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"Vor Sonnenaufgang": Analyse eines Theaterskandals

©2004 Studienarbeit 24 Seiten

Zusammenfassung

Der gut strukturierte Text befasst sich mit den zentralen inhaltlichen Themen des Naturalismus (Milieu, Determinismus, Alkoholismus, Vererbungslehre und Sozialkritik) und setzt diese in Bezug zum Drama. In einem zweiten Schritt beschäftigt sich die Studie mit darstellungstechnischen Dimension des Stücks "Vor Sonnenaufgang" und der theoretischen Ausrichtung des Naturalismus in dieser Hinsicht. Der vorliegende Text bietet einen guten Ausgangspunkt für eine Gesamtinterpretation von "Vor Sonnenaufgang".

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. „Vor Sonnenaufgang“ – Ein Theaterskandal

Als am 20. Oktober 1889 Gerhart Hauptmanns soziales Drama „Vor Sonnenaufgang“ im Berliner Lessingtheater vom Theaterverein „Freie Bühne“ uraufgeführt wurde, kam es zum Skandal. Der anwesende siebenzwanzigjährige Autor, zu dieser Zeit noch weitgehend unbekannt, wurde vom echauffierten Publikum lautstark ausgepfiffen. Der Augenzeuge Adelbert von Hahnstein schrieb später: „Von Akt zu Akt wuchs der Lärm […] schließlich lachte und jubelte, höhnte und trampelte man mitten in die Aufführung hinein und als der Höhepunkt des Stücks nahte, erstieg auch das Toben seinen Gipfel“.[1]

Auf die Spitze trieb es wohl der bekannte Berliner Arzt, Journalist und „gefürchtete Premierenrowdy“[2] Dr. Isidor Kastan. Dieser schwang während des fünften Aktes, wo dem Text zufolge „deutlich das Wimmern der Wöchnerin“[3] zu hören sein sollte, eine Geburtszange[4] über dem Kopf und bot laut rufend seine Dienste als Arzt an. Dabei kümmerte es ihn auch nicht, dass man gerade um Tumulte zu verhindern, diese prekäre Stelle für die Theateraufführung gestrichen hatte. Infolge der Störung Kastans schwoll der Lärm im Saal derart an, dass die Schauspieler das Stück nur mühsam zu Ende bringen konnten.

Nach dieser „dramatischen Theaterschlacht“[5] folgte ein nicht weniger hitziger Streit unter den Rezensenten des Dramas. Auf der einen Seite standen die „leidenschaftliche Gegner“ des Stücks und seines Autors, auf der anderen Seite „begeisterte Anhänger“[6]. Während der alte Fontane „Vor Sonnenaufgang“ „ein fabelhaftes Stück“ nannte und ihm ein Maß von Kunst attestierte, „wie’s nicht größer gedacht werden kann“[7] und der bedeutendste Theoretiker des Naturalismus Arno Holz bekannte, er halte das Drama für das Beste, „was jemals in deutscher Sprache geschrieben worden ist.“[8], sah sich Hauptmann einer wahren Flut von Negativkritik gegenüber: „In den nächsten Tagen [nach der Premiere] waren konservative Zeitungen und Radaublätter Berlins voll von Beschimpfungen.“[9] So schrieb die „Nationalzeitung“:

Selbstverständlich verdient das soziale Drama „Vor Sonnenaufgang“ in keiner Weise diesen Lärm. Vor einem wirklichen Publikum, an einem Theaterabend gespielt, ging es rettungslos an seiner grauen Langweiligkeit unter. Alle Unflätigkeiten, mit denen es reich gesegnet ist, vermögen über den Mangel an Handlung und über die Gedankenleere nicht hinwegzuhelfen.[10]

Und der „Börsen-Courier“ druckte gar: „[Das] Abstoßendste […], was je auf einer Bühne erschien, das Abstoßendste, das eine geübte Realisten-Phantasie ersinnen kann.“[11]

Der Münchner Literaturkritiker und Romancier Conrad Alberti[12], einer der frühen Naturalisten, urteilte in der Zeitschrift „Die Gesellschaft“ wie folgt:

