerben von
Arbeitnehmern am Arbeitsplatz überhaupt erlaubt ist, in welchen rechtlichen Grenzen
man sich bewegt und wie eine Personalberatung dabei vorgeht.
1) Vorgehensweise einer Personalberatung
Ist die Entscheidung für eine Personalberatung gefallen, wird diese mit der
Besetzung beauftragt. Im Rahmen eines ,,Briefings" informiert das Unternehmen den
Berater ausführlich über alle für die Suche relevanten Eckdaten sowie das fachliche
und persönliche Anforderungsprofil der Position. Dieses bildet die Grundlage der
Suche.
Für eine gezielte und effektive Direktsuche wird zunächst eine ,,Zielfirmen-
liste" erstellt. Darauf befinden sich die Firmen, bei denen aufgrund des
Produktportfolios, des Unternehmensstandortes und der Unternehmensgröße die am
besten geeigneten Mitarbeiter für den Suchauftrag vermutet werden. Dann beginnt
die Identifikation der sog. ,,Zielpersonen", also derjenigen Personen die aufgrund
ihrer aktuellen Position als fachlich geeignet für die zu besetzende Position
erscheinen. Dies geschieht zum einen über eine umfassende Online-Recherche, wie
auch mittels gezielter Anrufe in den Zielfirmen, um den Stelleninhaber der relevanten
Position zu ermitteln. Bei diesen Anrufen wird in aller Regel eine vorgespiegelte
Identität (Coverstory) verwendet. Meist ist zu diesem Zeitpunkt nichts außer dem
Positionstitel und dem Namen dieser Mitarbeiter bekannt. Darauf folgt die
Direktansprache, also der Anruf des Beraters, der meist am Arbeitsplatz erfolgt.
Konnte durch die Direktansprache des Beraters das Interesse einer Zielperson an
der Vakanz geweckt werden, so stehen im weiteren Verlauf telefonische bzw.

12
persönliche Interviews, die Präsentation beim Kunden und die Einstellung des
Wunschkandidaten.
16
2) Rechtliche Fragestellungen beim Ident mittels Coverstory
Für die Identifikation der Zielpersonen stehen verschiedene Informationswege zur
Verfügung. Der leichteste und juristisch wohlmöglich unproblematischste Weg ist die
Internetrecherche.
17
So reicht oft ein Blick ins Impressum oder auf die Internetseite
des Unternehmens, um Ansprechpartner und deren Kontaktdaten zu ermitteln.
Sind die benötigten Informationen nicht öffentlich zugänglich, kommt der
,,Telefonident" als Identifikationsmethode zum Einsatz. Beim Telefonident ruft der
Researcher unter Verwendung einer ,,Coverstory" beim dem Zielunternehmen an, um
Auskunft über die Strukturen der relevanten Abteilung, Positionsinhalten von
Mitarbeitern oder Namen von Positionsinhabern zu erhalten. Da die Unternehmen
die benötigten Informationen in der Regel nicht freiwillig herausgeben, steht der
Researcher vor der Aufgabe, gegen den Willen der Zielfirmen an die gewünschten
Informationen zu kommen. Die Coverstory ist die von allen Researchern in dieser
Situation verwendete Methode, um die Informationen in möglichst unauffälliger Weise
zu erhalten.
18
Die Coverstory beinhaltet die Verwendung einer falschen Identität und
die Nennung eines unverfänglichen Anliegens, wie z.B. die Aktualisierung des
Adressverteilers oder die Vorgabe, ein Kongressveranstalter zu sein, der
Spezialisten als Referenten gewinnen möchte etc. Fraglich ist, ob der Researcher
und damit die Personalberatung mit dieser Vorgehensweise unlauter i.S.d. Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt. In der juristischen Fachwelt gibt
es bisher keine relevante Literatur oder Rechtsprechung, die dieses Vorgehen
erörtert.
19
a) Unzulässigkeit nach Anhang zu § 3 III UWG (Schwarze Liste)
Eine geschäftliche Handlung ist immer unzulässig, wenn sie einen Fall des Anhangs
zu § 3 III UWG darstellt. Allerdings gelten diese Fälle ausschließlich im Verhältnis
eines Unternehmers zu einem Verbraucher. Da der angerufene Mitarbeiter eines
Unternehmens nicht als Verbraucher im Sinne des § 2 II UWG i.V.m. § 13 BGB
anzusehen ist, sind die Fälle der schwarzen Liste nicht einschlägig.
16
vgl. Diemer in Handbuch der Personalberatung S. 43 ff.
17
Klein S. 10.
18
Klein S. 11.
19
Klein S. 26.

