Film-Initiation: Das erste bedeutende Filmerlebnis als Initiation für einen cinéphilen oder cineastischen Lebensweg
Zusammenfassung
Der gemeinsame Schlüssel aller fünf untersuchten Fälle ist die individuelle Identifikation innerhalb des einzelnen Films, welche abhängig ist von der persönlichen Struktur des Individuums und den im filmischen widerhallenden Resonanzflächen des einzelnen Subjekts. Es wird deutlich, welche Kraft in der Beziehung zwischen Film und Rezipient steckt und dass die Bindung zwischen einem Filmwerk und einem individuellen Zuschauer ein Leben lang andauern kann.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
3. Methodik
3.1. Qualitative Medien(biographie)forschung
Die methodische Grundlage für die hier vorliegende Studie ist ein qualitativer Forschungsansatz, wie er in der Medienforschung und im speziellen in der Medienbiographieforschung zur Anwendung kommt. Qualitative Methoden wurden zuerst in der Sozialforschung entwickelt, aus dem Wunsch und der Notwendigkeit heraus, "soziale Phänomene nicht um jeden Preis in Form von zählbaren Einheiten abzubilden und auf ihre quantifizierbaren Merkmale zu reduzieren, sondern in ihrer nicht-zählbaren Eigenart, Vielschichtigkeit, Widersprüchlichkeit und Dynamik zu bewahren und zur Geltung kommen zu lassen." (Bergmann 2006: 17). In der vorliegenden Untersuchung wird abweichend von bisherigen Betrachtungen in der Filmtheorie[1] ein spezifisches Filmerlebnis im biografischen Kontext eines spezifischen Rezipienten betrachtet, welcher dieses Filmerlebnis als erstes bedeutendes Filmerlebnis in seinem Leben erinnert.
Daraus resultierend soll hier ein kurzer Einblick in die Medienbiografieforschung gegeben werden, um im Anschluss die Ableitung der für diese Arbeit entwickelten Methodik darzustellen: In der Medienbiographieforschung fand Anfang der 1980er Jahre ein Paradigmenwechsel[2] von der wirkungs- zur handlungstheoretischen Forschung statt. Der Mediennutzer wurde nicht mehr ausschließlich als passiver Konsument, auf den die Medien einwirken, gesehen, sondern als aktiv handelndes Subjekt begriffen. Daraus ergab sich die Forderung nach qualitativen und interpretativen Mitteln für die medienbiografische Forschung (vgl. Schoett 2009: 18f) wie die von dem Frankfurter Soziologen Ulrich Oevermann entwickelte Methode der objektiven Hermeneutik, deren Kern das wechselseitige Bedingungsverhältnis von Theorie und Methode ist, das heißt beide müssen als zwei Elemente einer Einheit verstanden werden und werden wechselseitig verschnürt (bootstrapping). Theorie versteht sich hier als aus der Lebenspraxis bzw. einzelnen Fällen generierte, theoretische Aussagen, die man als "geronnene Lebenspraxis" bezeichnen könne (vgl. Garz/ Ackermann 2006: 324/325). Oevermann rekonstruiert die "Sinnstrukturiertheit von Welt", in dem eine in fünf Schritte strukturierte Analyse vorgenommen wird: 1. Festlegung der Fragestellung, 2. Feststellung des Texttyps bzw. Materials (Interview, Bild, Film o.ä.), dazu gehört die genaue Betrachtung des Inhalts, sowie der Rahmenbedingungen der Entstehung, 3. Sequenzanalyse als Rekonstruktion der Lebenspraxis durch Rekonstruktion der Regeln ihrer Erzeugung und ihrer Auswahl, 4. extensive Sinnauslegung oder Interpretation und 5. Strukturhypothese im Hinblick auf die Fragestellung (vgl. Garz/Ackermann 2006: 330/331). Für die methodische Umsetzung verweist Oevermann auf "Sachhaltigkeit", dies bedeute, nicht mit vorgeprägten bzw. feststehenden Begriffen und Kategorien an die "Wirklichkeit" heranzugehen, sondern das Material (die Sache) selbst zum Sprechen zu bringen. (vgl. Garz/Ackermann 2006: 341)
3.2. Entwicklung eines individuellen Forschungsansatzes
Die Aufgabenstellung, ein als besonders wahrgenommenes Filmerlebnis im Kontext einer individuellen Biographie zu untersuchen, impliziert eine Beziehung zwischen einem spezifischen Individuum, dessen Biographie und einem für diesen Menschen einzigartigen Filmwerk und berührt somit mehrere Forschungsansätze. Erstens die Biographieforschung als Grundlage für das Rollenverständnis des individuellen Lebenslaufs, zweitens die Medienforschung, aus der heraus die Rezeption des Mediums Film als Medienhandlung definiert werden kann, und drittens die Rezeptionsanalyse aus dem filmtheoretischen Hintergrund heraus, wie er in Kapitel 2 beschrieben ist. Wobei letztere sowohl die Wirkung des Films auf den Rezipienten meint, als auch die Wahrnehmung dieses Films vor, während und nach der Rezeption, sowie die Resonanz zwischen Film und Rezipient, die anhand seiner Erinnerungen untersucht wird (siehe Abb. 1).
