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Animal Liberation oder Animal Rights? Tierethische Positionen im Vergleich

©2011 Bachelorarbeit 44 Seiten

Zusammenfassung

Seit geraumer Zeit wird im öffentlichen Diskurs und in Sozialwissenschaften vermehrt über Tierethik, Mensch-Tier-Verhältnisse und Tierrechte diskutiert. Nicht selten ist die Debatte hierbei jedoch ungenau, da der Tierrechtebegriff allein nicht kennzeichnet, für welche Tiere er gilt. Auch wird aus dem Begriff zunächst nicht deutlich, welche Implikationen sich hieraus für das Verhältnis von Menschen und Tieren ergeben. Sind nur einzelne Säugetierarten gemeint, oder alle Tierarten? Handelt es sich um konkrete Rechte - oder eine stärkere Interessenabwägung? Um zur einer Spezifikation beizutragen, strebt die vorliegende Arbeit daher einen systematischen Vergleich dreier prominenter Tierethiker - Peter Singer, Tom Regan, Gary L. Francione - an. Anhand der Vergleichskategorien 1) Tiere und ihre Eigenschaften, 2) Klassifikation des Mensch-Tier-Verhältnisses, 3) Relevanz tierischer Eigenschaften, sowie 4) Konsequenzen für das Mensch-Tier-Verhältnis, zeigt die Arbeit das breite Spektrum der Tierrechtedebatte auf und konkretisiert den Begriff des Tierrechts.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur politischen Dimension des Tierrechts

3. Grundladen des Vergleichs

4. Peter Singer – Animal Liberation
4.1. Tiere und ihre Eigenschaften
4.2. Klassifikation des Mensch-Tier-Verhältnisses
4.3. Moralische Relevanz tierischer Eigenschaften
4.4. Konsequenzen für das Mensch-Tier-Verhältnis

5. Tom Regan – Animal Rights
5.1. Tiere und ihre Eigenschaften
5.2. Klassifikation des Mensch-Tier-Verhältnisses
5.3. Moralische Relevanz tierischer Eigenschaften
5.4. Konsequenzen für das Mensch-Tier-Verhältnis

6. Gary L. Francione – Abolitinist Approach
6.1. Tiere und ihre Eigenschaften
6.2. Klassifikation des Mensch-Tier-Verhältnisses
6.3. Moralische Relevanz tierischer Eigenschaften
6.4. Konsequenzen für das Mensch-Tier-Verhältnis

7. Zusammenfassung des Vergleichs

8. Schlussfolgerungen

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die gesellschaftliche Stellung von Tieren ist nicht erst seit der Veröffentlichung von Peter Singers Animal Liberation aus dem Jahr 1975 ein politisches Thema; jedoch rückte es im Zuge der Publikation stärker in den Fokus des öffentlichen und aka-demischen Diskurses. Im Unterschied zur vorhergehenden Diskussion, wird seit den frühen 1970er Jahren zunehmend über Tierschutzmaßnahmen hinaus diskutiert und immer wieder um konkrete Rechte von Tieren gestritten. Eine besondere Aufmerk-samkeit kommt innerhalb dieser Auseinandersetzung den verschiedenen Formen von Tierversuchen zu, aber auch in Bezug zur Nutzung von Tieren und ihren Produkten zu Nahrungszwecken wird zunehmend über die ethische Legitimität dieser Nutzung debattiert. Menschen, die härtere Regulierungen oder gar die Abschaffung dieser Aspekte des Mensch-Tier-Verhältnisses (kurz: MTV) fordern, berufen sich nicht selten auf Rechte, die sie für Tiere einfordern. Einigkeit darüber, welche Aspekte diese Rechte für Tiere schlussendlich betreffen, ob sie eine Abschaffung oder lediglich eine stärkere Regulierung der relevanten Aspekte der Mensch-Tier-Beziehung implizieren, scheint es indes nicht zu geben. Auch zur Frage welche Tiere genau von Tierrechten betroffen wären, offenbart der Begriff zunächst keine Antwort.

Diese Arbeit soll sich deshalb mit der Frage beschäftigen, was verschiedene theoretische Ansätze unter dem Begriff des Tierrechts verstehen, d.h. welche für Rechte von Tieren sie argumentieren und welche Veränderungen der Mensch-Tier-Beziehung sie beabsichtigen. Zudem ist die Thematik, welchen Wesen Tierrechte zugesprochen werden, von einer nicht zu vernachlässigenden Bedeutung. Es stellen sich also Fragen danach, wie Tierrechte begründet werden, welche Konsequenzen sich ergeben würden und inwieweit sich möglicherweise unterschiedliche Tierrechtsansätze unterscheiden.

