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Zur Fraktionsbildung im Reich während der letzten Jahre Kaiser Friedrichs II. (1241 - 1250)

©2010 Bachelorarbeit 53 Seiten

Zusammenfassung

Der Konflikt zwischen Kaiser und Papst bestimmte große Teile der Regierungszeit von Kaiser Friedrich II., vor allem der Streit mit Papst Gregor IX. Dieser hatte den Kaiser 1227 exkommuniziert weil Friedrich ein Kreuzzugsversprechen nicht eingehalten hatte. Zwar wurde der Streit mit dem Frieden von San Germano vorerst beigelegt, aber er schwelte auch während der 1230er Jahre weiter. Grund für den Konflikt war vor allem die Italienpolitik des Kaisers, welche den Einflussbereich des Papstes gefährdete. Obwohl Friedrich zeitweise dem Kirchenbann unterlag, hielten die meisten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches weiter zu ihm. So konnte er den staufisch-welfischen Gegensatz beenden, indem er das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg schuf und den Welfen Otto das Kind damit belehnte. Als der Kaiser allerdings im Jahr 1239 zum zweiten Mal exkommuniziert wurde, begannen sich viele Fürsten von Friedrich zu distanzieren.
In diesem Buch soll der Fokus auf dem Zeitraum von 1241, Tod des Papstes Gregor, bis 1250, Tod von Kaiser Friedrich II., liegen. Anhand von einigen Beispielen soll aufgezeigt werden, warum sich bestimmte Fürsten einer der beiden Fraktionen anschlossen, welche Ziele sie dabei verfolgten und letztlich auch, welche Auswirkungen dies auf das Reich hatte. Die Auswirkungen sind vor allem deshalb von Interesse, weil das Reich in diesem kurzen Zeitraum einen erheblichen Wandel durchlebte und das Königtum nach dem Ende der staufischen Herrschaft an Einfluss verloren hatte. Als Beispiele dienen neben den drei rheinischen Erzbistümern Köln, Mainz und Trier auch zwei weltliche Fürsten. Die Erzbischöfe in dieser Zeit waren Konrad I. in Köln, Siegfried III. in Mainz und Dietrich II., bzw. Arnold II. in Trier, die hier betrachteten weltlichen Fürsten sind Landgraf Heinrich Raspe aus Thüringen und der bayerische Herzog Otto II., der auch Pfalzgraf bei Rhein war. Außerdem soll am Beispiel der Stadt Regensburg aufgezeigt werden, dass auch Städte von der Spaltung in Papsttreue und Kaisertreue betroffen waren.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3.1.2 Der militärische und politische Kampf nach dem Seitenwechsel

Nachdem der Vertrag zwischen den Konrad und Siegfried geschlossen worden war, ließen beide unverzüglich die Exkommunikation Kaiser Friedrichs in ihrem Territorium verkünden und erklärten, dass sie der Kirche im Kampf gegen den verbrecherischen Kaiser beispringen müssten. Dies geschah, wie bereits genannt, nach dem Tod Gregors IX. und damit nachdem einer der größten Gegner Friedrichs Tod war. Die offiziell genannten Gründe können also keineswegs als ausreichende Begründung für diesen Schritt der beiden mächtigsten Prälaten im Reich herhalten. Vielmehr scheint es so, als ob ganz andere Gründe für diese Entwicklung ausschlaggebend waren, allen voran wohl der Versuch, das eigene Territorium auf Kosten des Reiches zu vergrößern.[1] Dies zeigt sich auch darin, dass beide umgehend in die Wetterau einfielen, ein Gebiet, das der Erzbischof von Mainz bereits seit langem unter seine Kontrolle bringen wollte.[2] Außerdem brach der Streit mit Otto II. wieder auf und Siegfried war weder in diesem Konflikt, noch bei seinen Ambitionen in Bezug auf die Wetterau von der uneingeschränkten Hilfsbereitschaft des Kaisers überzeugt.[3]

Am Beispiel Siegfrieds III. von Eppstein lässt sich sehr deutlich zeigen, dass die eigentlichen Ursachen der Reichsspaltung nicht im Streit zwischen Kaiser und Papst, bzw. Kirche, liegen. In den 1230er Jahren unterstützte Friedrich II. Siegfried in dessen Bemühungen um die Erweiterung des Mainzer Erzbistums und konnte sich deshalb auf seine Treue verlassen. Nach 1240 söhnte sich der Kaiser aber mit Herzog Otto II. aus[4], während dieser gleichzeitig wieder mit Siegfried in Streit geriet. Wie im bereits angesprochenen Fall von Siegfried III. und Heinrich Raspe führte der Versuch des Ausgleichs zwischen zwei konkurrierenden Fürsten dazu, dass sich einer vom Kaiser abwendete.[5] Als weiterer Grund mag gelten, dass Siegfried das Erzbistum Mainz um die Wetterau erweitern wollte, der Kaiser dieses Reichsland aber nicht abtreten wollte. Mit dem Tod des Papstes Gregor IX. ergab sich für Siegfried eine einmalige Chance, da er nun die Seite wechseln konnte, ohne dass ihn ein starker Papst in seinen Handlungen beeinflussen konnte.

