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Indexikalität und Fregescher Sinn: Eine Untersuchung zu den referentiellen Eigenschaften des Personalpronomen "ich"

©2012 Bachelorarbeit 52 Seiten

Zusammenfassung

Gottlob Frege, deutscher Mathematiker, Logiker und Philosoph (1848-1925) gilt, neben Bertrand Russell und Ludwig Wittgenstein, als einer der großen Vordenker der analytischen Philosophie. Freges größte Leistung liegt in der Erfindung der modernen Logik, die er unvermittelt und weitestgehend ohne historische Vorbilder 1879 in einem Buch mit dem Titel ‘Begriffsschrift’ dargeboten hat. In dem 1918 erschienenen Aufsatz Der Gedanke - eine logische Untersuchung, der gleichzeitig den Ausgangs- und Bezugspunkt dieses Buches bildet, widmet sich Frege ausdrücklich diesem Kernstück seiner Philosophie. Seine Abhandlung entfaltet noch bis heute eine Wirkung, die sich in allgemeinen und sehr modernen Rekonstruktionen, sowie auch in vielschichtigen konträren Positionen niederschlägt. Im ersten Teil der vorliegenden Studie wird das semantische Verständnis der Fregeschen Theorie des Gedankens, im Besonderen die Verwendung des Indexwortes ‘ich’ erläutert und dargelegt. Im zweiten Teil wird es darum gehen, die Konzeptionen zweier Sprachphilosophen des späteren 20. Jahrhunderts, die sich ebenfalls intensiv mit den Theorien der Indexikalität beschäftigten, dem Fregeschen Ansatz gegenüberzustellen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3 Sätze mit „ich“ und deren Besonderheit im Kontext von Frege

„Der gleiche das Wort „ich“ enthaltene Wortlaut wird im Munde verschiedener Menschen verschiedene Gedanken ausdrücken, von denen einige wahr, andere falsch sein können. Das Vorkommen des Wortes „ich“ in einem Satze gibt noch zu einigen Fragen Veranlassung.“ [1],

so Freges Formulierung zur Problematik mit dem Indikator der ersten Person Singular. Der Satz

„Ich bin verwundet worden.“ [2]

oder ganz allgemein ausgedrückt

(1) „N.N sagt: „Ich bin P“.“ [3],

und in direkter Anlehnung an Freges Text

(1*) „Dr. Gustav Lauben sagt: „Ich bin verwundet worden“.[4]

sei das Beispiel für nachstehende Überlegungen und zwar, indem er von einer Person, N.N. oder Dr. Gustav Lauben, geäußert wurde. Nach Freges These bedarf die Äußerung eines indexikalischen Ausdrucks wie „ich“ einer Ergänzung, um einen vollständigen Sinn, bzw. einen vollständigen Gedanken, zu ergeben.[5] Den Fregeschen Sinn des Wortlautes in obigem Beispielsatzes bezeichnet Frege als etwas „Ungesättigtes“, da es zu einer gedanklichen Vervollständigung, einer durch eine aus dem Kontext von N.N. getätigten Äußerung, eine hinzukommenden Sinnkomponente, die „fertig“, d.h. „gesättigt“[6] ist, bedarf.

Im Falle eines Satzes mit „ich“ als einzigem Indexwort, sieht Frege denjenigen, der den Satz geäußert hat, hier N.N. (1), als dasjenige vor, das den Sinnausdruck zu dem eines Gedanken vollendet. Dieser Sachverhalt wirft die Frage auf, ob auch nur der Produzent der indexikalischen Ich-Äußerung den ausgedrückten Gedanken fassen kann, und somit anderen gar keine Mitteilung machen kann, d.h. Frege stellt zur Diskussion, ob andere als der Sprecher selbst den Gedanken, der bei der Äußerung in der ersten Person Singular ausgedrückt wird überhaupt fassen oder äußern können.[7] Dazu gibt es, so Frege, für jedes denkende Wesen eine bestimmte Art und Weise, auf die nur N.N. an N.N. denken kann und auf die N.N. nur an N.N. denken kann. Diese kognitive Perspektive auf N.N. nennt Wolfgang Künne, in Anlehnung an Frege, „Ego“-Gedanken[8], der immer mit Hilfe von Ich-Sätzen ausgesprochen wird.[9] Solche Ego-Gedanken besitzen jedoch keinerlei Mitteilungscharakter, denn niemand kann mit „ich bin mit mir identisch“[10] eine informative Auskunft geben, d.h. wir treffen hier, nur in einem anderen Gesamtzusammenhang, auf Identitätsaussagen der Form a=a, die unsere Erkenntnis nicht erweitern und ebenso keinerlei Informationswert besitzen. Dem zur Folge drückt N.N. einen Gedanken der Form „EgoN.N.“[11] aus, den niemand außer N.N. selbst fassen und artikulieren kann.[12] Man könnte gegenwärtig auch sagen, dass N.N. bzw. Dr. Gustav Lauben, bei dieser Auslegung, ein Selbstgespräch führt. Das hieße für den Ego-Gedanken, dass niemand als der Sprecher selbst, also N.N., den Gedanken fassen und äußern kann.[13] Um aber konkret bei Freges Abfassung Der Gedanke zu bleiben, erscheint diese Variante der Ich-Äußerung für ihn keine entscheidende Relevanz zu haben, denn er geht nicht weiter darauf ein bzw. er benennt sie nur weitestgehend.

