Sturzprävention bei Patienten und Patientinnen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen
					
	
		©2016
		Studienarbeit
		
			
				25 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				In seiner Tätigkeit als Präventionsberater fiel dem Autor vermehrt auf, dass Kollegen unterschiedlichster Stationen, Patient_innen  mit Sturzneigung eher mechanisch oder medikamentös fixieren, als fachgerecht zu mobilisieren. Hier stellt sich ihm folgende Frage: Muss jeder Sturz mit allen Mitteln verhindert werden? Diese Frage lässt sich bereits im Vorfeld mit nein beantworten. Man kann nicht überall sein. Jedem Menschen steht das Recht zu sich, wenn noch möglich, frei bewegen zu dürfen. Kommt es in diesem Zusammenhang zu einem Sturzereignis, hätte dieses nicht verhindert werden können. Wann ist ein Sturz ein Sturz und ist eigentlich jeder Sturz ein Sturz? 
Vom Sturz und der Sturzprophylaxe sind vor allem Menschen betroffen, die auf Grund ihrer körperlichen Verfassung weniger Kraft und Balance aufweisen, als körperlich gesunde Menschen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit präventiven Maßnahmen zur Sturzminimierung bei Patient_innen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen.
	Vom Sturz und der Sturzprophylaxe sind vor allem Menschen betroffen, die auf Grund ihrer körperlichen Verfassung weniger Kraft und Balance aufweisen, als körperlich gesunde Menschen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit präventiven Maßnahmen zur Sturzminimierung bei Patient_innen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
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deutlich höher, insbesondere in  Bereichen mit  gerontopsychiatrischen Schwerpunkt  (bis 
>50/1.000 Belegtage)."
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 Die Dunkelziffer in solchen Fachabteilungen sollte deutlich höher 
sein,  da  nicht  alle  Stürze  auch  wirklich  gesehen  oder  wahrgenommen  werden.  Viele 
Patient_innen  sind  zudem  nicht  in  der  Lage  sich  adäquat  zu  äußern,  beziehungsweise 
Schmerzen anzugeben und zu lokalisieren. Demnach werden wichtige Untersuchungen gar 
nicht  erst  durchgeführt.  Dies  betrifft  Stürze,  bei  denen  Patient_innen  möglicher  Weise 
rücklinks auf den Hinterkopf fallen. Bei Betroffenen, die eine demenzassoziierte Diagnose 
in  der  Vorgeschichte  aufweisen,  fällt  dies  zunächst  nicht  auf,  da  sie  mit  großer 
Wahrscheinlichkeit im Erstkontakt vigilanzgemindert erscheinen. Trifft dieses zu, bleiben 
zum  Beispiel  subarachnoidale  Blutungen  unentdeckt  und  werden  eventuell  erst  in 
Zufallsbefunden sichtbar. Was sind nun mögliche Interventionen, um Stürze vermeiden zu 
können beziehungsweise ihnen präventiv entgegen zu wirken? In erster Linie ist es wichtig 
sich  mit  den  nachfolgenden  Grundbegriffen  gezielt  auseinander  zu  setzen.  Gerade  im 
Bereich  der  Gerontopsychiatrie  ist  es  von  Vorteil  spezielle  gerontopsychiatrische 
Erkrankungen zu kennen und vor allem auch zu verstehen. Im Verlauf werden nicht nur 
Interventionsmöglichkeiten  erläutert,  sondern  auch  ein  Exkurs  zu  speziell  ausgewählten 
gerontopsychiatrischen Erkrankungen gegeben. Wichtig ist das der Mensch als Individuum 
gesehen wird. Nur so lassen sich Stürze minimieren oder im besten Fall verhindern. 
2
Relevante Begriffserklärungen 
Dieses  Kapitel  dient  zur  Erlangung  grundlegender  Kenntnisse,  um  sich  gezielt  mit  den 
Themen Sturz und Prävention auseinanderzusetzen. Es wurden bewusst unterschiedliche 
Definitionsansätze gewählt, um zu verdeutlichen, dass diese Begriffe nicht zwangsläufig 
eindeutig definiert werden können. 