Ab dem Jahr 1242 verlagerten sich die Kämpfe an den Mittelrhein und dort vor allem in die Regionen um Worms und Mainz. Konrad wurde zwar vom Grafen Wilhelm von Jülich gefangen genommen, Siegfried war aber auch ohne Hilfe durch den Erzbischof von Köln in der Lage, größere militärische Operationen durchzuführen. Da sich auch König Konrad IV. in diesem Gebiet aufhielt und in der zweiten Jahreshälfte auch begann, sich persönlich in die Kämpfe einzumischen, wurden die Feldzüge am Mittelrhein zum direkten Kampf zwischen Kaiser- und Papsttreuen. In dieser Situation stellten sich vor allem die Städte auf die Seite des Kaisers, bzw. des Königs, da ihnen neue Privilegien gewährt oder alte Privilegien bestätigt wurden. Worms war die wichtigste Stütze der kaiserlichen Politik, da sich die Stadt auch mit großen Truppenaufgeboten am Kampf beteiligte.[6] Die Stadt Mainz erhielt ebenfalls weitere Privilegien, stellte sich aber nicht vollständig auf die Seite des Königs, da die Privilegien insgesamt keine großen Auswirkungen auf die Stadt hatten.[7] Da die Feldzüge in den nächsten Jahren keine Entscheidung im Kampf herbeiführen konnten, da keine der beiden Seiten stark genug war, den Gegner endgültig zu besiegen, wird hier nicht weiter darauf eingegangen. Stattdessen werden die politischen Entwicklungen dargestellt.

Die wichtigsten Ereignisse in den ersten Jahren des Kampfes zwischen Erzbischof Siegfried und König Konrad waren die Wahl von Innozenz IV. zum Papst am 25. Juni 1243 sowie die Absetzung des Kaisers auf dem Konzil von Lyon am 17. Juli 1245. Der neue Papst hatte dadurch seine Entschlossenheit gezeigt, gegen Friedrich II. vorzugehen, in dem er einen Feind der Kirche sah.[8] Wie wichtig Innozenz IV. für den Kampf der Papsttreuen im Reich war, zeigte sich exemplarisch an der Königswahl Heinrich Raspes am 22. Mai 1246 in Veitshöchheim. Nicht nur, dass der Papst mit Philipp von Ferrara einen seiner eigenen Gesandten mit der Durchführung der Wahl beauftragte, er sagte auch sehr große finanzielle Mittel zu, um weitere Anhänger für seine Sache gewinnen zu können.[9] Wie auch sein Vorgänger Gregor IX. und seine Gegenspieler Friedrich II. und Konrad IV. war Innozenz darauf angewiesen, seine Politik mithilfe von Privilegien und finanziellen Zuwendungen durchzusetzen. Einer der Profiteure dieser Politik war Siegfried III., als er z.B. einen großen Teil der Unterstützungszahlungen für die Königswahl für sich behalten konnte.[10]

Wie auch schon vor 1241 für Kaiser Friedrich war Siegfried III. für Papst Innozenz IV. eine wichtige Stütze im Reich. Er nahm am Konzil von Lyon teil und organisierte danach die Königswahl Heinrich Raspes mit. Die Krönung des Gegenkönigs übernahm er ebenfalls, da die Königskrönung traditionell vom Mainzer Erzbischof durchgeführt wurde. Nach dem Tod Heinrich Raspes am 16. Februar 1247, nach einem gescheiterten Feldzug in Schwaben, war Siegfried federführend an der Wahl Wilhelms von Holland zum deutschen König beteiligt, den er ebenfalls krönte. Doch keiner der beiden Gegenkönige war eine Hilfe bei seinem Kampf um die Erweiterung seiner Herrschaft am Mittelrhein, so dass er gegen König Konrad weiterhin keine Entscheidung erzwingen konnte. Obwohl die päpstliche Fraktion im Reich nach 1245 immer stärker wurde und die antistaufischen Maßnahmen langsam begannen, ihre Wirkung zu zeigen[11], waren die papsttreuen Fürsten nicht stark genug, den Konflikt zu beenden. Bei der Belagerung von Ingelheim erkrankte Siegfried und starb am 9. März 1249 in Bingen.[12] Auf seinem Grabmal ist er als Königsmacher zu sehen, der zudem deutlich größer, und damit wichtiger, dargestellt ist, als Heinrich Raspe und Wilhelm von Holland.[13]

3.2 Konrad I. von Hochstaden

3.2.1 Wahl zum Bischof und Annäherung an Siegfried III.

Anhand der Quellen lässt sich kein einheitliches Bild Konrads von Hochstaden zeichnen, mal wird er als "[...] ein unbeherrschter und kriegswütiger Mann [...]"[14] bezeichnet, in anderen Chroniken oder wird er für seine Klugheit und Tatkraft gelobt. Wie fast immer sind die Quellen mit einer bestimmten Zielsetzung verfasst worden und bieten somit nur bedingt die Möglichkeit, Konrad näher zu charakterisieren. Sicher ist aber, dass er 1237 wegen Gewalttaten und Domschändung gebannt worden ist und trotz dieses Bannes 1238 als Nachfolger Heinrichs I. von Müllenark zum Erzbischof von Köln gewählt wurde. Er beendete in der Folge verschiedene Konflikte mit Otto II. von Bayern, Graf Gottfried von Arnsberg und Graf Heinrich III. von Sayn und erlangte von Kaiser Friedrich die Regalien und 1239 von Papst Gregor IX. die Wahlbestätigung. Diese Tatsache zeigt das große diplomatische Geschick Konrads, da der Papst und der Kaiser zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in offener Feindschaft zueinander standen. Trotz dieses Geschickes geriet er in zunehmenden Gegensatz zu niederrheinischen Fürsten, da er sein Territorium auf deren Kosten vergrößern wollte. Zu seinen Gegnern gehörte auch Herzog Heinrich II. von Brabant, der später Schwiegervater Heinrich Raspes werden sollte.[15] Doch nicht nur die Fürsten bildeten ein starkes Gegengewicht gegen Erzbischof Konrad, auch das Reich war am Niederrhein mit sehr großen Besitzungen vertreten. Dazu gehörten viele freie Reichsstädte, die mit umfassenden Territorien und Privilegien ausgestattet waren (wie etwa Duisburg). Hier befand sich eine starke Stütze der kaiserlichen Macht. Bereits 1238, im Jahr der Wahl Konrads, kam es zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Herzog von Brabant gekommen. Die Streitigkeiten verschärften sich nach dem Wechsel Konrads in die päpstliche Fraktion weiter.[16]

