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Master Data Management: Nutzung in Finanzinstituten

©2013 Bachelorarbeit 54 Seiten

Zusammenfassung

Die Qualität und die Verfügbarkeit der Unternehmensdaten gewinnen mehr und mehr an Bedeutung für Unternehmen. Jedoch wird es in Zeiten zunehmender Digitalisierung und Big Data immer schwerer, die Datenflut zu bewältigen und zu nutzen. In Finanzinstituten kommt eine steigende Regulierung, die eine immer schnellere Bereitstellung von immer mehr Daten erfordert.
Das Master Data Management (MDM) sorgt durch die Strukturierung der Daten und die Einführung von qualitätssichernden Maßnahmen für eine übersichtliche und verständliche Speicherung der Daten.
Dieses Buch definiert zu Beginn die wichtigsten Begriffe. Im Anschluss werden die grundlegenden Aspekte für die Einführung eines MDM dargelegt. Dies umfasst die Schilderung eines Ordnungsrahmens, die Beschreibung der Anforderung, sowohl an die Datenqualität als auch an die handelnden Personen, sowie die Darstellung der Einflussbereiche. Abschließend werden einige Beispiele gezeigt, wie MDM in Finanzinstituten heute genutzt wird.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


3.2 Ziele des Master Data Managements

Das MDM ist laut Definition ein (sekundärer) Prozess, der die eigentlichen Geschäftsprozesse unterstützt. Dementsprechend müssen die Ziele des MDM auch im Einklang mit den allgemeinen Zielen und Prozessen des Unternehmens stehen. Daher sind Ziele und Zweck des MDM auf die Situation und die Strategie des Unternehmens bezogen.

Ziele, die für alle Branchen von Bedeutung sind und sich in verschiedener Gewichtung überall wiederfinden, haben verschiedene Studien herausgearbeitet.

In einer Umfrage von Gartner vor dem MDM-Summit 2011 in London[1] ergaben sich vier wesentliche Ziele[2], die die 234 befragten Unternehmen teilten.

Diese waren:

- Eine Kostenreduktion durch Steigerung der Effizienz (ca. 50%)
- Verbesserungen in der Entscheidungsfindung (ca. 40%)
- Verbesserungen bei den GRC[3] -Ansätzen (ca. 25%)
- Eine Verbesserung der Kundenbeziehung (ca. 20%)

Bestätigt werden die Ergebnisse durch eine Studie von Price Waterhouse Coopers[4]. Dort gaben die 49 befragten Unternehmen Verbesserungen in der Entscheidungsfindung[5] (71%), gutes Management (69%) und optimierte Prozesse (60%) als Ziele für ein MDM-Vorhaben an.

Auch das Product and Master Data Management Centre kommt in seiner Studie[6] zu ähnlichen Ergebnissen. Die 21 befragten Unternehmen gaben als vorwiegende Ziele die Verbesserung der Prozesse, die Unterstützung analytischer Systeme, die Harmonisierung der Organisationseinheiten und die Verbesserung der Datentransparenz an.

In Tabelle 1 sind die vier wesentlichen Ziele eines MDM, die sich aus den Resultaten der Studien ergeben, mit konkreten Beispielen dargestellt. Diese werden nachfolgend kurz erläutert[7].

3.2.1 Effizienz

Die Erhöhung der Effizienz richtet sich im Wesentlichen auf eine Verbesserung der Geschäftsprozesse und IT-Strukturen, da diese eine Senkung der Kosten ermöglichen. Dabei lassen sich generell größere Optimierungen in den operativen Prozessen als in IT-Bereichen erreichen[8].

Beispiele für die Steigerung der Effizienz sind die Standardisierung wiederkehrender Aufgaben (IT-Bereich) oder die Reduktion der Fehlerrate durch Plausibilitätsprüfungen (operativer Bereich).

3.2.2 Compliance

Sowohl der Gesetzgeber als auch Interessenverbände sorgen dafür, dass die GRC-Anforderungen, z. B. Basel III oder Solvency II, stetig mehr werden.