2.1
Definition des Begriffes Prävention 
Als  Prävention  bezeichnet  man  Maßnahmen  ,,zur  Abwendung  von  unerwünschten 
Ereignissen oder Zuständen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreffen könnten, 
falls keine Maßnahmen ergriffen werden. Präventive Interventionen setzten voraus, dass 
Maßnahmen  zur  Verfügung  stehen,  die  geeignet  sind,  den  Eintritt  dieser  Ereignisse  zu 
3
 Mahoney JE.: Immobility and Falls. Clin Geriatr Med 1998; 14:699-726.
5 
beeinflussen."
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 Der Begriff der Vorbeugung wird in diesem Zusammenhang  als Synonym 
verwendet. In der Regel wird der Ausdruck Prävention in der Medizin verwendet, während 
in der Pflege, speziell für pflegerische Maßnahmen, das Wort Prophylaxe gängiger ist.  Man 
unterscheidet  im  Allgemeinen  zwischen  primärer,  sekundärer  und  tertiärer  Prävention. 
Primäre  Prävention  bedeutet  Faktoren  auszuschalten,  welche  die  Gesundheit  schädigen 
können.  Sekundäre  Prävention  meint,  Erkrankungen  durch  Vorsorgeuntersuchungen  so 
früh wie möglich zu diagnostizieren, um mit der Therapie der Krankheit in einem noch 
möglichst  frühen  Stadium  beginnen  zu  können  und  so  die  Aussichten  zu  erhöhen,  die 
Krankheit  zu  heilen.  Tertiäre  Prävention  umfasst  Maßnahmen,  die  bei  einer  bereits 
eingetretenen  Krankheit  eingeleitet  werden,  um  zu  verhindern,  dass  sich  die  Krankheit 
verschlimmert oder dass Folgeerkrankungen eintreten. Hierzu zählen viele Prophylaxen der 
Pflege.  Die  Sturzprävention  beginnt  in  erster  Linie  im  Bereich  der  primären 
Präventionsansätze  und  geht  nach  einem  schweren  Sturzereignis  in  den  Bereich  der 
tertiären Prävention über. 
2.2
Definition des Begriffes Sturz 
Im Rahmen des Expertenstandards Sturzprophylaxe in der Pflege, welcher im Jahre 2005 
veröffentlicht wurde, wird der Sturz in Anlehnung an die Kellog International Work Group 
on the Prevention of Falls by the Elderly definiert als ,,jedes Ereignis, in dessen Folge eine 
Person unbeabsichtigt auf dem Boden oder einer tieferen Ebene zu liegen kommt."
5
 Die 
genannte  Definition  umfasst  lediglich  den  ersten  Teil  der  eigentlichen,  umfassenderen 
Definition.  In  dieser  heißt  es  weiter,  ,,dass  Stürze  aufgrund  eines  Stoßes,  aufgrund  von 
Bewusstseinsverlust,  aufgrund  plötzlich  eintretender  Lähmungen,  sowie  aufgrund 
epileptischer  Anfälle  nicht  als  Stürze  im  Sinne  des  obenstehenden  ersten  Teils  der 
Definition  gelten."
6
  Die  Expertenarbeitsgruppe  hat  sich  jedoch  dazu  entschieden,  den 
zweiten Teil der Definition nicht aufzunehmen, weil nicht immer hinreichend genau die 
Ursache  eines  Sturzes  feststeht,  da  Stürze  häufig  unbeobachtet  stattfinden.  Einen 
umfassenderen und plausibleren Definitionsansatz für Stürze im eigentlichen Sinne wählt 
die  Deutsche  Gesellschaft  für  Allgemeinmedizin  und  Familienmedizin  e.V.  in  ihrer 
Leitlinie  ,,Ältere  Sturzpatienten".  Demnach  ist  ein  Sturz  zu  verstehen  als  ,,ein 
4
Peter Fuchs: Prävention  Zur Mythologie und Realität einer paradoxen Zuvorkommenheit, erscheint in: Saake, I./Vogd, W. (Hrsg.)  