Nach einer Darstellung des politischen Bezugs des Themas, werden hierzu drei prominente Ansätze herangezogen, die innerhalb dieser Arbeit systematisch miteinander verglichen werden sollen. Peter Singers Animal Liberation stellt einen wichtigen Ansatz in der Debatte um Tierrechte dar. Seine Veröffentlichung im Jahre 1975 sorgte für einen Paradigmenwechsel des Diskurses und ist auch über 35 Jahre später ein vieldiskutierter Ansatz. Als zweite Veröffentlichung wird Tom Regans The Case for Animal Rights untersucht, das sich inhaltlich von Singers Ansatz unterscheidet und seit den 1980er Jahren ebenfalls vielfach diskutiert wurde. Beide gelten als prominente Vertreter einer ersten Welle der Tierrechtstheorien. An dritter Stelle des Vergleichs steht Gary L. Franciones Abolitionist Approach, der zur zweiten Welle zählt und neben einer theoretischen Begründung zugleich konkrete Ansätze für eine Veränderung des rechtlichen Status der Tiere formuliert. Die Ansätze werden anhand von Schlüsselkategorien, die sich in der Argumentation für Tierrechte wiederfinden, auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht um anhand dieses Vergleichs eine detaillierte Darstellung der Tierrechtskonzepte durchzuführen und den Begriff des Tierrechts in der Schlussfolgerung dieser Arbeit zu konkretisieren.

2. Zur politischen Dimension des Tierrechts

Animal Studies, d.h. Fragen rund um die gesellschaftliche Stellung von Tieren, bilden innerhalb der Politikwissenschaft ein weitestgehend vernachlässigtes Forschungsfeld (vgl. Garner 2002: 395). Auf den ersten Blick erscheint dies nicht verwunderlich: Tiere können nicht an Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen partizipieren. Zudem könnte man annehmen, dass Tiere nicht direkt durch die Staatstätigkeit und politische Dispute beeinträchtigt werden, da Parlamente keine Gesetze beschließen, die für Tiere kollektiv bindend sind und sie dadurch selbst nicht in Fragen der Politik eingebunden werden. Eine solche Annahme ist jedoch nur teilweise korrekt.

Einerseits sind Animal Studies für die Politische Ideengeschichte durchaus von Belang, schließlich gibt es „a long and continuing relation between political theory and concerns about the status of animals“ (Clarke/Linzey 1990: xiii). Zwar negieren die meisten Theoretiker der politischen Ideengeschichte Rechte für Tiere, doch befassen sie sich ohne Zweifel mit ihrem moralischen Status (vgl. Clarke/Linzey 1990: xiiif). Es fällt deshalb keinesfalls schwer, die Frage nach Rechten für Tiere in die politische Philosophie, d.h. in den normativen Bereich der politischen Theorie, einzubetten (vgl. Becker 2006: 175f). Besonders in theoretischen Fragen der Gerechtigkeit finden die Tierrechtsansätze Anknüpfungspunkte. Die Autoren nutzen normative Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und der Gerechtigkeit gegenüber Minderheiten, die innerhalb der politischen Philosophie diskutiert werden (vgl. Horn/Scarano 2002: 9) als Ausgangspunkt, zeigen strukturelle Ähnlichkeiten der Ungerechtigkeit auf und argu-mentieren, wie unten dargestellt wird, so für einen gerechteren Umgang mit nicht-menschlichen Wesen.

Andererseits sind Tiere seit den 1990er Jahren zunehmend in den Mittelpunkt politischer und rechtlicher Debatten gerückt sind, wie sich nicht zuletzt durch die Verankerung des Tierschutzes in das deutsche Grundgesetz im Jahre 2002 zeigte (vgl. Sunstein 2004: 4). Aktuell organisieren in vielen Bereichen des Mensch-Tier-Verhältnisses Parlamente und Behörden den Handlungsrahmen, innerhalb dessen Menschen Tiere für diverse Zwecke nutzen können. Dieser wird nominell innerhalb der Agrar-, Umwelt- und Wissenschaftspolitik durch gebots- und verbotsorientierte Policies organisiert, oder durch Anreize gesteuert. Man kann also durchaus von einem Institutionsgefüge sprechen, das sich mit der Frage des Tierschutzes befasst und in verschiedenen Gesellschaften unterschiedlich stark ausgeprägt ist (vgl. Garner 1998: 16ff). Die sich seit den 1970er Jahren entwickelnde Tierrechtsbewegung tritt dabei zunehmend in Form von pressure groups auf (vgl. Garner 1993: 60ff). Für sie waren die innerhalb dieser Arbeit diskutierten Tierrechtsansätze grundlegend für ihre Konsti-tuierung. Auch heute findet innerhalb ihrer Arbeit eine starke Rezeption der weiter unten aufgezeigten Argumente für moralische Rechte von Tieren statt, wodurch sie zweifelsohne auch weiterhin in Entscheidungs- und Meinungsfindungsprozesse ein-fließen (vgl. Garner 1998: 77; vgl. Rogausch 2007: 358). Für die Policy-Forschung, die sich mit tierrelevanten politischen Programmen befasst, sind Tierrechtsorganisationen und ihre Rezeption der Tierrechtsansätze dadurch ein nicht zu vernachlässigender Faktor.