„[…] Und den so bestimmten Gedanken[14] kann nur Dr. Lauben selbst fassen. Nun aber wollte er Anderen eine Mitteilung machen. Einen Gedanken, den nur er allein fassen kann, kann er nicht mitteilen. Wenn er also sagt „ich bin verwundet worden“, muss er das „ich“ in einem Sinn gebrauchen, der Anderen fassbar ist, […]. [15]

In diesem Kontext lenkt Frege seine Überlegungen stringent in die Richtung einer Kommunikationssituation, d.h. es geht ihm wohl um die Form von Gedanken, in der ein „Sender“ einem „Empfänger“ eine Nachricht in der Ich-Form übermittelt, also, im klassischen Sinn, etwas über sich selbst mitteilt. Eine solche Art der Darlegung wird auch von Künne, im Rahmen seines Interpretationsvorschlags zu Freges Der Gedanke, unterstützt:

„Der Gedanke, den Dr. Lauben mit „Ich bin verwundet worden“ ausdrückt, ist offenkundig nicht von dieser Art[16]: Es geht Frege an unserer Stelle um eine Beschaffenheit, welche die Gedanken, die mit „Ich bin verwundet worden“ und „Ich wiege 150 Pfund“ ausgedrückt werden, mit denen teilen, die man mit „Ich habe Schmerzen“ und „cogito“ ausspricht.[…] Im Allgemeinen wird N.N. auch wenn er „ich“ sagt, kein Selbstgespräch führen, sondern Anderen etwas mitzuteilen versucht.“ [17]

Die bereits zu Beginn des Kapitels aufgeworfene Kernfrage, ob andere Sprecher den Gedanken, den jemand in der ersten Person Singular äußert überhaupt fassen können, gilt es jetzt unter veränderter Prämisse, nämlich, dass N.N. bzw. Dr. Gustav Lauben kein Selbstgespräch führen und darum keine Ego-Gedanken ausdrücken, sondern Anderen etwas mitteilen möchten, zu diskutieren. Gemäß dieser Konklusion, so Frege, müssen die Dinge erneut anders betrachtet werden.

Möchte nun N.N. einer zweiten Person A, im Text Dr. Gustav Lauben Leo Peters, in der Form

(2) N.N. sagt zu A: „Ich bin P“. bzw.

(2*) Dr. Gustav Lauben sagt zu Leo Peters: „Ich bin verwundet worden.“

etwas über sich selbst mitteilen, so bedarf es zur gedanklichen Vervollständigung von N.N. oder Dr. Gustav Lauben, einer durch N.N. hinzuzufügenden Sinnkomponente. In diesem Fall drückt N.N. ein sogenanntes „Surrogat des Ego-Gedankens aus, den nur er fassen kann“[18], d,h. N.N. verwendet den Ich-Satz „etwas in dem Sinne von „derjenige, der in diesem Augenblicke zu euch spricht““[19]. Im hier skizzierten Fall ist es Dr. Gustav Lauben, der den Satz äußert, und somit trägt er selbst zu dem Gedanken, dass er verwundet wurde, einen Sinn bei, der wiederum den Sinn seiner ausgesprochenen Worte zu jenem Gedanken vervollständigt. Ein lediglich in der Ich-Form geäußerter Satz, wie „ Ich bin P. “, hat keinen vollständigen Sinn und drückt damit auch keinen vollständigen Gedanken aus. Tritt jedoch ein Sprecher hinzu und äußert den Satz, gemäß N.N. sagt zu A, dann drückt exakt dieser N.N. einen vollständigen Gedanken aus, und niemand außer N.N., in seiner Funktion als Sprecher, ist für diese „Sinn-Anreicherung“[20] gewichtig. Daraus folgt, dass N.N. dem unvollständigen Sinn des von ihm ausgedrückten Satzes einen Sinn beisteuert, dank dem ein Gedanke bekundet wird.

3.1 Probleme mit dem Indikator „ich“

Freges (Kompakt-)Lösung im dargelegten Kontext lautet also, das „ich“ in dem Sinne zu verwenden, als derjenige (Sprecher, Sender), der in diesem Augenblick zu den anderen Anwesenden spricht:

(I) „„Derjenige der in diesem Augenblicke zu euch spricht, ist P“.“ [21]

An dieser Stelle präzisiert Künne Freges Resultat dahingehend, dass er an die Stelle von „derjenige, der in diesem Augenblicke zu euch spricht“,

(II) „Der Produzent dieser Äußerung“ [22],

setzt, d.h. das Pronomen soll nun „äußerungsreflexiv“ verstanden werden. Künne erweitert somit, recht elegant, den Spielraum der Ich-Interpretation. Der Unterschied zwischen Frege und Künne liegt darin, dass Frege seine Lösung auf die „höchstens-ein-Bedingung“ für die Kennzeichnung reduziert, d.h. die Ich-Aussage wird auf einen Sprecher, der zu einem Zeitpunkt t gerade spricht, ausgelegt, und nur dieser kann zum gegeben Zeitpunkt t für die geforderte Sinn-Anreicherung relevant sein, um daraus einen vollständigen und wahren Gedanken zu konstruieren. Was aber, wenn mehrere Sprecher gleichzeitig zum Zeitpunkt t A eine Mitteilung machen? Hier verliert Freges Theorie, so Künne, an Boden, da die „höchsten-eins-Bedingung“[23] für die Kennzeichnung nicht mehr erfüllt ist, und (I) drückt im Munde von N.N. selbst dann keinen wahren Gedanken aus, wenn er mit „Ich bin P “ etwas Wahres verkünden würde. Ähnlicher Sachverhalt liegt vor, wenn N.N. beispielsweise halluziniert, d.h. wenn er glaubt, jemand sei anwesend zu dem er spreche. Dann ist jedoch die „mindestens-eins-Bedingung“[24] für die Kennzeichnung nicht erfüllt und (I) drückt auch hier keinen wahren Gedanken aus, auch wenn er mit „Ich bin P “ etwas Wahres sagt, und sein Mitteilungsversuch muss als gescheitert betrachtet werden.[25]