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Beziehungsdiagramm - Abb. 1
Die Biographieforschung geht davon aus, dass dem Mensch in der modernen Gesellschaft ein "lebensgesellschaftlicher Handlungsprozess gesellschaftlich abverlangt wird. [...] [Er] thematisiert und strukturiert seine Handlungen und Erfahrungen in der sozialen Umwelt." (Schoett 2009: 57). Dadurch konstituiert er sich als Subjekt und Individuum. Seine Biographie wird nicht mehr durch einen von der Gesellschaft vorgegebenen Status bestimmt, wie in der Prä-moderne, sondern ist als Prozess zu verstehen, der aus Erfahrungen, Handlungen und Reflektionen resultiert und im Austausch zwischen Individuum und Gesellschaft fortlaufend revidiert wird. Die biographische Arbeit dient der Selbstverortung des Individuums in der Gesellschaft und formt somit individuelle und soziale Identität. Sie ist nicht unbedingt bewusste Aktivität, sondern eher eine soziale Praxis innerhalb der kommunikativen Interaktionen im Alltag und kann als dem Bewusstsein immanentes Wissen reflektiert werden, muss aber nicht. (vgl. Schoett 2009: 57, Henzler 2013: 152f)
Gegenstand der Medienforschung ist in der Regel eine Gruppe von Medien oder ein bestimmtes Medium sowie deren politische, soziale oder kulturelle Rolle(n) und Wirkung(en). Im Kontext der Sozial- und Kommunikationswissenschaft wird das mediale Verhalten bestimmter Gruppen oder Individuen untersucht. Hier kreuzen sich die Medien- und die Biographieforschung und führen zu der Definition von Medienbiographie als Erzählung der Bedeutung von Medien respektive Medien-handlungen im Leben der Biografin oder des Biografen. Knut Hickethier beschreibt in seinem Artikel Medienbiographien - Bausteine für eine Rezeptionsgeschichte den Einfluss von Medienhandlungen auf die Lebensgeschichte und die Bedeutung der Medienbiographie als Arbeit an der Erinnerung. Dabei unterscheidet er die erinnerten Medienhandlungen in Medienroutine und Medienereignisse. (vgl. Hickethier 1982: 206, 212) Diese Unterscheidung ist ausschlaggebend für die vorliegende Erforschung einer prägenden Wirkung eines Films auf die Biographie des Rezipienten, denn Gegenstand dieser Studie ist kein biographischer Zeitstrahl, der verschiedene Medienhandlungen einschließen könnte, sondern ein punktuelles Medien-/Filmereignis im Sinne eines einzelnen, als bedeutend wahrgenommenen Erlebnisses[3]. Aus Ermangelung vergleichbarer Studien[4] werden hier, in Anlehnung an die zuvor beschriebenen Forschungsansätze, mehrere methodische Elemente extrahiert und zu einem individuellen Forschungsansatz kombiniert.
3.2.1. Das medienbiographisch narrative Interview
Im medienbiographischen Interview geht es darum, die Bedeutung von Medien in mehr oder minder bestimmten Lebensabschnitten zu erfassen oder die Wechselwirkung zwischen medialen und biographischen Ereignissen zu untersuchen. In der vorliegenden Studie handelt es sich um die Erfassung von Daten zu einem bestimmten Filmereignis von spezifischen Rezipienten und die Erforschung der möglichen Wirkung auf ein bestimmtes Element ihrer Biographien, wobei keine zeitliche Festlegung des Lebensabschnitts vorgenommen wurde. Das bestimmte Filmereignis ist der erste, als bedeutend wahrgenommene Film. Die spezifischen Rezipienten sind fünf Personen, die heute beruflich entweder an der Herstellung von Filmen direkt beteiligt sind oder den Film als Gegenstand in ihrer beruflichen Praxis bearbeiten. Das bestimmte Element ihrer Biographie ist ihre Karriere, respektive die Entscheidung, die zu dem mit Film in Verbindung stehenden Beruf führte.