Die Handlung [des Dramas] ist weniger als Null und dieses Wenige ist einfach der barste Blödsinn, den je dilettantische Dreistigkeit der Öffentlichkeit zu bieten wagte. […] Um nun auf dieses Fricassée von Unsinn, Kinderei und Verrücktheit die Aufmerksamkeit des Publikums zu lenken, durchsetzte es Herr Hauptmann mit einem Gemisch von Rohheiten, Brutalitäten, Gemeinheiten, Schmutzereien, wie es bisher in Deutschland unerhört gewesen war. Der Kot wurde in Kübeln auf die Bühne getragen, das Theater zur Mistgrube gemacht. […] Das ganze Stück stinkt, aber nicht weil es von Kot handelt, sondern weil es selbst erstunken ist […] Das Stück machte Sensation – aber diese Sensation galt lediglich dem Mut der Unverfrorenheit, so viel Dreck auf einmal vor die Öffentlichkeit zu schleppen.[13]

Ganz gleich, wie die Gegner des Naturalismus insgesamt und jene Kritiker, die sich auf Hauptmanns Drama beschränkten, auch wetterten, die Uraufführung von „Vor Sonnenaufgang“ und der Skandal darum herum verhalfen nicht nur Gerhart Hauptmann und dem naturalistischen Drama zum Durchbruch, auch der Naturalismus als Bewegung an sich erzielte zum ersten Mal eine breite Wirkung in der Öffentlichkeit. Die deutsche Bühne schien mit einem Schlag revolutioniert. Bis dahin „beherrscht von den Klassikern und sonst überschwemmt von literarisch wertlosen Gesellschaftsstücken“[14] wurde das Theater von einem frischen Wind erfasst. Ja „[t]önende nationalistische Phrasen hohenzollerntreuer Epigonen [und] eine verstaubte kleinbürgerliche ‚Plüschsofaromantik‘ [, die] in jenen Tagen die offizielle deutsche Literatur [beherrschten]“[15], mussten dem „Jüngsten Deutschland“[16] weichen.

Offensichtlich war Hauptmanns naturalistisches Bühnenstück etwas ganz Neues, ja Revolutionäres für das Publikum und die Rezension des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Eine Feststellung, die aus heutiger Sicht nicht überrascht, gilt doch der Naturalismus als „erste Phase der ‚Moderne’“[17] oder als „erste Phase innerhalb der europäischen Literaturrevolution“[18].

Doch was war derart „bahnbrechend“[19], so skandalös, so neu an diesem Drama, dass es Publikum und Rezension in der dargestellten Weise aufbringen und tief spalten konnte? Dieser Frage möchte ich in dieser Hausarbeit nachgehen.

Es ist naheliegend und wird sich zeigen, dass das Neue, Aufsehenerregende gerade die spezifisch naturalistischen Elemente in „Vor Sonnenaufgang“ sind. Doch diese Feststellung hilft in Hinblick auf die Fragestellung nicht viel weiter, sie provoziert die Frage, was denn spezifisch naturalistische Elemente sind und wo man diese in dem Drama finden kann.

Die umstrittenen naturalistischen Neuerungen beziehen sich einerseits auf die inhaltliche Dimension des Dramas und andererseits auf die Dimension der Darstellung. Als erstes werde ich also fragen: Welche Themen/Problemstellungen des Dramas sind modern, im Sinne von noch nicht da gewesen. Danach werde ich untersuchen, welche innovativen Darstellungstechniken in „Vor Sonnenaufgang“ Anwendung finden. Parallel werde ich in Bezug auf die Fragestellung immer wieder diskutieren, was denn nun, ob stofflich oder darstellungstechnisch betrachtet, so sensationell und polarisierend auf die zeitgenössischen Rezipienten wirkte.

Den Begriff „Moderne“[20] möchte ich hier nicht weiter problematisieren. In dieser Arbeit sollen als Moderne gelten: Jene „literarischen Strömungen des ausgehenden 19. und […] des frühen 20. Jhs. in Europa, die mit dem bürgerlichen Realismus wie mit dem epigonalen Historismus gebrochen und sich der Kategorie des Neuen verschrieben haben […]“[21].