13
b) Unzumutbare Belästigung nach § 7 I S. 1 UWG
Fraglich ist, ob die Verwendung einer Coverstory beim Telefonident einen
Wettbewerbsverstoß aufgrund einer in unzumutbarer Weise belästigenden
geschäftlichen Handlung i.S.d. § 7 I S. 1 UWG darstellt.
§ 7 Abs. 1 S. 1 erfasst, anders als § 7 Abs. 1 S. 2, nicht nur die Werbung, sondern
alle geschäftlichen Handlungen. § 7 Abs. 1 S. 1 regelt nur den Fall, dass die
Belästigung eines Marktteilnehmers durch eine geschäftliche Handlung im Sinn des
§ 2 I Nr. 1 UWG erfolgt. Gemäß der Legaldefinition gemäß § 2 I Nr. 1 UWG ist eine
geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder
eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der
Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit
dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder
Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Bei dem Anruf eines Mitarbeiters einer
Personalberatung handelt es sich unstrittig um eine Handlung einer Person
zugunsten eines Unternehmens die mit der Durchführung eines Vertrages über
Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Die Parteien sind Mitbewerber und damit
Marktteilnehmer im Sinne von §§ 2 Nr. 3 UWG; 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, denn sie
konkurrieren auf dem Nachfragemarkt für Personal.
Angesichts des Bedarfs an qualifizierten Arbeitskräften einerseits und der
Berufsausübungsfreiheit für Personalvermittler andererseits, ist zur Bewertung der
Frage, ob das fragliche Verhalten eine wettbewerbswidrige Eigenart aufweist, eine
Abwägung der Interessen aller beteiligten Marktteilnehmer notwendig. Bei der
Bewertung ist ein Kriterium die Anwendung verwerflicher Mittel und Methoden.
20
,,Die
Kammer hat schon in anderer Sache die Auffassung vertreten, dass die Grenze zu
einer unzulässigen Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG überschritten wird,
wenn der Anrufer einen Mitarbeiter des Arbeitgebers über seine Identität täuscht
(Rechtsgedanke aus §§ 6 TMG, 5 a Abs. 3 Nr. 2; 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG).
Entsprechendes gilt für die Subsumtion unter § 7 Abs.1 UWG: Bei einer
Identitätstäuschung wird der Arbeitgeber auch unzumutbar belästigt, denn es ist ein
elementarer Grundsatz wettbewerblichen Anstands, dass der Wettbewerbsteilnehmer
sich offen zu seiner Identität bekennt und diese nicht verbirgt."
21
Da bei der
Verwendung einer Coverstory die Tarnung als Geschäftsprinzip angewendet wird,
20
Omsels § 7 UWG; LG Bonn Urteil vom 3. Januar 2013 · Az. 14 O 165/12
21
LG Bonn Urteil vom 3. Januar 2013 · Az. 14 O 165/12; Urteil des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 06.05.2003 ­ 20 U 174/02.