Um diese zu erfüllen, muss ein Unternehmen in der Lage sein, die benötigten Daten vollständig, korrekt und zeitnah an die jeweiligen Behörden oder regulatorischen Stellen zu liefern. Zumeist basieren diese Daten auf den Stammdaten. Somit stellt das MDM Maßnahmen bereit, um die notwendigen Informationen in entsprechender Datenqualität zu sichern und dafür zu sorgen, dass die richtigen Daten an die richtigen Empfänger geliefert werden. Der letzte Punkt ist nicht zu unterschätzen, da die Unternehmen ein natürliches Interesse daran haben, so wenig Daten wie möglich und nur so viele wie nötig nach außen zu geben[9].

3.2.3 Flexibilität

Das MDM kann ein Unternehmen in verschiedenen Situationen reaktionsschneller und adaptionsfähiger machen. Beispielsweise verbessert sich der zwischenbetriebliche Stamm­daten­austausch, wenn nur ein Abgleich mit den Daten des fremden Unternehmens nötig ist und ein zusätzlicher interner Abgleich entfällt. Insbesondere bei Unternehmens­übernahmen und Zusammenschlüssen von Unternehmen (M&A) vereinfacht ein durch MDM harmonisierter Datenbestand bei den beteiligten Unternehmen die Analyse von Synergien, z.B. bei dem Abgleich der Geschäftspartner (Kunden und Lieferanten) oder der Kon­solidierung von Kreditoren und Debitoren.

3.2.4 Effektivität

Die verbesserte Effektivität, die durch das MDM erreicht wird, bezieht sich in erster Linie auf die Entscheidungsgrundlagen. Durch die optimierte Qualität der Stammdaten und ihre schnellere Bereitstellung erhöht sich die Verlässlichkeit der Datenbasis, die für eine Entscheidungsfindung herangezogen wird. Ein Beispiel ist eine schnellere Reaktion auf Marktveränderungen.

3.3 Einordnung in die Systemlandschaft

Wie unter 3.1 definiert, handelt es sich bei einem MDM-Vorhaben nicht nur um eine Initiative, die in einem Anwendungssystem mündet und so direkt einen Beitrag zur Wertsteigerung leistet, sondern um eine Initiative, die die Stammdaten eines Unternehmens über diverse Anwendungssysteme hinweg harmonisiert und vereinheitlicht und so mittelbar in vielen Bereichen einen Beitrag zur Wertschöpfung leistet.

Wie Abbildung 3 zeigt, hat das MDM einen großen Einfluss auf die gesamte System­landschaft, daher muss es im Hinblick auf organisatorische und technische Rahmen­bedingungen eine Abstimmung mit allen weiteren Vorhaben in der IT geben. Nur so können Ineffizienzen vermieden bzw. abgebaut werden und Synergien zwischen den Anwendungen gehoben werden[10].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[11]

Tabelle 2 - Beitrag des MDM

Quelle: Scheuch, et al., 2012 S. 43 ff.

Das MDM darf daher auch nicht als eigenständige Initiative gesehen werden, sondern muss bei allen bestehenden Initiativen der IT mitbedacht werden.

In Tabelle 2 wird kurz erläutert, wie das MDM die unterschiedlichen Anwendungen im Unternehmen unterstützt.

4 Ordnungsrahmen für das Master Data Management

Gemäß der genannten Definition erfolgt die Implementierung eines MDM immer in einem unternehmensweiten Kontext, bzw. in ersten Schritten zumindest bereichsweit, um die Komplexität der Implementierung zu verringern.

Der Ordnungsrahmen für das Master Data Management dient der Strukturierung und besseren Verständlichkeit von komplexen Sachverhalten. Er wird auf einem sehr hohen Abstraktions­niveau vereinfacht dargestellt und dient damit auch zur vereinfachten Kommunikation und als Markenzeichen von Modellen[12].