Die Naturalisten selber machten sich die Definition noch leichter, sie betrachteten sich selbst als literaturrevolutionär und gebrauchten die Termini „Moderne“ und „Naturalismus“ synonym. Tatsächlich wurde die Bezeichnung „Moderne“ zunächst auch ausschließlich auf den Naturalismus bezogen.[22]

2. Die inhaltliche Dimension des Dramas – Umstrittene Stoffwahl

Der bereits erwähnte Münchner Naturalist Conrad Alberti soll einmal behauptet haben: „Der Tod des größten Helden steht hinsichtlich der künstlerischen Verwendbarkeit auf gleicher Stufe mit den Geburtswehen einer Kuh.“[23]

Diese Formulierung ist sicher überspitzt, aber im Grunde genommen zutreffend. Sie beschreibt die Revolutionierung der Stoffwahl im Zuge der naturalistischen Bewegung. Die Jüngstdeutschen befreiten „rein thematisch die Literatur von alten Vorurteilen und zimperlichen Bedenken. Von nun an ist fast kein Eisen mehr zu heiß zum Anfassen“[24]. In der „Einführung und Aufwertung bisher nicht literaturfähiger Sujets“[25] ist dann auch eine der Hauptleistung der Naturalisten zu sehen. Die Themen sind das besonders Markante an dieser ersten Bewegung der Moderne, sie behält man im Gedächtnis, während die Merkmale der ausgefeilten Darstellungstechnik leicht in Vergessenheit geraten. So war es gerade die naturalistische Stoffwahl, die das deutsche Bürgertum des ausgehenden 19. Jahrhunderts schockierte. Soziales Elend, Krankheit, Triebhaftigkeit und Gesellschaftskritik, das war zu viel für ein Publikum, das Unterhaltung, erhabene Ideen, große Gefühle, heldenhaftes Scheitern erwartete. Folglich wurde die ganze Bewegung als „Rinnsteinkunst“[26] diffamiert, man warf ihr „‚Elendmalerei‘“ und „brutale[s] Wühlen[…] im Sumpf“[27] vor.

Der erste naturalistische Autor, der den geballten Widerstand des bürgerlich-konservativen Lagers zu spüren bekam, war Gerhard Hauptmann. Sein Drama „Vor Sonnenaufgang“ wurde stellvertretend für den ganzen Naturalismus zur Zielscheibe einer oft allzu oberflächlichen Kritik. Diese Kritik konzentrierte sich weitgehend auf den Inhalt des Stücks.

Warum aber wählte Hauptmann Stoffe aus, die dem zeitgenössischen Publikum zweifelsohne skandalös erscheinen mussten? Einerseits natürlich um zu provozieren, um „Publikumswirkung“[28] zu erzielen, anderseits aber ist seine Themenwahl eindeutig theoretisch und programmatisch motiviert.

2.1 Theoretisch-programmatische Voraussetzungen der Stoffwahl

Was der Naturalismus sei und was er solle, darüber waren sich seine Vertreter keineswegs immer einig. Trotzdem lässt sich „ein kleinster gemeinsamer Nenner [formulieren, der] alle jungen Künstler verband“[29]. Dieser gemeinsame Nenner war „das ästhetische Ziel, die Natur getreu wiederzugeben und dabei konsequenter zu verfahren als die ‚bürgerlichen Realisten’“. Wer konsequent realistisch die Natur vermitteln möchte, darf natürlich nicht die Schattenseiten der Wirklichkeit ausklammern. Er muss sich „Armut, Schmutz, Elend, Brutalität, Krankheit, Wahnsinn“[30] literarisch stellen.

Die ästhetischen Vorstellungen der Naturalisten sind das Resultat einer intensiven Auseinandersetzung mit den (natur)wissenschaftlichen Theorien des 19. Jahrhunderts.

Ich möchte hier drei entscheidende Denker dieser Zeit vorstellen und ihren Einfluss auf die Bewegung des Naturalismus erläutern[31]. Es sind Auguste Comte, Hippolite Taine und Charles Darwin.

Auguste Comte (1798-1857) ist der Begründer des modernen Positivismus. Der Positivismus schließt alle metaphysischen, normativen und spekulativen Aspekte aus der Wissenschaft aus und lässt nur das ‚Gegebene‘ gelten. D.h. jene Realität, die objektiv beobachtbar und analysierbar ist. Im Zuge des Experiments lassen sich nach Comte Gesetzmäßigkeiten beobachten, die auf allgemeine Erscheinungen übertragbar sind.[32] Auch die gesellschaftlichen Phänomene sind keine Zufallsprodukte, sondern Resultat gesetzmäßig verlaufender Prozesse. Kennt man also die gegeben sozialen Bedingungen, so kann man die daraus resultierenden Folgen prognostizieren. Comte gilt als Begründer der Soziologie.