3. Grundladen des Vergleichs

Um der Frage nachzugehen, wie innerhalb der ausgewählten Tierrechtsansätze argumentiert wird und worin sich die drei Ansätze unterscheiden, ist es zunächst notwendig, sich grundlegende Punkte der Argumentation für eine stärkere moralische Beachtung von Tieren zu verdeutlichen. Das Vergleichsraster, das den folgenden Kapiteln zugrunde liegt, ermöglicht eine detaillierte Untersuchung der drei Theorien anhand jener Punkte, die innerhalb der Theorien aufgegriffen werden und dadurch ihre Argumentationsstruktur darstellen. Es beinhaltet vier Aspekte, die sich zum einen deskriptiv mit der Entität des Tieres und ihrer Stellung innerhalb der Gesellschaft beschäftigen und zum anderen die normativen Argumente für eine andere moralische Stellung von Tieren abbilden. Diese Vorgehensweise orientiert sich an der Debatte, die um den Status von Tieren in der Moralphilosophie geführt wird; Konsequenzen für eine Veränderung des Umgangs mit Tieren werden durch die Erkenntnisse begründet, die sich aus der Erforschung ihrer Fähigkeiten ergeben (vgl. Garner 1993: 9f; Flury 1999: 17f). Die Kategorien des Vergleichs beinhalten aufgrund dessen folgende Aspekte: 1) die Frage, was Tiere sind und welche Eigenschaften sie besitzen; 2) die Beschreibung des Mensch-Tier-Verhältnisses; 3) die Frage nach der moralischen Relevanz von tierischen Eigenschaften; 4) die sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Mensch-Tier-Verhältnis.

Die erste Kategorie des Vergleichs bezieht sich auf die Darstellung der Fähigkeiten und Eigenschaften, die Tieren innerhalb der Tierrechtsansätze zugesprochen werden. Relevant ist diese deskriptive Kategorie, da innerhalb der Argumentation bestimmte Fähigkeiten betont werden, die es für Tierrechtsbefürworter notwendig erscheinen lassen, sich für eine stärkere Beachtung der Interessen von Tieren einzusetzen. Mentale Fähigkeiten bilden für die Theorien den Ausgangspunkt ihrer Argumentation, so dass innerhalb dieser Vergleichskategorie deshalb dargestellt werden soll, welchen Unterschied Peter Singer, Tom Regan und Gary L. Francione zwischen Menschen und Tieren sehen und welche mentalen Fähigkeiten Tieren zugesprochen werden.

Die zweite Vergleichskategorie umfasst die Beschreibung der bestehenden Mensch-Tier-Beziehung. Sie nimmt innerhalb der Tierrechtsdebatte eine wichtige Position ein, da sich in diesem Zusammenhang kritisch mit der Einbindung von Tieren in die Gesellschaft und ihrer bisherigen moralischen Position auseinandergesetzt wird (vgl. Garner 2005: 10f). Zunächst soll dargestellt werden, welche Aspekte des menschlichen Umgangs mit Tieren besonders betont werden. Darüber hinaus soll verglichen werden, welche Klassifikation, ausgehend von der Problematisierung der Beziehung, das Mensch-Tier-Verhältnis erhält.

Im dritten Teil des Vergleichs werden die normativen Aussagen zur moralischen Relevanz von Tieren dargestellt. Der Vergleich soll feststellen, inwiefern sich die Autoren in ihrer Betrachtung dieser Relevanz von Tieren in der Gesellschaft unterscheiden und welche Aspekte sie bei der Befürwortung einer stärkeren Einbeziehung von Tieren in die Moral besonders betonen. Wichtig ist hierbei herauszustellen, warum spezielle Eigenschaften und Fähigkeiten von Tieren eine stärkere Beachtung von Tieren begründen, als dies im bestehenden Mensch-Tier-Verhältnis der Fall ist.

Abschließend vergleicht die vierte Kategorie die Konsequenzen, die sich für die Autoren aus den vorhergegangenen Kategorien, insb. aus den festgehaltenen Eigenschaften von Tieren und der dargelegten moralischen Relevanz, für die Mensch-Tier-Beziehung ergeben. Festgestellt werden soll, wie sich für Singer, Regan und Francione das Mensch-Tier-Verhältnis verändert müsste und welche Rechte sie dadurch für Tiere festhalten. Diese Vergleichskategorie befasst sich dadurch unmittelbar mit der Frage der Reichweite der drei Tierrechtskonzepte.

Aus den Kategorien heraus ergibt sich folgende Übersicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Vergleichsraster (eigene Zusammenstellung)

4. Peter Singer – Animal Liberation

Die Veröffentlichung von Peter Singers Buch Animal Liberation im Jahr 1975 sorgte für großen Aufruhr und löste eine starke Debatte um den moralischen Status von Tieren innerhalb unserer Gesellschaft aus (vgl. Wolf 1990: 44). Zwar ist sein Buch nicht die erste Veröffentlichung zu diesem Thema, sie wird jedoch als Ausgangspunkt für die in den 70er Jahren einsetzende Diskussion um Tierrechte gesehen, die sich von voran-gegangenen Diskussionen um den Schutz von Tieren unterscheidet. Neben Animal Liberation bildet seine Veröffentlichung Praktische Ethik eine zweite Grundlage seiner Überlegungen, die auf einem Präferenz-Utilitarismus aufgebaut sind.