3.2.2 Opposition gegen die Staufer und die niederrheinischen Fürsten

Zu Beginn seiner Herrschaft galt Konrad durchaus als Stauferfreundlich, er musste von dieser Haltung jedoch abrücken, als er bei Papst Gregor IX. weilte. Dieser hatte ihm erhebliche finanzielle Mittel versprochen, welche das Erzbistum dringend benötigte. Den Wechsel auf die Seite des Papstes versuchte Konrad allerdings nicht allzu offen zu verkünden, da er bereits 1238 / 1239 in Kämpfe mit den niederrheinischen Fürsten verstrickt worden war, die für ihn Priorität haben mussten. Erst zwei Jahre nach seiner Audienz beim Papst ging Konrad offen zur Opposition gegen den Kaiser über, als er mit Siegfried III. von Eppstein ein Bündnis schloss. Bei dieser Entscheidung scheint für Konrad, ebenso wenig wie für Siegfried, entscheidend gewesen zu sein, dass der Kaiser exkommuniziert worden war. Territorialpolitische Gründe spielten wohl die größere Rolle. König Konrad IV. hatte sich kurz vorher in die Streitigkeiten zwischen Erzbischof Konrad und Graf Wilhelm IV. von Jülich eingemischt, eine Einmischung die Konrads Zielen im Weg stand.[17]

Nachdem sich die beiden Erzbischöfe miteinander verbündet hatten, fielen sie zusammen im September 1241 in die Wetterau ein, um die Ansprüche des Mainzer Erzbischofes auf dieses Gebiet durchzusetzen. In den folgenden Monaten kam es zu militärischen Operationen am Niederrhein, in deren Folge Konrad von Hochstaden im Februar 1242 vom Grafen Wilhelm von Jülich gefangen genommen wurde. Während seiner Gefangenschaft ging der Kampf seiner Truppen und seiner Verbündeten, vor allem von Siegfried III. weiter, auch wenn sie durch seine Abwesenheit geschwächt waren. Auch der Versuch König Konrads IV., zunächst den Erzbischof selber und später dessen Einkünfte in seine Gewalt zu bringen, scheiterten. Die Gefangenschaft dauerte etwa neun Monate an und am 2. November 1242 wurde Konrad I. wieder freigelassen, nachdem er geschworen hatte, von Racheaktionen abzusehen und im Streit mit Wilhelm von Jülich Vermittler einzusetzen. Außerdem musste er mehrere Tausend Mark zahlen und das Interdikt und den Bann vom Grafen nehmen.[18]

Insgesamt stellte sich die Situation am Niederrhein anders dar, als am Mittelrhein, wo König Konrad ab 1242 auch persönlich Truppen anführte. Am Niederrhein gab es große und mächtige Reichsgüter und -städte, die sowohl der Erzbischof von Köln als auch die lokalen Fürsten in die eigenen Territorien eingliedern wollten. Hier war, ebenso wie am Mittelrhein, die Absetzung Kaiser Friedrichs II. am 17. Juli 1245 ein entscheidender Wendepunkt, da die päpstliche Fraktion nun begann, die Reichsgüter zu verpfänden, um die lokalen Fürsten auf ihre Seite zu ziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren diese kaisertreu geblieben, auch wenn sie kaum militärisch in den Konflikt eingriffen. Durch die Verpfändung der Reichsgebiete schwenkten die Fürsten nun in das Lager des Papstes. Somit verlor der Kaiser in mehreren Schüben große Teile seiner Besitzungen am Rhein, und damit auch Macht und Einfluss, und viele seiner Gefolgsleute. Der Konflikt zwischen Kaiser und Papst, in dem es letztlich auch um die Zentralgewalt in Europa ging, beschleunigte den Prozess der Zersplitterung des Reiches und schwächte das Reich nachhaltig. Die großen Gewinner des Konfliktes waren also nicht nur die Anhänger des Papstes sondern vor allem die regionalen Machthaber, egal auf welcher Seite sie standen. Denn auch die Staufer sicherten ihre Herrschaft vorwiegend durch die Erteilung von Privilegien, was ihren Einfluss wiederum verkleinerte.[19]

Nach der Absetzung des Kaisers wurde, vor allem auf Initivative von Konrad von Hochstaden und Siegfried von Eppstein, Heinrich Raspe zum Gegenkönig gewählt, dessen Unterstützung aber sehr gering ausfiel. Denn von den wichtigsten Fürsten des Reiches nahmen nur die Erzbischöfe von Köln und Mainz sowie Heinrich Raspe selber teil. Die päpstliche Fraktion hatte bis zu diesem Zeitpunkt kaum Anhänger im Reich gewinnen können.[20] Da Heinrich Raspe nur wenige Monate König war, bevor er auf der Wartburg verstarb, musste ein neuer Gegenkönig gefunden werden. Diesmal fiel die Wahl auf Wilhelm von Holland und bei dessen Wahl am 3. Oktober 1247 in Worringen standen die meisten Herrscher vom Niederrhein auf der Seite Konrads I. und damit des Papstes. Die Politik, mithilfe von Privilegien und Verpfändungen die kaiserliche Seite zu schwächen, hatte Erfolg. Konrad von Hochstaden konnte erfolgreicher agieren als Siegfried III., der sich bis zum seinem Tod am Mittelrhein nicht gegen König Konrad I. durchsetzen konnte. Auch von den übrigen Fürsten wurde der Erzbischof von Köln als der wichtigste der drei rheinischen Erzbischöfe wahrgenommen. Trotz dieser Machtfülle war Konrads Position zu einem großen Teil vom Papst abhängig, da dieser ihm erst die finanziellen Mittel zugesprochen hatte, mit deren Hilfe er seine Politik durchsetzen konnte.[21]

