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Intrasententielles Code-Switching: Eine linguistische Studie über ein natürliches Sprachkontaktphänomen

©2013 Masterarbeit 84 Seiten

Zusammenfassung

Derzeit gibt es ca. 7000 Sprachen auf der Welt und in Zeiten der Globalisierung ist es oft der Fall, dass ein Mensch mehrere Sprachen spricht: Bi- und Multilingualismus sind üblicher als Monolingualismus geworden. Gleichzeitig wandeln sich Sprachen. Sie gleichen sich an, breiten sich aus oder verschwinden. Dasselbe gilt für Dialekte. Diese Sprachwandelprozesse laufen langsam und schrittweise auf grammatikalischer Ebene ab. Sprachen und Dialekte werden von mehrsprachigen Personen gemischt, wenn sie mit anderen mehrsprachigen Personen sprechen.
Das Phänomen des Sprachmischens innerhalb von Sätzen wird im vorliegenden Buch aus mehreren Perspektiven betrachtet: Der erste Teil bietet einen Überblick über die aktuelle theoretisch-linguistische, neurolinguistische sowie psycholinguistische Forschung. Im empirischen Teil wird eine eigene Studie vorgestellt und es werden Ideen zur weiteren Forschung präsentiert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2
schen ab (Macha, 1994). Wenn es ein Merkmal von funktionell rückläufigen Min-
derheitssprachen ist, dass das Code-Switching eher innerhalb kleinerer linguisti-
scher Einheiten vorkommt, dann müsste dies somit auch für deutsche Dialekte
zutreffen. Die vorliegende Studie untersucht daher den Einfluss des Inputs auf das
Code-Switching mit Hilfe eines psycholinguistischen Experiments, in dem die Spra-
che von dialektsprechenden Personen unter dem Einfluss der Hochsprache beo-
bachtet wird. Hierfür wird das Bairische
3
herangezogen. Im Vergleich zu anderen
Dialekten wie hessisch oder niedersächsisch spricht ein größerer Teil der bairischen
Bevölkerung ihren Dialekt: In einer repräsentativen Umfrage durch das Institut
Allensbach, im Jahr 1983, gaben 65,7 Prozent der befragen Bayern an, dass sie ihren
Dialekt sprächen. Im Vergleich dazu gaben dies bei den Rheinland-Pfälzern 62,8
Prozent, bei den Hessen 56,1 Prozent, bei den Nordrhein-Westfälern 35,4 Prozent
und bei den Niedersachsen 34,7 Prozent an (Macha, 1994). Außerdem eignet sich
das Bairische für linguistische Studien gut, weil es bereits Literatur über die gram-
matikalischen Besonderheiten dieses Dialekts gibt.
Dieses Buch ist folgendermaßen aufgebaut: Kapitel 2 widmet sich dem theoreti-
schen Hintergrund und klärt zunächst einige terminologische Fragen. Da die Pro-
band_innen sowohl Bairisch als auch Standarddeutsch gelernt haben, werden in
Kapitel 2.1 einige Aspekte des monolingualen und bilingualen Spracherwerbs vorge-
stellt. Wie Code-Switching präziser definiert wird, vermittelt Kapitel 2.2. Zudem
gewährt dieses Kapitel einen Überblick über die linguistische Forschung, die sich mit
Code-Switching auf der Satzebene befasst: Empirische Studien und theoretische
Modelle werden vorgestellt. Auf der Basis der theoretischen Grundlagen mündet
Kapitel 2 nachfolgend in die Aufstellung der Hypothesen. Kapitel 3 präsentiert erst
die Methodik und Durchführung der vorliegenden Studie. Anschließend werden in
Kapitel 3.4 die phonologischen Phänomene und in Kapitel 3.5 die morpho-
syntaktische Phänomene beschrieben, die in der Sprache der Testpersonen beo-
bachtet wurden. Nach jedem der beiden Kapitel werden die Ergebnisse der Auswer-
3
Die zwei in der Literatur verwendeten Begriffe ,,bayerisch" und ,,bairisch" bezeichnen nicht ganz
das Selbe. ,,Bayerisch" ist ein politisch-administrativer Terminus, der den Namen des Gebiets be-
zeichnet und von König Ludwig 1. im Jahr 1825 eingeführt wurde. In der Sprachwissenschaft ver-
wendet man dagegen den Begriff ,,bairisch", wenn es um die Sprache in Altbayern, Österreich und
Südtirol geht (Zehetner, 2009).

3
tung (Phonologie und Morphosyntax) vorgestellt. Kapitel 4 stellt das Gesamtergeb-
nis der Studie und einige weitere Auffälligkeiten der Daten dar. Schließlich setzt die
Diskussion in Kapitel 5 die Ergebnisse der Analyse ins Verhältnis zu den linguisti-
schen Modellen und bisherigen Forschungen, die in Kapitel 2 behandelt wurden und
stellt Ideen für weitere Forschungsthemen vor. Kapitel 6 schließt das Buch mit einer
Zusammenfassung.