Die zeitliche Verortung ist aus der Perspektive der Fragestellung sekundär, wird allerdings, da es sich um das erste Filmerlebnis handelt, in der Kindheit bzw. Jugend vermutet. Zur Untersuchung eines solchen Rezeptionsprozesses und dessen Wirkung wurde eine narrative Interviewform gewählt, da die notwendigen Daten am besten in erzählerischer Form erinnert werden können. Die freie Erzählung über selbsterlebte Ereignisse fördert die Reflektion innerer Prozesse und lässt subjektive Bedeutungsstrukturen erkennen, die sich einem systematischen Abfragen nach vorgegebenen Kategorien verschließen würden. Durch die Schaffung alltagsprachlicher Erzählräume wird den Adressaten Gelegenheit gegeben, ihre Lebenswirklichkeit aus ihrer Binnenperspektive zu rekonstruieren. Es ermöglicht die freie Gestaltung der narrativen Präsentation. (vgl. Völzke 1997: 273)
Eine Problematik der Datenerfassung aus Erinnerungen besteht ganz offenkundig in der Zugänglichkeit der Erinnerungen. Diese sind nur artikulierbar wenn sie auch zugänglich, also bewusst erinnert werden. Es besteht die Gefahr unbewusste Anteile der Rezeption nicht erfassen zu können (vgl. Aufenanger 2006: 99). Der Prozess des Erzählens aktiviert oft zuvor versunkene Erinnerungen und holt sie wieder ins Bewusstsein, jedoch müssen diese Erinnerungen an irgendeinem Punkt im Laufe der Biographie bereits bewusst erlebt worden sein. Ist ein Rezeptionsanteil völlig unbewusst, kann er oft nur durch das In-Beziehung-Setzen von reflektierten und faktischen Erinnerungen in Form einer rekonstruierenden Analyse herausgearbeitet werden. Eine wichtige Voraussetzung für einen alltagssprachlichen Erzählraum ist das Prinzip der Offenheit mit vier Orientierungspunkten: "1. sich am Relevanzsystem der Beforschten zu orientieren, 2. Hypothesen zu Beginn der Untersuchung zurück-zustellen, 3. den Beforschten Spielräume zur Gestaltung der Erhebungssituation zu geben und 4. ihr Handeln zunächst aus ihrer eigenen Perspektive heraus zu verstehen." (Schoett 2009: 55)
Die Gestaltung eines narrativen Interviews bestimmt den Grad der Offenheit innerhalb der Interviewstruktur. Offen muss nicht bedeuten, dass das Interview völlig unstrukturiert abläuft. Nachdem das Ziel dargestellt wurde, steht am Anfang des Interviews eine auf den Kern der Forschungsfrage bezogene Erzählaufforderung, die die erste Interviewphase - die Haupterzählung - einleitet. Für diese Stehgreiferzählung sollte der Befragte so viel Zeit wie möglich bekommen, Unterbrechungen sollten vermieden werden. Der Befragte bestimmt selbst das Ende der Erzählung. Diese Phase erfordert von dem Interviewer ein gewisses Maß an Empathie und ein gutes Zu-Hörvermögen. Zum einen ist es wichtig die Erinnerungs- und Reflektionsprozesse des Erzählenden zu beobachten, zweitens ist es hilfreich dabei Notizen für spätere Nachfragen zu machen. Diese Notizen sollten sich auf das beziehen, was fehlt, und nicht - wie bei herkömmlichen Gesprächsnotizen - den Inhalt der Erzählung wiedergeben. In der zweiten Interviewphase - der Nachfragephase - werden zwei Arten von Fragen gestellt: Immanente Nachfragen, die sich auf das vorher Erzählte beziehen, was nicht weit genug ausgeführt wurde oder Unklarheiten aufgeworfen hat, und exmanente Nachfragen, die der Vervollständigung der Themengebiete dienen. Es empfiehlt sich für den Interviewer einen Themenkatalog anzulegen, der alle zu erfassenden Datenbereiche enthält und als Gedächtnisstütze für die Nachfragephase dient. Die dritte Phase eines narrativen Interviews ist die Bilanzierungsphase, in der das Erzählte zusammengefasst wird. (vgl. Stangl 1997)
Für die vorliegende Forschungsarbeit wurde ein Leitfaden vorbereitet bestehend aus der Erzählaufforderung und möglichen Nachfragen in drei Themengebieten gegliedert. Auf inhaltliche Details wird im Kapitel Durchführung näher eingegangen. Ferner wurden die Interviews videographiert, um die Möglichkeit zu schaffen, die Analyse des gesprochenen Textes durch Betrachtung von Mimik und Gestik des Probanden zu vertiefen.
3.2.2. Auswertung
Im ersten Schritt der Auswertung wurden Transkripte der fünf Interviews erstellt. Dazu wird die Computersoftware f5 benutzt, die sowohl Audio- als auch Videodateien bearbeiten kann. Es wird wörtlich transkribiert, Gesprächspausen eingeschlossen. Auf die genaue Verschriftung von Mimik und Gestik wurde verzichtet, da die Videos für die Analyse hinzugezogen werden konnten, was weniger signifikant für die Ergebnisse war, als ursprünglich angedacht. Die Videos werden jedoch für weiterführende Untersuchungen archiviert.