Aber kann A nicht auch eine Äußerung von N.N. dann verstehen, wenn N.N. keinen Mitteilungsversuch macht, d.h. beispielsweise ein Selbstgespräch führt? Damit wäre Frege Prämisse, für das „ich“ „derjenige, der in diesem Augenblicke zu euch spricht“ zu setzen, nicht erfüllt, denn in einem Selbstgespräch existiert genaugenommen keine echte Kommunikationssituation, d.h. kein Dialog, denn es spricht niemand zu mir. Künnes Erweiterung, die erste Person Singular äußerungsreflexiv, als „der Produzent dieser Äußerung“, zu verstehen, kann, meines Erachtens, eher die Form des Selbstgesprächs abbilden, da sie nicht zwingend auf einen Empfänger verweist, obwohl auch Künne gewiss einen Adressaten der Mitteilung impliziert. Aber, wie weiter oben im Text bereits bemerkt, geht es Frege nicht um die Abbildung der sogenannten Ego-Gedanken, die nur der Sprecher selbst fassen und äußern kann, sondern um diejenigen, die ein Sender in der Ich-Form mitteilt. Trotz allem lässt Frege, im Rahmen seiner Abhandlung, wenn er Dr. Gustav Lauben sagen lässt: „Ich bin verwundet worden“[26] und hinzufügt: „Leo Peter hört das“[27], völlig offen, ob die gehörte Äußerung ein Mitteilungsversuch war oder nicht.

Ein zusätzliches Problem, die Indexikalität betreffend, kann jedoch in beiden Fällen (I) und (II) nicht ausgeräumt werden, denn beide enthalten den Ausdruck „diesem“ bzw. „dieser“, der selbst indexikalisch ist und wiederum durch einen Sinn ergänzt werden müsste. An dieser Stelle hätte beachtet werden müssen, dass verschiedenen Verwendungen von Indexwörtern unterschiedliche Sinne entsprechen. Obwohl Frege, als auch Künne, dieses Problem sicherlich erkannt haben dürften, unterscheiden sie nicht scharf zwischen der allgemeinen Bedeutung des Ausdrucks und dem Verwendungszusammenhang, der erst durch den Referenten eines Indexwortes endgültig festgelegt wird.

3.2 Sinn-Beitrag der sprechenden Person

Sonach steuert Dr. Gustav Lauben, als Produzent der wohl bekannten Äußerung („Ich bin verwundet worden“), in seiner Rolle als Sprecher, dem unvollständigen Sinn seines Satzes einen Sinn bei, und drückt damit zugleich einen vollständigen Gedanken aus, so Freges dargebotene Lösung. Das eben Gesagte soll in Erinnerung rufen, dass die sprechende Person hier einen Sinn-Beitrag macht, und zwar in der Form, dass der Sprecher selbst einem Bestandteil des durch seine Äußerung ausgedrückten Gedankens zugeordnet ist, den er ausdrückt.

Wie ist das aber nun genau zu verstehen, dass Dr. Gustav Lauben, wenn in der ersten Person Singular gesprochen wird, einen Sinn ausdrückt bzw. selbst als Bestandteil der Äußerung zu betrachten ist? Da es sich bei Dr. Gustav Lauben gleichwohl um eine Person und nicht um ein anderes sprachliches Zeichen handelt, so ist die Problematik der Suche nach einer indikatorenfreien Kennzeichnung für den Sinn des Indexwortes noch immer offen. Dieser weitaus komplexere Aspekt bezüglich der Indexikalität des Personalpronomen bleibt bei Frege relativ unerforscht, es findet sich in seinem Aufsatz Der Gedanke kein verwertbarer Ansatzpunkt einer diesbezüglichen Lösung.

Um sich vielleicht doch dem Problem nähern zu können, möchte ich nachfolgend zwei Interpretationsvorschläge, die einen direkten Bezug zu Freges Text darstellen, betrachten. Der erste Vorschlag bezieht sich auf eine Abhandlung von Andreas Kemmerling[28], in der dieser versucht, einen kontextunabhängigen Sinn für den Ausdrucks „ich“, immer streng in Anlehnung an Freges Semantiken und Termini, zu entwerfen. Der zweite Interpretationsversuch bezieht sich auf Wolfgang Künne[29], den ich bereits mehrfach, im Rahmen meiner bisherigen Ausführungen, zitiert habe. Künne deshalb, weil seine Interpretation sich stringent an Freges Text anlehnt.

3.2.1 Kemmerlings Interpretation zum Sinn-Beitrag der ersten Person Singular

Um Freges nicht beantwortetes Rätsel, wie eine Person überhaupt einen Fregeschen Sinn ausdrücken kann, der zu dem Sinn der von ihr ausgedrückten Worte noch hinzutritt, näher zu kommen, wäre die einfachste Lösung, der gesuchte Sinn wäre einer, der gemeinsam mit dem Ausdruck „ich“ genau denjenigen Sinn ergibt, den der Name N.N., bzw. Dr. Gustav Lauben hat. So würde das von N.N. geäußerte „ich“, im Verbund mit ihm selbst, einen Sinn ausdrücken, den Frege im Rahmen seiner Theorien bereits vorgesehen hatte[30], nämlich der Sinn des Namens „N.N.“. Dem zur Folge wäre der Sinn von

(1G)„Ich bin verwundetworden“ (von Dr. Gustav Lauben geäußert)[31],

mit dem Prädikatsausdruck

(1a) „(…) bin verwundet worden“

derselbe Gedanke, der auch mittels des Satzes

(2) „Dr. Gustav Lauben ist verwundet worden“

mit dem Prädikatsausdruck

(2a) „(…) ist verwundet worden“

ausgedrückt wird.[32] Gemäß diesem Ansatz lässt sich schließen, dass der Sinn des Wortes „ich“, wenn Dr. Gustav Lauben es, in Form einer Mitteilung an andere, verwendet, derselbe ist, wie der des Namens „Dr. Gustav Lauben“, wenn er gebraucht wird.