4
2
Theoretischer Hintergrund
2.1
Aspekte
des mono- und bilingualen Spracherwerbs
Die natürliche Sprache ist nicht von politischen Vorgaben determiniert, sondern
erstreckt sich mit fließenden Übergängen teilweise über mehrere Landesgrenzen
und variiert innerhalb eines Staates. Erworben wird die Sprache überall auf gleiche
Art und Weise.
Obwohl die menschliche Sprache eine äußerst komplexe Fähigkeit darstellt und der
sprachliche Input der Umwelt unvollständig ist, erwirbt ein Kind sie automatisch.
Wie Sprache ohne intellektuelle Anstrengung und trotz des mangelhaften Inputs so
erworben werden kann, dass ein Mensch mittels einiger Regeln unendlich viele
Sätze bilden kann, wird als Platos Problem bezeichnet (Chomsky, 1984). Chomsky
folgerte daraus, dass der menschliche Geist modular organisiert ist, mit Sprache als
einem eigenständigen Teil davon, (ähnlich wie es Fodor 1983 annimmt) und dass es
eine angeborene Universalgrammatik geben muss, die feste Prinzipien beinhaltet.
Parameter, die je nach Sprache variieren, werden durch den Einfluss der jeweiligen
Sprache beim Spracherwerb fixiert.
Lenneberg (1967) postulierte die Hypothese einer ,,Kritischen Periode" oder auch
,,Sensiblen Phase". Demnach ist das Gehirn nur während einer bestimmten Phase
für den Spracherwerb empfänglich. Nach dieser Phase, die ungefähr mit der Puber-
tät endet, ist kein muttersprachlicher Spracherwerb mehr möglich. Außerdem läuft
der Spracherwerb in bestimmten Phasen ab (Wendlandt, 1995):
Als erste sprachli-
che Komponente wird die Prosodie der Muttersprache erworben. Bereits im Alter
von sechs Monaten können Säuglinge anhand prosodischer Merkmale die eigene
Sprache von einer anderen unterscheiden (Jusczyk, 1997). Die Doppelsilben, die ab
dem achten Monat gebildet werden, sind für das Kind noch ohne semantische
Bedeutung, jedoch dienen sie dem Erwerb wohlgeformter Silben. Ab dem zehnten
Monat kann das Kind schon bestimmte Wörter benennen. Im Alter von eineinhalb
bis zwei Jahren beherrschen Kinder mehr als zehn und weniger als 50 Wörter,
daneben bilden sie schon Zweiwortsätze. Zwischen dem zweiten und dritten Le-

5
bensjahr beherrscht ein Kind Zweiwortsätze sicher und besitzt einen Wortschatz
von mindestens 50 Wörtern. Zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr kann
das Kind bereits fließend in komplexeren Sätzen sprechen. Bei gehörlosen Kindern
läuft der Spracherwerb ähnlich ab: Es gibt eine Lallphase, eine Einwort Phase, usw.,
jedoch erwerben viele gehörlose Kinder Gebärdensprache später, weil die Gebär
densprache nur bei gehörlosen Eltern ab der Geburt als Input vorhanden ist (Meier,
1991; Mayberry & Boudreault, 2006).
Zu beachten ist, dass es zeitliche Unterschiede bezüglich der sensiblen Phase in den
grammatischen Komponenten gibt: Das Lexikon wird das ganze Leben lang durch
neu hinzukommende Wörter erweitert (Broeder et al., 1988), während ein perfek
ter Erwerb der Phonologie bzw. Prosodie einer Sprache im Erwachsenenalter am
schwierigsten ist: Nicht Muttersprachler erkennt man meist am ausländischen
Akzent, selbst wenn sie einen elaborierten Wortschatz besitzen und die Syntax sehr
gut gelernt haben (Klein, 1996).
Als multilingual werden Personen bezeichnet, die zwei oder mehr Sprachen nahezu
muttersprachlich beherrschen (Paradis, 2008). Meist haben dabei die verschiede
nen Sprachen nicht den gleichen Status: Die Muttersprache oder Erstsprache, die
vor allem zu Hause im familiären Umfeld gesprochen wird, ist bei Bilingualen über
wiegend dominant, sie muss jedoch nicht das ganze Leben lang die dominante
Sprache bleiben (Foley & Thompson, 2003). Die Sprache, welche außerhalb der
Familie, vor allem in der Schule, erworben wird, wird nicht nur intuitiv gelernt,
sondern auch mit einem größeren metalinguistischen Wissen (Paradis, 2008). Auch
auf Kinder, die zuerst einen Dialekt erworben haben, trifft dies zu. In der Schule und
durch die Medien (Böhme Dürr, 1994) bekommen Kinder meist keinen dialektalen
Input, erwerben jedoch dafür die Standardsprache. Oftmals wird diese zur domi
nanteren Sprache. Bereits im Kindesalter (Albrecht, 2004) beginnen bilinguale
Kinder mit dem Code Switching, auf das im folgenden Kapitel eingegangen wird.