Der Schüler Comtes Hyppolite Taine (1828-1893) konkretisierte dessen positivistische Vorstellungen über soziale Gesetzmäßigkeiten und entwickelte eine umfassende Milieutheorie. Taine folgend wird jeder Mensch von drei entscheidenden Faktoren „geprägt, präformiert und determiniert“. Diese „Grundkräfte“[33] sind Rasse, Milieu und Zeit.

„Der Mensch ist demnach abhängig von Umwelt und Vererbung, seinen Trieben und seiner Psyche. Sein Erfahren und sein Erleben läuft nach einer Gesetzmäßigkeit ab, die im Zusammenhang steht mit der gesamten Natur“[34]. Freien Willen gibt es in Taines Welt folglich nicht, das Individuum ist für sein Handeln nicht verantwortlich zu machen.

Charles Darwin (1809-1882) erklärt in seinem Buch „Die Entstehung der Arten“ die Entwicklung der Lebewesen streng naturwissenschaftlich. Der Mensch verliert seinen exklusiven Status als Krone der göttlichen Schöpfung und wird zum Abkömmling des Affen degradiert. Darwins Theorie wird zum festen Bestandteil des „positivistischen und materialistischen Denken[s] der Zeit“[35]. Begriffe wie „‚natürliche Auslese’“ und „‚Kampf ums Dasein’“ gehören schnell zum Standardvokabular der Verfechter der modernen Ideen. Gleichzeitig wird Darwin von christlich-konservativer Seite heftig kritisiert. Der deutsche Zoologe Ernst Heckel (1834-1919) wertete die Evolutionstheorie „ideologisch-weltanschaulich im materialistischen Sinne“[36] aus und wurde von den Deutschen Naturalisten intensiv rezipiert[37].

Die Wirkung, der hier nur kurz angerissenen (natur)wissenschaftlichen Theorien der Zeit, ist in ihrer Bedeutung für die naturalistische Literaturbewegung nicht zu überschätzen. […] Dabei sind Milieutheorie, sozialer und biologischer Determinismus, kurz die Willensunfreiheit für naturalistische Ästhetik deshalb von so herausragender Bedeutung, weil darin der Bruch mit der alten Kunst ganz deutlich wird.[38]

Auf Gerhard Hauptmann haben die revolutionären Ideen und Erkenntnisse seiner Zeitgenossen besonders gewirkt. Er hat sie zur stofflichen Grundlage von „Vor Sonnenaufgang“ gemacht.

2.2 Milieuschilderung und Determinismus

Schon die Regieanweisungen[39] ganz zu Anfang von „Vor Sonnenaufgang“ machen klar, dass es Hauptmann sehr wichtig ist, das Milieu der Familie Krause, in das der Sozialreformer Loth von außen eindringt, möglichst naturgetreu darzustellen.

Wenn „moderner Luxus auf bäuerliche Dürftigkeit gepfropft“[40] ist, dann zeigt sich bereits jetzt die eigentümliche Lage der Krauses, einer schlesischen Bauernfamilie, die aufgrund von Kohlevorkommen auf ihren Feldern ganz plötzlich zu Reichtum gekommen ist. Ein eindringliches Bild der Situation gibt auch das Abendessen in der letzten Szene des ersten Aktes. Das luxuriöse Mahl und das primitive Verhalten von Frau Krause und Wilhelm Kahl stehen in einem augenfälligen Kontrast.

Gerhard Hauptmann hat das Milieu, das er da schildert intensiv studiert. Nahe seinem Heimatort Bad Salzbrunn in Oberschlesien war das Dorf Weißenstein vom Kohlenbergbau erschlossen worden. Die Weißensteiner Bauern wurden reich an der Kohle, die auf ihrem Land gefunden wurde. „Der Fuchsbauernhof zu Weißenstein bildete das Modell für Hauptmanns soziales Drama“[41]. Hier konnte er, der einmal sagte: „[O]hne Modelle geht es nicht.“[42], beispielhaft zeigen, welche Folgen plötzlicher und unverdienter Reichtum auf einfache Bauern haben musste. Über Nacht arbeitslos geworden, ermöglichte ihnen das Kohlengeld einen Luxus, mit dem sie nicht umgehen konnten. Resultat war eine Edelverwahrlosung sondergleichen. Das Milieu determiniert die Menschen. Sie vermögen es nicht, seiner prägenden Kraft zu entkommen, zumal in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Klassen, wie im Deutschen Reich um 1900, klar gegeneinander abgegrenzt sind.