4.1. Tiere und ihre Eigenschaften

Zur Frage der Unterscheidung von Menschen und Tieren (Singer benutzt die Begriffe menschliche und nicht-menschliche Wesen), hält Peter Singer fest, dass es in Bezug auf die Fähigkeiten und Eigenschaften gewöhnlicherweise starke Unterschiede zwischen Menschen und Tieren gibt: „[T]here are many other obvious ways in which men and women resemble each other closely, while humans and animals differ greatly“ (Singer 1990: 2).

Zunächst, so Singer, unterscheiden sich Menschen und Tiere dadurch, dass sie unterschiedlichen Spezies angehören. Außer der augenscheinlichen Unterscheidung anhand der Spezies lassen sich jedoch auch Unterschiede innerhalb ihrer Leistungsfähigkeit und der kognitiven Fähigkeiten ausmachen. Diese Unterschiede sind ihm zufolge jedoch nicht absoluter, sich allein an der Spezies orientierender Natur: „[W]hatever the test we propose as a means of separating human from non-human animals, it is plain that if all non-human animals are going to fail it, some humans will fail as well“ (Singer 1986: 5). Frühere Versuche die Trennlinie zwischen Menschen und Tieren anhand spezieller Fähigkeiten auszumachen, die nur der Spezies Mensch zugeschrieben wurden (als Beispiele werden der Gebrauch von Sprache und die Herstellung sowie die Verwendung von Werkzeugen genannt), konnten durch empirische Beobachtungen von Tieren, die diese Fähigkeiten erlangt haben, widerlegt werden (vgl. Singer 1994: 102f). Gleichzeitig stellt die Idee einer absoluten Trennlinie zwischen Menschen und Tieren anhand von mentalen Fähigkeiten, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen sollen, ein Problem dar: Es gibt Menschen, die diese Fähigkeiten nicht besitzen, weil sie entweder noch zu jung sind, um sie bereits ausgebildet zu haben, sie nicht ausbilden können oder diese Fähigkeiten im Laufe ihres Lebens wieder verlieren (vgl. Singer 1994: 102ff).

Welche Fähigkeit oder Eigenschaft auch gewählt wird, um eine moralische Relevanz von Lebewesen zu begründen, „we will have to admit that they do not follow precisly the boudary of our own species“ (Singer 1990: 19). Singer sieht aufgrund dieser Argumente menschlicher Grenzfälle und der Fälle von sehr intelligenten Tieren die Unterschiede zwischen Menschen und anderen Lebewesen nicht als prinzipiell, d.h. durch die Spezies begründet, sondern als graduell an (vgl. Singer 1994: 102).

Um die graduellen Unterschiede zwischen Menschen und Tieren zu verdeutlichen, entwickelt Peter Singer zwei Kategorien, anhand derer menschliche und nicht-menschliche Lebewesen unterschieden werden können.

In Anlehnung an Joseph Fletcher, der eine Liste von Indikatoren des Menschseins aufgestellt hat, die „Selbstbewußtsein [sic], Selbstkontrolle, Sinn für Zukunft, Sinn für Vergangenheit, die Fähigkeit, mit anderen Beziehungen zu knüpfen, sich um andere zu kümmern, Kommunikation und Neugier“ (Singer 1994: 118) umfasst, die als „wahrhaft menschliche Eigenschaften“ (Singer 1994: 119) gelten, unternimmt Singer eine Unterscheidung zwischen der Angehörigkeit zur Spezies Homo sapiens und der Erfüllung dieser menschlichen Eigenschaften. Für letzteres nutzt er den Begriff der Person, den er, unter Bezugnahme von John Lockes Definition der Person, für rationale und selbstbewusste Wesen verwenden möchte (vgl. Singer 1994: 119). Hierdurch beabsichtigt er die Elemente abzudecken, die eine Betrachtung der Mitgliedschaft zur Spezies Homo sapiens nicht abdeckt, und ihm zugleich ermöglicht, die graduellen Unterschiede zwischen verschiedenen Lebewesen aufzuzeigen. Die meisten Mitglieder der Spezies Homo sapiens sind Peter Singer zufolge Personen. Sie sind in Besitz von Eigenschaften, die als menschlich betrachtet werden, sind rationale und selbstbewusste Wesen, weshalb ihnen ohne Zweifel eine besondere moralische Beachtung zukommen sollte (vgl. Singer 1994: 123ff).

Der Kategorie der Person steht das bewusste Lebewesen gegenüber. Innerhalb dieser Kategorie finden sich Wesen wieder, „die bewußt [sic] und fähig sind, Lust und Schmerz zu erfahren, aber nicht selbstbewußt [sic] und vernunftbegabt und somit keine Personen [sind]“ (Singer 1994: 136). Ein Ich-Bewusstsein sowie einen Zukunftssinn besitzen sie jedoch nicht (vgl. Singer 1994: 136f). Die meisten Tiere fallen für Peter Singer in diese Kategorie; für ihn ist es unstrittig, dass Tiere, insb. Säugetiere und Vögel, unter normalen Umständen Schmerzen empfinden können, da sie Verhaltensweisen aufweisen, die diesbezüglich von Menschen geteilt werden: „[W]rithing, facial contortions, moaning, yelping or other forms of calling, attempts to avoid the source of pain, appearance of fear at the prospect of its repetition, and so on“ Singer 1990: 11). Gleichzeitig hält er fest, dass Tiere ein zerebrales Nervensystem besitzen, das dem der menschlichen Spezies sehr ähnlich ist (vgl. Singer 1990: 11) und Schmerzen zudem einen evolutionsbiologischen Zweck erfüllen, der auch bei nicht-menschlichen Wesen gegeben ist (Singer 1990: 11f).