In Anlehnung an die oben beschriebenen fünf Auswertungsschritte wurden die textlichen Daten im nächsten Schritt der Auswertung nach den im Interview behandelten Themen sortiert in 1. biographische Daten, 2. der Rezeptionsvorgang, also das Filmerlebnis und die Umstände davor, während und danach, 3. die Erinnerungen an den Film und 4. Reflektionen der Befragten über Einflüsse des Films auf den weiteren Lebensweg. Innerhalb dieser vier Datengruppen werden Kernaussagen und auffällige Redefiguren extrahiert und sequenziell untersucht. Dabei steht nicht die Vollständigkeit aller Aussagen im Mittelpunkt, sondern deren qualitativer Nutzen für die weitere Auswertung. Die Analyse erfolgt im Gegensatz zu dem Oevermann'schen Ansatz, der ausschließlich vom Objekt ausgeht, aus zwei Perspektiven: Zum Einen aus der subjektiven des Rezipienten, repräsentiert durch die Daten der Interviews, zum Anderen aus filmischer Sicht, von den individuellen filmischen Erinnerungen und der Analyse der erinnerten Filmfragmente ausgehend, basierend auf den in Kapitel 2 erläuterten filmtheoretischen Grundlagen und dem Abgleichen der Erinnerungen mit den Filminhalten. Im letzten Schritt der Analyse beginnt die Suche nach Hinweisen auf mögliche emotionale Geflechte zwischen biografischen Ereignissen und dem Filmerlebnis respektive die Ermittlung latenter Relevanzstrukturen durch ein In-Beziehung-Setzen der Analysen der Interview-daten mit den Analysen der Filmfragmente. Die "geronnene Filmerfahrung" (vgl. Kap. 2) wird also mit der "geronnenen Lebenspraxis" (vgl. Kap. 3) in Beziehung gesetzt. Bei der Interpretation werden die gewonnenen Erkenntnisse mit filmtheoretischen Überlegungen untermauert.
In einem zweiten Forschungsschritt wurden zwei Probanden erneut befragt, nach dem sie ihren Initiationsfilm nochmals angeschaut hatten. Dabei konnten Kenntnisse über unbewusste Rezeptionsanteile gewonnen werden, die durch die wiederholte Rezeption hervortraten.
4. Durchführung
Die Eingrenzung der Zielgruppe auf Filmschaffende oder mit Film Arbeitende ergab sich als Konsequenz aus der Fragestellung: Kann das erste bedeutende Filmerlebnis den Rezipienten so stark prägen, dass er/sie sich entscheidet, mit oder für den Film zu arbeiten? Innerhalb der Zielgruppe wurde Wert auf Diversität gelegt, daher wurden Probanden aus unterschiedlichen Fachbereichen ausgewählt. Die da wären: ein Produzent und Regisseur, eine Regieassistentin, ein Cutter, eine Schauspielerin und ein Filmjournalist. Durch diese unterschiedlichen Berufe sollten diverse Perspektiven auf den Film repräsentiert werden. Da ich selbst lange Jahre als Filmschaffende tätig war, konnte ich die Probanden weitgehend aus meinem Netzwerk von Freunden und Kollegen rekrutieren. Nur einen der Interviewten - den Filmjournalist - habe ich gezielt für das Interview angesprochen ohne vorher mit ihm in Kontakt zu sein. Weitere Kriterien waren die Herkunft und das Alter der Probanden. Die demographische Verortung von Kindheit und Jugend sollte sich in Westeuropa befinden und der derzeitige Lebensmittelpunkt sollte seit mindestens zehn Jahren in Deutschland liegen. Dies ist begründet in dem starken Einfluss, den der sozialkulturelle Lebensraum auf Medienhandlungen hat. Eine globale Differenzierung nach verschiedenen Kulturkreisen würde höchstwahrscheinlich zu anderen Ergebnissen führen. In der vorliegenden Arbeit liegt der Schwerpunkt auf der Erforschung individueller Unterschiede in Wechselwirkung mit den von jedem einzelnen Probanden genannten Film, nicht in der kulturellen Herkunft und der medialen Praxis im familiären Umfeld. Der Umstand, dass alle Probanden mindestens einen Wohnsitz in Berlin haben, hat eine zeitlich unaufwendige Durchführung der Interviews ermöglicht.
Das Alter ist in sofern von Bedeutung, weil das Ineinandergreifen von Medien- und Lebenserfahrung sowie die Beziehung dieser Erfahrungen zur Biographie der Rezipienten als lebenslanger Prozess begriffen werden kann und einen bedeutenden Teil der Individuation darstellt (vgl. Rogge 1982: 275). Reflektionsprozesse verändern sich im Laufe des Lebens und werden zum Teil erst mit wachsender Lebenserfahrung erlernt. Der zeitliche Abstand von zwei oder mehr Dekaden zu dem ersten Filmerlebnis und die in dieser Zeit gesammelte Medienerfahrung ermöglicht eine Betrachtung des Filmereignisses aus der Distanz und die Fähigkeit, es als besonders reflektieren zu können.
In Bezug auf den beruflichen Werdegang der Probanden wurde darauf geachtet, dass sie bereits einen großen Teil ihrer beruflichen Karriere bewältigt haben und sich noch in der aktiven Berufsausübung befinden. Die Altersgruppe wurde entsprechend auf 40 bis 55 Jahre eingegrenzt. Vor der Auswahl der Probanden wurden persönliche und telefonische Vorgespräche geführt, um neben der Bereitschaft für die Teilnahme an dieser Forschungsarbeit der Frage nachzugehen, ob ein erstes bedeutendes Filmereignis erinnert werden kann und um welchen konkreten Film es sich handelt.