Kemmerling geht im weiteren von der Überlegung aus, dass der Eigenname „Dr. Gustav Lauben“ genau einen Sinn habe. Er stellt die Annahme auf, dass die Ausdrücke (1a) und (2a) in den Sätzen (1) bzw. (2) den gleichen ungesättigten Sinn ausdrücken. Dabei gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass Satz (2), nach Frege, einen vollständigen Gedanken ausdrückt, während Satz (1) das nicht tut. Gemäß Freges Lehre bedarf der erste Satz, aufgrund der Indexikalität des Personalpronomen, einer Ergänzung, um einen abgeschlossenen Sinn zu formen. So eröffnet sich im Sinn von (1) eine „logische Lücke“[33], nämlich die den Sinn des Wortes „ich“ begreift, die es in (2) nicht gibt. In Anlehnung an Frege kann die Problematik folgendermaßen aufgefasst werden, dass „ich“ keinen vollständigen Sinn hat, sondern „den eines Funktors, der mit einem passenden Argument einen Eigennamen bildet.“[34] Der Funktor „ich“ hätte, so Kemmerling, eine Besonderheit, denn seine Argumente sind nicht Wörter oder andere sprachliche Ausdrücke, sondern Personen. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Wird Sinn(„ich“) für den originären Sinn des Wortes „ich“ gesetzt, Sinn(„Dr. Gustav Lauben“) für den Sinn des Eigennamen „Dr. Gustav Lauben“, und weiter Sinn(Dr. Gustav Lauben) für den Sinn, den dieser selbst bei der Äußerung des Beispielsatzes ausdrückt, dann lässt sich der Sinn von (1G) wie folgt darstellen:[35]

(S1G) Sinn(„verwundet worden sein“)[Sinn(„ich“)[Sinn(Dr. Gustav Lauben)]],

und der von (2) gemäß

(S2) Sinn(„verwundet worden sein“)[Sinn(„Dr. Gustav Lauben“)].

Wenn nun (1G) und (2), wie weiter oben im Text angenommen, den gleichen Gedanken ausdrücken, ergäbe sich nachstehende Prämisse über Sinngleichheit (SG):

(SG) Sinn(„ich“)[Sinn(Dr. Gustav Lauben)] = Sinn(„Dr. Gustav Lauben“)[36]

Unter Rückgriff auf Freges frühere Werke scheint die eben hergeleitete Auffassung diejenige zu sein, die er u.a. in seinem unveröffentlichten Text „Logik“ aus dem Jahre 1897 vertreten hat.[37] Dass Frege ebenfalls, in dem dieser Arbeit zu Grunde liegenden Aufsatz Der Gedanke, obige Meinung fortführend manifestiert, dass mit (1G) und (2) derselbe Gedanke ausgedrückt werden kann, wird nicht ersichtlich. Dennoch geben obige Überlegungen eine recht akzeptable Antwort auf die Frage, wie der Sinn von (1G) gelesen werden könnte, nämlich in der Ausprägung wie (S1G).

Eine zweite Alternative, dem Rätsel näher zu kommen, beruht auf der Hypothese, dass die Unvollständigkeit des Sinns von (1) dadurch zu Stande komme, dass „ich“ eigentlich keinen Sinn, sondern eine „bloß andeutende Rolle spielt“[38]. Frege, so Kemmerling, betrachtet manche Wörter als „bloß andeutende Zeichen“[39]. Damit meint er, dass solche Zeichen nichts bezeichnen und auch keinen Sinn haben, dennoch können sie zum Ausdruck eines Gedankens etwas beitragen. Andreas Kemmerling verdeutlicht diesen Sachverhalt am Beispiel des Wortes „etwas“: „Mit dem Wort „etwas“ wird im Satz „Wenn etwas rund ist, dann ist es nicht eckig“ die Allgemeinheit bloß angedeutet, die in einem Satz wie „Alles, was rund ist, ist nicht eckig“ explizit ausgesagt ist.“[40] Wäre „ich“, dem zur Folge, als ein solches „sinnloses“ Zeichen zu lesen, dann muss der Sinn von (1G) wie folgt abgebildet werden:

(S1G*) Sinn(„verwundet worden sein“)[-(--)[Sinn(Dr. Gustav Lauben)]]

Der Sinn darf im vorliegenden Fall nicht einfach als (S1G), sondern muss durch (S1G*) gekennzeichnet werden, da das Wort „ich“, in diesem Kontext, gar keinen Sinn hat und demgemäß muss der Sinn, den Dr. Gustav Lauben bei Anlass seiner Äußerung ausdrückt, durch eine Leerstelle ausgefüllt werden. Somit führt auch diese Variante zu keinem brauchbaren Ergebnis der aufgeworfenen Grundproblematik, wie Dr. Gustav Lauben (oder allgemein ausgedrückt N.N.), angesichts seiner Äußerung in der ersten Person Singular, zu einem adäquaten Sinn kommen kann.[41]