Des Weiteren argumentiert Singer, dass Tiere nicht prinzipiell auf die Kategorie des bewussten Lebens festzulegen sind, auch wenn so gut wie alle nicht-menschlichen Wesen in diese Kategorie eingeteilt werden können. Aufgrund verschiedener Untersuchungen der Fähigkeiten großer Affenarten ließ sich aufzeigen, dass diese Tiere als Personen betrachtet werden sollten, da sie die entsprechenden Charakteristika erfüllen (vgl. Singer 1994: 147ff).

Festgehalten werden kann, dass sich Menschen und Tiere zumeist in der Ausprägung ihrer Fähigkeiten unterscheiden. Die für Singer entscheidende Fähigkeit, die Tieren zugesprochen werden kann, ist die der Empfindsamkeit, d.h. dass sie Schmerzen und Lust empfinden können (vgl. Singer 2004: 80).

4.2. Klassifikation des Mensch-Tier-Verhältnisses

Das Mensch-Tier-Verhältnis zeichnet sich für Peter Singer insb. durch die fehlende Beachtung der Interessen von Tieren aus. Grundlegend für die unterschiedliche Behandlung von Menschen und Tieren durch Menschen ist ihm zufolge keine Abwägung der Interessen bzw. keine Form der moralischen Einbeziehung von Interessen von Tieren (wie bspw. das Interesse keine Schmerzen zu erleiden), sondern eine moralische Unterscheidung anhand der Spezies allein. Er nennt dies Speziesismus und meint damit „a prejudice or attitude of bias in favor of the interests of members of one's own species and against those of members of other species“ (Singer 1990: 6); Speziesismus wurde als Begriff jedoch schon im Jahr 1970 von Richard D. Ryder in die Tierrechtsdebatte eingeführt (vgl. Ryder 1998: 93).

Speziesismus ist durch seine Art, die Grenze der moralischen Relevanz anhand der Spezieszugehörigkeit festzulegen und Tieren dadurch das Prinzip der gleichen Berücksichtigung zu verweigern, anderen diskriminierenden Phänomenen wie dem Rassismus oder dem Sexismus ähnlich; sie haben keine ethisch vertretbare Basis, werden von Singer als miteinander verbunden betrachtet und als unmoralisch verworfen (vgl. Singer 1986: 6; Singer 1990: 6f; Singer 1994: 82ff).

Als Belege für den Speziesismus innerhalb des Mensch-Tier-Verhältnisses greift Singer zwei Beispiele auf, die jedoch nicht die einzigen Fälle sind, in denen sich das vorsätzliche Ignorieren nicht-menschlicher Interessen wiederfinden lässt (Singer 1990: 22f). Sie bilden vielmehr Beispiele, in die besonders viele Tiere involviert sind, die staatlich reguliert und finanziert werden und in die so gut wie jeder Mensch auf irgendeine Weise – und sei es als Konsument – involviert ist (Singer 1990: 22f). Im Folgenden soll kurz auf beide Fälle eingegangen werden, um seine Klassifikation der Mensch-Tier-Beziehung empirisch zu unterlegen.

Sein erstes Beispiel bildet die Nutzung von Tieren zu Forschungszwecken. Gemeinhin wird die Nutzung und Tötung von Tieren in der Forschung damit gerechtfertigt, dass durch Tierversuche Medikamente entwickelt werden und somit menschliches Leben gerettet werden kann (Singer 1994: 94). Doch dies ist tatsächlich selten der Fall. Stattdessen werden viele Tiere in Experimenten genutzt, die keinen medizinischen Vorteil für Menschen darstellen, aber mit erheblichen Schmerzen für die Tiere verbunden sind (vgl. Singer 1990: 36). So wurden bspw. Rhesusaffen in militärischen Experimenten eingesetzt, die Kampfsituationen von Soldaten nachahmen sollten (vgl. Singer 2008b: 233). Ein medizinischer Fortschritt entstand durch diese Leid verursachenden Testreihen nicht, doch diese Art des psychologischen Tierexperiments ist Singer zufolge kein Einzelfall, sondern bildet einen der größten Bereiche, in denen Tiere für Versuchszwecke genutzt werden.