4.1. Die Probanden
Da mich mit vier von den fünf Probanden eine mehr oder minder intensive Freundschaft verbindet, habe ich mir lange Gedanken über die Anonymisierung ihrer Namen gemacht. Einerseits erschwert eine Benennung mit Hilfe einer Buchstaben-Zahlen Kombination, die ich noch für die Transkripte benutzt habe, den Lesefluss, andererseits sollte die nötige Distanz hergestellt werden, um die Daten so objektiv wie möglich erfassen und analysieren zu können. Die Verwendung ihrer realen Namen macht es sehr schwierig diese Distanz aufzubauen, daher wurden ihre Namen abgewandelt.
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4.2. Die Filme
Die in den Vorgesprächen genannten und als bedeutendes Filmerlebnis identifizierten Filme, habe ich als Vorbereitung für die Interviews jeweils einmal angesehen. Ausführliche Inhaltsangaben befinden sich in der Anlage (Anl. III).
Messer im Kopf, BRD 1978, Regie: Reinhard Hauff
Deutschland, im Herbst 1978. Der Biogenetiker Hoffmann wird bei einer Razzia in einem angeblich konspirativen Jugendzentrum durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Er erwacht ohne Erinnerung und ohne Sprache fast vollständig gelähmt – er muss alles wieder neu erlernen. Für die Polizei ist Hoffmann ein Verbrecher, der Kopfschuss des Beamten Notwehr. Hoffmann soll den Beamten angeblich mit einem Messer attackiert haben. Für seine Freunde hingegen ist er ein Opfer der Staats-Gewalt.
Raging Bull (Wie ein wilder Stier), USA 1980, Regie: Martin Scorsese
Die Geschichte basiert auf der Autobiographie des Boxers Jake La Motta, Italo-Amerikaner aus der Bronx, New York, der sich nicht den in der Szene geltenden Regeln, beziehungsweise der Mafia, unterwerfen will. Er hält alle, die ihn umgeben, für Feinde, nur seinem Bruder und Manager Joey vertraut er. Bis er von seiner notorischen Eifersucht getrieben seine Brutalität auch gegen seine Frau und seinen Bruder richtet. Er endet nach einer Gefängnisstrafe vereinsamt und fettleibig als Entertainer in billigen Clubs.
Die Geschichte vom kleinen Muck, DDR 1953, Regie: Wolfgang Staudte
Die Handlung beruht auf dem Märchen Der kleine Muck von Wilhelm Hauff und erzählt von Muck, der wegen seinem Buckel gehänselt wird und, nachdem er ca. zehnjährig Waise wird, mit Zauberpantoffeln und einem magischen Stock auf die Suche geht, den Kaufmann, der das Glück zu verkaufen hat, zu finden. Die Geschichte ist eingebettet in eine Erzählung des alten Mucks und spielt im Orient.
Repulsion (Ekel), GB 1965, Regie: Roman Polanski
Carol wohnt mit ihrer Schwester Helen in einem Londoner Appartement. Sie arbeitet als Maniküre in einem Schönheitssalon. Carol ist eine schüchterne, schöne und sehr introvertierte junge Frau. Mit Männern kann sie nichts anfangen, sie ekelt sich vor ihnen. Als ihre einzige Bezugsperson - ihre Schwester Helen - mit ihrem Geliebten Michael in den Urlaub fährt, entfaltet sich Carols ganze Paranoia. Sie bekommt Wahnvorstellung, kapselt sich von der Außenwelt ab, lässt die Wohnung verwahrlosen und bringt die Männer, die sich ihr nähern, um.
The Yearling (Die Wildnis ruft), USA 1946, Regie: Clarence Brown
Die Farmerfamilie Baxter lebt Ende des 19. Jahrhunderts in einem stark verwilderten Gebiet Floridas. Vater Penny und Mutter Orry haben drei ihrer Kinder verloren. Der elfjährige Jody ist ihr einziges überlebendes Kind. Er wünscht sich nichts sehnlicher als ein Haustier. Vater Penny versteht seinen Sohn, doch für Mutter Orry kommt das nicht in Frage. Als Penny eines Tages von einer Giftschlange gebissen wird, töten er und Jody ein Reh, um mit Hilfe der Innereien das Gift aus Pennys Bisswunde zu ziehen. Jody darf das Kitz des getöteten Rehs behalten. Als es ausgewachsen ist, frisst es die Setzlinge und wird damit zur Gefahr für das Überleben der Familie. Es muss erschossen werden. Jody läuft verstört davon, kehrt aber nach vier Tagen einsichtig und erwachsener zurück.