Am Niederrhein war der Kampf zwischen Papst und Kaiser bereits mit der Wahl Wilhelm von Hollands zum König entschieden, da die Staufer dort die Reichsterritorien und ihre Verbündeten, zumindest zum größten Teil, verloren hatten. Der Seitenwechsel der regionalen Machthaber wurde allerdings vor allem durch finanzielle Zuwendungen und Zugeständnisse erreicht, die Konrad von Hochstaden im Namen des Papstes erteilte. Ohne die finanzielle Unterstützung durch den Papst wäre das Erzbistum überschuldet und handlungsunfähig gewesen und Konrad hätte niemals die Machtfülle erreichen können, die er am Ende der Stauferzeit inne hatte. Sein Selbstverständnis lässt sich auch anhand seines Grabmals dokumentieren, auf dem er als Königsmacher gezeigt wird, in Konkurrenz zu Siegfried III., und das seine besondere Stellung hervorhebt.[22]

3.3 Der Fraktionswechsel des Erzbistums Trier

3.3.1 Erzbischof Dietrich II. und seine Nachfolge

Im Gegensatz zu den Erzbistümern Mainz und Köln wechselte das Erzbistum Trier nicht aufgrund der Entscheidung des Erzbischofs und des Domkapitels von der kaiserlichen in die päpstliche Fraktion sondern durch die Wahl eines stauferkritischen Bischofs nach dem Tod Dietrichs II. im Jahr 1242.

Erzbischof Dietrich stand seit 1212 an der Spitze des Erzbistums Trier und hatte bei seinen Versuchen, das Territorium Triers zu konsolidieren und zu erweitern großen Erfolg. Er profitierte dabei von dem Streit zwischen Kaiser Friedrich II. und Gregor IX., in dessen Zusammenhang der Kaiser mehrere Urkunden erließ. In diesen Urkunden wurden Herrschaftsrechte bestätigt, die de facto schon lange ausgeübt worden waren. Hierzu zählt auch das Edikt von Ravenna von 1232, in dem Städten unter bischöflicher Herrschaft die Wahl eigener Räte untersagt wurde, sofern der Bischof dem nicht zustimmte.[23] Zu den Erfolgen Dietrichs gehörte auch, dass er die Finanzen des Erzbistums sehr gut geordnet hatte und dadurch die Grundlage für seine erfolgreiche Politik gelegt hatte.[24]

Die Exkommunikation Kaiser Friedrichs II. verkündete Erzbischof Dietrich, wie auch die Erzbischöfe von Köln und Mainz, nicht. Er stand weiterhin treu auf der Seite des Kaisers und wich von dieser Haltung auch nicht ab, als sich Siegfried III. und Konrad I. bereits auf die Seite des Papstes gestellt hatten. Das lag u.a. auch an der Familiengeschichte Dietrichs, da seine Vorfahren bereits seit dem 12. Jahrhundert prostaufisch eingestellt waren und Anteil an den Königswahlen Konrads III. und Friedrichs I. hatten. Außerdem stand er den Versuchen des Papstes, seine eigene Macht auf Kosten der übrigen kirchlichen Würdenträger auszubauen, kritisch gegenüber.[25] Deshalb überrascht es nicht, dass König Konrad IV. im März 1242, kurz vor dem Tod des Erzbischofs, in Trier empfangen wurde und hier auch eine Urkunde ausstellte. Am 27. oder 28. März starb Dietrich II. und damit einer der wichtigsten geistlichen Unterstützer des Kaisers.[26]

3.3.2 Die Sicherung und Erweiterung des Erzbistums Trier unter Arnold II.

Nach dem Tod des alten Erzbischofs entbrannte ein Streit um dessen Nachfolge, da der vom Domkapitel gewählte Arnold II. von Isenburg bereits vor seiner Wahl durch stauferkritische Äußerungen aufgefallen war und ihm König Konrad die Regalien verweigerte. Diese erhielt stattdessen Rudolf von der Brücke, der als Gegenkandidat Arnolds aufgetreten war, die Wahl aber verloren hatte. Arnold konnte während dieser Streitigkeiten auf die Unterstützung der meisten Mitglieder des Domkapitels zählen, während Rudolf vor allem von den Herzögen von Lothringen und den Grafen von Luxemburg unterstützt wurde. Dennoch verzichtete Rudolf nach wenigen Monaten auf seine Ansprüche auf das Amt des Erzbischofs und erhielt als Entschädigung die Dompropstei und die Saarburg verpfändet.[27] Damit hatten die Staufer das Erzbistum Trier als eine ihrer wichtigsten geistlichen Stützen im Reich verloren. In der Folgezeit verfolgte Arnold II. vor allem das Ziel, die Stellung des Erzbistums auszubauen, wobei ihn der Papst unterstütze, indem er ihm erlaubte die Pfründe zu behalten, die Arnold bereits aus der Zeit vor seiner Weihe zum Erzbischof inne hatte.[28] Damit wurden ab 1242 alle drei rheinischen Erzbistümer von Gegnern des Kaisers regiert, auch wenn Arnold II. erst 1245 seine Weihe erhielt.[29]

Bei der Königswahl des Jahres 1246 revanchierte sich Arnold II. für die finanzielle Unterstützung durch den Papst, indem er den Landgrafen von Thüringen, Heinrich Raspe, am 22. Mai 1246 zum König wählte.[30] Aber obwohl er als Wähler angegeben ist, ist nicht ganz klar, ob sich Arnold tatsächlich in Veitshöchheim eingefunden hatte, oder ob er seine Zustimmung später per Brief gegeben hat[31]. Sicher ist aber, dass Papst Innozenz ihm nach der Wahl wiederum neue Einnahmen gewährte und ihn damit für seine Unterstützung belohnte.[32]