Ein weiterer Bereich ist bislang die Nutzung von Tierversuchen bei der Entwicklung von Kosmetik. Vielfach werden Tiere für toxikologische Tests neuer Kosmetika herangezogen, die ihnen starke Schmerzen zufügen, für den Menschen jedoch keinen unmittelbaren gesundheitlichen Nutzen erbringen, geschweige denn eine absolute Notwendigkeit erfüllen (Singer 1990: 52ff). Für Singer sind diese Experimente deshalb ein Ausdruck des alltäglichen Speziesismus. Medizinische Tests zur Entwicklung von lebensnotwendigen Medikamenten bilden eine Minderheit in der Summe der Tierversuche, so Singer. Hierzu schreibt er:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein anderer Bereich, der für Singer speziesistisch geprägt ist, ist die Nutzung von Tieren zu Nahrungszwecken und die damit einhergehende Tierproduktion. Der engste Kontakt, den viele Menschen mit Tieren pflegen, findet am Essenstisch statt, an dem, so Singer, die Mehrheit der Menschen Misshandlungen von bewussten Wesen ignoriert, die mit Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs einhergehen (vgl. Singer 1976: 23). Vielfach werden Tiere wie Maschinen behandelt, die Futtermittel in Fleisch verwandeln. Veränderungen in der Landwirtschaft, die für eine höhere Umwandlungsrate sorgen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach angewandt, auch wenn sie die Tiere stärker leiden lassen (vgl. Singer 1976: 155).

Beide Fälle bilden für Singer in fast allen Ausführungen „a clear instance of the sacrifice of the most important interests of other beings in order to satisfy trivial interests of our own“ (Singer 1976: 155).

4.3. Moralische Relevanz tierischer Eigenschaften

In Animal Liberation betont Peter Singer, dass viele Philosophen, wenn sie moralische Prinzipien diskutieren, das Prinzip der Gleichheit der Interessen als das grundlegende moralische Prinzip erklärt haben. Dieses Gleichheitsprinzip ermöglicht es ihm zufolge, dass Rücksicht auf andere nicht von ihren Fähigkeiten, ihrer Ethnie oder ihrem Geschlecht abhängt (vgl. Singer 1994: 83) und somit eine Form der Gleichheit zu vertreten, die alle Menschen ungeachtet ihrer Unterschiede einbezieht (vgl. Singer 2008a: 28). Gleichzeitig haben sie Tiere jedoch entweder nicht bedacht, oder aus dem Prinzip der Gleichheit der Interessen ausgeschlossen, weil ihnen Fähigkeiten fehlen, die Menschen normalerweise besitzen (vgl. Singer 1990: 6f). Wie zuvor aufgezeigt wurde (vgl. 4.2.), erachtet Singer diese Grenzziehung der moralischen Einbeziehung eines Wesens anhand der Spezies bzw. bestimmten Arten eigener Fähigkeiten für Speziesismus und dadurch für willkürlich. Gleichheit ist eine moralische Idee, wie er wie folgt festhält: „[...] we should make it quite clear that the claim to equality does not depend on intelligence, moral capacity, physical strength, or similar matters of fact. Equality is a moral idea, not an assertion of fact.“ (Singer 1990: 4).

Als solche bedingt eine Ethik der Gleichheit etwas, anhand dessen die Gleichheit nicht willkürlich festgelegt werden kann (vgl. Singer 2008: 28f). Eine entsprechende Eigenschaft, die eine Begründung für das Prinzip der gleichen Interessenberücksichtigung sein kann, ist nach Singer die Empfindsamkeit, d.h. die Fähigkeit Leid und Lust zu erfahren. In Anlehnung an ein Zitat Jeremy Benthams, einem Begründer des Utilitarismus, das die Leidensfähigkeit als primäre Fähigkeit betont („The question is not, Can they reason ? Nor Can they talk ? But Can they suffer ?“ Bentham 1988: 310), bestimmt Singer die Empfindsamkeit als eine Grundvor-aussetzung für die gleiche Berücksichtigung der Interessen, denn „[t]he capacity for suffering and enjoyment is a prerequisite for having interests at all, a condition that must be satisfied before we can speak of interests in a meaningful way“ (Singer 1990: 7), während ein Fehlen der Empfindsamkeit zugleich die Abwesenheit von Interessen impliziert.

Wie oben dargelegt sind Tiere Entitäten, die der Kategorie des bewussten Lebens zugerechnet werden können (vgl. 4.1.). Als solche verfügen sie über die Fähigkeit Schmerz und Leid zu empfinden und haben dadurch Interessen (bspw. das Interesse keinen Schmerz zu erleiden), die, so Singer, unter dem Prinzip der Gleichheit der Interessen berücksichtigt werden müssen (vgl. Singer 1990: 6ff; Singer 1994: 82ff).

Der Fokus liegt bei Singers Ansatz eindeutig auf dem Empfinden von Schmerzen, die möglichst verhindert oder auf ein Minimum reduziert werden sollten, unabhängig von der Ethnie, dem Geschlecht oder der Spezies des betroffenen Wesens, da Schmerzen, ungeachtet der Spezies, den selben Effekt haben (vgl. Singer: 1990: 17). Entsprechend hält er zur Frage der moralischen Relevanz von Empfindsamkeit bei Tieren fest:

„If a being suffers there can be no moral justification for refusing to take that suffering into consideration. No matter what the nature of the being, the principle of equality requires that its suffering be counted equally with the like suffering – insofar as rough comparisons can be made – of any other being.“ (Singer 1990: 8)

Singer plädiert demzufolge für die gleiche Berücksichtigung von Schmerzen, unabhängig von der Spezies. Ihm ist hierbei besonders wichtig, dass Schmerzen im gleichen Maße berücksichtigt werden, d.h. dass Aktionen, die Tieren Schmerzen in einem Ausmaß zufügen, das bei Menschen als moralisch verwerflich eingestuft wird, auch in Bezug auf Tiere als unmoralisch gelten sollten (vgl. Singer 1990: 15; Singer 1994: 86f). Dies ist, wie oben erwähnt wurde im bestehenden Mensch-Tier-Verhältnis nicht gegeben (vgl. 4.2.). Bislang wird, wenn es zu einer Situation kommt, in der sich Interessen von Mitgliedern verschiedener Spezies überschneiden, den Interessen der eigenen Spezies ein größeres Gewicht zugesprochen (vgl. Singer 1994: 86).

