Die Kunst im Horrorgenre: Gewaltexzesse und Pornografie in Lars von Triers ‚Antichrist’
					
	
		©2012
		Bachelorarbeit
		
			
				45 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Die entscheidende Fragestellung für die Betrachtung des Spielfilms ANTICHRIST ist, wie Lars von Trier sein Werk aufbaut und ob er dabei das Genrekino zu einer eigenen Kunstform erhebt. Ferner ergibt diese Studie, ob genreimmanente Stilmittel den Film dominieren, und entscheiden, wie der Film schlussendlich kategorisiert werden kann. 
Die Frage, ob er dabei das Genrekino als bloße Legitimation für kontroverse Darstellungen nutzt, muss dabei negiert werden, da Genre selbst als Kunstform artikuliert wird. Denn egal ob ein Lars-von-Trier-Film als Musical (DANCER IN THE DARK) oder Endzeitfilm (MELANCHOLIA) deklariert ist, im Endeffekt reicht sein Name aus, um den Film am Besten zu beschreiben. Genau in dem Punkt erreicht der Regisseur den Status eines Künstlers, der seine eigene Handschrift unabhängig von einer Film-Kategorisierung erkennbar macht und etwas fulminant Eigenes erschafft.
	Die Frage, ob er dabei das Genrekino als bloße Legitimation für kontroverse Darstellungen nutzt, muss dabei negiert werden, da Genre selbst als Kunstform artikuliert wird. Denn egal ob ein Lars-von-Trier-Film als Musical (DANCER IN THE DARK) oder Endzeitfilm (MELANCHOLIA) deklariert ist, im Endeffekt reicht sein Name aus, um den Film am Besten zu beschreiben. Genau in dem Punkt erreicht der Regisseur den Status eines Künstlers, der seine eigene Handschrift unabhängig von einer Film-Kategorisierung erkennbar macht und etwas fulminant Eigenes erschafft.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ße Erfolge. Beide werden auf dem Münchener Filmfestival als jeweils bester Film 
des Jahres ausgezeichnet.
3
Mit seinem folgenden  Spielfilmdebut: 
THE ELEMENTS OF CRIME (1984) ist er 
bereits auf den Filmfestspielen in Cannes vertreten, und es wird ihm die Ehre des 
,,Grand prix technique" zuteil.
4
Neben dem schnellen Erfolg im Filmgeschäft und der damit einhergehenden künstle-
rischen Anerkennung  seiner Werke  ist vor allem  das konzeptionelle  und strukturierte 
Arbeiten des Regisseurs bemerkenswert. Bereits sein erster Spielfilm stellt den Be-
ginn einer Trilogie dar, eine Methode, die zu einem Markenzeichen seines filmischen 
Schaffens wird. Dabei funktionieren die Einzelwerke selbstständig  und sind in sich 
abgeschlossen, thematisch können sie  aber mit ihren jeweiligen Pendants verknüpft 
werden.
ELEMENTS OF CRIME ist der Anfang seiner Europa-Trilogie, die von den Werken 
EPIDEMIC (1987) und EUROPA (1991) abgeschlossen wird. Danach dreht Trier 
MEDEA (1988), welcher neben RIGET (HOSPITAL DER GEISTER) (1994) seine 
einzige TV-Produktion ist. Noch im selben Jahr beginnt er mit den Dreharbeiten zu 
DIMENSIONS, einem Film, zu dem er jährlich an verschiedenen Orten in Europa 
gerade einmal 3 Minuten drehen will und der 2024 fertiggestellt werden soll.
5
Es folgt die Goldherz-Trilogie, in der die Filme 
BREAKING THE WAVES (1996), 
IDIOTERNE (1998) und DANCER IN THE DARK (2000) zusammengefasst werden 
können. Letzterer wird unter anderem mit  der ,,Goldenen Palme" in Cannes ausge-
zeichnet. 