Damit wurden ab 1242 alle drei rheinischen Erzbistümer von Gegnern des Kaisers regiert. Im Verlauf der nächsten Jahre versuchte Erzbischof Arnold, genau wie sein Vorgänger, die Stellung des Erzbistums auszubauen und zu festigen. Dabei geriet er nicht nur mit den regionalen Fürsten, unter anderem dem Pfalzgrafen bei Rhein und Herzog von Bayern, Otto II., sondern auch immer wieder mit Konrad von Hochstaden in Konflikt. Hierbei zeigte sich wieder einmal, dass die Zugehörigkeit beider Erzbischöfe zur Fraktion der Papsttreuen diese nicht davon abhielt, auch gegeneinander vorzugehen. Im Fall der Belagerung der Burg Thurandt zeigte sich aber auch, dass das Erzbistum Köln mächtiger war, als Trier, da Erzbischof Arnold gezwungen war, Konrad um Hilfe zu bitten. Die Burg war 1237/38 endgültig der Kontrolle Kölns entglitten und gehörte seitdem Otto II., dessen Burgverwalter sich aber mit Arnold im Streit befand.[33] Die Belagerung dauerte zwei Jahre und am Ende teilten sich Konrad und Arnold die Herrschaft über die Burg. Es hatte sich gezeigt, dass das Erzbistum Trier nicht in der Lage war, ohne auswärtige Hilfe größere militärische Operationen durchzuführen, ganz im Gegensatz zu Köln oder Mainz.[34]

Anders als Konrad I. von Hochstaden oder Siegfried III. von Eppstein war Arnold II. nicht nach Jahren treuer Gefolgschaft vom Kaiser abgefallen und hatte sich dem Papst angeschlossen, sondern war bereits vor seiner Wahl als Kritiker an den Staufern aufgefallen. Deshalb kam es in Trier zu einem offenen Kampf um die Besetzung des Amtes des Erzbischofs, der aber schnell und klar entschieden wurde. Es zeigt sich, dass das Domkapitel eine sehr große Rolle spielen konnte und es dem König nicht mehr möglich war, sich gegen diese Macht durchzusetzen.

Obwohl Trier das schwächste der drei rheinischen Erzbistümer war, und im Verlauf des Konfliktes zwischen Kaiser und Papst nur am Rande eingreifen konnte, so war der Abfall des dritten großen Erzbistums von der kaiserlichen Seite aber doch ein Symbol dafür, dass die Spitzen der Kirche sich gegen die Staufer stellten und nicht mehr gewillt waren, die Machtansprüche des Kaisers anzuerkennen. Bezeichnend ist dabei, dass der Papst sich der dauerhaften Unterstützung durch die Erzbischöfe nicht sicher war und sie mit großen finanziellen Zugeständnissen unterstützte, um ihre Loyalität zu gewährleisten. Die eigenen territorialen und politischen Interessen wogen mehr als die Treue zur Kirche.

4 Weltliche Reichsfürsten im Zwiespalt zwischen Kirche und Reich - Heinrich Raspe und Otto von Bayern

4.1 Heinrich Raspe - Einer der mächtigsten Fürsten des Reiches

4.1.1 Herrschaftsantritt und mehrfache Fraktionswechsel

Im Jahr 1227 übernahm Heinrich Raspe als Vormund für seinen Neffen Hermann, der 1241 starb, die Herrschaft über das weit verzweigte Herrschaftsgebiet der Ludowinger. Im Laufe des 12. Jahrhunderts hatten die Ludowinger ein Gebiet unter ihre Kontrolle gebracht, das sich, mit mehreren Unterbrechungen, von Gebieten östlich der Saale in das südliche Leinegebiet und bis an den Mittelrhein erstreckte. Aufgrund der zentralen Lage und der Größe dieser Ländereien war Heinrich Raspe[35] einer der mächtigsten Reichsfürsten seiner Zeit und konnte sich, wie auch schon seine Vorgänger, seine Zugehörigkeit zu einer Fraktion gut bezahlen lassen. Die ausgedehnten Besitzungen der Ludowinger brachten aber auch einige Nachteile mit sich. Das Territorium war kein geschlossener Herrschaftsbereich sondern sehr kleinteilig und Heterogen, d.h. dass zwischen den einzelnen Besitzungen verschiedene Reichsstädte, Reichsgüter, Reichsabteien, gräfliche Herrschaften oder Ländereien des Erzbistums Mainz lagen. Deshalb war es für Heinrich Raspe nahezu unmöglich sein Territorium zu vereinigen oder zu vergrößern ohne mit dem Erzbischof von Mainz oder dem Kaiser, bzw. dem König, in Konflikt zu geraten. In einigen Gebieten trafen auf wenigen Kilometern die Herrschaften der Wettiner, vertreten durch Heinrich den Erlauchten, Ludowinger, des Erzbistums Mainz und des Reiches aufeinander.[36]