4.4. Konsequenzen für das Mensch-Tier-Verhältnis

In so gut wie allen Bereichen des Mensch-Tier-Verhältnisses sieht Peter Singer notwendigerweise Veränderungen, wenn, wie er es vorsieht, das Prinzip der gleichen Interessenberücksichtigung auf nicht-menschliche Wesen ausgeweitet wird. Singer betont, dass sein Ansatz keine absolute Gleichheit zwischen Menschen und Tieren vorsieht (Singer 1990: 2). Zudem sieht er keine absoluten, unübertretbaren Rechte für Tiere vor, sondern lediglich ein Recht auf die gleiche Interessenberücksichtigung (vgl. Singer 1978: 122).

In Bezug auf die Nutzung von Tieren zu Nahrungszwecken hält Singer fest, dass diese Praxis fragwürdig wird, wenn nicht-menschliche Interessen gleichermaßen berück-sichtigt werden müssen. Das Prinzip der gleichen Interessenberücksichtigung erfordert Singer zufolge eine vegetarische Ernährung, wenn die Mensch-Tier-Beziehung nicht weiterhin speziesistisch geprägt sein soll (vgl. Singer 1990: 159). Begründet wird diese Konsequenz durch die Methoden, die innerhalb der oben dargestellten intensiven Tierhaltung genutzt werden (vgl. 4.2.). Sie stellt Singer zufolge „the application of technology to the idea that animals are means to our ends“ (Singer 1990: 160) dar und ist zudem mit großem Leid und Schmerzen für die betroffenen Tiere verbunden.

Doch auch traditionelle, kleine Farmen ziehen ihre Tiere nicht auf, ohne dass ihnen Schmerzen zugefügt werden müssen (vgl. Singer 1990: 160; Singer 1994: 93). Insofern gibt es für Singer unter der Berücksichtigung des Gleichheitsprinzips keine Rechtfertigung Fleisch aus diesen Produktionsformen zu essen. Dies gilt aus seiner Sicht insb. dann, wenn der Verzehr von Tieren „eher ein Luxus als eine Notwendigkeit ist“ (Singer 1994: 91). Er hat keinen Zweifel an dieser These, da ihm zufolge unlängst festgestellt wurde, dass Menschen keine Tiere essen müssen um gesund leben zu können. Ein generelles Tötungsverbot formuliert er jedoch nicht. Ihm zufolge birgt der Tod keinen Schaden für bewusste Lebewesen, da sie keinen Zukunftssinn besitzen. Solange die Tötung schmerzfrei vollzogen wird, findet er keine Einwände hiergegen (vgl. Singer 1994: 158ff).

Die Frage lautet für ihn deshalb nicht: „Is it ever right to eat meat? but: Is it right to eat this meat?“ (Singer 1990: 160). Die Einwände, die er gegen den Verzehr von Fleisch aus so gut wie allen Arten der Produktionen anführt, zählen für ihn auch für Tierprodukte wie Eier und Milch (vgl. Singer 1994: 92ff), da auch diese unter Bedingungen produziert werden, die für Tiere leidvolle Erfahrungen darstellen. Zudem, so Singer „is little gained for animals if you give up animal flesh and battery eggs, and simply replace them with an increased amount of cheese“ (Singer 1990: 176), woraus sich für ihn folgende Eckpunkte für das Mensch-Tier-Verhältnis in Bezug auf Nahrung ergeben:

„- replace animal flesh with plant foods;
- replace factory farm eggs with free-range eggs of you can get them; otherwise avoid eggs;
- replace the milk and cheese you buy with soymilk, tofu, or other plant foods, but do not feel obliged to go to great lengths to avoid all food containing milk products“ (Singer 1990: 177)

Auch in Bezug zu Tierversuchen fordert die Anwendung des Prinzips der gleichen Interessenberücksichtigung Konsequenzen für das bestehende Mensch-Tier-Verhältnis. Versuche an Tieren zugunsten neuer Kosmetika, Shampoos etc. können moralisch nicht legitimiert werden. Es besteht keine zwingende Notwendigkeit für Menschen neue Produkte dieser Art zu entwickeln, während Tiere großes Leid durch die dazugehörigen Testreihen erfahren, zumal es Möglichkeiten gibt, neue Produkte ohne Tierversuche auf ihre Verträglichkeit zu testen (vgl. Singer 1994: 95). Auch Tierversuche im Bereich des Militärs oder in psychologischen Instituten (vgl. 4.2.) können Singer zufolge nicht durch das Prinzip der gleichen Interessensabwägung gerechtfertigt werden, da „vorteilhafte Auswirkungen für den Menschen entweder gleich Null oder sehr ungewiß [sind]; hingegen sind die Nachteile für die Mitglieder anderer Spezies gewiß und real“ (Singer 1994: 96).