6
2.2
Code-Switching und Code-Mixing
Wie in der Einleitung bereits kurz erklärt, bezeichnet Code-Switching den Wechsel
von einer Sprache in eine andere (Auer, 2009). Dieses Phänomen kann durch situa-
tive, soziale Bedingungen beeinflusst werden wie die sprachliche Umgebung ­ so
unterscheidet sich z.B. die Sprache in einer Behörde von der Sprache innerhalb der
Familie - oder durch das Verhältnis zur Gesprächspartnerin / zum Gesprächspartner
(Bußmann, 2002). Des Weiteren beeinflussen rhetorische Absichten der Sprecherin
/ des Sprechers wie Ironie (Siegel, 1995) oder Expressivität das Code-Switching. Auf
formaler Ebene unterscheidet man das satzinterne Code-Switiching, das auch als
intrasententielles Code-Switching bezeichnet wird und das satzexterne Code-
Switching, das auch als intersententielles Code-Switching bezeichnet wird (Buß-
mann, 2002; Myers-Scotton, 1993). Code-Switching kann innerhalb von Äußerun-
gen, Sätzen und Phrasen auftreten und ist nicht auf die Wortebene beschränkt
(Auer, 2009). Innerhalb der linguistischen Forschung ist man mittlerweile von der
Annahme distanziert, dass es sich beim Code-Switching um ein Phänomen handelt,
das störende Elemente in eine Sprache einfügt (Cheng & Butler, 1989), sondern es
wird als ein Merkmal kompetenten bilingualen Sprechens angesehen und ist bei
bilingualen Sprecher_innen in der Kommunikation eher die Norm als eine Ausnah-
me (Sridhar & Sridhar, 1980). Vom Code-Switching abzugrenzen ist das Code-
Mixing. Bei Linguist_innen existieren kontroverse Meinungen über die unterschied-
lichen Bedeutungen der beiden Termini. Auer (1999, 2009) bezeichnet Code-
Switching als einen Vorgang des Wechsels zwischen Sprachen, bei dem eine Sprache
bevorzugt wird, also als Matrixsprache fungiert
4
. Des Weiteren versteht er unter
Code-Switching die Formen des Wechsels, die eine stilistische Funktion haben und
4
Die Matrixsprache wurde von Myers-Scotton (1993) qualitativ und quantitativ beschrieben. Quanti-
tativ ist sie die Sprache, die mehr Elemente in einen Satz einfügt (im Gegensatz zur eingebetteten,
weniger dominanten Sprache). Qualitativ gesehen, beschreibt sie die Matrixsprache als diejenige
Sprache, deren Wortordnung auf der Morphemebene eingehalten wird (Morpheme Order Principle)
und die Sprache aus der die grammatikalischen Morpheme, z.B. Suffixe, stammen (System Morphe-
me Principle). Da diese Beschreibung durch Gegenbeispiele in Frage gestellt wurde (MacSwan, 2005;
MacSwan, persönl. Kommunikation), präzisierte Myers-Scotton diese Beschreibung und teilte die
Morpheme in vier verschiedene Typen ein (4M model), für die sie je nach Typ Beschränkungen für
das Code-Switching herleitete (Myers-Scotton & Jake, 2000; Myers-Scotton, 2004). Dieses Modell
soll aus Platzgründen nicht weiter expliziert werden. In dieser Arbeit wird unter der Matrixsprache
die Sprache verstanden, welche die meisten Morpheme im Satz beisteuert.

7
eher satzübergreifend sind.
Demgegenüber bezeichnet er das Code-Mixing als ein
Mischen von Sprachen, das innerhalb von Sätzen stattfindet und von bestimmten
Regeln determiniert wird. Ritchie und Bhatia (2004) verstehen unter Code-Switching
eine Form des Alternierens zweier Sprachen, das von sozialen und psychologischen
Faktoren motiviert wird und bei dem die Diskursprinzipien entscheidend sind. Im
Gegensatz dazu sei das Code-Mixing intrasententiell und von grammatischen und
psychologischen Prinzipien beeinflusst. Geht es um rein sprachliche, grammatikali-
sche Aspekte, wird in den Texten der Begriff Code-Switching bevorzugt gebraucht.
Cheng und Butler (1989) untersuchten, wie viel Code-Switching in einer Sprache
zulässig ist, damit diese noch als wohlgeformt angesehen werden kann.
Belazi et al.
(1994) untersuchten Daten arabisch-französischer sowie spanisch-englischer Spre-
cher mit Hilfe der Beschränkungen der X-bar-Theory (Chomsky, 1970) und zeigten,
dass das Code-Switching durch den Functional Head-Constraint beschränkt wird
5
.
Da in der vorliegenden Arbeit ebenfalls grammatikalische Aspekte anhand der
erhobenen Daten betrachtet werden und eine Matrixsprache, nämlich der bairische
Dialekt, vorliegt, wird im Folgenden der Begriff Code-Switching verwendet. Außer-
dem soll dieses Phänomen aus psycholinguistischer, neurolinguistischer sowie
grammatiktheoretischer Perspektive betrachtet werden. Hierzu werden zunächst
Arbeiten und Studien vorgestellt, die sich mit Hilfe neurolinguistischer Methoden,
syntaktischer Theorien (vor allem dem Minimalistischen Modell) oder der Optimali-
tätstheorie mit Code-Switching befasst haben.
2.2.1
Neurolinguistische Studien zum Code-Switching
Mittels bildgebender Verfahren, z.B. Magnetresonanztomografie (MRT), ist es
möglich, Hirnaktivität in bestimmten Bereichen des Gehirns festzustellen (Kandel et
al., 1996). Das Sprachzentrum, das aus verschiedenen Arealen besteht, liegt bei
5
Code-Switching sei demnach zwischen einem funktionalen Kopf und dessen Komplement be-
schränkt. Nicht erlaubt sei das Code-Switching z.B. zwischen C
0
und IP, zwischen I
0
und VP, zwischen
D
0
und NP, zwischen Neg
0
und VP sowie zwischen Q
0
und NP.