4.3. Die Interviews
Der Leitfaden für die Interviews enthält neben einer Erzählaufforderung, über das eigentlich Filmerlebnis zu erzählen, mögliche Nachfragen, die nach Themen geordnet sind (s. Anl. II). Die Themen orientieren sich an den Auswertungsschritten: 1. biographische Daten, 2. der Rezeptionsvorgang, also das Filmerlebnis und die Umstände davor, während und danach, 3. die Erinnerungen an den eigentlichen Film und 4. Reflektionen der Befragten über Einflüsse des Films auf seinen oder ihren weiteren Lebensweg. Wobei die Nummerierung keinerlei Chronologie darstellt. Die Nachfragen wurden durch die Erzählungen der Befragten determiniert. Damit eine private, möglichst störungsfreie Atmosphäre geschaffen werden konnte, fanden die Interviews bei den Probanden zu Hause in ihren Wohnzimmern statt. Als Video-Aufzeichnungsgerät diente ein iphone mit kleinem, flexiblen Stativ. Dank der handlichen Größe wurde die Gesprächssituation nicht von technischem Equipment beherrscht. Die private Beziehung zwischen Interviewer und Interviewten kann aus der Erfahrung reflektiert als hilfreich beurteilt werden. Es ist bereits ein vertrauensvolles Verhältnis etabliert und auf längere einleitende Konversation konnte verzichtet werden. Außerdem sind dadurch bereits einige Fakten aus den Biographien bekannt, die in das Interview einbezogen werden konnten. Das Schwierigste und am meisten Herausforderndste war die Gesprächsführung innerhalb der Interviews. Es erfordert ein hohes Maß an Empathie und Analysefähigkeit, während der Erzählungen der Probanden gleichzeitig das Gesagte aufzunehmen und über das Nicht-Gesagte zu entscheiden. Zum Beispiel welche Nachfragen auf der Stelle nötig und möglich sind oder ob es angemessener ist, Nachfragen zu einem späteren Zeitpunkt zu stellen. Sinnvoll wäre, simultan zu dem Gespräch Stichpunkte zu Nachfragen zu notieren, was sich als schwierig erwies. Während der Transkription gab es immer wieder Momente, in denen das Manko an Interviewerfahrung deutlich wurde. Die Transkription dagegen lief sehr gut und zügig und hat weniger Zeit in Anspruch genommen, als im Vorfeld angenommen. Die Längen der Interviews betrugen zwischen 30 und 35 Minuten. Bei der Auswertung konnten nicht alle fünf Interviews gleich intensiv behandelt werden, da der formale Raum dieser Arbeit begrenzt ist. Bei der Gewichtung wurde darauf geachtet Redundanzen zu vermeiden. Blankas Interview war das ergiebigste und wurde deshalb am ausführlichsten behandelt. Chris und Blanka haben ihre Filme einige Wochen nach den Interviews noch einmal gesehen, was in den Unterkapiteln Das Wieder-Sehen behandelt wird.
5. Ergebnisse
Die Frage nach der Existenz eines ersten besonderen Filmerlebnisses wurde in den Vorgesprächen bereits geklärt. Die Art der Reaktionen und Äußerungen dazu waren sehr unterschiedlich, jedoch gab es bei allen Befragten ein spezifisches Filmerlebnis, das als besonders prägend in Erinnerung geblieben war.
5.1. Nele - Schauspiel zwischen Politik und Wirklichkeit
Nele hatte in der Pubertät eine zwei Jahre ältere Freundin (Annette), die sie mit in ihre kulturinteressierte Clique aus "Bildungskindern" (zit. aus Interview Nele) nahm. Mit dieser Clique erlebte sie immer wieder "kulturelle Minihöhepunkte" (ebd.), wie den Kinobesuch, bei dem sie Messer im Kopf sah.
5.1.1. Biographische Daten
Neles Eltern wurden geschieden als sie sechs Jahre alt war. Sie lebte mit jüngerer Schwester und Mutter in Wiesbaden. Als sie zwölf war zog Bruno bei ihnen ein, der Freund der Mutter war Journalist beim Auslandsjournal (ZDF). Sie war immer stolz auf ihre alleinerziehende Mutter und ihr "modernes" Elternhaus: "Ich fand meine Mutter toll und wie wir zuhause gelebt hatten. Ich hatte keinen strengen Vater, der mir alles verboten hat." (ebd.). Durch Bruno habe sie viel von der politischen Atmosphäre mitbekommen, die in den 1970er Jahren in Deutschland herrschte, "in der Zeit, wo die RAF[5] in unserem Leben, aller Leben in Deutschland, eine große Rolle gespielt hat." (ebd.). Es wurde zuhause viel darüber gesprochen, und sie und ihre Mutter fuhren auch mal mit Bruno zu Reportage-Drehs, zum Beispiel bei der Schleyer Entführung[6]. Nele half am Drehort und lief als Statistin durchs Bild. Solange Bruno in ihrem Leben war (vier Jahre) wollte Nele Journalistin werden. Später überwog der Wunsch Schauspielerin zu werden, was sie bereits in der Theater AG der Schule begann. Dort lernte sie ihre Schüchternheit zu überwinden und sei "richtig aufgelebt" (ebd.). Allerdings fehlte ihr der Mut, diesen Berufswunsch direkt nach der Schule umzusetzen. Sie habe ihrer Mutter gegenüber ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie das Geld alleine habe "ranschaffen müssen". "Ich weiß jetzt gar nicht ob das dann ausgesprochen wurde von meiner Mutter [...] irgendwie kam bei mir an: ich muss erst mal was anderes lernen und dann!..." (ebd.). Folglich beendete sie ihre schulische Laufbahn auf einer Wirtschaftsschule, was "überhaupt nicht passte" und "artfremder" nicht sein konnte, bevor sie sich entschloss, ihre "zweite Liebe" - das Malen - zum Beruf zu machen und eine Ausbildung zur Grafikerin begann. Die Theater AG besuchte sie erfolgreich weiter. Sie spielte Hauptrollen und bekam dort viel Anerkennung. Sie habe "immer parallel geträumt" (ebd.), sich an der Schauspielschule zu bewerben. Anfang 20 hatte sie einen Freund, der Theater Performances machte und mit dem sie nach Berlin zog und dort eine Theatergruppe gründete. Einige Jahre später ermöglichten ihr die ersten Engagements, den Grafikberuf aufzugeben und sich ganz dem Schauspiel zu widmen. Mit Ende 20 holte sie die Schauspielausbildung auf einer privaten Schule nach. Durch Kurse, die sie später für Kinder und Jugendliche gab, kam sie zur Theaterpädagogik und entdeckte das Regiefach für sich.