Dank seines stetig  wachsenden Bekanntheitsgrades werden die Budgets für die fol-
genden Spielfilme größer, und bekannte amerikanische Schauspieler können ver-
pflichtet werden. In  Zusammenarbeit mit weltbekannten  Hollywood-Stars beginnt 
sein noch nicht abgeschlossener USA-Mehrteiler, zu welchem neben 
DOGVILLE 
(2003) der Spielfilm 
MANDERLAY (2005) zählt. Nach einem kurzen Intermezzo mit 
der dänischen Komödie 
THE BOSS OF IT`S ALL (2006) kehrt Trier zurück zu gro-
ßen Spielfilmproduktionen mit international bekannten Hollywood-Größen. Zwar ist 
3
 Vgl. Jan Lumholdt: Lars von Trier: Interviews, Univ. Press of Mississippi 2003, S.72.
4
 Vgl. Volk 2011, S.265.
5
 Vgl. Tiziana Maneljuk: Lars von Trier. In: filmzeit online, Juni 2007 (URL: 
http://www.film-zeit.de/Person/2954/Lars-von-Trier/Biographie/ [20.01.2012]).
3
noch kein Titel zu seiner bislang letzten Filmreihe gegeben, doch 
ANTICHRIST 
(2009) und 
MELANCHOLIA (2011) lassen sowohl thematisch als auch visuell auf 
eine übergeordnete Kategorie schließen. 
2.  Über seine Filme hinaus
Neben seinen Filmen wird Trier auch für sein Engagement in der Filmwissenschaft 
gewürdigt. Als Begründer  der Dogma-95-Bewegung, gemeinsam mit Søren Kragh-
Jacobsen, Kristian Levring und Thomas Vinterberg, erhält er 2008 den Preis für die 
beste europäische Leistung im Weltkino.
6
Dogma 95 versteht sich als eine ,,Gegenbewegung zum technisch hochgerüsteten, 
mit digitalen  Effekten aufpolierten und  einem immensen finanziellen,  personellen 
und logistischen Aufwand produzierten Hollywoodkino der 90er Jahre".
7
 Das Sche-
ma setzt sich aus 10 festgeschriebenen Grundregeln zusammen, die sowohl das Fil-
men selbst als auch die Bearbeitung  des Materials maßgeblich prägen. So wird bei-
spielsweise darauf hingewiesen, dass nur mit Handkamera gefilmt werden sollte, 
kein künstliches Licht benutzt werden darf oder dass der Regisseur weder im Vor- 
noch im Abspann genannt werden soll.
8
Kaum einem Dogma-Film gelingt es jedoch konsequent alle diese Regeln einzuhal-
ten, was von den jeweiligen Regisseuren sogar selbst im Abspann angemerkt wird. 
IDIOTERNE (1998) gilt dabei als Triers strengstes Dogma-Werk und ursprünglichs-
ter Film der Bewegung.
Viele der aufgestellten Regeln hatten zudem nachhaltigen Einfluss auf das internati-
onale Kino, sie wurden zitiert und beeinflussten nicht nur Arbeiten des Autorenkinos, 
sondern auch zahlreiche Hollywood-Produktionen.
9
Das Dogma-Konzept kann mit seiner Reglementierung  als Katalysator angesehen 
werden, um schöpferische Energien freizusetzen.
10
 Dabei ist es kein rein statisches 
6
 Vgl. Volk 2011, S.263.
7
 Ebd., S.237.
8
 Ebd., S.266.
9
 Ebd., S.265.
10
 Vgl. Volk 2011, S.265.
4
System, sondern funktioniert ohne ideologischen Ballast als performatives Konstrukt 
neben dem Hollywood-Kino.
Trier ist auch in weiteren Bereichen des Films erfolgreich tätig. Als Drehbuchautor 
schreibt er die  Vorlage  zu  Thomas Vinterbergs Film 
DEAR WENDY (2005) und ist 
Regisseur beim Musikvideo des dänischen Duos ,,Laid Back".
11
 Zudem soll er 2006 
Richard Wagners ,,Ring  des Nibelungen" in Bayreuth inszenieren, doch er sagt 2004 
überraschend ab, da das Projekt seine Kräfte übersteigen würde.
12
Bereits 1992 gründet Trier, gemeinsam mit Peter Aalbeak Jensen, das Label Zentro-
pe, dass sich zur größten Produktionsfirma Dänemarks entwickelt.
13
 Neben Indepen-
dentfilmen produziert das Label auch eine Reihe von Pornofilmen. Diese werden un-
ter dem Namen 
INNOCENT PICTURES (früher: PUZZY POWER), veröffentlicht.