Mythen der Medizin
5
 Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) 2005, S.12
6
 Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) 2005, S.12
6 
unfreiwilliges, plötzliches, unkontrolliertes Herunterfallen oder  gleiten des Körpers auf 
eine tiefere Ebene aus dem Stehen, Sitzen oder Liegen. Als Sturz beziehungsweise beinahe 
Sturz ist auch zu  verstehen, wenn ein solches Ereignis nur durch ungewöhnliche Umstände, 
die  nicht  im  Patienten  selbst  begründet  sind,  verhindert  wird,  zum  Beispiel  durch  das 
Auffangen  durch  eine  andere  Person.
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  Im  klinischen  Bereich  wird  in  diesem 
Zusammenhang  von  einem  ,,kontrollierten  zu  Boden  gleiten"  gesprochen,  welches  im 
Allgemeinen nicht als Sturz gewertet wird, jedoch als dieser gewertet werden sollte. Nun 
müsste man davon ausgehen, dass es scheinbar nicht eindeutig ist, wie ein Sturz definiert 
werden sollte. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Definitionen, ist meiner Ansicht nach 
ausschlaggebend  immer  zum  Wohle  der  Patient_innen  zu  handeln.  Als  Faustregel  gilt: 
Lieber einmal zu viel einen Arzt zu Rate gezogen, als einmal zu wenig. Zu beachten ist, 
dass jeder Sturz schwerwiegende  Folgen nach  sich ziehen kann, auch  wenn diese nicht 
zwangsläufig unmittelbar nach dem Ereignis in Erscheinung treten müssen. 
2.3
Definition des Begriffes Risiko 
Das  Risiko  wird  im  Allgemeinen  als  ,,Produkt  aus  Eintrittswahrscheinlichkeit  eines 
unerwünschten  Ereignisses  und  Schadensschwere  als  Konsequenz  aus  einem  etwaigen 
Eintritt  des  Ereignis"
8
  angesehen.  Der  Begriff  des  Risikos  wird  in  verschiedenen 
wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedlich definiert. Allen Definitionen gemeinsam ist 
die  Beschreibung  des  Risikos  als  Ereignis  mit  möglicher  negativer,  eventuell  auch  mit 
positiver Auswirkung. Da nicht alle Einflussfaktoren bekannt sind, beziehungsweise vom 
Zufall abhängen, ist das Risiko mit einem Wagnis verbunden. Betrachtet werden sollte, in 
der  vorliegenden  Ausarbeitung,  das  Risiko  als  Ergebnis  mit  möglicher  negativer 
Auswirkung, da ein Sturz nur einen positiven Aspekt aufweist, wenn bei der nachfolgenden 
Behandlung und der damit einhergehenden Diagnostik, Erkrankungen zu Tage kommen, 
welche  aufgrund  dieses  Zufallsbefundes,  möglicher  Weise  eine  höhere  Heilungschance 
bürgen.  
7
 Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. 2004,S.7
8
 Krause, Lars / Borens, David: Das strategische Risikomanagement der ISO 31000, zweiteilig, ZRFG 4+5/2009
7 
3
Sturzrisikofaktoren 
Der  nachfolgende  Abschnitt  beschäftigt  sich  speziell  mit  zwei  großen  Gruppen  von 
Risikofaktoren.  Die  Erste  bezieht  sich  auf  die  Einschränkungen  aufgrund  des 
fortgeschrittenen  Alters  und  der  damit  unter  Umständen  zusammenhängenden 
Multimorbidität. Dies bezeichnet man als personenbezogene Risikofaktoren. Die Zweite 
beschäftigt  sich  mit  medikamentenbezogenen  Risikofaktoren.  Hierzu  zählen  spezielle 
Gruppen  von  Medikamenten,  welche  aufgrund  der  Wirkungsweise  oder  möglicher 
Nebenwirkungen  zu  einem  erhöhten  Sturzrisiko  führen,  aber  auch  der  Aspekt  der 
Polypharmazie, welcher in Anbetracht der steigenden Lebenserwartung mehr und mehr an 
Bedeutung gewinnt. 