5.1.2. Die Rezeption
Nele kann ihr Alter nicht mehr genau erinnern, aber sie muss ungefähr 14 Jahre alt gewesen sein, als ihre Freundin sie mitnahm zu einem gemeinsamen Kinobesuch mit ihrer Clique, um Messer im Kopf anzusehen. Die Clique bestand aus "lauter interessante[n], tolle[n] Leute[n] - sehr kunstinteressiert [...]" (ebd.). Nele wollte dazu gehören, sie fand es toll, dass die älteren Freunde sie ernst nahmen. Sie war stolz, dass sie mitdurfte, obwohl sie noch zu jung für den Film war (FSK 16). Da die Clique den Film ausgewählt hatte wusste Nele von vornherein, "dass man den Film gut finden muss, weil das was ganz spannendes, interessantes ist." (ebd.). Es war nicht der erste Kinobesuch aber ihr "erster anspruchsvoller Film" (ebd.) und das erste Mal, dass sie von möglichen Verfehlung der Staatsgewalt erfuhr. Etwas später hörte sie von ihrer Mutter, dass auch sie mal von der Polizei verfolgt wurde, weil sie für eine Terroristin gehalten worden war, und dass ihrem Stiefvater aus dem gleichen Grund sogar eine Pistole an den Kopf gehalten wurde. Für Nele hat ihre Freundin Annette die Rolle des Passeurs übernommen. Der Freundeskreis und dessen kulturelles Interesse bestärkten sie in ihrer politischen Auseinandersetzung und initiierten die Begegnung mit "anspruchsvollen" Filmen, Theater und ähnlichem. Vermutlich hat dieser Umgang, besonders weil er in der Pubertät - also einer Phase der Identitätsfindung - stattfand, entscheidend zu ihrer Geschmacksbildung und ihrem weiteren Kulturverhalten beigetragen.
5.1.3. Die Erinnerungen
Als erste Erinnerung nennt Nele neben dem Titel Messer im Kopf den Namen des Hauptdarstellers: Bruno Ganz, den sie seit dem ganz "toll" findet: "Das wusste ich immer, dass das der Schauspieler ist, der in meinem ersten Film mitgespielt hat, die Hauptrolle hatte." (zit. aus Interview Nele) Neles Erinnerungen ranken sich alle um den Protagonisten und sein Schicksal. Als zentrales Thema des Films erinnert sie den Prozess, wie Hoffmann nach dem Kopfschuss alle menschlichen Funktionen, vom Sprechen und Laufen bis hin zum Denken wieder neu erlernen muss. "Was mich beeindruckt hat, war das Suchen, das Wiederfinden, das Neu-Ordnen vom Mensch, dass der irgendwie so komplett auseinander gefallen ist - irgendwie im Kopf das nicht mehr zusammen kriegt, da hilflos ausgeliefert ist." (ebd.). Obwohl die Rezeption 33 Jahre her ist und Nele den Film seit dem nicht mehr gesehen hat, erinnert sie sich detailliert an eine bestimmte Szene:
"Da ist er im Krankenhaus [...] und da kommt 'ne Krankenschwester und die guckt er so an und ich weiß nicht wie er sich ausdrückt, aber er möchte sie quasi nackt sehen. Er fordert sie auf, dass sie sich irgendwie frei macht und sie will das aber nicht und er ehm.. ja ist aber irgendwie so intensiv und fordert das so intensiv ein, dass sie dann irgendwie dann ganz verschämt so irgendwie ihr T-Shirt lüpft und eine Brust zeigt. Und dann sagt er: 'Du lügst! (laughing) das waren zwei' (laughing)." (ebd.)