14
liegt eine unzumutbare Belästigung vor. Auf eine Beurteilung der Intensität z.B.
aufgrund der Dauer des Anrufes oder des Aufwandes der bei dem Angerufenen
entsteht, kommt es anders als von Klein
22
vertreten vorliegend nicht mehr an.
Somit verstößt der Telefonident unter Verwendung einer Coverstory gegen § 7 I S. 1
UWG, woraus sich Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gemäß §§ 8 - 10
UWG ergeben können.
c) Wettbewerbsverstoß nach § 3 I UWG
Ob der Telefonident mittels Coverstory auch einen Verstoß gegen die Generalklausel
des § 3 I UWG darstellt kann dahingestellt bleiben, da die Generalklausel nur zur
Anwendung kommt, wenn die spezielleren §§ 4 - 7 UWG nicht einschlägig sind.
d) Zusammenfassung/Handlungsempfehlung
Wer sich beim telefonischen Ident einer Coverstory bedient und dabei über seine
wahre Identität und den Grund seines Anrufes hinwegtäuscht, setzt sich bzw. das
Unternehmen für das er handelt Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen
gemäß des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb aus! Wer sich auf der
rechtlich sicheren Seite bewegen möchte, sollte sich daher auf die Internetrecherche
beschränken und auf den Telefonident verzichten. Andererseits: Auch die
angerufenen Unternehmen tragen Verantwortung für den Schutz ihrer
Mitarbeiterdaten. Gibt ein angerufenes Unternehmen sensible Daten leichtfertig
heraus, dürfte das für einen Anrufer keine rechtlichen Folgen haben.
23
Abzuraten ist allerdings, Identifizierungs- und nachfolgende Kontaktierungsanrufe mit
unterdrückter Rufnummer zu führen. Sollte die Rufnummer im Nachhinein doch
identifiziert werden, kann das rechtliche Konsequenzen haben.
Achtung:
Unbedingt zu verzichten ist bei der Coverstory auf die Verwendung von Titeln, da
sich gemäß § 132a StGB sogar strafbar macht, wer unbefugt in- oder ausländische
Amts- oder Dienstbezeichnungen, Grade, Titel, öffentl. Würden sowie
Bezeichnungen (Zahn-) Arzt, Psychotherapeut, Tierarzt, Apotheker, Rechtsanwalt,
Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder
Steuerbevollmächtigter, öffentlich bestellter Sachverständiger führt! Dies gilt auch für
ähnlich lautende Bezeichnungen.
22
vgl. Klein S. 36 ff.
23
Schmidt.

15
3) Rechtliche Voraussetzungen bei der Direktansprache
Die persönliche Direktansprache am Arbeitsplatz ist ein weiteres typisches Merkmal
für die Branche der Personalberatung. Im Rahmen der Direktansprache werden die
zuvor identifizierten Zielpersonen am Arbeitsplatz auf ihr Wechselinteresse
hinsichtlich der zu besetzenden Position angesprochen und es wird versucht, ihr
Interesse für die Vakanz zu wecken. Die Direktansprache kann mittels Telefon, per
Mail oder auch über soziale Netzwerke erfolgen. Die Direktansprache ist das
eigentliche ,,Abwerben", da hier der persönliche Kontakt zur Zielperson hergestellt
wird.
24
Die Rechtsprechung versteht unter Abwerbung, dass jemand ernstlich,
mittelbar oder unmittelbar, nachhaltig auf einen arbeitsvertraglich gebundenen
Arbeitnehmer einwirkt mit dem Ziel, ihn zu veranlassen, ein neues Arbeitsverhältnis
mit dem Abwerbenden oder einem Dritten einzugehen. Im Gegensatz zur
Telefonidentifikation ist hierzu mittlerweile eine in Teilen gefestigte Rechtsprechung
entstanden, auf die im Folgenden eingegangen werden soll.
a) Unzulässigkeit nach § 4 Nr. 10 UWG und § 7 I, II Nr. 2 UWG
Zum einen könnte die Direktansprache schon deswegen nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG
unlauter sein, weil sie dazu geeignet ist, Mitbewerber gezielt zu behindern.
25
Darüber
hinaus könnte in der Direktansprache eine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 II
Nr. 2 UWG gesehen werden. In seinem Urteil vom 09.02.2006 stellte der BGH fest,
dass bei der rechtlichen Beurteilung der Direktansprache durch einen
Personalberater zwar grundsätzlich auch die § 4 Nr. 10 UWG und § 7 I, II Nr. 2 UWG
einschlägig seien, jedoch eine Beurteilung allein gemäß § 3 UWG erfolgen müsse,
da allein diese Vorschrift die rechtlich geschützten Interessen aller Beteiligter bei der
Entscheidung abwäge.
26
b) Unzulässigkeit nach § 3 I UWG
Grundsätzlich gilt: Das Abwerben fremder Mitarbeiter ist auch bei einem
planmäßigen Vorgehen grundsätzlich zulässig.
27
Erst bei Hinzutreten besonderer
Umstände, wie der Verfolgung eines verwerflichen Zwecks oder bei Einsatz verwerf-
24
Klein S. 44.
25
BGH GRUR 426, Rdnr. 16.
26
BGH GRUR 2006, 426, 427.
27
RGZ 148, 364; BGH GRUR 1961, 482; BGH GRUR 1966, 263; LG Heilbronn
NJW-RR, 1999, 1567; OLG Karlsruhe 6 U 145/00.