Es zeigt sich, dass die sozialen Prozesse nicht zufällig verlaufen, sondern gewissen Gesetzmäßigkeiten unterliegen, wie es Comte in seiner Theorie formuliert hatte. Gewisse Bedingungen (bäuerliche Einfachheit wird plötzlich mit sagenhaftem Reichtum konfrontiert) ergeben bestimmte Folgen (Alkoholismus, allgemeine Verwahrlosung und schließlich elenden Niedergang). Das Ganze klingt schon fast wie eine naturwissenschaftliche Versuchsanweisung und so war der „Experiment-Begriff“[43] im literarischen Naturalismus eine feste Größe.

In einer determinierten Welt wie der des Dramas kann es demnach auch keine Helden im klassischen Sinne geben. Individuelles Handeln kann die gesetzmäßig verlaufenden Makroprozesse nicht aufhalten: „Der Zustand ersetzt die Tat, aus den Helden werden Opfer“[44]. Der Antiheld ist in seiner Passivität gefangen, er agiert nicht, er reagiert allenfalls.

So geht es auch Loth „das Für und Wider seines Handelns“[45] ist im Grunde gar nicht zu diskutieren, weil dieser ja unter den gegeben Umständen nur so handeln kann, wie er eben handelt. Der Determinismus kennt keinen freien Willen und keinen Handlungsspielraum. Loth kann letzten Endes nicht für den Selbstmord Helenes verantwortlich gemacht werden. Ihr Tod und der Untergang der Familie Krause ist den sozialen Umständen anzulasten.

Es zeigt sich also, dass die Milieuschilderung, so krass sie dem zeitgenössischen Publikum auch erscheinen mochte, nicht bloß plumpe ‚Sensationsmache’, sondern in theoretisch-programmatischer Hinsicht wesentlicher Bestandteil des Naturalismus ist. Sämtliche Bedingungen innerhalb eines Milieus müssen getreu wiedergegeben werden, um die Gesetzmäßigkeit der ablaufenden Entwicklung einsichtig zu machen.

[...]


[1] Hahnstein, Adelbert von: Das jüngste Deutschland. Zwei Jahrzehnte miterlebte Literaturgeschichte. Leipzig 1900, S. 170 f.

[2] Baseler, Hartmut: Gerhart Hauptmanns soziales Drama „Vor Sonnenaufgang“ im Spiegel der zeitgenössischen Kritik. Eine rezeptionsgeschichtliche Modellanalyse: Karl Frenzel, Theodor Fontane, Karl Bleibtreu, Wilhelm Bölsche. Diss. Kiel 1993, S. 85.

[3] Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Soziales Drama. 33. Auflage. München 2001, S. 107.

[4] In der Sekundärliteratur wird mancherorts gar behauptet, er habe die Geburtszange auf die Bühne geworfen (vgl. Tschörtner, H. D.: Ungeheures erhofft. Zu Gerhard Hauptmann – Werk und Wirkung. Berlin 1986, S. 14.).

[5] Tschörtner 1986: S. 13.

[6] Meyer, Hans: Gerhart Hauptmann. 2. Auflage. Hannover 1970, S. 34.

[7] Fontane, Theodor: Briefe. Eine Auswahl. Hrsg. von Hans-Heinrich Reuter. Berlin 1963, Bd. 2, S. 336. Zitiert nach: Tschörtner 1986: S. 17.

[8] Hauptmann, Gerhard: Notiz-Kalender 1889 bis 1891 (hg. von P. Sprengel). Tübingen 1985, S. 92. Hilscher, Eberhard: Gerhart Hauptmann. Leben und Werk. Mit bisher unpublizierten Materialien aus dem Manuskriptnachlass des Dichters. Leipzig 1987,

[9] Hilscher, Eberhard: Gerhart Hauptmann. Leben und Werk. Mit bisher unpublizierten Materialien aus dem Manuskriptnachlass des Dichters. Leipzig 1987, S. 96.

[10] Nationalzeitung vom 21.10.1889. Zitiert nach: Schley, Gernot: Die Freie Bühne in Berlin. Der Vorläufer der Volksbühnenbewegung. Ein Beitrag zur Theatergeschichte in Deutschland. Berlin 1967, S. 47.