Der hier genutzte Ordnungsrahmen basiert auf dem Business Engineering Ansatz, welcher vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen entwickelt wurde. Er dient der Gestaltung von Geschäfts­trans­formationen, bei denen der strate­gi­sche Einsatz von IT-Systemen wesent­lich ist[13].

Der Ansatz gliedert sich dabei in die Ebenen Strategie, Organisation und Architektur. Die Ausgestaltung aller drei Bereiche ist für eine erfolgreiche Geschäftstransaktion notwendig[14]. Für die Umsetzung eines MDM erweitert Scheuch den Ordnungs­rahmen, in Anlehnung an Schemm[15], um eine vierte Ebene, den Bereich der Stammdatenmodelle (MDM-Daten), da bei einem MDM-Vorhaben die Stammdaten in allen Ebenen des Ordnungsrahmens von Bedeutung sind.

Da sich der Ordnungsrahmen im Wesentlichen auf den von Scheuch bezieht, lehnen sich auch die Ausführungen in diesem Kapitel stark an die von Scheuch an[16].

4.1 Vision / Strategie

Wie zuvor beschrieben gehen mit der Implementierung eines MDM immer auch Geschäfts­transformationen einher, daher sind MDM-Initiativen in der Regel mittel- bis langfristig angelegt.

Um eine angemessene Steuerung und Kommunikation des Vorhabens zu gewährleisten, wird zunächst ein Leitbild (Vision) für das MDM entwickelt. Das Leitbild dient der Formulierung der langfristigen Ziele, der Erklärung des Zwecks und der Motivation für die nötigen Änderungen. Darüber hinaus werden durch das Leitbild auch Leitlinien für ein angemessenes Handeln innerhalb des Vorhabens gegeben.

Zur Erreichung eines möglichst hohen Grades an Akzeptanz innerhalb des Unternehmens darf das Leitbild des MDM nicht im Gegensatz zu bestehenden Unternehmenszielen stehen und muss durch alle Interessengruppen mitgetragen werden[17].

In einem zweiten Schritt wird die Vision operationalisiert und eine Strategie abgeleitet. Die Strategie wird dabei im Wesentlichen durch Initiativen des MDM formuliert und reflektiert die Wünsche und Wertvorstellungen der Entscheidungsträger. Zusammen beschreiben die Vision und die Strategie die Erwartungen an einen zukünftigen Zustand[18].

Im dritten Schritt werden die Meilensteine und der Plan für die praktische Umsetzung festgelegt. Da die Umsetzung von größeren Maßnahmen in einem Unternehmen immer mit Konflikten, Missverständnissen und anderen Problemen verbunden ist - so auch ein MDM-Vorhaben - ist die Etablierung eines Leitungsgremiums zur Klärung und Abstimmung - auch mit anderen strategischen Maßnahmen - dringend zu empfehlen[19].

Außerdem ist auch der Aufbau eines entsprechenden Kennzahlensystems vorteilhaft, um den Fortschritt und die Einhaltung von Strategie und Vorgaben zu überwachen und im späteren Geschäftsverlauf - nach der eigentlichen Einführung - die Effizienz des MDM zu kontrol­lieren.

4.2 Organisation

Durch die grundlegende Eigenschaft des MDM, sich in der Regel auf einen unter­nehmens­weiten Kontext zu berufen, gibt es keinen Bereich im Unternehmen, der nicht vom MDM berührt wird. Dementsprechend ist es unausweichlich, Prozesse, Tätigkeiten, Funktionen und Strukturen des MDM über alle vorhandenen Geschäftsbereiche hinweg zu koordinieren. Das heißt, in der Ablauf- und Aufbauorganisation der operativen Bereiche werden Anpassungen nötig, um einen dauerhaften Erfolg des MDM sicherzustellen. Darüber hinaus benötigt das MDM ein eigenes Führungssystem und eine eigene Ablauf- und Aufbauorganisation. Die Anforderungen für beide Organisationsstrukturen basieren auf den Anforderungen an das MDM, welche in der Funktionsarchitektur beschrieben sind.