Nach allen bisherigen Überlegungen scheint doch die Sinnstruktur (S1G) die brauchbarste Lösung zu sein, an der sich das Nachgeordnete nun orientieren soll. Durch (S1G) wird der Sinn von „ich“ und des von Dr. Gustav Lauben ausgedrückten Sinns gegeben.[42] Damit kann die Behauptung aufgestellt werden, dass nach Fregescher Lesart „ich“ einen Sinn von der Art hat wie ihn auch andere Eigennamen haben, und der Sinn, den Dr. Gustav Lauben, zum gegebenen Zeitpunkt t, ausdrückt, muss von dem Typus sein, dass er in Kooperation mit dem Sinn von „ich“ einen Sinn ergibt, wie Eigennamen ihn haben, die Dr. Gustav Lauben bezeichnen.[43]

An dieser Stelle möchte ich, zum besseren Verständnis, Frege direkt zitieren und insbesondere das, was bei ihm unter den Sinn von Eigennamen fällt. Frege deutet den Sinn von Eigennamen ganz allgemein als die „Art des Gegebenseins“[44], d.h. er behandelt alle Eigennamen wie einzelne Gegenstände. Jedoch unterscheiden sich Eigennamen, je nach ihrem Gebrauch, auch in ihrem Sinn, was bedeutet, dass jeder Gebrauch eines Eigennamen einen besonderen Sinn entspricht. So hat der Eigenname „Dr. Lauben“, wenn ihn „Leo Peter“ benutzt einen anderen Sinn, als wenn „Herbert Garner“ den Eigennamen „Gustav Lauben“ verwendet, denn es besteht die Möglichkeit, dass beispielsweise Herbert Garner den Sinn des Satzes „Dr. Lauben ist verwundet worden“ (irrtümlich) für falsch hält, da er Dr. Lauben nur als „Gustav Lauben“ kennt und entsprechend benennt. Beifolgend sind der Gebrauch von „Gustav Lauben“ und „Dr. Lauben“ zwei Weisen des Gegebenseins und drücken demnach verschiedene Gedanken aus.[45] Entsprechendes konkretisiert Frege in seinem Text:

„Demnach kommt es bei Eigennamen darauf an, wie der, die oder das durch ihn Bezeichnete gegeben ist. Das kann in verschiedener Weise geschehen, und jeder solchen Weise entspricht ein besonderer Sinn eines Satzes, der den Eigennamenenthält.“[46]

Doch was die Kommunikation unter Einbeziehung von Eigennamen angeht, so schwächt Frege vorkommende Sinnschwankungen gleich wieder ab, indem er konstatiert, dass wenn die Bedeutung dieselbe bleibt, lassen sich eben diese Sinnschwankungen, zumindest in der Alltagssprache, erdulden, und man fasst annähernd denselben Gedanken.[47] Durch diese Reduktion von Komplexität fasst Frege den Sinn von Eigennamen letztlich wieder als die Weise oder annähernd als die Weise des Gegebenseins.

„Die verschiedenen Gedanken, die sich so aus demselben Satze ergeben, stimmen freilich in ihrem Wahrheitswert überein, d.h. wenn einer von ihnen wahr ist, sind alle wahr, und wenn einer von ihnen falsch ist, sind sie alle falsch. Dennoch ist ihre Verschiedenheit anzuerkennen.“[48]

Um an obige Problemstellung anzuknüpfen, so ist der Sinn, den Dr. Lauben ausdrückt (S1G), nicht lediglich eine Weise des Gegenseins von Dr. Gustav Lauben selbst, sondern eine, die eine solche erst zusammen mit dem Sinn von „ich“ ergibt. In Anlehnung an Frege müsste der von Dr. Gustav Lauben ausgedrückte Sinn jedoch einer sein, durch den ein Gegenstand gegeben ist. Die Frage lautet nun: Welcher Gegenstand ist es, von dem der Ausdruckszusammenschluss handelt, der sich aus „ich“ und Dr. Gustav Lauben konstruiert? Bzw. welcher Gegenstand, der nicht mit Dr. Gustav Lauben identisch ist, muss als bestehend vorausgesetzt werden, damit Dr. Gustav Lauben mit dem Ausdruck „ich“ sich selbst bezeichnet?[49] Gleichwohl kann Andreas Kemmerling diese finalen Fragen, unter stetiger Bezugnahme auf die Fregesche Logik, nicht zufriedenstellend beantworten, und so bleibt der zentrale Problemkomplex was für ein Sinn es sein müsste, den Dr. Gustav Lauben in (1G), „Ich bin verwundet worden“, ausdrückt, bis auf weiteres bestehen. Dennoch bieten seine Überlegungen eine recht komfortable Lösung an, nämlich den Sinn von (1G) in der Form als (Sinn-)Ausdrucks-kompositum von „ich“ und Dr. Gustav Lauben, zu lesen (S1G).

3.2.2 Künnes Ausdeutung zum Sinn-Beitrag der ersten Person Singular

Wolfgang Künne hat seit ca. 30 Jahren in einer Folge von Arbeiten eine Interpretation der Fregeschen Lehre zum Thema Indexikalität entwickelt.[50] Dieser Auslegung zufolge ist es Freges Auffassung, dass indexikalische Ausdrücke „hybride Eigennamen“ sind, d.h. Eigennamen, die nicht nur aus einem sprachlichen Ausdruck bestehen, sondern der Ergänzung bestimmter nichtsprachlicher Elemente der Äußerungssituation bedürfen. Im Falle von „ich“ verhält es sich, nach Künnes Deutung, in der Weise, dass der Eigenname, mit dem sich eine Person bzw. Dr. Gustav Lauben auf sich selbst bezieht wenn er verkündet „Ich bin verwundet worden“, besteht aus dem von ihm in seiner Äußerung hervorgebrachten Vorkommnis von ich und ihm selbst. Daraus lässt sich für die Ich-Äußerung von Dr. Gustav Lauben folgender Anspruch ableiten:

„Was Dr. Lauben mit „Ich bin verwundet worden“ behauptet […], haben Peter und Lingens genau dann erfasst, wenn sie erkennen: der Sprecher hat behauptet, dass er (selbst) verwundet worden ist.“ [51]

Künne bezeichnet das im zitierten Text verwendete „er (selbst)“ als „Quasi-Indikator“[52], mittels dem Leo Peter und Rudolf Lingens dem Sprecher, Dr. Gustav Lauben, eine Behauptung zuschreiben, die dieser mit der Ich-Variante des eingelagerten Satzes formulieren könnte.