Diese Szene spielt sich im wesentlichen so ab, wie Nele es erinnert, außer dass Hoffmann gar nicht so intensiv fordert, sondern Bruno Ganz sehr intensiv spielt. Der zitierte Satz kommt wortwörtlich vor.
5.1.4. Reflektion und Analyse
Messer im Kopf habe vielleicht ihr Interesse am Kino geweckt, vermutlich über das "total gute Spiel" von Bruno Ganz. Da sie selbst gerade angefangen hatte Schultheater zu spielen, achtete sie sehr genau auf die Darsteller im Film. Es sei ein "eindringliches Erlebnis" (ebd.) gewesen, das sie "beeindruckt, berührt, erschreckt" habe (ebd.). Ihr Gefühl nach dem Film beschreibt sie als: "beklemmt auf der einen Seite, intensiv - ja! und eh..m (...) Ich war froh, dass ich den gesehen hab." (ebd.). Trotz des Erschreckens hat das Schauspiel, die Beobachtung des Spiels, ihr ermöglicht, einen distanzierteren Zugang zu den Themen des Films zu finden. Der Film berührt Themen, die in der Pubertät eine große Rolle spielen - Ungerechtigkeit, Willkür, ausgeliefert sein, Angst, Neu-Ordnung und (Un)Sicherheit, aber auch Ablösung und Eigenverantwortung. Der Staat als Sicherheitsorgan außerhalb der Familie - von der sich die Pubertierende im Begriff ist zu entfernen - verliert seine Schutzfunktion, weil er als willkürlich und ungerecht, als Gefahr dargestellt wird. Eine Stimmung, die in den 1970 er Jahren allgegenwärtig war. Es entsteht ein Abbild der Realität, das realer-als-real [7] ist, weil es eine Stimmung auffängt und diese über die Identifikation mit dem Schicksal des Protagonisten für den Rezipienten spürbar macht. Die Vorkommnisse in Neles eigener Familie lassen es gefährlich nahe rücken. Hoffmann stellt sich seiner Angst und beweist damit den Mut, den es braucht, sich dem Leben zu stellen. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Nele gerade die Krankenschwesterszene so gut in Erinnerung geblieben ist. Sie befindet sich genau in der Mitte des Films (52'07" - 54'50") und bildet durch den kurzen aber sorgfältig exponierten Moment der Komik eine Insel der Hoffnung auf Hoffmanns Genesung und einen Moment der emotionalen Entspannung für den Zuschauer.
[...]
[1] entweder Zuschauer oder Film oder beide werden überwiegend als statistische Repräsentation des Publikums oder einer Gruppe von Filmen betrachtet. (vgl. Bergalas "subject-spectator vs. statistic spectator in Aesthetics of Film, 1997: 182, 183)
[2] als grundlegende Veröffentlichungen werden drei Aufsätze in der Zweimonatsschrift merz medien+erziehung genannt: Medienbiographien - ein neuer Ansatz der Rezeptionsforschung von Hans-Dieter Kübler 1982, Heft 4, Medienbiographien - Bausteine für eine Rezeptionsgeschichte von Knut Hickethier 1982, ebf. Heft 4 sowie Die biographische Methode in der Medienforschung von Jan-Uwe Rogge 1982, Heft 5
[3] Bei der Recherche nach Probanden für die Interviews und den Vorgesprächen zu diesen zeigte sich, dass 90% der angesprochenen Personen ein solches Filmerlebnis erinnern können. Bei einigen waren diese bewusst und dementsprechend sofort präsent, bei anderen kam die Erinnerung innerhalb weniger Minuten im Laufe des Vorgesprächs.
[4] Die Recherchen ergaben zwei Untersuchungen zu Medienereignissen in der Kindheit/Jugend. Zum Einen die von Bergala geführten Interviews (s. Anm. 11), die allerdings nicht systematisch analysiert wurden (vgl. Henzler 2013: 152) und zum Anderen die Erwähnung von Forschungen zu "Kindermedien" bei Hickethier, in denen der Umgang mit Medien im Vordergrund stand nicht aber die Analyse eines spezifischen Medienereignisses. (vgl. Hickethier 1982: 214f)
[5] Rote Armee Fraktion - linksextremistische terroristische Vereinigung, gegründet 1970
[6] der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde im September 1977 von der RAF entführt, um die Freilassung mehrerer RAF Mitglieder der ersten Generation (Baader, Ensslin u.a.) zu erpressen. Die Geiselnahme endete vier Wochen später mit der Ermordung Schleyers.
[7] dies ist eine bewusste Analogie zu Baudrys more-than-real, das in Bezug auf Platos Höhlengleichnis die Überwindung dessen bezeichnet, was bisher für Realität gehalten wurde. Allerdings nicht als "Architektur der Wünsche", sondern als ein Erkenntnisprozess. (vgl. Tinsobin 2008: 55)
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2012
- ISBN (PDF)
- 9783955498511
- ISBN (Paperback)
- 9783955493516
- Dateigröße
- 10 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- SAE Berlin
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- psychoanalytisch phänomenologisch Filmtheorie Filmanalyse Filmvermittlung