Heinrich Raspe tat sich trotz seiner Machtfülle bis weit in die 1230er Jahre nicht in der Reichspolitik hervor, obwohl er 1232 auf dem Reichstag in Ravenna zugegen war. Erst als Kaiser Friedrich Heinrich Raspe und drei weitere Fürsten mit einem Schiedsspruch zwischen ihm und Otto von Braunschweig beauftragte und ihn im September 1234 mit der Stadt Nordhausen belehnte[37] wurde der Landgraf von Thüringen zu einem wichtigen Teil der Reichspolitik. In diesem Zeitraum begann auch das gemeinsame Vorgehen Heinrichs und seines Bruders Konrad in Hessen gegen Siegfried III. von Eppstein und das Erzbistum Mainz. Dabei verhinderten sie auch, dass die regionalen Fürsten die Ludowinger und Mainz gegeneinander ausspielen konnten. Das war diesen bis dahin immer gelungen. Deshalb geriet Erzbischof Siegfried III. auch schnell in die Defensive und musste neben einigen Gebietsverlusten auch hinnehmen, dass sein wichtigster Vasall in Thüringen, der Graf von Gleichen, von Heinrich Raspe verurteilt und seiner Herrschaft enthoben wurde.[38]

Die große Rivalität zu Mainz brachte Heinrich Raspe auch zunehmend in einen Gegensatz zu Kaiser Friedrich, da dieser in Siegfried III. eine seiner Hauptstützen in der Reichspolitik sah.[39] Trotzdem war Heinrich an der Wahl König Konrads IV. beteiligt[40] und befand sich in den Jahren davor oft im Gefolge des Kaisers. Der Streit zwischen Mainz und Thüringen war deshalb auch eine schwere Belastung für den Kaiser, da dieser die deutschen Fürsten geschlossen hinter sich wissen wollte, weshalb er auch in diesem Streit zu vermitteln versuchte. In diesem Zusammenhang kam es kurz vor der Wahl 1237 Konrads zu einem Vertrag zwischen Landgraf Heinrich und Erzbischof Siegfried III., in dem beide von Feindseligkeiten absahen und den Hochmeister des Deutschen Orden, Hermann von Salza, als Schlichter in ihrem Streit anerkannten. Nach diesem Treffen hielt sich Heinrich Raspe nicht mehr am kaiserlichen oder königlichen Hof auf und näherte sich eher stauferfeindlichen Fürsten wie Otto II. von Bayern an, der ebenfalls in Auseinandersetzungen mit Siegfried III. verwickelt war.[41]

Das inkonsequente Vorgehen Kaiser Friedrichs II. gegenüber dem österreichischen Herzog Friedrich II. war einer der Gründe für die antistaufische Haltung verschiedener Fürsten aus dem Südosten des Reiches. Heinrich Raspe schloss sich dieser Koalition vor allem deshalb an, weil der Kaiser seinen Kontrahenten, den Erzbischof von Mainz, zum Reichsgubernator für König Konrad IV. ernannt hatte. Deshalb heiratete er die Schwester des Herzogs Friedrich und stellte sich damit offen gegen den Kaiser, der Herzog war zu diesem Zeitpunkt nämlich noch von Kaiser Friedrich gebannt und seines Amtes enthoben.[42]

Hier kann wieder sehr gut aufgezeigt werden, wie locker Fraktionen im Mittelalter organisiert waren. Erst durch den Gegensatz zwischen Papst und Kaiser, der ab 1237 wieder aufbrach, wurde die antistaufische Koalition zwischen Heinrich Raspe, Otto von Bayern, Wenzel von Böhmen und Friedrich von Österreich in die Nähe des Papstes gerückt.[43] Vor diesem Gegensatz wurde den Fürsten keine besondere Nähe zu den Zielen des Papstes nachgesagt. Wenige Monate später kam es aber zu der paradoxen Situation, dass sich Herzog Friedrich und Kaiser Friedrich wieder einander annäherten, da der Herzog seine Privilegien zurück haben wollte und der Kaiser die militärische Unterstützung des Herzogs bei seinem Kampf in Italien benötigte. Das heißt, dass der Fürst, dessen Konflikt mit dem Kaiser der eigentliche Auslöser für die antistaufische Koalition der Fürsten aus dem Südosten des Reiches gewesen war, nun auf die Seite der Staufer zurück wechselte.[44]

Der erneute Konflikt zwischen Kaiser und Papst und die Exkommunikation des Kaisers durch Gregor IX. am 20. März 1239 verschob das gesamte Gewicht der Kräfte im Reich, da sich die Fürsten nun zwischen Kaiser und Papst entscheiden mussten. Vor allem die geistlichen Reichsfürsten befanden sich nun in einer misslichen Lage (vgl. Kap. 3), aber auch die weltlichen Fürsten waren davon betroffen. In dieser Situation versuchten die antistaufischen Fürsten eine eigene Königswahl zu organisieren, die aber vor allem daran scheiterte, dass sich Heinrich Raspe nun auf die Seite des Kaisers stellte. Wie bereits bei seinem ersten Fraktionswechsel kann auch bei diesem Wechsel zurück in das kaiserliche Lager nicht genau gesagt werden, welche Motive Heinrich Raspe hatte. Möglicherweise waren Bestechungsgelder geflossen oder der Landgraf wollte nicht, dass der Kaiser vom Papst abgesetzt wurde. Dies ist aber nicht mehr zu klären. Die engen Verbindungen Heinrich Raspes und Friedrichs II. mit dem Deutschen Orden dürften aber wohl auch eine Rolle gespielt haben.[45]

Im Jahr 1240 veränderte sich das Gefüge im Reich erheblich, da der böhmische König Wenzel II. und der bayerische König Otto II. wieder in das Lager der staufischen Fraktion zurück wechselten und damit die päpstliche Fraktion im Reich erheblich schwächten. In dieser Situation näherten sich die Erzbischöfe von Köln und Mainz immer weiter einander an und schlossen kurz nach dem Tod des Papstes 1241 ein Bündnis und wurden somit zu den führenden Fürsten der Papsttreuen.[46] Dadurch wurde Heinrich Raspe zum mächtigsten Berater König Konrads und zum Träger der staufischen Sache im nördlichen Reichsgebiet. 1242 wurde Heinrich dann auch Reichsverweser und Vormund des Königs und sollte gegen den Erzbischof von Mainz vorrücken, der in die Wetterau eingedrungen war. Für Heinrich Raspe war das Vorgehen gegen Erzbischof Siegfried III. von sehr großer Bedeutung, weil dieser nun wieder das Territorium der Ludowinger bedrohte.[47]