14
Die pornographischen Produktionen stellen sich dabei die Aufgabe, frauenfreundlich 
zu sein, und sind primär für ein heterosexuelles, weibliches Publikum gedacht.
15
Ähnlich wie das Dogma-Manifest, legt das Puzzy-Power-Manifesto ein Regelschema 
in sieben Punkten auf. Dabei sollen eventuelle Gewaltfantasien deutlich als Imagina-
tion der Frau dargestellt werden oder die erotische Handlung in eine Geschichte ein-
gebunden sein.
16
 Auf Detailfixierung  der Geschlechtsorgane sowie auf als entwürdi-
gend empfundene Handlungen soll verzichtet werden. Die Geschichte wird darüber 
hinaus in stimmungsvollem Licht mit attraktiven Darstellern präsentiert.
17
Trier widersetzt sich mit  seinem filmischen Gesamtwerk jeglicher Kategorisierung in 
ein bestimmtes Genre oder gar in einen Themenbereich. Vielmehr bedient er sich un-
terschiedlicher Genres und deren Elementen, die rigoros seinem persönlichen Stil 
angepasst werden. Wiederkehrende Motive und Bildstrategien lassen dabei in jedem  
Film Triers individuelle Handschrift erkennen. 
11
 Vgl. Maneljuk 2007.
12
 Ebd.
13
 Vgl. Holger True: Das Erfolgsgeheimnis von Zentropa. In: Hamburger Abendblatt September 2005 
(URL: http://www.abendblatt.de/kultur-live/article354733/Das-Erfolgsgeheimnis-von-Zentropa.html 
[20.01.2012]).
14
 Vgl. Maneljuk 2007.
15
 Ebd.
16
 Ebd.
17
 Ebd.
5
Seine USA-Trilogie besticht beispielsweise durch eine extreme Sichtbarkeit des Ge-
machten, was durch den fast völligen Verzicht auf Kulissen und Ausstattung  zurück-
zuführen ist. Eine künstlerische Form, die  mit Brechts epischen Theater verglichen 
wurde, da bei beiden eine Aufhebung der illusionistischen Erzählung erreicht wird.
18
Auch bei anderen Filmen wird durch den Einsatz verschiedener Stilmittel die ge-
schlossene Erzählform unterbrochen. Beispielhaft ist hierfür die dem Theater ent-
nommene Aufteilung  seiner Filme in einzelne Kapitel, die Variation von Erzähltempi 
oder die Einführung eines Erzählers.
Triers Hang  zum  Theatralischen  und zu  filmischen Tabubrüchen kann ebenfalls als 
angeeignetes Stilmittel  betrachtet werden. Dabei  arbeitet er  mit extrem  drastischer 
Darstellung und Radikalität in sexuellen und gewalttätigen Sequenzen, was in dem 
besprochenen Film 
ANTICHRIST zu einem neuen Höhepunkt kulminiert. Seine Fil-
me sollen hierdurch bewusst provozieren und über die Grenzen des Filmischen hi-
naus erfahrbar gemacht werden. 
3.  Trier als Selbstdarsteller 
Nicht allein seine Filme sorgen für Aufregung, sondern er selbst ist stets bemüht, ein 
Spektakel um seine Person und um seine Filme zu schaffen. Sein fast schon legendär 
gewordener Auftritt bei  den  Filmfestspielen  in  Cannes 2011 ist  dabei  als letzter Hö-
hepunkt besonders brisant und fand internationales Medienecho. Dabei führten die 
bekennende Sympathie und das Verständnis für Adolf Hitler dazu, dass er als persona 
non grata der Festspiele verwiesen wurde.
19
Die Inszenierung seiner Persönlichkeit beginnt bereits in seiner Studienzeit, als er 
sich das Adelsprädikat  ,,von" zulegt, eine Reminiszenz an den österreichisch-ameri-
kanischen Regisseur Joseph von Sternberg.
20
Trier betont in Interviews immer wieder, dass er unter depressiven Erkrankungen und 
zahlreichen Neurosen leidet. Seine Filme werden von ihm selbst als Therapie be-
18
 Vgl. Lothar van Laak: Medien und Medialität des Epischen in Literatur und Film des 20. Jahrhun-
derts: Bertolt Brecht  Uwe Johnson  Lars von Trier, München 2009, S.15.