16
licher Mittel oder Methoden, stellt sich der Abwerbeversuch als wettbewerbswidrig
dar. Im Folgenden sollen einige dieser ,,besonderen Umstände" dargestellt werden:
aa) Verwerflicher Zweck: Absicht der Mitbewerberbehinderung
Als verwerflicher Zweck wird z.B. die Absicht der Mitbewerberbehinderung
angesehen. Hierfür ist es aber nicht bereits ausreichend, dass der Abwerber
planmäßig vorgeht und auch nicht, dass es sich um Kandidaten in Spitzenpositionen
handelt. Es muss zugleich eine ernsthafte Behinderung bezweckt sein, eine
Kampfmaßnahme mit erkennbarer Schädigungsabsicht.
28
Praxis:
Eine Schädigungsabsicht ist z.B. zu bejahen, wenn der abgeworbene Mitarbeiter
vom abwerbenden Unternehmen gar nicht benötigt wird.
29
Gleiches gilt für das
Abwerben einer ganzen Abteilung oder Teams, mit der Absicht dadurch einen
bestimmten Mitbewerber zu schwächen. Das Abwerben von Mitarbeitern mit dem
Ziel, dem Mitbewerber in seiner Tätigkeit zu behindern, ist unzulässig. Nicht unlauter
ist dagegen das Motiv, durch die Abwerbung besondere Kenntnisse ins Unternehmen
zu holen, was auch dann gilt, wenn der Mitarbeiter sofort im gleichen Bereich
eingesetzt wird.
30
bb) Unlautere Methode: Verleitung zum Vertragsbruch
Als unlautere Methode wird z.B. angesehen, wenn der Abgeworbene dabei zum
Vertragsbruch verleitet wird. Hierzu ist ein bewusstes Hinwirken (bedingter Vorsatz)
zum Vertragsbruch ausreichend.
Praxis:
Unterliegt der Abgeworbene einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, das ihm
die Tätigkeit für Mitbewerber während eines bestimmten Zeitraumes untersagt, darf
er nicht dazu verleitet werden, gegen dieses zu verstoßen. Dies gilt auch für den Fall,
dass der Kandidat selbst anbietet, sich nicht an das nachvertragliche
Wettbewerbsverbot zu halten.
Auch die Aufforderung, seine Tätigkeit grundlos einzustellen und so eine fristlose
Kündigung zu provozieren, stellt eine Verleitung zum Vertragsbruch dar. Auch der
Fall, dass der Mitarbeiter bereits einen Arbeitsvertrag bei einem anderen
28
Haake S. 7.; Klein S. 56.
29
Dannhäuser S. 315; Klein S. 56; Schneider S. 169;
30
Haake S. 8.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783959935074
ISBN (Paperback)
9783959930079
Dateigröße
373 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Deutsche Akademie für Management Berlin – Personalmanagement
Erscheinungsdatum
2016 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
Active Sourcing Direktsuche Telefonische Direktansprache Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Direct Search Coverstory

Autor

Meike Köser wurde 1976 in Schweinfurt geboren. Ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn schloss die Autorin mit dem akademischen Grad Diplom-Juristin erfolgreich ab. Die Autorin war viele Jahre in namhaften Personalberatungsunternehmen tätig und sammelte dort umfangreiche Erfahrung im Research und der qualifizierten Direktansprache. Ihre juristischen Kenntnisse und die Erfahrungen in der Personalberatung motivierten sie, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen und einen praxisorientierten Leitfaden für die Direktsuche in Personalberatungen und Unternehmen zu erstellen.
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