Im Verlauf der 1230er Jahre hatte Heinrich Raspe mehrfach das ludowingische Territorium aufgeteilt, zunächst unter sich und seinem Bruder Konrad, später übernahm sein Neffe Hermann II. die Herrschaft über Hessen, während Heinrich Raspe in Thüringen regierte. Als Hermann 1241 kinderlos starb und auch Heinrich nach seiner zweiten Ehe mit Gertrud von Österreich verwitwet war und keine Kinder hatte, wurde die Nachfolgeregelung für die ludowingischen Besitzungen immer wichtiger. Deshalb heiratete Heinrich Raspe 1241 Beatrix, die Tochter von Heinrich II., des Herzogs von Brabant. Außerdem übernahm er wieder die Herrschaft über die hessischen Lehen seiner Familie und verfügte nun über gemeinsame Grenzen mit dem Erzbistum Köln und dem Erzbistum Mainz, die zu diesem Zeitpunkt seine stärksten Gegner waren. In der Folgezeit wuchs die Macht Heinrich Raspes, während seine Chancen auf einen Erben sanken.[48]

Obwohl Heinrich in dieser Phase einer der wichtigsten Vertreter der staufischen Fraktion im Reich betrachtet wurde, wechselte er im Jahr 1243 die Seiten und schloss sich wieder der antistaufischen Fraktion an, der er bereits vor 1239 angehört hatte. Mit dem Unterschied, dass er nun gleichzeitig offen auf der Seite der Erzbischöfe von Mainz, Köln und nun auch Trier stand, und sich somit deutlich an Papst Innozenz IV. annäherte. Dieser war im Jahr 1243 zum Papst gewählt worden und stellte sich vehement gegen den Kaiser. Es kann allerdings nicht genau geklärt werden, wie auch schon bei Heinrichs ersten Fraktionswechsel, welche Motive Heinrich angetrieben haben. Weder die päpstliche Propaganda, die auf den frommen Eifer Heinrich Raspes hinwies[49], noch die kaiserlichen Schriften, die dem Landgraf Bestechlichkeit vorwarfen, sind in diesem Zusammenhang besonders glaubwürdig.[50]

Wie bereits genannt, wurde der Konflikt zwischen Kaiser und Papst mit dem Einfall der Erzbischöfe von Köln und Mainz in die Wetterau ab 1241 auch im Reich ausgefochten, war aber auf die Gebiete entlang des Rheins und des Mains konzentriert. Allerdings musste Heinrich Raspe befürchten, dass auch seine Besitzungen in Hessen in den Konflikt hineingezogen werden würden, wenn er sich weiterhin offen für die kaiserliche Fraktion einsetzte. Außerdem war die Position Heinrichs in Hessen geschwächt, da die Lehen des Erzbistums Mainz, die sein Neffe gehalten hatte, nach dessen Tod wieder an Mainz zurückzufallen drohten. Deshalb hielt sich Heinrich in dieser Situation alle Bündnisoptionen offen. Dabei hielten zunächst vor allem zwei Tatsachen den Landgrafen auf der Seite des Kaisers. Zum Einen war der Papststuhl zwischen 1241 und 1243 vakant und zum Anderen geriet Konrad von Hochstaden im Februar 1242 in Gefangenschaft und konnte deshalb acht Monate lang nicht politisch aktiv sein.[51] Allerdings vermied Heinrich auch jedes Engagement für die kaiserliche Seite, so beteiligte er sich nicht an dem Kriegszug des Jahres 1242, obwohl er kurz vor dessen Einberufung noch am Hofe König Konrads anwesend war. Nicht einmal beim Aufstand der Bürgerschaft von Erfurt, das immerhin in seinem direkten Einflussbereich lag, griff er ein, weder auf der päpstlichen noch auf der kaiserlichen Seite.[52]

Nach der Freilassung Konrads von Hochstaden, also zu einem Zeitpunkt als sich die Aussichten für die päpstliche Fraktion verbesserten, stellte sich Heinrich Raspe offen auf die Seite der Erzbischöfe. Ab März 1243 näherte sich Heinrich immer offener vor allem an den Erzbischof von Mainz an und legte im April auch den Titel des Prokurator ab. Nachdem Kaiser Friedrich die von Heinrich favorisierte Nachfolgeregelung für sein Territorium gebilligt hatte[53], benötigte er die Hilfe des Kaisers nicht mehr, denn nun hatte er keine Probleme mehr damit, dass sein Territorium nach seinem Tod aufgesplittert werden könnte. Außerdem war mit der Wahl von Innozenz IV. die päpstliche Vakanz beendet worden[54] und Siegfried III. und Konrad I. gingen nach der winterlichen Pause wieder militärisch gegen die Staufer vor. Da der Erzbischof von Köln auch nahezu alle Rivalen am Niederrhein auf seine Seite bringen konnte, hatte die päpstliche Fraktion eine sehr gute Ausgangsposition erlangt.[55] Dazu kam, dass auch der Schwiegervater Heinrich Raspes, Heinrich II. von Brabant, in das Lager des Papstes gewechselt war.[56]

Betrachtet man diese Vorgänge der Jahre 1241 bis 1244 so wird klar, dass sich Heinrich Raspe von Anfang an alle Optionen offen hielt und die Seiten in dem Moment wechselte, in dem die Lage für die Anhänger des Papstes immer besser aussah. Die Frage, ob Heinrich sich im Falle einer staufischen Überlegenheit dieser Seite angeschlossen hätte, lässt sich nicht mit Sicherheit klären, aber die Bedrohung des eigenen Territoriums durch den Erzbischof von Mainz war sehr groß und der drohende Verlust der Lehen in Hessen wäre für Heinrich Raspe eine große Schwächung gewesen. Deshalb war, zumindest aus heutiger Sicht, der Wechsel des Landgrafen von Thüringen auf die Seite des Papstes in Anbetracht der späteren Wahl zum Gegenkönig und der früheren Opposition gegenüber Friedrich II., ein konsequenter Schritt für Heinrich.