Dabei werden die fachlichen Anforderungen, die das MDM stellt, durch die Funktions­architektur strukturiert und als Basis für die Planung benötigter Prozesse und IT-Kom­ponenten des MDM sowie für Architekturentscheidungen herangezogen. Die Funktions­architektur beinhaltet auch die Funktionsbeschreibung der MDM-Aktivitäten und mögliche Auswirkungen dieser auf die Organisation[20].

Die zentrale Aufgabe eines Führungssystems beinhaltet die Steigerung von Effektivität und Effizienz[21]. Dabei übernimmt das Führungssystem die Aufgabe, die Ausgangssituation des Unternehmens vor der Implementierung des MDM zu ermitteln, sowie die MDM-Strategie zu operationalisieren. Weiter ist es die Aufgabe des Führungssystems, die Organisation des MDM mit ihren notwendigen Rollen, Strukturen, Prozessen und Verantwortlichkeiten inkl. der Auswirkungen auf operative und MDM-spezifische Prozesse zu beschreiben, sowie diesen die passenden Kennzahlen zuzuordnen, um eine angemessene Kontrolle zu ermöglichen[22]. Die reine Orientierung der Kennzahlen an Größen für Kosten und Einnahmen, wie es bisher meist üblich war, ist dabei nicht zielführend[23]. Mögliche Ansätze für nicht-monetäre Kennzahlensysteme liefern Klingebiel und Gleich[24].

Die Vorgaben und Standards für die Handhabung der Stammdaten müssen sowohl in die operativen Arbeitsabläufe des Unternehmens als auch in die administrativen Prozesse für das MDM eingearbeitet werden, um die Funktionsfähigkeit des MDM zu gewährleisten und Verbesserungen zu ermöglichen.

Mitarbeiter werden entweder in ihrer Linienfunktion oder einer fachlichen Berichtslinie eingebunden - gemäß ihrer Rolle in den Prozessen in der Aufbau- und Ablauforganisation des MDM[25].

4.3 Systemarchitektur

Eine Geschäftstransformation ist immer mit entsprechenden Kosten für ein Unternehmen verbunden, die oft auch eine nicht unerhebliche Größenordnung erreichen kann.

Auch eine Geschäftstransformation in Folge eines MDM-Vorhabens ist, aufgrund seiner unternehmensweiten Ausrichtung, mit entsprechenden Kosten verbunden. Um die operativen Kosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten, müssen die Prozesse durch die IT-Systeme unterstützt werden. Berührt sind davon nicht nur manuell unterstützte Prozesse des MDM, sondern auch automatisierte Abläufe der Datenaufbereitung und -verteilung. Voraussetzung für diese Unterstützung ist eine klare Systemarchitektur[26].

Nach den Enterprise-Achitecture-Ansätzen Stählers[27] gibt es vier Vorgaben, die seitens der IT notwendig sind, um ein MDM-Vorhaben umzusetzen:

- Ein IT-Bebauungsplan für das MDM-Vorhaben mit dem Schwerpunkt auf der Infrastruktur
- Eine Landkarte der Stammdaten mit den Datenmodellen und der Datenhaltung
- Eine Übersicht der Datenflüsse und den benötigten Transformationen
- Eine Prozesslandkarte der für das MDM-Vorhaben relevanten Prozesse und der benötigten IT-Anwendungssysteme

Daher ist nicht nur die Anwendungsarchitektur von einem MDM-Vorhaben betroffen, sondern auch die grundlegende Systemarchitektur und unterstützende IT-Komponenten.

Die gesamte vom MDM-Vorhaben betroffene IT-Infrastruktur wie die Datenhaltung (inkl. Datenquellen) und Systeme zu Implementierung der Stammdatenlogistik oder Anwendungs­systeme werden hinsichtlich ihrer Funktionalitäten überprüft und entsprechend erweitert oder verändert, um den Anforderungen des MDM-Vorhabens zu entsprechen[28].