Ausgehend von der bekannten Prämisse

(1) N.N. sagt: „Ich bin P“.[53] bzw.

(1*) Dr. Gustav Lauben sagt: „Ich bin verwundet worden. “,

gilt dann final

(3) „N.N. sagt, dass er (selbst) P ist“[54], bzw.

(3*) Dr. Gustav Lauben sagt, dass er (selbst) verwundet worden ist.

Jedoch drückt die Konklusion (3) bzw. (3*) nur dann eine Wahrheit aus, wenn gilt:

(3+) „$s (s ist eine Ego-Gegebenheitsweise &s präsentiert N.N. & [[( ) ist P]]Ås ist der Gehalt einer Äußerung N.N.s).“[55]

Der Ausdruck „[[( ) ist P]] Å s“[56] steht für „derjenige Gedanke, in dem der Sinn des Prädikats „( ) ist P“ durch s gesättigt ist“[57]. Durch die Formulierung wird deutlich, dass N.N. nicht einfach eine Äußerung beigelegt wird, die einen Gedanken über N.N. ausdrückt, hingegen eine, die einen Ego-Gedanken über N.N. ausdrückt.[58] Bezogen auf das Textbeispiel (3*) äußert Dr. Gustav Lauben über sich selbst den Gedanken, dass er „verwundet worden ist“ und zwar in der Form einer Ego-Gegebenheitsweise. Dies lässt sich wie folgt abbilden:

(3++)$s(s präsentiert Dr. Gustav Lauben &s ist eine Ego-Gegebenheitsweise & [[( ) ist verwundet worden]]Ås ist der Gehalt der Äußerung von Dr. Gustav Lauben).[59]

Dazu müssen Peter und Lingens keineswegs in der Lage sein, selbst den Gedanken zu fassen und auszudrücken, den der Sprecher mit dem Ich-Satz bekundet. Sie werden „keine Mühe haben zu verstehen, warum Dr. Lauben (auch dann, wenn er nicht weiß, wer er ist) auf seine Narben zeigt, um sie davon zu überzeugen, dass er die Wahrheit spricht.“[60] Selbst wenn einer der beiden Herren auf Dr. Laubens Beteuerung mit „Nein, Sie sind gar nicht verwundet worden“ reagieren würde, so würde er damit nicht die Verneinung des Gedankens kundtun, denn das könnte nur Dr. Lauben selbst ausrichten. Doch derjenige, der widerspricht würde Dr. Lauben dann genau das absprechen, was jener sich zugesprochen hat. Mit dieser Lesart besteht die Option, jemandem zu widersprechen, der einen Ego-Gedanken als wahr hingestellt hat.[61]

Was bedeutet das Gesagte, noch einmal, mit Rückbezug auf kommunikative Situationen? Künne betont, dass Kommunikation auch dann wirksam sein kann, wenn folgende Annahme über Kommunikation:

„Der Versuch, Anderen durch eine Behauptungssatz-Äußerung etwas mitzuteilen, ist nur dann erfolgreich, wenn die Anderen genau den Gedanken fassen, den der Sprecher mit ihr ausdrückt.“[62]

nicht erfüllt ist. Dem stimmt auch Frege weitgehend zu, indem er schreibt:

„Die Aufgabe unserer Volkssprachen ist wesentlich erfüllt, wenn die miteinander verkehrenden Menschen mit demselben Satze denselben Gedanken verbinden, oder doch annähernd denselben. […] Solange nur die Bedeutung dieselbe bleibt, lassen sich diese Schwankungen des Sinnes ertragen.“[63]

Und was nunmehr die Kommunikation mit Hilfe von Namen betrifft, so hat Frege das eindeutig in seinem Aufsatz Der Gedanke in 66a demonstriert.[64] Verbindet Leo Peter mit Dr. Gustav Laubens Äußerung: „Ich bin verwundet worden“ den Gedanken, den er zur gleichen Zeit ausgedrückt hätte, wenn er zu Dr. Gustav Lauben selbst gesagt hätte: „Sie sind verwundet worden“ oder über ihn gesagt hätte: „Dr. Gustav Lauben ist verwundet worden“, so kann man sagen, dass er „annähernd denselben“ Gedanken gefasst hat, denn beide denken von demselben Mann dasselbe, weil sie exakt denselben Sachverhalt benennen.[65]

In diesem Zusammenhang möchte ich abschließend noch den Fall betrachten, wie es sich verhält, wenn der Inhaltssatz einer Fremdzuschreibung das Wort „ich“ aufweist und damit der propositionale Gehalt der Rede des Anderen teilweise unbestimmt bleibt. Wenn nun Dr. Gustav Lauben erklärt:

(4) „Leo Peter glaubt, dass ich verwundet worden bin“[66],

so identifiziert er den Gehalt von Leo Peters Meinung nicht mit dem Gedanken, den er selbst mit „Ich bin verwundet worden“ ausdrückt. Dr. Gustav Lauben gibt lediglich an, von wem Leo Peter was glaubt. Er selbst denkt dabei an diejenige Person, von der Peter etwas glaubt, auf eine Weise, auf die nur er an sie denken kann. Das ergibt folgende Notation:

(4+)$s (s präsentiert mich & [[( ) ist verwundet worden]]Ås ist der Gehalt einer Auskunft Leo Peters)[67]

Mit der Wahrheitsprämisse gibt der Zuschreiber, Dr. Gustav Lauben, nicht an, wie Leo Peter an ihn denkt, wenn er von ihm glaubt, er sei verwundet worden, sondern es wird hier lediglich der Inbegriff der Äußerung von Leo Peter verifiziert. Ist jedoch die Zuschreibung korrekt, dann besteht der Gehalt der zugeschriebenen Auskunft annähernd aus demselben Gedanken wie derjenige, den der Ich-Satz im Munde des Zuschreibers kundtut. Beide Gedanken sind eben genau dann wahr, wenn sie denselben Sachverhalt ausdrücken, d.h. wenn Dr. Gustav Lauben tatsächlich verwundet worden ist.[68]

Der thematische Kontext bzgl. eines möglichen Sinnes des indexikalischen Ausdrucks „ich“ ist sowohl bei Andreas Kemmerling als auch bei Wolfgang Künne deutlich weitreichender und komplexer als Frege die Problematik ausführt. Während Frege dem Leser zu guter Letzt eine recht kompakte Lösung anbietet, nämlich das Personalpronomen in dem Sinne von „derjenige, der in diesem Augenblicke zu euch spricht“[69] aufzufassen, gelingt es den beiden anderen Autoren die Thematik weitaus großräumiger aufzurollen, was dann aber wiederum jede Menge neue Problematiken mit sich bringt. Aus meiner Perspektive betrachtet Künne seine Vorschläge zur Weiterentwicklung des Fregeschen Ansatzes als in sich logisch erschöpfend und immer im Geiste der Fegeschen Theorie. Doch verschiebt sich seine gut gestützte Darlegung des Problems konsequent auf die Frage nach dem Sinn hybrider Eigennamen. Dadurch wird die Frage, was denn der Sinn eines indexikalischen Ausdrucks ist, ersetzt durch die Frage, was der Sinn eines hybriden Eigennamens ist. Da nun der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks bei Frege seine Bedeutung festlegt, muss die Angabe des Sinns eines hybriden Eigennamens all diejenigen Perspektiven berücksichtigen, die relevant sind, um den Wahrheitswert des Gedankens, der mit einem indexikalischen Satz geäußert wird, festzulegen. Die von Künne gemäß (3++) entwickelte indikatorenfreie Auffassung der per Sprachkompetenz mit „ich“ verknüpften Kennzeichnung kann jedoch den Sinn des hybriden Eigennamens nicht ausdrücken, weil die durch (3++) ausgedrückte Art des Gegebenseins nicht mit der des ursprünglich gefassten Gedanken übereinstimmt. Daraus folgt, dass der so charakterisierte Gedanke gemäß dem Fregeschen Prinzip der Gedankenverschiedenheit nicht derselbe ist wie der vom indexikalischen Satz geäußerte Gedanke.[70] Insofern gäbe es zwei unterschiedliche Gedanken, bedingt durch die zwei Weisen des Gegebenseins, sodass in der Folge die Möglichkeit besteht, den einen Gedanken für wahr und der anderen für falsch zu halten. Damit kann der Wahrheitswert des Gedankens, der mit der indexikalischen Ich-Äußerung kund getan wird, nicht mehr eindeutig festgelegt werden, was schließlich mit Freges Standpunkt nicht zu vereinbaren ist. So lässt sich, zumindest für diesen exemplarischen Fall, zeigen, dass sich kein kontextunabhängiger Sinn für einen hybriden Eigennamen angeben lässt, der sich mit der Fregeschen Position verträgt. Demzufolge kann Künnes Modell der hybriden Eigennamen Freges Problem mit dem Sinn des Indexwortes „ich“ hier nicht zufriedenstellend lösen.

Auch Andreas Kemmerling bietet dem Leser eine denkbar praktikable Lösung im Sinne Freges an, die aber, wie er selbst erklärt, das Fregesche („ich“-Sinn)- Rätsel nicht ganz aufzulösen vermag und schließlich bleibt die Frage bestehen, was es denn tatsächlich heißen könnte, dass eine Person einen (Fregeschen) Sinn hat. Mithin müsste der Äußerer eines „ich“-Satzes bei der Gelegenheit g zum Zeitpunkt t einen Fregeschen Sinn haben, denn der dem bloßen Satz (zum Ausdruck eines vollständigen Gedankens) fehlende Sinn wird allein vom Sprecher des betreffenden Satzes beigesteuert, so die Position Freges. Und genau daraus resultiert das für Kemmerling nicht auflösbare „ich“-Sinn-Rätsel: „Wie könnte er [der Äußerer] so etwas überhaupt können? Und was möchte es überhaupt heißen, dass er das kann?“[71]

Ich glaube nicht, dass es durch Tüftelei, metaphysische Zaubertricks oder eine glückhafte Kombination von beidem zu lösen ist.“[72]

[...]


[1] Ebenda, S. 95

[2] Ebenda, S. 96.

[3] Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 475

[4] Frege: Der Gedanke, S. 96

[5] Vgl. Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 465

[6] Künne spricht, bezugnehmend auf Frege, von „sättigen“, S. 466 und vgl. Frege: Über Begriff und Gegenstand. Darauf zurückgreifend, übernehme ich, im Kontext meiner Arbeit, die Ausdrücke „ungesättigt“ und „gesättigt“ im Fregeschen Sinne.