8
etwa 90 Prozent der Menschen in der linken Großhirnrinde (Huber et al., 2006). Nur
bei 1-2 Prozent der Menschen ist die rechte Hemisphäre sprachdominant oder die
Sprachverarbeitung verteilt sich gleich auf beide Hemisphären. Die rechte Hemi-
sphäre verarbeitet in der Regel Musik, Prosodie und auswendig gelernte Sprache
(Thiel, 2006), weshalb Patienten mit neurogenen Sprachstörungen (Aphasien)
bekannte Gedichte oder Zahlenreihen aufsagen können, selbst wenn sie in Alltagssi-
tuationen Sprachproduktions- oder Sprachverständnisprobleme haben. Unbestrit-
ten ist also in der Linguistik und der Kognitionsforschung, dass es neuronale Korrela-
te sprachlicher Prozesse gibt.
6
Angesichts der vielen Menschen, die mehr als eine
Sprache beherrschen, stellen sich schon seit langem Neurolinguist_innen die Frage,
ob die Sprachen getrennt im Gehirn verarbeitet werden, ob es sprachunspezifische
Überlappungen gibt und die Sprachen in einem System verankert sind, oder ob es
eine dritte sprachunabhängige Komponente gibt, welche die mentalen Lexika der
Sprachen verbindet (Paradis, 1980; 1981).
Das Code-Switching, das als Verbindung der Sprachen fungiert, ist daher neurolingu-
istisch gesehen ebenfalls interessant. Price et al. (1999) führten eine Studie mittels
Positronen-Emissions-Tomographie (PET) durch, in der sechs Probanden, die
deutsch und englisch beherrschten, Wörter lesen oder übersetzen sollten. Mal
wurden die Wörter in nur einer der beiden Sprachen präsentiert und mal wechselte
die Sprache. Außerdem sollten sie englische oder deutsche Wörter in die jeweils
andere Sprache übersetzen. Beim Wechsel der Sprachen war der supramarginale
Gyrus, der mit Sprachverständnis und Wortwiedererkennung assoziiert wird, aktiver
als beim Benennen in nur einer Sprache. Die Übersetzung steigerte im Gegensatz
zum Lesen die Aktivität im anterioren Cingulum (assoziiert mit Aufmerksamkeit) und
in bilateralen subkortikalen Strukturen, die für Planung, und Kontrolle von Bewe-
gungen verantwortlich sind. Im dorsolateralen präfrontalen Cortex, der mit Verhal-
tenskontrolle, Entscheidung, Verknüpfung von Stimuli je nach Kontext sowie Reak-
tionsinhibition assoziiert wird, konnte keine Aktivitätssteigerung gemessen werden.
Ein ähnliches Ergebnis zeigten die Studien von Hernandez et al. (2001) und Hernan-
dez (2009). Diese Studien wurden mit funktioneller MRT durchgeführt und dieses
6
Korrelation bedeutet jedoch aus methodischer Sicht (Bortz, 2005) weder Identität noch Kausalität.

9
Mal bekamen die bilingualen (spanisch-englisch sprechenden) Proband_innen
Bilder präsentiert, die sie benennen mussten. Sollten sie die Bilder auf Englisch
benennen, dann erschien vor der Präsentation das Wort ,,say" (dt. sag), sollten sie
es auf Spanisch benennen, dann erschien vor dem Bild das Wort ,,diga" (dt. sag).
Wenn die Versuchspersonen die Bilder immer nur in einer Sprache benannten, dann
konnte eine vermehrte Aktivität im linken Temporallappen (der beim Sprachver-
ständnis involviert ist) beobachtet werden, während beim Wechsel zwischen Spra-
chen eine höhere Aktivität im superioren Parietallappen gemessen wurde. Der
superiore Parieteallappen ist für die Anpassung an veränderte Reize und für Auf-
merksamkeit zuständig. Überdies war die Aktivität im dorsolateralen präfrontalen
Cortex erhöht, was sich nicht mit der Studie von Price et al. (1999) deckt. Schließlich
führten Franceschini et al. (2004) ein weiteres Experiment durch, in dem dieses Mal
der Wechsel der Sprachen auf Satzebene neurolinguistisch erforscht werden sollte.
In diesem MRT-Experiment wurden die mehrsprachig kompetenten Proband_innen
dazu aufgefordert, Auszüge aus dem ersten Harry Potter-Band zu lesen, wobei die
Sprache nach jedem Satz wechselte. Außerdem wurde darauf geachtet, welche
Kompetenzunterschiede die Versuchspersonen in den gelernten Sprachen hatten.
Das heißt: wann sie die Sprachen erworben haben und wie bzw. wie oft sie die
Sprachen im Alltag verwenden. Das Ergebnis war, dass bei Testpersonen, die einen
großen Kompetenzunterschied zwischen der zuerst erworbenen Sprache und der
als zweites erworbenen Sprache hatten, eine höhere Aktivität der rechten Hemi-
sphäre zu beobachten war. Des Weiteren wurden, wie in den Studien von Hernan-
dez et al. (2001) und Hernandez (2009), durch das Umschalten von der einen zur
anderen Sprache vermehrt Areale aktiviert, die mit der Ausrichtung der Aufmerk-
samkeit in Verbindung stehen, z.B. der dorsolaterale präfrontale Cortex.
Somit kann aus diesen Studien gefolgert werden, dass das Code-Switching an sich
nicht hauptsächlich Arale im Gehirn beansprucht, die für Sprache zuständig sind,
sondern dass auch Areale, die für Aufmerksamkeit zuständig sind, zwischen den
Sprachen eine Vermittlungsfunktion haben könnten. Zudem wurden oft Gebiete im
Gehirn aktiv, die für die Inhibition von Reizen verantwortlich sind. Dies könnte
darauf hinweisen, dass die Hypothese Greens (1998) bestätigt wird. Er nahm an,
dass bei bilingualen Sprecher_innen bei der Verwendung einer Sprache, die jeweils