19
 Vgl. Unbekannt: Cannes erklärt Lars von Trier zur Persona non grata. In: Zeit Online Mai 2011 
(URL: http://www.zeit.de/kultur/film/2011-05/trier-hitler-cannes [20.01.2012]).
20
 Vgl. Maneljuk 2007.
6
schrieben, wodurch eine persönliche Verbindung  zwischen ihm und seinem Kunst-
werk suggeriert wird. So sagt  er auch:,,[...] I`m afraid of everything in life, except 
filmmaking."
21
Eine weitere Krankheit, die sein Schaffen beeinflusst, ist seine Flugangst, die es ihm 
nicht ermöglicht, außerhalb von Europa zu drehen.
22
Seine Artikulation als Künstler bestärkt er dadurch, dass er nie zeitgenössische Vor-
bilder unter den Regisseuren nennt. Lediglich die Filmlegenden Ingmar Bergmann, 
Carl Theodor Dreyer und Andrei Tarkowski gelten ihm als einflussreiche 
Leitfiguren.
23
 Letzterem ist sogar der Film 
ANTICHRIST namentlich gewidmet.
Generell behauptet Trier, dass er keine Filme sieht, das Hollywood-Kino hasst und 
selbst dem Autorenkino von Terry  Gilliam oder David Lynch abschätzig gegenüber- 
steht.
24
Auch dem Werk 
ANTICHRIST wurde eine besondere Inszenierung zuteil. Als der 
Film am 18. Mai 2009 auf den 62. Filmfestspielen in Cannes Premiere feierte, rühm-
te sich Trier, der ,,beste Regisseur der Welt" zu sein.
25
  Seinen vollendeten Film sehe 
er als Therapie seiner seelischen Krankheit an und obwohl er auf Grund von Depres-
sionen an vielen Drehtagen nicht vor Ort sein konnte, sei er voll und ganz sein eige-
nes Werk.
26
 Für ein Pressefoto zum Film inszeniert er sich dazu passend als Nachfol-
ger Alfred Hitchcocks 
(Abb.1 und Abb.2).
 Doch statt einen Raben  auf  dem Arm  zu tra-
gen, liegt dieser bei seinem Portrait tot neben seinen Füßen. So zeugt das Zitat aus 
THE BIRDS (1963) sowohl von Triers makabrem Humor als auch von seiner Hybris. 
Der zitierte Horrorklassiker dient der ironischen Selbstinszenierung  und zeigt zu-
gleich, an welches Genre der Film angelehnt ist. 
21
 Vgl. Jason Burke: "Guardian UK interview 2007". In:  The Guardian, März 2007 (URL: 
http://www.guardian.co.uk/world/2007/may/13/film.filmnews [20.01.2012]).
22
 Vgl. Jan Lumholdt: Lars von Trier: Interviews, Univ. Press of Mississippi 2003, S. 114.
23
 Vgl. Stig Börgeman: Trier on von Trier, London 2005, S.31.
24
 Ebd.
25
 Vgl. Jan Schulz-Ojala: Chaos regiert, sagt der Fuchs. In: Der Tagesspiegel, Mai 2009, (URL: 
http://www.tagesspiegel.de/kultur/kino/filmfestival-cannes-chaos-regiert-sagt-der-fuchs/1516972.html 
[20.01.2012]).
26
 Vgl. Antichrist, Deutschland (u.a), Lars von Trier (Dir.) 2009. Blu-ray Disc, Extras: Geständnisse 
des Regisseurs Lars von Trier, TC (00:02:18  00:04:00).
7
Triers öffentliche Auftritte funktionieren teilweise wie eine Performance, indem sie 
die Aufmerksamkeit völlig auf seine Person zentrieren und als Nebeneffekt die beste 
Werbung für seine Filme sind.
4. 