3.1
Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten  
Menschen  mit  Gedächtnis-  und  Aufmerksamkeitsstörungen,  welche  in  erster  Linie  bei 
demenziellen Erkrankungen auftreten, sind im besonderen Maße sturzgefährdet. Sollte es 
zu  einem  stationären  Aufenthalt  kommen,  werden  die  Betroffenen  vor  ganz  besondere 
Herausforderungen gestellt. Es können unter anderen folgende Probleme auftreten, welche 
die Erkrankten nur bedingt selbstständig oder zum Teil nicht ohne fremde Hilfe bewältigen 
können. Hierzu könnten zählen, dass Patient_innen ihre Zimmer nicht wiederfinden, dass 
ungenügende Lichtverhältnisse vorhanden sind, dass Betroffene ein Zimmer mit vier oder 
fünf  Personen teilen müssen. Nicht selten kommt es vor, dass Patient_innen in sogenannten 
Flurbetten die Nacht beziehungsweise Tage verbringen, da keine freien Betten vorhanden 
sind. Nun kann es sein, dass dieser Umstand dazu führt, dass Situationen mehr oder minder 
verkannt  werden  und  die  Betroffenen  komplett  ihre  Orientierung  verlieren,  was  auch 
dadurch  bedingt  ist,  dass  kaum  noch  Bezugspersonen  vorhanden  sind.  Aufgrund  der 
stationären Überbelegung ist es bedauerlicherweise nicht einmal möglich jedem Erkrankten 
ein Bettalarmsystem zur Verfügung zu stellen, wodurch die Betroffenen, die auf den Fluren 
nächtigen, ein deutlich erhöhtes Sturzrisiko aufweisen.  Die Überbelegung ist darauf zurück 
zu  führen,  dass  es  sich  bei  stationären  gerontopsychiatrischen  Abteilungen  um 
Akutaufnahmebereiche handelt. Diese Bereiche sind zur Auf- und Übernahme verpflichtet. 
Eine Verlegung ist selten möglich, da es innerhalb der  Einzugsgebiete nur ein  geringes 
Angebot an diesen Spezialeinrichtungen gibt. 
8 
3.2
Beeinträchtigung sensomotorischer Funktionen 
Als  Sensomotorik  bezeichnet  man  die  Verknüpfung  von  sensorischen  und  motorischen 
Leistungen. Damit ist die Steuerung und  Kontrolle der  Bewegungen von  Lebewesen in 
Verbindung  mit  Sinnesrückmeldungen  gemeint.  Die  Wahrnehmung  des  Reizes  durch 
Sinnesorgane  und  motorisches  Verhalten  stehen  in  direktem  Zusammenhang,  diese 
Prozesse  verlaufen  im  Normalfall  parallel.  Demnach  ist  die  Sensomotorik  das 
Zusammenspiel der Sinnessysteme mit den motorischen Systemen. Das Krankheitsbild des 
Morbus Parkinson  ist hierfür ein passendes Beispiel. Charakteristisch wäre in diesem Fall 
,,der schlurfende Gang". Eine weitere Möglichkeit für eine beeinträchtigte sensomotorische 
Funktion  findet  sich  bei  Chorea  Huntington,  hier  zeigen  sich  klassischer  Weise 
unkontrollierte,  ausladende  Bewegungen,  welche  eine  starke  Sturzneigung  nach  sich 
ziehen. 
3.3
Beeinträchtigte Sehfähigkeit 
Als sehbeeinträchtigt gelten Personen, die trotz optimaler Korrektur eines Sehfehlers, zum 
Beispiel Kurzsichtigkeit, nur ein stark eingeschränktes Sehvermögen erreichen. Dies wird 
in  der  Literatur  auch  als  ,,Low  Vision"  bezeichnet.  Mittels  spezieller  optischer  und 
elektronischer Sehhilfen, sogenannter ,,Vergrößernde Sehhilfen", gelingt es jedoch, diese 
Personen  bis  zu  einem  gewissen  Maße  alltagstauglich  und  ,,sehend"  zu  machen. 