[11] Börsen-Courier vom 20.10.1889. Zitiert nach: Schley 1967, S. 47.

[12] Alberti ist auch der Verfasser einer Parodie auf „Vor Sonnenaufgang“ mit dem Titel „Im Suff. Naturalistische Spitalkatastrophe in zwei Vorgängen und einem Nachgang“.

[13] Alberti, Conrad: In: Die Gesellschaft. Realistische Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben (seit dem 2. Jg.: Monatsschrift, seit dem 3. Jg.: Monatszeitschrift für Literatur und Kunst, seit dem 7. Jg.: Monatszeitschrift für Literatur und Kunst und Sozialpolitik, seit dem 17. Jg.: Halbmonatszeitschrift für Kunst und Kultur). Hrsg. Conrad, Michael Georg, spätere Mitherausgeber.: u.a. Bleibtreu, C. u.a. München 1885-1902. Vollständiger Nachdruck: Nendeln/Lichtenstein 1970, S. 1110-1112.)

[14] Van Rinsum Annemarie und Wolfgang: Deutsche Literaturgeschichte. Band 7. Realismus und Naturalismus. München 1994, S. 306.

[15] Tschörtner 1986: S. 10.

[16] Die Bezeichnung sucht die neue literarische Bewegung in die Tradition mit dem Jungen Deutschland von 1848 zu stellen. Auch der Name„Stürmer und Dränger“ wurde den jungen naturalistischen Autoren gegeben. (vgl. Fähnders, Walter: Avantgarde und Moderne 1890-1933. Stuttgart 1998, S. 17).

[17] Ebenda: S. 11.

[18] Bantel, Otto und Irmgard Schweikle: Naturalismus. In: Schweikle, Günter und Irmgard Schweikle (Hrsg.): Metzlers Literaturlexikon. Begriffe und Definitionen. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart 1990, S. 320.

[19] Cowen, Roy C.: Der Naturalismus. Kommentar zu einer Epoche. München 1973, S. 154.

[20] Vgl. Blamberger, Günter: Moderne. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Band II H – O. Dritte neubearb. Auflage. Hrsg. Fricke, Harald. Berlin und New York, S. 620ff.

[21] Ebenda, S. 620.

[22] Vgl. Fähnders 1998: S. 9 und 21.

[23] Zitat nach: Kayser, Wolfgang: Die Wahrheit der Dichter. Die Wandlung eines Begriffs in der Literatur. Hamburg 1959, S. 46.

[24] Cowen 1973: S. 103.

[25] Fähnders 1998: 28.

[26] So Kaiser Wilhelm II.

[27] Mahal, Günter: Naturalismus. 3. unveränderte Auflage. München 1996, S. 158.

[28] Ebenda: S. 157.

[29] Rinsum 1994: S. 307

[30] Ebenda

[31] Vgl. Fähnders 1998: S. 26-30. Mahal 1996: 42-58. Rinsum 1994: S. 29 und S. 307.

[32] Dieses Vorgehen wird als Induktion bezeichnet.

[33] Mahal 1996: S. 48.

[34] Rinsum 1994: S. 307.

[35] Rinsum 1996: S 29.

[36] Ebenda

[37] Vgl. Mahal 1996: S. 54.

[38] Fähnders 1998: S. 26 f.

[39] „[A]usweitende[…] Regieanweisungen“ (Fähnders 1998: 47) sind typisch für das naturalistische Drama. Vgl. Bühnenanweisungen in „Vor Sonnenaufgang“ zu Anfang des zweiten Akts.

[40] Hauptmann 2001: S. 7.

[41] Mayer, Hans: Gerhart Hauptmann. 2. Auflage. Hannover 1970, S. 35.

[42] Hilscher 1987: S. 20.

[43] Fähnders 1998: S. 30.

[44] Rinsum 1994: S. 323.

[45] Höfert, Siegfried: Gerhard Hauptmann. Stuttgart 1974, S. 15.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2004
ISBN (PDF)
9783956846939
ISBN (Paperback)
9783956841934
Dateigröße
5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Stoffwahl Milieuschilderung Determinismus Vererbungslehre Alkoholismus

Autor

Sven Soltau hat an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Deutsch und Politikwissenschaft für das Lehramt an Gymnasien studiert. Er unterrichtet heute an einer berufsbildenden Schule.
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Titel: "Vor Sonnenaufgang": Analyse eines Theaterskandals
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