10
andere gehemmt werden muss. Die Aufgabenstellungen der Studien beschränken
sich entweder auf die Wortebene oder geben den Wechsel von Sprachen auf der
Satzebene vor. Die Versuchspersonen konnten bei den Benennexperimenten nicht
selbst wählen, wann sie in die Sprache wechseln, was sie sonst im alltäglichen
Gespräch tun. Bislang fehlen Studien, die sich auf der Diskursebene abspielen.
Studien mit natürlichem Code-Switching zwischen Gesprächspartnern können aus
technischen Gründen noch nicht durchgeführt werden. Es konnte auch bisher keine
Folgestudie begonnen werden, die ,,aktive Codeswitcher mit demselben Paradigma
[...] konfrontier[t]" (Franceschini et al. 2004: 128; persönl. Kommunikation), jedoch
sind solche Studien in Planung. Bis dahin könnte die psycholinguistische Forschung
diese Lücke füllen und die theoretische Linguistik das Fundament dafür bereitstel-
len. Im Folgenden wird das Code-Switching mittels syntaktischer sowie phonologi-
scher Modelle betrachtet.
2.2.2
Code-Switching im Minimalistischen Modell
Eine Reihe von Forschungsarbeiten existiert, die das Code-Switching mit Hilfe der
generativen Syntaxtheorien erklären. Anfänglich haben Syntaktiker_innen Be-
schränkungen für das Code-Switching an sich formuliert (MacSwan, 2004). Z.B.
postulieren Belazi, Rubin und Toribio (1994) (siehe oben, Kapitel 2.3), dass Struktu-
ren bei denen der gesamte Verbalkomplex in einer Sprache realisiert wird wohlge-
formter sind, als Verbalkomplexe, bei denen dies nicht der Fall ist.
Woolford (1983) gestaltete ihr Modell im Rahmen der generativen Syntax dagegen
so, dass die Beschränkungen nicht das Code-Switching spezifizieren sondern, dass
sich die Grammatikalität der gemischten Formen nach den Beschränkungen der
involvierten Sprachen richtet (siehe Abbildung 1).

11
Abbildung 1: Woolfords (1983: 523) integratives Grammatikmodell am Beispiel des
Englischen und Spanischen
In ihrem Modell generieren zwei separate Grammatiken einen hybriden Phrasen-
strukturbaum (siehe Abbildung 1), wobei die sprachspezifischen Lexika getrennt
sind und die hybride Struktur in der Syntax zustande kommt. Das Problem bei dieser
Struktur sind Sprachen, die nicht die gleiche Wortordnung haben, denn diese wären
in Woolfords Modell nicht miteinander kombinierbar. Außerdem prognostiziert
dieses Modell, dass Code-Switching zweier syntaktisch ähnlicher Sprachen immer
wohlgeformte Sätze ergibt. Hierzu gibt es jedoch Gegenbeispiele (MacSwan, 2004).
MacSwan (2004) entwickelte ein Modell auf der Basis von Chomskys (1995) Mini-
malistischem Modell. Dieses besteht aus mehreren Komponenten, die zusammen

12
das menschliche Sprachvermögen bilden (Chomsky, 1995)
7
. Aus dem mentalen
Lexikon werden zunächst diejenigen Elemente selegiert, welche für die Äußerung
benötigt werden und in eine weitere Komponente, die Numeration ungeordnet
eingesetzt. Innerhalb des mentalen Lexikons finden laut Chomsky morpho-
phonologische Wortbildungsprozesse wie z.B. Affigierung statt. Eine Operation, die
Merge genannt wird, verwendet die Elemente aus der Numeration und bildet
daraus hierarchisch organisierte syntaktische Elemente. Anschließend bildet die
Operation Move aus den syntaktischen Elementen neue Strukturen. Mittels der drei
Operationen Select, Merge und Move werden somit Phrasenstrukturen ganzer Sätze
gebildet. Diesen Vorgang bezeichnet man als Derivation. Die drei Operationen
laufen ab, bis alle Elemente in der Numeration aufgebraucht sind. Es dürfen in der
erzeugten Struktur nur Elemente enthalten sein, die auch in der Numeration enthal-
ten waren, was eine Erfordernis der Inklusiv-Bedingung ist (Grewendorf, 2002).
Bewegung (Move) kann overt oder kovert ablaufen. Overte Bewegungen werden
von starken Merkmalen ausgelöst, die auf der Phonetischen Form (PF) in Erschei-
nung treten, während koverte Bewegungen bei Merkmalen applizieren, die nur auf
der Logischen Form (LF) sichtbar sind. Durch die Operation Spell-Out wird der ent-
standene Satz ausgesprochen.
MacSwans (2004) Modell des bilingualen Sprachvermögens sieht vor, dass es für
jede Sprache ein mentales Lexikon gibt.
7
Die folgende Beschreibung gibt Chomskys (1995) Modell verkürzt (aber nicht wörtlich) wieder. Die
Quelle ist also in diesem Absatz (soweit es nicht anders angegeben ist) Chomsky (1995).