[...]


[1] Stürner: Friedrich II., S. 513.

[2] Ficker: Regesta Imperii, S. 571 - 572, Nr. 3239.

[3] Stürner, Friedrich II., S. 514.

[4] Boshof: Herrschaftsverhältnis, S. 20.

[5] Dopsch: Südosten, S. 84 - 87.

[6] Keilmann: Stadtherrschaft in Worms, S. 97 - 104.

[7] Falck: Mainz im Mittelalter, S. 184.

[8] Stürner: Friedrich II., S. 516, S. 533 - 539.

[9] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 238 - 243.

[10] Cronica S. Petri Efordensis moderna, in: Monumenta Erphesfurtensia saec. XII. XIII. XIV., ed. Oswald Holder-Egger (MGH SS rer. Germ. 42, 1899), S. 240.

[11] Erkens: Fürsten und Reich, S. 363.

[12] Schirrmacher: Siegfried III.

[13] Heinz/Rothbrust/Schmid: Grabdenkmäler, S. 153.

[14] Catalogi archiepiscoporum Coloniensium, zitiert nach Janssen: Niederrhein, S. 53.

[15] Stehkämper: Konrad I.

[16] Janssen: Niederrhein, S. 53 - 54.

[17] Stürner: Friedrich II., S. 478, S. 513 - 514.

[18] Knipping: Regesten Köln, Nr. 1033, 1034, 1046, 1047, 1048, 1050, 1051, 1055, 1056.

[19] Janssen: Niederrhein, S. 54 - 56.

[20] Knipping: Regesten Köln, Nr. 1257.

[21] Janssen: Niederrhein, S. 58 - 61.

[22] Heinz/Rothbrust/Schmid: Grabdenkmäler, S. 103 - 105.

[23] MGH Const. 2, Nr. 156. Vgl. auch Kap. 5.

[24] Bodsch: Burgenpolitik, S. 125 - 126.

[25] Pellens: Dietrich II., S. 69 - 79.

[26] Görz: Regesten Trier, S. 43 (1242, märz 00 und märz 28).

[27] Ebd.: S. 44 (1242).

[28] Bodsch: Burgenpolitik, S. 128 - 129.

[29] Knipping: Regesten Köln, Nr. 1196.

[30] Laut Reuling: Die Wahl Heinrichs, S. 273 und Stürner: Friedrich II., S. 553/554 wurde Heinrich Raspe am 22. Mai gewählt, bei Bodsch: Burgenpolitik, S. 129 wird allerdings der 23. Mai genannt. In dieser Arbeit wird das von Stürner und Reuling genannte Datum verwendet.

[31] Dopsch: Südosten, S. 97.

[32] Bodsch: Burgenpolitik, S. 133.

[33] Goerz: Regesten Trier, S. 45 (1247, apr. 13; 1248, sept. 30)

[34] Bodsch: Burgenpolitik, S. 131 - 133.

[35] Zur besseren Unterscheidung zwischen Landgraf Heinrich und anderen bekannten Persönlichkeiten seiner Zeit mit dem Namen Heinrich wird dieser hier möglichst immer als Heinrich Raspe bezeichnet.

[36] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 130 - 134.

[37] Vgl. MGH Const. 2, Nr. 186; Dob 3, 454.

[38] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 156 - 167.

[39] Böhmer/Will: S. 238ff. Nr. 186, 188, 193, 242, 262.

[40] Dob 3, 662.

[41] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 176 - 182.

[42] Dopsch: Südosten, S. 84 - 87.

[43] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 182 - 183.

[44] Dopsch: Südosten, S. 87.

[45] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 186 - 191.

[46] Stürner: Friedrich II., S. 513.

[47] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 194 - 195.

[48] Ebd., S. 215 - 217.

[49] MGH Epp. saec. XIII 2, Nr. 55, Dob 3, 1150.

[50] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 219 - 220.

[51] Knipping: Regesten Köln, Nr. 1044, 1047, 1055.

[52] Werner: Reichsfürst, S. 221 - 226.

[53] Ebd., S. 228 - 229.

[54] Stürner: Friedrich II., S. 516.

[55] Werner: Reichsfürst Heinrich, S. 226 - 234.

[56] Knipping: Regesten Köln, Nr. 1094, 1099, 1122, 1123, 1126.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2010
ISBN (PDF)
9783955497606
ISBN (Paperback)
9783955492601
Dateigröße
197 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Papst Kreuzzugsversprechen San Germano Kirchenbann Königtum

Autor

Julian Freche, M.A., wurde 1985 in Gifhorn geboren. Er studierte Geschichte und Prähistorische und Historische Archäologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und erwarb 2010 den Grad Bachelor of Arts und 2013 den Grad Master of Arts. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wirtschafts- und Sozialgeschichte, mittelalterliche Geschichte, Landesgeschichte Schleswig-Holsteins und Kieler Stadtgeschichte. Zu weiteren Betätigungsfeldern gehört die Gedenkstättenarbeit in Schleswig-Holstein.
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Titel: Zur Fraktionsbildung im Reich während der letzten Jahre Kaiser Friedrichs II. (1241 - 1250)
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