ANTICHRIST Inhaltsangabe
Der Spielfilm 
ANTICHRIST, der 2009 seine Premiere bei den Filmfestspielen von 
Cannes feierte, erzählt die  Geschichte eines trauernden Paares, dessen Sohn Nic töd-
lich verunglückt ist. Nach dem Unfalltod begeben sich beide zusammen in eine ein-
same Waldhütte. Hier versucht  der Ehemann seine Frau zu therapieren, um sie bei 
ihrer Trauerarbeit zu unterstützen. Die Situation zwischen dem Paar eskaliert, was 
schlussendlich dazu führt, dass der Ehemann seine Frau tötet.
Das Werk ist  103 Minuten lang  und in vier Kapitel  unterteilt, sowie einen Prolog  und 
Epilog, die Ausgangs- und Schlusspunkt der Erzählung  bilden. Mann und Frau blei-
ben während der gesamten Geschichte namenlos und sind nach dem Tod des Sohnes 
die einzigen menschlichen Darsteller des Films. Sofern weitere Statisten auftauchen, 
sind sie durch Unschärfe im Gesicht unkenntlich gemacht worden.
Prologue TC (00:00:18  00:05:43)
Während das Paar in der Dusche Geschlechtsverkehr hat, befreit sich der Sohn aus 
seinem Laufstall. Unbemerkt von den Eltern, die sich ins Schlafzimmer zurückzie-
hen, macht sich der Junge auf den Weg zum Fenster und öffnet es. Beim Versuch, 
eine Schneeflocke zu fangen, rutscht er von der Fensterbank, stürzt in die Tiefe und 
landet auf der  verschneiten Straße. Zeitgleich erreicht der sexuelle Akt des Paares 
seinen Höhepunkt.
Chapter One: Grief TC (00:05:43  00:35:58)
Bei der Beerdigung des Jungen bricht die Frau zusammen und wird anschließend in 
ein Krankenhaus gebracht, in dem sie mehrere Tage verweilt.
8
Er, der analytisch rational denkende Psychologe, hat den Tod des Sohnes schneller 
verarbeitet als seine Frau und übernimmt im  Folgenden ihre Behandlung  in Form 
einer Konfrontationstherapie, um sie auf diese Weise sukzessive in ihren Trauerpha-
sen zu begleiten.  
Das Paar zieht sich zuerst in seine eigene Wohnung, dann in eine einsame Waldhütte  
(Eden) zurück, wo die Therapie der Frau fortgesetzt werden soll. Dieser Zufluchtsort 
wird vom Mann ausgewählt, um auf die Urängste der Frau zu stoßen. Denn hier ver-
brachte sie gemeinsam mit ihrem Sohn den letzten Sommer und schrieb an ihrer Dis-
sertation.
Die Hütte ist ein verlassener Ort, der nur mühselig zu Fuß erreichbar ist, und schon 
auf dem Weg dorthin wird der Mann Zeuge von bizarren Ereignissen, als er sieht, 
wie ein Reh eine Todgeburt hat.
Chapter Two: Pain (Chaos Reigns) TC (00:35:58  00:58:05)
Zu Beginn des Aufenthalts fürchtet sich die Frau vor der natürlichen Umgebung, 
doch nach und nach verbessert  sich ihr seelischer Zustand. Auf ihren Mann reagiert 
sie aber zunehmend aggressiv und abweisend. Zudem wird er von mysteriösen Er-
scheinungen heimgesucht. Zecken heften sich nachts an seine Hand, und er entdeckt 
einen Fuchs im Unterholz, der sich selbst zerfleischt. Dieser teilt ihm mit, dass das 
Chaos regiert. 
Chapter Three: Despair (Gynocide) TC (00:58:05  01:22:56)
Beim Durchstöbern der Hütte entdeckt der Mann auf dem Dachboden die unvollen-
dete Doktorarbeit über Hexenverfolgung  und Frauenmorde, zusammen mit Darstel-
lungen der Folter und Verbrennung  von Frauen. Als sie auf die Arbeit angesprochen 
wird, behauptet sie, dass alle Frauen von Grund auf böse sind.
Anschließend öffnet er den Autopsiebericht über den Tod des Sohnes, den er in der 
Manteltasche seit dem Krankenhausaufenthalt seiner Frau mit sich herumgetragen 
hat. Dieser besagt, dass sein Sohn unter einer Fußfehlstellung litt. 