Lediglich bei medizinischen Tests sieht Singer die Möglichkeit, dass Tierversuche moralisch vertretbar sein können. Dies ist bspw. der Fall, wenn tausende Menschen bzw. Personen gerettet werden können, während nur wenige Tiere bzw. bewusste Lebewesen dafür leiden müssen. Er betrachtet diesen Fall als eine hypothetische Fragestellung, da vereinzelte Tierversuche nur selten zu bahnbrechenden Ergebnissen führen (vgl. Singer 1994: 96). Singer weißt zudem darauf hin, dass die Spezies allein kein Grund sein darf, Tierversuche zu rechtfertigen, da dies speziezistisch wäre. Wenn es also eine Rechtfertigung gäbe, bewusste Lebewesen in Versuchen für das Wohl von Personen zu nutzen, dann muss dies Singer zufolge auch die Nutzung von Menschen legitimieren, die zwar bewusste Wesen sind, aber aufgrund ihrer fehlenden kognitiven Fähigkeiten nicht die Kriterien für das Konzept der Person erfüllen (vgl. 4.1.). Entscheidet man sich dagegen, kann es unter dem Prinzip der gleichen Interessenberücksichtigung keine ethische Rechtfertigung für die Nutzung von Tieren in medizinischen Tests geben (vgl. Singer 1994: 97).

5. Tom Regan – Animal Rights

Tom Regans Case for Animal Rights bildet den zweiten prominenten Tierrechtsansatz aus der ersten Welle des Paradigmenwechsels innerhalb der Mensch-Tier-Beziehung, und stand lange im Mittelpunkt der Debatte als Gegenposition zu Peter Singers Animal Liberation um eine tiefer gehende moralische Beachtung von Tieren. Dabei nutzt Regan ein Konzept, dass sich an die Moralphilosophie Kants anlehnt, im Gegensatz zu Kant Tiere jedoch explizit einbezieht (vgl. Wolf 1990: 38).

5.1. Tiere und ihre Eigenschaften

In Bezug auf die Frage, wie sich Tiere von Menschen unterscheiden lassen, hält Regan fest, dass er Tiere nicht als prinzipiell unterschiedlich vom Menschen betrachtet, sondern den Unterschied zwischen Homo sapiens und Entitäten, die nicht zur Gattung Homo sapiens gezählt werden können, als graduell ansieht. Er orientiert sich hierbei an der Erkenntnis Charles Darwins, der festhielt: „[T]he difference in mind between man and the higher animals, great as it is, certainly is one of degree and not of kind“ (Darwin 1981: 105). Trotzdem finden sich zwischen beiden Gruppen Unterschiede. Um diese darzustellen, bezieht er sich bei den Begriffen Mensch und Tier auf folgende Bereiche: Regan nutzt den Begriff des Menschen für Mitglieder der Spezies Homo sapiens, die älter als ein Jahr und im Besitz ihrer normalerweise verfügbaren mentalen Fähigkeiten sind. Menschen, so Regan, besitzen neben den Eigenschaften, die Regan Tieren zuspricht, hochentwickelte Fähigkeiten wie moralische Fragen unabhängig abwägen zu können oder sich entsprechend dieser Abwägung zu verhalten und gelten dadurch als autonome Individuen im Sinne Kants (vgl. Regan 2004: 84f). Infolge dessen klassifiziert er sie als moral agents (Regan 2004: 151f), d.h. als Individuen, die moralisch verantwortbar gemacht werden können für das, was sie tun (vgl. Regan 2004: 152). Der Begriff Tier soll für Säugetiere verwendet werden, die ein Jahr oder älter sind (vgl. Regan 2004: 78). Tieren werden von Regan dabei folgende Fähigkeiten zugesprochen: „Perception, memory, desire, belief, self-consciousness, intention, a sense of the future“ (Regan 2004: 81), sowie ein individuelles Wohlergehen und eine psychophysische Indentität (vgl. Regan 1986: 22).

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783956849183
ISBN (Paperback)
9783956844188
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Bielefeld
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,1
Schlagworte
Gary L. Francione Politische Theorie Human-Animal Studies Tierethik Mensch-Tier-Beziehung Peter Singer Tom Regan

Autor

Dennis Zagermann, B.A., wurde 1986 in Hamburg geboren. Von 2008 bis 2011 studierte er an der Universität Bielefeld Poltik- und Literaturwissenschaft. Schwerpunkte seines Bachelorstudiums bildeten Globalisierungsfragen, Internationale Politische Ökonomie und Politische Theorie. 2011 schloss er das Bachelorstudium erfolgreich mit einer Arbeit über Tierethik ab. Seit 2011 ist er Student im Masterprogramm Politikwissenschaft der Universität Bremen und beschäftigt sich dort insbesondere mit der Europäischen Integration, der anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise, sowie Politischer Theorie. Derzeit arbeitet er an seiner Abschlussarbeit zu strukturellen Machtfaktoren innerhalb der Eurokrise.
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Titel: Animal Liberation oder Animal Rights? Tierethische Positionen im Vergleich
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