13
Abbildung 2: MacSwans (2004: 301) Minimalistisches Modell der bilingualen Spra-
che
Für die Numeration werden Elemente aus beiden Sprachen selegiert. Danach wer-
den die Elemente und deren Merkmale so überprüft, wie monolinguale Merkmale
überprüft werden, damit die Derivation konvergiert. MacSwan (2004) formalisiert
somit die Grammatik des Code-Switchings als die Vereinigung zweier mentaler
Lexika ohne vermittelnde Mechanismen, welche sich nur auf das Code-Switching
selbst beziehen. MacSwan schließt die Möglichkeit des Code-Switchings innerhalb
PF aus, weil phonologische Regeln (im Unterschied zur Syntax) in Bezug aufeinander
geordnet sind und diese Ordnung sich von Sprache zu Sprache unterscheidet:
,,[S]uppose that a PF component PF
x
contains rules ordered such that R1 > R2 >
and R3 > R4, and suppose that in PF
y
rules are ordered such that R1 < R2 and R3 <
R4. Then the union of PF
x
and PF
y
will have no ordering relations for Rn"
(MacSwan, 2004: 299).
Wenn also die beiden PF-Komponenten beim Code-Switching vereinigt sind, dann
besitzen sie in dieser Theorie keine geordneten Regeln mehr. Daraus folgt, dass z.B.
beim Code-Switching die Affigierung eines gebundenen Morphems mit einem freien
Morphem nicht möglich sein kann, wenn das freie Morphem phonologisch nicht in
die Sprache des gebundenen Morphems integriert ist (auch bekannt als Free Mor-

14
phem Constraint (Sankoff & Poplack, 1981)). Aus MacSwans Modell folgt ebenfalls,
dass Code-Switching innerhalb von Wortgrenzen nicht möglich sein kann. Die Idee
der geordneten Regeln stammt aus der Optimalitätstheorie, um die es im nächsten
Kapitel gehen wird.
2.2.3
Code-Switching in der Optimalitätstheorie
Bhatt (1996) nimmt auf der Grundlage der Optimalitätstheorie eine Analyse von
Code-Switching-Daten aus der Literatur vor. Diese Theorie wurde von Prince und
Smolensky (1993) entwickelt. Auch diese Theorie ist generativ und es gibt in ihr
ebenfalls universelle und nicht-universelle Komponenten: Eine Menge von gramma-
tischen Beschränkungen
8
bzw. Constraints (die universellen Komponenten) sind in
verschiedenen Sprachen unterschiedlich geordnet bzw. gerankt und ergeben somit
die Grammatik der jeweiligen Sprache. Höher gerankte Constraints haben in einer
Sprache die höhere Priorität als alle anderen Constraints (Prince & Smolensky,
2004). Eine (potentiell unendliche) Menge von Kandidaten wird mittels eines Me-
chanismus (GEN) zu einem Input (z.B. einer Tiefenstruktur) generiert und anschlie-
ßend mit Hilfe der geordneten Regeln evaluiert. Die Kandidaten können Constraints
verletzen, wobei die Verletzung der Constraints je schwerwiegender ist, desto
höher ein Constraint gerankt ist. Abbildung 3 illustriert diesen Prozess.
Abbildung 3: Evaluation verschiedener Kandidaten (Kager, 1999: 8)
8
Es gibt Markiertheitsbeschränkungen, die Merkmale festlegen, welche der optimale Kandidat einer
Sprache besitzen soll (sodass unmarkierte Formen gegenüber markierten Formen bevorzugt wer-
den); Treuebeschränkungen, die das Verhältnis von Input und Output regeln (das möglichst gleich
sein soll) sowie Alignmentbeschränkungen, die das Verhältnis an den Rändern zweier sprachlicher
Ebenen (z.B. einem prosodischen Wort und einer Morphemgrenze) ausrichten.