9
Darauf kommt es zum endgültigen Bruch zwischen den beiden, denn er entdeckt alte 
Fotos, die beweisen, dass sie dem Sohn jahrelang  die Schuhe  falsch herum angezo-
gen hat. 
Es kommt zum Showdown, in dem die Frau den Mann niederschlägt und anschlie-
ßend seinen Penis masturbiert, bis dieser Blut spritzt.
Danach bohrt sie mit einem Handbohrer ein Loch in sein Bein, montiert einen 
Schleifstein aus seinem Gestell  heraus und rammt dieses durch die geschaffene Öff-
nung. Der Stein wird daran mit einer Schrauben-Mutter fixiert, der passende Schrau-
benschlüssel wird von der Frau versteckt.  
Als der Mann wieder erwacht, muss er sich zunächst vor seiner Frau verstecken, da 
sie droht, ihn zu töten. Während er Unterschlupf in einem Fuchsbau findet, wird er 
durch das Schreien einer Krähe verraten, die, obwohl er sie totschlägt, wieder zum 
Leben erwacht. Dadurch wird er von seiner Frau entdeckt, die mit  einem Spaten auf 
ihn einschlägt. Stunden später gräbt sie ihren Gatten reumütig wieder aus.
Chapter Four: The Three Beggars TC (01:22:56  01:35:43)
Sie schleppt ihn anschließend in die Hütte, wo sie auf die Ankunft der ,,Drei Bettler" 
warten, welche nach Aussage der Frau zwangsweise mit einem Tod einhergeht.
Die Frau legt sich neben den noch immer schwer benommenen Mann und befriedigt 
sich zunächst selbst mit seiner Hand, bevor sie sich ihre Klitoris abschneidet. Im 
Laufe der Nacht erscheinen die ,,Drei Bettler". Es sind die Waldtiere, die der Mann 
schon im Laufe des Films entdeckt hat, die in gleicher Reihenfolge erscheinen. Zu-
erst nur das Reh samt Todgeburt und der Fuchs. Die  Krähe hört der Mann nur durch 
den Fußboden, den er anschließend aufbricht  und das Tier somit ins Haus lässt. 
Gleichzeitig findet er unter der Diele den Schraubenschlüssel, den seine Frau dort 
versteckt hat.
Erst jetzt kann sich der Mann  von seiner Last, dem  Schleifstein, befreien. Doch  noch 
während er diesen abschrauben will, sticht ihn seine Frau mit einer Schere in den 
Rücken. 
Ihr Angriff wird allerdings abgewehrt, und der Mann wird nicht weiter verletzt. An-
schließend packt er seine Frau am Hals und drückt so lange zu, bis sie tot ist. Ihren 
Leichnam wirft er auf einen Scheiterhaufen und zündet diesen an. 
10
Während er auf Krücken die Hütte verlässt, werden zahlreiche nackte Frauenkörper 
am Wegrand sichtbar.
Epilogue: TC (01:35:43  01:44:05)
Auf seinem Rückweg  macht er kurz halt, um  ein paar Beeren zu essen. Hier trifft er 
wieder auf die Waldtiere, die nun friedlich im Gras ruhen. Als er sich von diesen ab-
wendet, strömen von allen Seiten Frauen auf ihn zu.
5. 
ANTICHRIST als Genrefilm
Spielfilme werden in der Filmbranche in Genres unterteilt. Nach diesem Konzept 
richtet sich die Rezeption der Filme sowie die Erwartungshaltung des Publikums.
27
Nach Francois Truffaut ist der Genrefilm ein Kollektiv aus Mythen und filmischen 
Ausdrucksregeln, deren Kombination dem Zuschauer bewusst ist.
28
 Es dient  somit 
als Regulativ für Affekte,  die bei  einem genrekundigen Zuschauer schneller erkannt 
und aufgenommen werden.
29
Genre ist dabei kein statisches Regelschema, sondern befindet sich stets im Wandel 
der Zeit.
30
 Zwar müssen für jedes Genre Prototypen existieren, doch innovative 
Spielfilme können die Grenzen neu definieren und die Variationsbreite neu 
ausloten.
31
 Dabei gilt, dass nicht nur die Wiederholung  ein Merkmal sein kann, son-
dern gerade die Variation von bekannten Erzählmustern ein Genrewerk definieren 
kann.