[7] Vgl. Frege: Der Gedanke, S. 97

[8] Vgl. Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 475

[9] Vgl. Ebenda, S. 475

[10] Ebenda, S. 476

[11] Ebenda, S. 476

[12] Vgl. Ebenda, S. 476

[13] Vgl. Ebenda, S. 476

[14] Bezieht sich auf Frege: Der Gedanke, S. 96. „Ich bin verwundet worden.“

[15] Frege: Der Gedanke, S. 97

[16] Gemeint sind hier Ego -Gedanken

[17] Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 477

[18] Ebenda, S. 477

[19] Frege: Der Gedanke, S. 97

[20] Kemmerling: Über Künne über Kripke über Künne über Frege, S. 392

[21] Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 477 und vgl. Frege: Der Gedanke, S. 97

[22] Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 477

[23] Ebenda, S. 477

[24] Ebenda, S. 477

[25] Vgl. Ebenda, S. 477

[26] Frege: Der Gedanke, S. 96

[27] Ebenda, S. 96

[28] Vgl. Kemmerling: Über Künne über Kripke über Künne über Frege

[29] Vgl. Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges

[30] Vgl. Frege: Nachgelassene Schriften, wo Frege, auf obiges Beispiel übertragen, bemerkt, dass derjenige Gedanke, den Dr. Gustav Lauben ausdrückt, auch von einem anderen ausgedrückt werden könne, indem er Dr. Gustav Lauben mit dem Namen benennt.

[31] Vgl. Kemmerling: Über Künne über Kripke über Künne über Frege. Die Darstellungsform der singulären Terme in diesem Teilkapitel orientiert sich an der von Andreas Kemmerling. Mit (1) sei der bloße Satz: „Ich bin verwundet worden“, also das sprachliche Zeichen, das von Dr. Gustav Lauben geäußert wird, gemeint. Mit (1G) verweise ich auf denselben Satz, der von Dr. Gustav Lauben bei einer bestimmten Gelegenheit g, zu einem konkreten Zeitpunkt t ausgedrückt wird. Damit ist (1G) der Satz (1)-von-Dr. Gustav Lauben-bei- g (t)-geäußert.

[32] Vgl. Kemmerling: Über Künne über Kripke über Künne über Frege, S. 394

[33] Ebenda, S. 395

[34] Ebenda, S. 395

[35] Vgl. Ebenda, S. 395

[36] Vgl. Ebenda, S. 395

[37] Vgl. Ebenda, S. 395

[38] Ebenda, S. 395

[39] Ebenda, S. 395f

[40] Ebenda, S. 396

[41] Vgl. Ebenda, S. 396

[42] Vgl. Ebenda, S. 397

[43] Vgl. Ebenda, S. 397

[44] Frege: Über Sinn und Bedeutung, S. 24

[45] Vgl. Frege: Der Gedanke, S. 97

[46] Ebenda, S. 97

[47] Vgl. Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 480

[48] Frege: Der Gedanke, S. 97

[49] Vgl. Kemmerling: Über Künne über Kripke über Künne über Frege, S. 397

[50] Vgl. zum Beispiel Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, Kap. 2, §5

[51] Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 478

[52] Ebenda, S. 478

[53] Ebenda, S. 475. Die Darstellungsform der Terme in diesem Teilkapitel erfolgt in Anlehnung an Wolfgang Künne.

[54] Ebenda, S. 479

[55] Ebenda, S. 479

[56] Ebenda, S. 479

[57] Ebenda, S. 479. Zum besseren Verständnis expliziert Künne folgendes Beispiel auf derselben Seite: „[[( ) eine Prinzahl]]Å[[der Nachfolger von 6]] ist identisch mit dem Gedanken, dass der Nachfolger von 6 eine Primzahl ist“.

[58] Vgl. Ebenda, S. 479

[59] Vgl. Ebenda, S. 479

[60] Ebenda, S. 478f

[61] Vgl. Ebenda, S. 480

[62] Ebenda, S. 478

[63] Ebenda, S.480

[64] Vgl. Zitate S.18f dieser Arbeit

[65] Vgl. Künne: Die philosophische Logik Gottlob Freges, S. 480f

[66] Ebenda, S. 481

[67] Vgl. Ebenda, S. 481

[68] Vgl. Ebenda, S. 481

[69] Frege: Der Gedanke, S. 97

[70] Vgl. Newen: Indexikalische Ausdrücke und Fregescher Sinn: Die Unverträglichkeit der Prinzipien in Freges Sprachphilosophie, S. 65

[71] Kemmerling: Über Künne über Kripke über Künne über Frege, S. 401

[72] Ebenda, S. 398

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2012
ISBN (PDF)
9783955497859
ISBN (Paperback)
9783955492854
Dateigröße
353 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Darmstadt
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
indexikalische Ausdrücke indexikalische Referenz Ergänzungsbedürftigkeit Indexwörtern Sinn-Beitrag

Autor

Karin Ulrich, Diplom-Ingenieurin, Diplom-Wirtschaftsingenieurin und akademische Beraterin für Teams in Organisationen wurde 1965 in Viernheim geboren. Nach ihrem Studium hat sie viele Jahre als Personalentwicklerin und interne Beraterin für Team- und Organisationsentwicklung in einem IT-Systemhaus der deutschen Telekom gearbeitet. Während der Elternzeit ihrer jüngsten Tochter hat die Autorin 2007 das Studium der Philosophie und Soziologie an der Technischen Universität in Darmstadt aufgenommen, welches sie, aller Voraussicht nach, noch in diesem Jahr mit dem Master of Arts ‚Technik und Philosophie‘ abschließen wird. Außerdem ist Karin Ulrich seit 2011 als Dozentin für Kommunikationstechniken und Teamentwicklung an der Hochschule Darmstadt tätig.
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Titel: Indexikalität und Fregescher Sinn: Eine Untersuchung zu den referentiellen Eigenschaften des Personalpronomen "ich"
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