15
Schließlich ist derjenige Kandidat der optimale Output, der im Vergleich zu anderen
Kandidaten lediglich gegen die am niedrigsten gerankten Constraints verstößt.
Wenn Kandidaten gegen den selben Constraint verstoßen, wird der nächstniedrige-
re Constraint zur Evaluation herangezogen und der Kandidat, welcher nicht gegen
diesen niedrigeren Constraint verstößt, ist der optimale Kandidat. Die Evaluation
wird in Form von Tabellen (Tableaus) dargestellt:
C
1
C
2
a.
candidate a
*
b.
candidate b
*!
Tabelle 1: Tableau (Kager, 1999: 13)
Sind zwei Constraints gleich gerankt, wird dies mit einer gepunkteten oder gestri-
chelten Linie zwischen den Constraints verdeutlicht. Hier verstößt Kandidat a) gegen
C
2
, wobei das Ranking von links nach rechts geordnet ist (vom höher zum niedriger
gerankten Constraint). Daher ist a) der optimale Kandidat (gekennzeichnet durch
die Zeigehand) und b) ist nicht optimal. Diese fatale Verletzung wird durch das ,,!"
dargestellt. Die Optimalitätstheorie eignet sich gut für die Beschreibung des Code-
Switchings, da Regeln verletzt werden können und man Code-Switching als eine
Verletzung der Wohlgeformtheit einer Sprache durch Strukturen einer weiteren
Sprache bezeichnen kann. Bhatt (1996) nimmt an, dass es beim Code-Switching eine
Matrixsprache gibt. Laut Bhatt besteht das Code-Switching darin, dass Elemente
einer Sprache, die eine Menge von Wohlgeformtheitsbedingungen (WF) besitzt, in
eine andere Sprache wechseln. Diese andere Sprache besitzt ebenfalls eine Menge
von Wohlgeformtheitsbedingungen. Während des Code-Switchings wird die Wohl-
geformtheit einer sprachlichen Einheit nach Bhatt um ein gewisses Maß reduziert,
wenn eine Konstitutente gegen einen speziellen Constraint verstößt. Weiterhin
nimmt Bhatt, ähnlich wie MacSwan (2004) an, dass es keine Regeln gibt, die sich per
se auf das Code-Switching beziehen, sondern die Regeln ergeben sich aus der Inter-
aktion von Constraints, die je nachdem, welche Sprachen involviert sind, anders
gerankt werden. Folgende Constraints nennt Bhatt (1996: 370 vom Englischen ins
Deutsche übersetzt):

16
-
,,*S
TRUC
: Die syntaktische Struktur muss minimal konstruiert werden. Die
Wortordnung der Matrixsprache soll bevorzugt werden.
-
F
AITHFULNESS
: Die phraseninterne Struktur muss von den WF-Bedingungen
ihrer Sprache determiniert sein.
-
*S
PEC
: Vermeide geswitchte Spezifikatoren lexikalischer Projektionen.
-
M
AX
S
WITCH
: Strukturell größere Einheiten sind zu bevorzugen.
-
E
QUIVALENCE
: Bevorzuge Code-Switching, bei dem ähnliche Oberflächen-
strukturen zweier Sprachen erhalten bleiben."
Diese Constraints sind sehr allgemein gehalten, weshalb die in der Studie erhobe-
nen Daten meist mit spezifischeren Constraints analysiert werden. Außerdem wird
in dieser Studie darauf geachtet werden, welcher der von Bhatt genannten
Constraints am ehesten auf die dialektalen Phänomene zutrifft. Insgesamt kann
man also folgern, dass durch das Code-Switching bestimmte Wohlgeformtheitsbe-
dingungen einer Sprache verletzt werden, aber es muss dabei trotzdem eine insge-
samt wohlgeformte Struktur realisiert werden.
2.3
Hypothesen
Der Dialekt stellt eine interessante Grundlage für die Erforschung des Code-
Swichings dar, weil es, wie in Kapitel 1 bereits erklärt, einerseits grammatikalische
Strukturen gibt, die sich mit denen der Hochsprache überlappen und andererseits
Strukturen, die mit denen der Hochsprache differieren. Außerdem kann davon
ausgegangen werden, dass Dialektsprecher_innen beide Sprachen gelernt haben.
Das Code-Switching soll eingebettet in ausgewählte Phänomene des Bairischen, die
sich zum großen Teil vom Hochdeutschen unterscheiden, betrachtet werden.
Anders als in den meisten Studien zum Code-Switching werden nicht nur morpho-
syntaktische, sondern auch phonologische Phänomene analysiert. Dies gewährleis-
tet das Code-Switching differenziert, also nach linguistischen Ebenen getrennt, zu
untersuchen. Zudem soll herausgefunden werden, ob sich das Code-Switching in
bestimmten sprachlichen Situationen unterscheidet bzw. vom sprachlichen Input