32
Der Film 
ANTICHRIST wird sowohl bei den führenden Internet-Datenbanken für 
Filme als auch von den Verkaufsmedien selbst dem Genre des Horrorfilms 
27
 Vgl. Knut Hickethier: Genretheorie und Genreanalyse. In: Jürgen Felix (Hg.):  Moderne Film Theo-
rie. Mainz 2003 (2.Aufl.), S. 62-96. Hier: S. 63.
28
 Vgl. Hickethier 2003, S.87.
29
 Ebd.
30
 Ebd., S.70.
31
 Ebd., S.72.
32
 Vgl. Hickethier 2003, S.72.
11
zugeordnet.
33
 Der Regisseur erklärt, dass diese Einschränkung der richtige Weg sei, 
einen Film zu beginnen und dass gerade der Horrorfilm aufgrund seiner Motivdichte 
besonders interessant für ihn erscheint.
34
Doch Trier entnimmt dem Genre mehr als einzelne Motive. Ganze Handlungsabläufe 
entstammen dem Horrorfilm und werden in 
ANTICHRIST eingesetzt und umgeformt. 
Aufgrund des fehlenden ,,Horrors" sei das Werk nach seiner Aussage allerdings kein 
Horrorfilm,  sondern lediglich vom Horror-Genre inspiriert worden.
35
5.1 Horror Setting
Die Handlung des Filmes wird ab Mitte des ersten Kapitels in ein abgeschiedenes 
Waldstück verlegt. Das Setting kann hier als ,,fairytale forest"
36
 und ,,cabin in the 
wood"
37
 beschrieben werden und ist ein sehr beliebtes Motiv im Horrorfilm.
38
In dieser Hütte im Wald sind die Protagonisten abgeschieden von der Zivilisation und 
dem Horror zumeist hilflos ausgeliefert. Das verwünschte Umfeld ist dabei ähnlich 
wie in den Kinder- und Hausmärchen ein abgeschiedener Ort, der dunkel und ge-
heimnisvoll erscheint. Der Weg  zu dieser Hütte ist lang  und beschwerlich, was zum 
einen seine Abgeschiedenheit suggeriert und gleichzeitig  auf die Schwierigkeit des 
Rückwegs, der  oft eine  Flucht  darstellt, vorausdeutet.  Desorientiert wie  Hänsel und 
Gretel wird der Zuschauer in das Setting  eingeführt und bemerkt zumeist  schon auf 
dem Hinweg, dass die Protagonisten einen unsicheren Ort erreichen werden.
33
 Vgl. Antichrist, Deutschland (u.a), Lars von Trier (Dir.) 2009. Blu-ray Disc.
34
Vgl. Scott Macaulay: Civilization and its discontents. In: Filmmaker, April 2009 
(URL:http://www.filmmakermagazine.com/issues/fall2009/antichrist.php [20.01.2012]).
35
 Vgl. Macaulay 2009.
36
 Vgl. Linda Bradlay: Lars von Trier (Contemporary Film Directors), Illinois 2011, S.150.
37
 Vgl. Peter Brandt Nielsen: Plot Summary for Antichrist. In: IMDB (online), März 2009 (URL: 
http://www.imdb.com/title/tt0870984/plotsummary [20.01.2012]).
38
 Archetypisch wird dieses Motiv in dem Kultfilm 
THE EVIL DEAD (1981) verwendet. Weitere Bei-
spiele lassen sich in
 CABIN FEVER (2002), THE LAST HOUSE LEFT (1972) oder BLAIR WITCH 
PROJECT (1999) finden.
12
Details
- Seiten
 - Erscheinungsform
 - Erstausgabe
 - Erscheinungsjahr
 - 2012
 - ISBN (Paperback)
 - 9783955490997
 - ISBN (PDF)
 - 9783955495992
 - Dateigröße
 - 628 KB
 - Sprache
 - Deutsch
 - Institution / Hochschule
 - Universität zu Köln
 - Erscheinungsdatum
 - 2015 (Februar)
 - Note
 - 1,3
 - Schlagworte
 - Kunstgeschichte Mediengeschichte Genreanalyse Lars von Trier Genrekino Endzeitfilm
 - Produktsicherheit
 - BACHELOR + MASTER Publishing