4.4 Daten (Datenobjekte, Modelle)

Der vierte Bereich des Ordnungsrahmens beschäftigt sich mit der Datenarchitektur. Die Stammdatenobjekte, Assoziationen und deren Attribute werden durch die Datenarchitektur beschrieben. Die herausragende Bedeutung der Daten und Metadaten im MDM machen es erforderlich, diesen einen gesonderten Gestaltungsbereich im Ordnungsrahmen zu gewähren[29]. Die Daten­architektur unterstützt in erster Linie die Ebenen Strategie, Organisation und Architektur, wofür ein ebenenübergreifendes Informationsmodell, wie auf Seite 11 in Abbildung 4, aufgebaut wird[30].

In der strategischen Ebene werden alle für das MDM in Betracht kommenden Stamm­daten­objekte und Stammdatendomänen zur späteren Prüfung definiert.

Auf der Ebene der Organisation werden die organisatorischen Zusammenhänge durch dieses Informationsmodell beschrieben. Es werden alle Abhängigkeiten erfasst, die durch die Nutzung von Stammdatenobjekten und ihren Attributen in operativen Prozessen entstehen.

Darüber hinaus ist es Aufgabe der Organisationsebene, Regeln zur Validierung und Qualitäts­kriterien im Informationsmodell festzulegen und organisatorische Verantwortlichkeit und Zuständigkeit zu bestimmen.

Auf der Ebene der Systemarchitektur werden die physischen Datenmodelle, die den Stammdatenobjekten zugrunde liegen, durch das Informationsmodell beschrieben. Außerdem werden die Datentransformations- und -verteilungsprozesse beschrieben.

5 Anforderung

5.1 Anforderungen an das MDM

Die Anforderungen an das MDM ergeben sich aus der Definition des MDM als:

1. Management zur Sicherung der Stammdatenqualität
2. Management zur Sicherstellung der Verwendbarkeit der Stammdatenobjekte in allen wertschöpfenden Prozessen des Unternehmens
3. Management zur Pflege und Verwaltung der Stammdaten

Daraus resultieren zwei Objekte, die entsprechende qualitative Anforderungen erfüllen müssen:

- Die Datenqualität, die Anforderungen an den Werterhalt und die Wertsteigerung der Daten erfüllen muss.
- Die Qualität der handelnden Personen[31], die die Daten verwalten und in den Prozessen zur Wertsteigerung nutzen.

Das MDM benötigt ein Controlling, welches den Nutzen der Datenqualität des MDM analysiert und nachweist. Entsprechende Kennzahlen können dem MDM dabei behilflich sein, seinen Beitrag zur Wertschöpfung zu belegen. Damit kann das MDM an Glaub­würdig­keit gewinnen und seine Anwender von seinem Nutzen überzeugen.

Darüber hinaus müssen die handelnden Personen – sofern es sich um Systeme handelt - durch entsprechende Kennzahlen oder Kontrollmechanismen auf ihre Qualität geprüft werden. Wenn es sich bei den handelnden Personen um natürliche Personen handelt, müssen diese geschult werden. Dadurch können sie bei abnehmender Datenqualität gegensteuern bzw. eine Abnahme der Datenqualität bereits im Vorfeld verhindern.

5.2 Anforderungen an die Datenqualität

Der Datenqualität kommt bei einem MDM-Vorhaben immer eine herausragende Bedeutung zu, da sie das Kernelement des MDM-Vorhabens darstellt. Ohne eine entsprechende Daten­qualität ist eine sinnvolle Bereitstellung von Stammdaten nur schwer vorstellbar.

Um entsprechende Datenqualitätskriterien für das MDM zur ermitteln, wird das Modell und die Taxonomie der deutschen Gesellschaft für Informations- und Datenqualität (DGIQ)[32] genutzt. Von der DGIQ wird die Datenqualität in System, Nutzung, Inhalt und Darstellung eingeteilt.