Patient_innen  in  geschützten  gerontopsychiatrischen  Einrichtungen,  vergessen  unter 
Umständen zunehmend die Handhabung der Sehhilfen. Brillen werden in der häuslichen 
Umgebung vergessen oder im stationären Aufenthalt verlegt. Nicht selten befinden sich die 
Hilfsmittel in Blumenkästen, Toiletten oder in Zimmern anderer Patient_innen. Präventiv 
könnte  man  dies  verhindern,  indem  mitgebrachte  Hilfsmittel,  wenn  vorhanden,  bei  der 
Aufnahme beschriftet werden, um die Zuordnung zu vereinfachen. 
3.4
Medikamentöse Therapie 
Die  meisten  einer  Demenz  zugrunde  liegenden  Erkrankungen  sind  prozesshaft 
fortschreitend, nur für wenige gibt es zugelassene Medikamente, die jedoch die Krankheit 
weder beseitigen noch den Krankheitsverlauf beeinflussen können. Die bislang vor allem 
für die Morbus Alzheimer verfügbaren Medikamente beschränken sich auf die Behandlung 
der Symptome und können im Optimalfall eine zeitweise Stabilisierung der Denkleistung 
und Alltagskompetenz bewirken. 
9 
3.4.1
Sedativa 
Ein  Sedativum  ist  ein  Arzneimittel,  welches  eine  beruhigende  beziehungsweise 
aktivitätsdämpfende Wirkung aufweist. Unerwünschte Nebenwirkungen sind zum Beispiel 
Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Kopfschmerzen, kardiale Entgleisungen 
und, seltener, Gedächtnislücken und psychische Störungen wie depressive Verstimmung 
und  Fehlverhalten.  Längerfristige  Einnahmen  können  zu  Konzentrationsstörungen, 
Leistungsminderung, Veränderung der Stimmung und Gleichgültigkeit führen. Aufgrund 
der dämpfenden Wirkung ,,taumeln" Patient_innen über die Stationsflure, da Betroffene, 
die  mit  dieser  Arzneimittelgruppe  therapiert  werden,  zur  Sichtkontrolle  auf  den  Fluren, 
unter Monitorüberwachen liegen sollten. Im Allgemeinen sind Personen, bei denen eine 
demenzassoziierte  Diagnose  in  der  Krankengeschichte  vorliegt,  nur  noch  bedingt 
absprachefähig.  Das  heißt,  dass  Erkrankte,  auch  nach  mehrfachen  Hinweisen  das  Bett 
möglichst nicht zu verlassen, einfach aufstehen und stürzen. Gerade Patient_innen, die neu 
eingestellt werden sind in erster Linie kardial instabil. Eine Vielzahl der Betroffenen klagt 
über Schwindel und ,,Schwarzsehen". In dieser Phase kommt es aufgrund der Symptomatik 
vermehrt zu Stürzen. Demnach ist es für Pflegekräfte obligat sich mit den Nebenwirkungen 
dieser Arzneimittelgruppe expliziet auseinander zu setzten. 
3.4.2
Benzodiazepine 
Benzodiazepine  finden  in  der  Medizin  Verwendung  als  angstlösende,  zentral 
muskelrelaxierende,  sedierend  und  hypnotisch  wirkende  Arzneistoffe,  sogenannte 
Tranquilizer.  Manche  Benzodiazepine  zeigen  auch  antikonvulsive  Eigenschaften  und 
dienen als Antiepileptika. Die Sensibilität älterer Menschen gegenüber der Wirkung von 
Benzodiazepinen ist deutlich erhöht, das heißt erhöhte Empfindlichkeit für erwünschte und 
unerwünschte  Wirkungen.  Sie  wirken  sich  bei  Menschen,  in  höherem  Lebensalter,  in 
gleicher  Weise  wie  chronisch  degenerative  Erkrankungen  aus.  Merkmale  hierfür  sind 
Trittunsicherheit,  erhöhte  Sturzgefahr  und    Beeinträchtigung  der    Kognition  bis  hin  zu 
Beeinträchtigungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens. Wichtig zu wissen, ist dass 
diese Medikamentengruppe auch gleichzeitig die Herzeigenleistung herabsetzt. Es kommt 
zu ähnlichen Symptomen, wie bei dem Einsatz von Sedativa. Auch hier sollte, gerade in 
Akutphasen,  der  Erkrankte  via  Monitor  überwacht  werden.  Akutphase  heißt  in  diesem 
Zusammenhang,  dass  sich  Betroffene  massiv  fremd-  beziehungsweise  eigengefährdet 
10 
zeigen. Beispielsweise kommt es in diesem Zusammenhang zu  Übergriffen gegenüber dem 
Pflegepersonal oder anderen Patient_innen. 