17
beeinflusst werden kann.
Rindler-Schjerve (2004) konnte bereits zeigen (s.o., Kapitel
1), dass der alltägliche Einfluss einer Standardsprache bewirkt, dass die Minder-
heitssprache mehr von grammatikalischem, intrasententiellem Code-Switching in
die Standardsprache und wieder zurück, durchsetzt ist. Deshalb wird bairisch spre-
chenden Testpersonen, während sie ihren Dialekt sprechen, hochdeutscher Input
vorgegeben. Unter dieser Bedingung wird erwartet, dass durchschnittlich weniger
bairische Sprachphänomene produziert werden, als bei dialektalem Sprachinput in
einer natürlichen Dialogsituation. Aufgrund des dauerhaft unterschiedlichen Inputs
in zwei Bedingungen wird ein signifikanter Unterschied prognostiziert. Es soll somit
folgende Hypothese angenommen werden (H
1
): Der Mittelwert der bairisch reali-
sierten Phänomene, die in der bairischen Bedingung (D) produziert wurden, ist
größer als der Mittelwert der Phänomene, die in der hochdeutschen Bedingung (H)
produziert wurden:
H
1
: H < D
H
0
: H D
Die Nullhypothese (H
0
) besagt das Gegenteil und soll zurückgewiesen werden. Es
handelt sich folglich um eine gerichtete Hypothese.
Nicht nur das quantitative Sprachverhalten der Versuchspersonen soll in beiden
Bedingungen betrachtet werden, sondern auch das qualitative. Code-Switching ist
zweifelsohne per se ein qualitatives Merkmal einer Sprachsituation. In dieser Arbeit
werden jedoch für die qualitative Analyse des Code-Switchings folgende Punkte
berücksichtigt: Weil als Sprachsystem ein generatives System angenommen wird,
das aus universellen Prinzipien besteht und aus Parametern, die in einer Sprache
zutreffen und in einer anderen nicht (siehe Kapitel 2.1), wird sich die Art und Weise
des Code-Switchings in beiden Bedingungen nicht unterscheiden: In beiden Bedin-
gungen wird das selbe Sprachsystem operieren, in dem die produzierten Sätze
generiert werden (vgl. die Modelle in Kapitel 2.1). Wenn grammatikinterne Gründe
für die Art und Weise des Sprachwechsels verantwortlich sind, dann müssen ver-
schiedene grammatikalische Phänomene innerhalb einer Bedingung unterschiedlich
oft realisiert werden, weil jedes Phänomen einen für sich spezifischen Generie-

18
rungsprozess durchläuft. Zwischen beiden Bedingungen wird es qualitative Paralle-
len geben: Insgesamt robuste bairische Phänomene kommen dann eher in beiden
Bedingungen oft vor. Kann man in der einen Bedingung den Kontext des Code-
Switchings für ein bestimmtes Phänomen (nicht) vorhersagen, dann kann man dies
in der anderen Bedingung ebenfalls (nicht). Alle qualitativen Aspekte sollen in der
zweiten Hypothese (H
2
) zusammengefasst werden: Die zweite Hypothese prognos-
tiziert, dass der Input keinen nennenswerten Einfluss auf die Qualität des Code-
Switchings hat.
2.4
Methodologische Vorüberlegungen
Wie oben bereits erwähnt, stellt die Beschäftigung mit Dialekten die Linguistin und
den Linguisten vor einige Herausforderungen nämlich:
-
Dialekte sind von Gegend zu Gegend verschieden. Innerhalb des bairischen
Sprachraums gibt es auch viel sprachliche Variation.
-
Es gibt keine einheitliche Verschriftlichung des Bairischen, sondern nur
Schreibweisen, die sich in einigen Standardwerken etabliert haben. So
weicht die Schreibweise Zehetners (1985, 2005) und Merkles (1975) stark
von der Schreibweise Weiß` (1998) ab.
-
,,Vieles, was bairisch ist, ist nicht in ganz Bayern einheitlich verbreitet"
(Zehetner, 2005: 14).
-
Ist man als Sprachwissenschaftler_in selbst nicht dieses Dialekts mächtig,
kann man nicht die eigene sprachliche Intuition heranziehen, um Ausnah-
men zu identifizieren.
Dies heißt jedoch nicht, dass man aufgrund dieser Schwierigkeiten die Thematik
,,Dialekte" in der Forschung meiden sollte. In der vorliegenden Arbeit wird eine
Methodik verwendet, in der es unbedeutend ist, ob ein Phänomen einheitlich ist, in
wieweit ein Phänomen in ganz Bayern oder nur in bestimmten Gegenden verbreitet

19
ist, oder ob die Linguistin / der Linguist selbst den Dialekt beherrscht. Wichtig ist in
dieser Arbeit, ob bairische Phänomene auftauchen, in welchem Kontext und wie
häufig sie in verschiedenen Bedingungen realisiert werden. So kann verglichen
werden, welche bairischen Phänomene in einer Code-Switching-Situation am häu-
figsten durch hochdeutsche ersetzt werden.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783955498405
ISBN (Paperback)
9783955493400
Dateigröße
1.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Erscheinungsdatum
2013 (Juni)
Note
2
Schlagworte
Sprachkontakt Mehrsprachigkeit Linguistik Psycholinguistik Sprachwandel Studie

Autor

Teresa Grimm (M.A.) studierte Kognitive Linguistik mit den Schwerpunkten Klinische Linguistik sowie Psycho- und Neurolinguistik an der Goethe-Universität in Frankfurt. Sie sammelte zudem Erfahrungen als Sprachtherapeutin in neurologischen Rehabilitationskliniken und arbeitete als studentische Hilfskraft am Institut für Musikwissenschaft und am Institut für Linguistik an der Universität Frankfurt. Fasziniert von den Eigenheiten der unterschiedlichen Fremdsprachen, die sie in der Schule und an der Universität gelernt hatte (Englisch, Französisch, Latein, Dänisch, Türkisch und Deutsche Gebärdensprache), entwickelte die Autorin ein besonderes Interesse daran, sich wissenschaftlich mit Mehrsprachigkeitsphänomenen zu befassen.
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Titel: Intrasententielles Code-Switching: Eine linguistische Studie über ein natürliches Sprachkontaktphänomen
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