Diese vier Kategorien werden, wie aus Abbildung 5 ersichtlich, wiederum in 15 ver­schie­de­nen sogenannte Dimensionen eingeteilt.

Um die Anforderungen der einzelnen Kategorien für das MDM besser verstehen zu können, werden die vier Kernkategorien nachfolgend beschrieben.

5.2.1 System

Nach DGIQ muss das System drei Anforderungen erfüllen. Anwender müssen Informationen möglichst einfach abrufen können und ebenso einfach nutzen können. Weiter muss eine leichte Bearbeitung der Informationen möglich sein[33].

Für ein MDM existieren zwei Möglichkeiten dies umzusetzen[34]. Entweder die MDM-Lösung selber stellt ein entsprechend einfaches, IT-gestütztes Verfahren zur Suche, Bearbeitung und Pflege der Stammdaten bereit. Dies geschieht meist durch MDM-spezifische Anwendungs­systeme. Oder der MDM-Lösung gelingt es, bereits vorhandene Anwendungen für die Suche, Bearbeitung und Pflege der Stammdaten in die entsprechenden Prozesse zu integrieren.

In erster Linie muss die bereitgestellte Lösung die Kontrolle der Stammdaten ermöglichen und die Konsistenz der Daten und deren Qualität gewährleisten.

5.2.2 Inhalt

Insbesondere am Beginn des Lebenszyklus muss das MDM zeigen, dass die Datenqualität allen Ansprüchen genügt. Später sollte eine hohe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der MDM-Daten vorhanden sein, da alle weiteren Prozesse sich auf die MDM-Daten stützen müssen. Die Stammdaten sollten also möglichst realitätsnah sein[35]. Da Stammdaten oft als wert­neutral[36] angesehen werden, ist der Aspekt der Objektivität sekundär[37].

Der DGIQ gibt dem MDM eine hohe Glaubwürdigkeit , „wenn [die] Informationsquelle, das Transportmedium und das verarbeitende System im Ruf einer hohen Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz“ stehen.

(DGIQ, 2007 S. 14)

5.2.3 Darstellung

Die Darstellung muss gemäß DGIQ vier Dimensionen beachten. Das sind die eindeutige Auslegbarkeit, die einheitliche Darstellung, die Übersichtlichkeit und die Verständlichkeit der Daten.

Das MDM muss eine eindeutige Auslegbarkeit gewährleisten, wenn die Semantik, die vereinbarten Regeln für die Bearbeitung und die Verteilung der Stammdaten eindeutig definiert sind[38].

Darüber hinaus muss das MDM auch sicherstellen, dass die vereinbarten Regeln eingehalten werden. Das MDM ermöglicht dies durch die jederzeitige Transparenz der Semantik und des Regelwerks, so dass die Stammdaten nur so ausgelegt werden können wie vereinbart. Weitere Instrumente sind das Metadatenmanagement sowie ein Terminologiemanagement für zentrale Fachbegriffe und spezifische Governance-Prozesse.

Die Governance-Prozesse werden benötigt, um auftretende Unstimmigkeiten - beispielsweise bei der Terminologie - beizulegen.

Die einheitliche Darstellung[39] der Stammdaten in allen Systemen ist in der Realität nicht sehr ausgeprägt. Dies liegt vor allem daran, dass die verschiedenen Systeme unterschiedliche, inhaltliche Schwerpunkte haben und insbesondere die Verständlichkeit und Übersichtlichkeit von Bedeutung sind, um die Geschäftsprozesse optimal zu unterstützen[40].

Für die Dimensionen „Übersichtlichkeit“[41] und „Verständlichkeit“[42] der Daten müssen keine gesonderten Anforderungen für das MDM definiert werden. Eine verständliche und über­sichtliche Darstellung aller Daten - nicht nur der Stammdaten - ist für alle Geschäfts­prozesse notwendig und daher immer gegeben – unabhängig von der Einführung eines MDM. Um möglichst effiziente Prozesse zu erreichen sind Übersichtlichkeit und Verständlichkeit Grundvoraussetzungen. Ein MDM kann die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit ver­bessern, sollte sie aber nicht per se begründen.

5.2.4 Nutzung

Die Daten müssen nach der DGIQ aus Sicht des Anwenders relevant, aktuell, vollständig und angemessen sein. Darüber hinaus erfolgt ihre Nutzung zweckgebunden.

Bei der Lieferung der Daten bzw. der Informationen durch das MDM ist der Kontext des Geschäftsprozesses von zentraler Bedeutung, denn anhand des Kontextes wird gemessen, ob der Umfang der gelieferten Daten angemessen[43] ist. Das heißt, um die Anforderungen an die Stammdaten zu erfüllen, müssen Art und Menge der gelieferten Informationen ausreichen, um den Prozess erfolgreich durchzuführen. Es dürfen aber nicht zu viele sein, damit der Prozess nicht verzögert oder undurchführbar wird. Daher ist die Angemessenheit immer vom Kontext der Nutzung - also von Geschäftsprozessen - abhängig[44].

Auch die Vollständigkeit ist abhängig vom Geschäftsprozess, da nicht alle Stammdaten eines Stammdatenobjektes für jeden Geschäftsvorfall nötig sind. Es muss also in Abhängigkeit vom Kontext und Ergebnis eines Geschäftsprozesses definiert werden, welche Stammdaten für den Prozess benötigt werden.

Wenn alle für den Prozess nötigen Stammdaten geliefert werden können, sind die Stamm­daten aus Sicht des Prozesses vollständig[45].

Wenn die Daten zeitnah und vollständig für einen Prozess geliefert wurden, sind die Daten aus Sicht des Anwenders auch aktuell[46]. Somit können die unterschiedlichen Anwender der verschiedenen Systeme durchaus unterschiedliche Informationen sehen. Diese sind auch für das jeweilige System korrekt. Jedoch können unterschiedliche Zeitpunkte - also auch historische Daten - für ein System relevant und somit aktuell und korrekt sein. Daraus ergibt sich die Herausforderung für das MDM, auch die Veränderungen der Stammdaten zu kontrollieren und für eine Versionierung bzw. eine Historisierung der Veränderungen zu sorgen[47].

5.3 Anforderungen an die handelnden Personen

Nach einer eher technischen Definition Oestereichs, ist eine handelnde Person[48]:

„eine außerhalb des Systems liegende Klasse, die an der in einem Anwendungsfall beschriebenen Interaktion mit dem System beteiligt ist. Hierbei nehmen Akteure in der Interaktion mit dem System eine definierte Rolle ein“

(Oestereich, 1998 S. 201)

In einer etwas allgemeineren Definition beschreibt Oestereich eine handelnde Person als

„eine Person oder ein externes System, das mit dem modellierten System interagiert“

(Oestereich, et al., 2003 S. 148)

Gemäß der zweiten Definition können handelnde Personen im Rahmen des MDM natürliche Personen oder Systeme sein.

Typische handelnde Person für ein MDM werden in Abbildung 6 dargestellt[49].

[...]


[1] [vgl. (Radcliffe, et al., 2011 S. 16)]

[2] Mehrfachnennungen waren möglich

[3] GRC - Governance, Risk and Compliance. Es beschreibt den notwendigen Rahmen regulatorischer Anforderungen und die organisatorischen Folgen innerhalb des Unternehmens.

[4] [vgl. (Price Waterhouse Coopers, 2011 S. 18)]

[5] In der Studie als ”revised Governance” bezeichnet; auch in dieser Studie waren Mehrfachnennungen möglich.

[6] [vgl. (Weiss, 2010)]

[7] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 23ff.)]

[8] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 24f.)]

[9] [vgl. auch im Folgenden (Scheuch, et al., 2012 S. 24)]

[10] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 42f.)]

[11] ETL- Extract, Transform, Load

[12] [vgl (Meise, 2001 S. 61ff.) (Becker, et al., 2002 S. 95f.) (vom Broke, 2003 S. 128ff.)]

[13] [vgl. (Österle, et al., 2003 S. 11ff.)]

[14] [vgl. (Otto, 2009 S. 14)]

[15] [vgl. (Schemm, 2009 S. 79)]

[16] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 37ff.)]

[17] [vgl. (Müller-Stewens, et al., 2005 S. 235) (Scheuch, et al., 2012 S. 38f)]

[18] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 38)]

[19] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 39)]

[20] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 39f)]

[21] [vgl. (Hess, 1996 S. 115)]

[22] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 39)]

[23] [vgl. (Schemm, 2009 S. 86)]

[24] [vgl. (Klingebiel, 1999 S. 22ff.) (Gleich, 2001 S. 11ff.)]

[25] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 40)]

[26] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 41)]

[27] [vgl. (Stähler, et al., 2009)]

[28] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 41)]

[29] [vgl. (Schemm, 2009 S. 79)]

[30] [vgl. auch im Folgenden (Scheuch, et al., 2012 S. 42)]

[31] Handelende Personen sind im Sinne dieser Arbeit sowohl natürliche Personen, als auch Systeme.

[32] [vgl. (DGIQ, 2007)]

[33] [vgl. (DGIQ, 2007 S. 9)]

[34] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 53)]

[35] [vgl. (DGIQ, 2007 S. 10)]

[36] In einigen Fällen können Stammdaten sehr wohl wertend sein, z. B. aufgrund der Staatsangehörigkeit können Geschäfte durch die Aufsicht verboten werden (Beispiel Iran)

[37] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 54)]

[38] [vgl. auch im Folgenden (Scheuch, et al., 2012 S. 54)]

[39] „Informationen sind einheitlich dargestellt, wenn die Informationen fortlaufend auf dieselbe Art und Weise abgebildet werden.“ (DGIQ, 2007 S. 8)

[40] [vgl. auch im Folgenden (Scheuch, et al., 2012 S. 54)]

[41] „Informationen sind übersichtlich, wenn genau die benötigten Informationen in einem passenden und leicht fassbaren Format dargestellt sind.“ (DGIQ, 2007 S. 7)

[42] „Informationen sind verständlich, wenn sie unmittelbar von den Anwendern verstanden und für deren Zwecke eingesetzt werden können.“ (DGIQ, 2007 S. 16)

[43] „Informationen sind von angemessenem Umfang, wenn die Menge der verfügbaren Information den gestellten Anforderungen genügt.“ (DGIQ, 2007 S. 4)

[44] [vgl. (DGIQ, 2007 S. 4) (Scheuch, et al., 2012 S. 55)]

[45] [vgl. (DGIQ, 2007 S. 6)]

[46] [vgl. (DGIQ, 2007 S. 15)]

[47] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 55)]

[48] Oesterle beschreibt handelnde Personen als Akteure

[49] [vgl. (Scheuch, et al., 2012 S. 57)]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2013
ISBN (PDF)
9783956846953
ISBN (Paperback)
9783956841958
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Frankfurt School of Finance & Management
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Datenqualität Datenhaltung Ordnungsrahmen Stammdaten Stammdatenmanagement

Autor

Michael Barlmeyer, B. Sc. wurde 1986 in Bielefeld geboren. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann im Jahr 2010 hat der Autor sein Studium an der Frankfurt School of Finance and Management in Frankfurt am Main im Jahr 2014 mit dem akademischen Grad Bachelor of Science erfolgreich abgeschlossen. Bereits vor und während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen bei Finanzinstituten in Deutschland und Luxemburg. Durch seine Tätigkeit erkannte er die zunehmende Bedeutung des Master Data Managements in Finanzinstituten, was ihn dazu motivierte, sich mit der Nutzung in Finanzinstituten genauer auseinanderzusetzen.
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