3.4.3
Neuroleptika 
Neuroleptika sind ein Sammelbegriff für eine Gruppe von ,,Nervendämpfungsmitteln", die 
beruhigend wirken  und  häufig bei wahnhaftem  Erleben oder Halluzinationen  eingesetzt 
werden.  Es  kann  vorkommen,  dass  die  nicht  kognitiven  Symptome  die  kognitiven 
Symptome verstärken, zum Beispiel kann eine Depression die Gedächtnisleistung negativ 
beeinflussen. So ist es durchaus möglich, dass sich durch die Behandlung der Depression 
auch die kognitive Leistung verbessert. Bei dieser Medikamentengruppe ist zu beachten, 
dass sie langsam ,,eingeschlichen" wird und dass das Medikament nicht abrupt abgesetzt 
werden darf, um Komplikationen, wie zum Beispiel Entzugserscheinungen, zu vermeiden, 
um den Therapieerfolg nicht zu gefährden. Aufgrund der meist optischen Halluzinationen, 
welche  im  Zusammenhang  mit  der  Einnahme  dieser  Medikamentengruppe  auftreten 
können, kommt es dazu, dass Betroffene gegen Fenster und Türen laufen und stürzen. 
3.4.4
Nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAR) 
Als  nicht-steroidale  Antirheumatika  bezeichnet  man  entzündungshemmende 
Medikamente,  die  sich  nicht  von  Sterinen  ableiten  und  über  eine  Hemmung  der 
Cyclooxygenase  wirken.  Die  gesetzlichen  Krankenversicherungen  wenden  jährlich  fast 
,,125 Millionen Euro für die  Behandlung  gastrointestinaler Nebenwirkungen der NSAR 
auf.  1100  bis  2200  Menschen  sterben  in  Deutschland  jährlich  an  gastrointestinalen 
Komplikationen."
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  Die  Dunkelziffer  dürfte  deutlich  höher  liegen.  Während  das  Coxib 
Rofecoxib®  2004  aufgrund  eines  erhöhten  Herzinfarktrisikos  vom  Markt  genommen 
wurde,  sind  Ibuprofen®  und  Diclofenac®  immer  noch  erhältlich  und  weit  verbreitet, 
obwohl  laut  einer  neuen  Studie  ein  ähnlich  hohes  Risiko  besteht.  Im  Unterschied  zu 
Rofecoxib® kommt es jedoch nur bei der Langzeitanwendung zu einem erhöhten Risiko. 
In einer Medwatch-Warnmeldung vom 9. Juli 2015 warnt die FDA erneut vor möglichen 
Herzinfarkten und Schlaganfällen bei der Anwendung nichtsteroidaler Antirheumatika. Als 
Medwatch bezeichnet man das interne Meldesystem der FDA. Die amerikanische Food and 
Drug Administration, FDA, ins Deutsche übersetzt:  ,,Nahrungs- und Medizinverwaltung", 
ist  die  behördliche  Lebensmittelüberwachungs-  und  Arzneimittelzulassungsbehörde  der 
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 ,,Reduziert den Schmerz, schont die Organe", Der Allgemeinarzt 9/2007, S. 39
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2016
- ISBN (Paperback)
- 9783959930598
- ISBN (PDF)
- 9783959935593
- Dateigröße
- 776 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Diploma Fachhochschule Nordhessen Berlin-Treptow – Gesundheitspolitik
- Erscheinungsdatum
- 2018 (Januar)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- Sturzprävention Sturz Sturzrisiko Therapie Demenz Alzheimer Morbus Korsakow
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing
