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Wettbewerbsstrategien: Core Competences von Hamel, Prahalad

©2004 Studienarbeit 42 Seiten

Zusammenfassung

Horrende Wachstumsraten von japanischen Firmen bei zeitgleich stattfindenden Einbrüchen des gleichen Ausmaßes bei Unternehmen derselben Branche ließen europäische Manager zu Beginn der 90er Jahre aufhorchen. Erste Analysen zur Feststellung der Gründe für diese heterogene Entwicklung innerhalb der einzelnen Branchen wurden später beim ersten ‚Überschwappen‘ von weit überlegenen japanischen Produkten auf den europäischen Markt, die aus fast jedem Alltagsgerät ein High-Tech-Gerät werden ließen, mit zunehmendem Nachdruck betrieben.
Als Gründe für diese haushohe Überlegenheit wurden dabei vor allem veränderte Rahmenbedingungen - wie jene des Wandels der Marktstruktur vom Verkäufer- zum Käufermarkt, die extreme Beschleunigung des technischen Fortschritts, die zunehmend hohen Ansprüche an Produkte und deren Leistungen sowie die erhebliche Verbesserung der Kommunikations-, Informations- und Verkehrstechniken in Richtung der ‚turbulent times‘ identifiziert, die sich mit den bisherigen europäischen Denkansätzen des strategischen Managements nicht mehr beherrschen ließen.
Dies führte zum Wandel von den bisher dominierenden, marktorientierten Denkansätzen - wie jenen von Porter - zu den nun modischen ‚ressourcenorientierten Ansätzen‘. Diese neue Denkrichtung forderte dabei eine stärkere Konzentration auf die eigenen Ressourcen ein, da gemäß dem Ansatz nur damit die besten Chancen für das langfristige, erfolgreiche Bestehen am Markt gewährleistet werden können.
Obwohl heutige Unternehmen diesen Ansatz in Form einer Fokussierung auf ihre Kernkompetenzen längst implementiert haben und aus einem Netzwerk von verbundenen Unternehmen heraus agieren, herrscht bis heute keine Einigkeit, welcher dieser Ansätze der geeignetere ist bzw. ob eine separate Betrachtung überhaupt sinnvoll erscheint.
Erklärtes Ziel dieser Arbeit ist es daher, den ressourcenorientierten Ansatz näher zu beleuchten. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt jedoch in der Betrachtung des Kernkompetenzenansatzes, der von Hamel und Prahalad geprägt wurde und unter dem Resource Based View zu subsumieren ist. Dabei werden sowohl die Hauptvertreter dieses Ansatzes vorgestellt, als auch die strategische Intention und Mission hinter diesem Ansatz näher erörtert, eine klare Abgrenzung des Begriffs der KK vorgenommen, Mittel zu dessen Identifikation, Aufbau und Erhalt aufgezeigt sowie ferner der Anpassungsbedarf des ‚internen Fits‘ aufgrund des RBV aufgezeigt. Um das Gesamtbild abzurunden, wird der RBV-Ansatz […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.4 Entwicklung der ressourcenorientierten Ansätze

Aufgrund der vorhin genannten Kritik am MBV einerseits und aufgrund der dargestellten dynamischen Umweltsituation andererseits erkannte man, dass der MBV nicht mehr der geeignete Ansatz ist, um diese – bis heute andauernden – turbulenten Zeiten „erfolgreich zu managen“. Aus diesem Grunde begann man, die hinter dem MBV stehende Denkschule der „Positionierung“ in Richtung einer „lernenden Organisation“[1] zu überdenken, um damit dauerhaft Wettbewerbsvorteile erzielen und so seine eigene Position wesentlich verbessern und nachhaltig sichern zu können.[2]

Erreicht werden sollte dies durch eine Wandlung des Betrachtungshorizontes weg vom bisher rein marktbasierten MBV hin zur Fokussierung auf bestimmte Ressourcen des eigenen Unternehmens. Die rein statische Outside-In-Betrachtungsweise sollte hierbei durch eine Inside-Out-Betrachtung ersetzt werden, um damit mit der überaus dynamischen Umwelt besser fertig werden zu können. Somit wurde das Konzept des Resource Based View oder des ressourcenorientierten Ansatzes erfolgreich geboren.[3]

Mit diesem neuartigen Konzept, dass ab diesem Zeitpunkt einen bis heute andauernden, großen Niederschlag in der Literatur findet und scheinbar hohe Relevanz, vor allem durch Presseberichte von japanische Unternehmungen, die durch den Einsatz dieses damals neuartigen Konzeptes horrende Wachstumsraten verzeichneten (Siehe Einleitung), erlangte, sollte es ermöglicht werden, die Spielregeln des Marktes völlig neu zu schreiben, nicht nur Diversifizierungen vorzunehmen, sondern vor allem Lösungsansätze zu bieten, die sogar den künftigen Zukunftsnutzen potentieller Kunden mit einbeziehen, um damit den Abstand zur Konkurrenz auf lange Sicht so weit anwachsen lassen zu können, dass dieser unüberwindbar erscheint.[4]

Abbildung 1 zeigt, wie die Relevanz der Positionierungsschule, unter der der MBV zu subsumieren ist, 1993 abflachte, während zeitgleich – wie in Abbildung 2 ersichtlich – immer größeres Interesse am Ansatz der sog. „Lernschule“ entstand, unter der die ressourcenorientierten Ansätze und damit auch der RBV einzuordnen sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verbreitung des MBV[5] Abb. 2: Verbreitung des RBV[6]

Erst später, nach Ablöse des MBV und erfolgreicher Einführung des RBV als vorherrschende Denkrichtung, wurde die neue Sichtweise des RBV mit jener des MBV kombiniert, die in Form des Competence Based View in einer Art integrierter Sichtweise zum Ausdruck kam und eine Betrachtung sowohl aus der Outside-In-, als auch aus der Inside-Out-Perspektive ermöglichte.

Hauptaugenmerk bei diesem erweiterten Ansatz kam insbesondere den Fähigkeiten zum Aufbau, Erhalt und Sicherung von KK zu, die einen langfristigen, strategischen Wettbewerbsvorteil sichern sollten. Folgende Abbildung verdeutlicht nochmals die Verschmelzung der Ansätze des MBV sowie des RBV zum CBV, wie er vorwiegend auf Hamel und Prahalad Anfang der 90er Jahre zurückzuführen ist.[7]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Entwicklung des RBV[8]

Was sich konkret hinter diesem neuen Ansatz verbirgt, wie er sich von anderen Ansätzen abgrenzt, welche strategischen Intentionen und Missionen dahinter stecken, auf welchen Prämissen er beruht sowie welcher Abstimmungsbedarf sich durch die Anwendung dieser neuen Denkschule – vor allem in Hinblick auf die „Soft-facts“ innerhalb eines Unternehmens ergibt – wird im folgenden Abschnitt näher erörtert.

3 Ressourcenorientierte Ansätze

3.1 Arten der ressourcenorientierten Ansätze

Im Folgenden wird zwar auf die unterschiedlichen Ausprägungen der ressourcenorientierten Ansätze näher eingegangen, wobei der Hauptschwerpunkt auf den von Hamel/Prahalad geprägten Competence Based View gesetzt wird, es ist jedoch schon vorweg anzumerken, dass sich die unterschiedlichen Denkschulen nicht immer klar von einander unterscheiden lassen.[9]

3.1.1 Resource Based View

3.1.1.1 Strategische Intention des Ressource Based View

Durch die Änderung der Betrachtungsweise von einer Outside-In-Perspektive zu einer Inside-Out-Betrachtungsweise resultieren die notwendigen Ressourcen dabei nicht mehr aus der Wahl der generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter,[10] werden somit nicht mehr extern bestimmt,[11] sondern sollen in erster Linie aufgebaut[12] und dermaßen effizient kombiniert werden[13], dass damit nachhaltig eine vorteilhafte Wettbewerbsposition geschaffen werden kann.[14] Schwerpunkt der Betrachtung liegt somit nicht mehr auf der Positionierung der einzelnen Geschäftsfelder sondern auf einer Auseinandersetzung mit den Unternehmensressourcen und ihren Stärken und Schwächen.[15] Dadurch findet eine Verschiebung der Wettbewerbsebene von der Ebene der Geschäftsfelder auf die Unternehmensebene statt. Letztere stellt nun lediglich eine Art Speicher für notwendige und wichtige Ressourcen dar, dessen sich das Management bedient.[16]

Solche unternehmensinternen Ressourcen, die in der Literatur als „crown jewels“ bezeichnet werden und das Potenzial haben, Wettbewerbsvorteile zu generieren, können sein: „(…) all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness (…)“.[17]

Die Basis für die Gewinnung dieser Ressourcen können einerseits Erfahrungs- und Lernkurveneffekte,[18] andererseits aber auch Kooperationen mit anderen Unternehmungen, durch die diese Ressourcen extern beschafft werden können, darstellen.[19] Im Rahmen der nun stattfindenden starken Zukunftsorientierung[20] nimmt man an, dass jene Unternehmen als Gewinner im Marathon um die Spitze des Erfolges hervorgehen werden, die ihre aufgebaute Kondition im Marathon am besten ausspielen können,[21] d. h. jene am erfolgreichsten sein werden, die über die besten Ressourcen verfügen.

3.1.1.2 Marktorientierte Ansätze versus Ressourcenorientierte Ansätze

Der wesentlichste Unterschied bei diesen beiden Ansätzen besteht vor allem in den unterschiedlichen Analysen, die als Ausgangspunkt dienen. Werden beim MBV vor allem Branchen-, Wettbewerbs- und Stärken-/Schwächenanalysen vorgenommen und damit der Schwerpunkt der Betrachtung vor allem auf die Outside-In-Betrachtung gelegt, durch die ein Markt mit möglichst geringer Wettbewerbssintensität gewählt werden soll, werden hingegen beim RBV vorwiegend die spezifischen Ressourcen eines Unternehmens Gegenstand der Untersuchung und ermöglichen so vorwiegend eine Inside-Out-Betrachtung. Den Ausgangspunkt für die Festlegung von Wettbewerbs­strategien bilden im ersten Fall somit vorwiegend extrinsische, im letzteren vor allem intrinsische Faktoren.[22] Folgende Tabelle soll die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen nochmals explizit herausarbeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Gegenüberstellung marktorientierter und ressourcenorientierter Ansätze[23]

3.1.2 Competence Based View

3.1.2.1 Vom Resource Based View zum Competence Based View

Hamel und Prahalad befassten sich zu Beginn der 90er Jahre intensiv mit den ersten, bereits vorhandenen Ansätzen des RBV. Wesentliche Erkenntnisse ihrer Analysen waren dabei, dass sich erstens ein gesunder Betrieb nicht durch die bloße Anwendung buchhalterischer Maßstäbe auf die Kosten erreichen lässt und zweitens, Manager ihren Betrachtungshorizont viel stärker in die entferntere Zukunft richten und sich daher verstärkt fragen müssen, wie ihr Unternehmen in entfernter Zukunft aussehen soll.[24]

Um Managern bei der von ihnen vorgeschlagenen stärkeren Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenssituation eine Hilfestellung zu bieten, erarbeiteten sie einen Fragenkatalog, bei dem vor allem der Frage „Woher stammen Ihre Gewinne heute / woher werden sie in Zukunft stammen?“ zentrale Bedeutung zukommt. Genau diese Frage stellte im weiteren Verlauf die Basis für weitere Publikationen von Hamel und Prahalad dar und gilt bis heute als Geburtsstunde des KK-Ansatzes.

Diese wenig formale Denkrichtung soll im Rahmen der Analyse vor allem die „(…) prozessualen, organisationalen und integrativen Aspekte der Generierung und Aufrechterhaltung Unternehmensbereiche überspannender Wettbewerbsvorteile (…)“ hervorbringen.[25] Durch die bewusste Fokussierung auf KK soll es dabei gelingen, den heutigen und künftigen Anforderungen der Kunden und deren Nutzen, die bei diesem Ansatz im Mittelpunkt stehen, möglichst gut zu entsprechen. Das Modell beruht dabei auf der Annahme, dass es nur durch den Aufbau von KK gelingen kann, auch den künftigen Kundenerwartungen zu entsprechen um sich damit nicht nur mehr an die laufenden Markttrends anpassen bzw. schlimmstenfalls diesen hinter her laufen zu müssen, sondern dass es somit möglich ist, den Wettbewerb „pro-aktiv“ zu übertreffen und in einer turbulenten Zeit die Bedingungen des Marktes mit zu gestalten.[26] Der Begriff der KK stellt dabei eine spezifische Ausprägung von strategischen Ressourcen dar. Aus diesem Grunde kann der Kernkompetenzenansatz auch unter dem RBV subsumiert werden,[27] der, wie in Abbildung 3 gezeigt, sowohl eine Inside-Out-Betrachtung als auch eine Outside-In-Betrachtung beinhaltet[28] und somit als Verbindungselement von markt- und ressourcenorientierter Sichtweise angesehen werden kann.[29] Wie der Begriff der KK genau abzugrenzen ist und welche strategischen Intentionen hinter diesem erweiterten Konzept stecken, wird in den nächstfolgenden Kapiteln näher erörtert.

3.1.2.2 Begründer des Competence Based View

Da neue Managementansätze immer durch den persönlichen Werdegang ihrer Erfinder geprägt und untrennbar damit verbunden sind, scheint es notwendig an dieser Stelle auf die Hauptvertreter des CBV-Ansatzes kurz näher einzugehen, um damit ein ganzheitliches Verständnis für diesen neuen Ansatz erhalten zu können.

Obwohl erste Ansätze des CBV in seiner Grundidee bereits vorher durch Hiroyuki (1987) unter dem Titel „Mobilizing Invisible Assets“ beleuchtet wurden, fanden erst die erfolgreichen Publikationen von Hamel und Prahalad[30] – nicht zuletzt aufgrund der von ihnen dargestellten konzeptionellen Einfachheit und dem zu diesem Zeitpunkt schon sichtbaren Erfolg dieses Ansatzes bei japanischen Firmen[31] – das nötige mediale Echo. Im Laufe der 90er Jahre entwickelten sich diese beiden Strategen zu den Shootingstars in der internationalen Managementszene und rückten schließlich mit ihrem Buch „Competing for the future“ den KK-Ansatz immer stärker ins Licht der Öffentlichkeit.

Der aus Kalifornien stammende Gary Hamel war ursprünglich Krankenhausmanager, dissertierte an der Universität von Michigan und wechselte daraufhin als Gastprofessor auf diese Universität. Der in Indien geborene Coimbatore Prahalad studierte bis 1975 in Harvard, nahm hier nach Abschluss des Studiums an zahlreichen Forschungsprojekten federführend teil und wurde schließlich Professor am Institut für Management in Harvard. Anschließend wechselte der Professor für Betriebswirtschaft mit besonderer Spezialisierung und Erfahrung im strategischen Management großer multinationaler Konzerne an die Universität von Michigan, wo er schließlich auf Gary Hamel stieß.[32]

Beide bekamen zahlreiche Preise und wurden in der Presse als intelligenteste Köpfe auf dem Gebiet der „Corporate Strategy“ betitelt. Zudem trugen ihre Forschungs- und Kooperationsprojekte mit Spitzenkonzernen aus aller Welt (wie beispielsweise Oracle oder Palmolive) für deren Aufstieg zu den bedeutendsten Managementgurus bei. Noch heute erreichen sie und ihre Strategien Platzierungen unter den „Top-Twenty“ im internationalen Ranking.[33]

3.1.2.3 Strategische Intention und Mission des Competence Based View

Die strategische Intention und das strategische Ziel des CBV sind stets in enger Verbindung mit jenen des RBV zu sehen. Da die Grenzen hierbei fließend verlaufen und auch innerhalb der Literatur nicht immer eindeutig gezogen werden, wird an dieser Stelle daher nur mehr auf die Besonderheiten in der Intention und Mission des CBV näher eingegangen.

Als strategische Intention wird „(…) the leveraging of a firm’s internal resource, ca­pabilities and core competencies to accomplish the finn’s goals in the competitive envi­ronment (…)” bezeichnet.[34] Im Mittelpunkt steht gemäß dieser Definition vorwiegend das unternehmerische Handeln, dass sich der verfügbaren Ressourcen bedient. Das geniale an der Strategie ist dabei einerseits die besondere Flexibilität und andererseits die ganzheitliche Betrachtungsweise, die jene des RBV und des MBV vereint und dadurch „(…) dem Blickwinkel des Wettbewerbs entzogen (…)“ Wettbewerbsvorteile schaffen soll, d. h. obwohl zunächst unklar sein mag, wie die gewonnenen oder künftig gewinnbaren Kompetenzen am Markt umgesetzt werden können, wird deren Aufbau bekräftigt und dadurch ermöglicht.[35] Dadurch kommt die visionäre, langfristige Sichtweise dieses Ansatzes besonders deutlich zum Ausdruck, die damit ermöglicht, dass auch unvorhersehbare Ereignisse mit den vorher scheinbar unverwertbaren KK bewältigt werden können. Ferner bietet sich Unternehmen durch diesen Ansatz die Möglichkeit, als „Regel-Brecher“ innerhalb der eigenen Branche aufzutreten, worin Hamel nach Einstufung der Unternehmen in die drei Kategorien der Regel-Vorgeber, der Regel-Übernehmer und der Regel-Brecher die einzig langfristige Überlebenschance in „turbulenten Zeiten“ sieht.[36]

Das erklärte strategische Ziel besteht in der Identifikation, im Aufbau und der Erhaltung von Kompetenzen, die die Basis für weitere, bereits angesprochene, strategische Handlungen bilden. Die „strategic mission“ wird daher als „(…) statement of a firm’s unique purpose and the scope of its operations in product and market terms (...)“ bezeichnet.[37]

3.1.2.4 Prämissen des CBV

Die vorhin erläuterte Intention und Mission des CBV geht von den zwei wesentlichen Prämissen der Heterogenität der Ressourcen sowie den damit verbundenen unvollkommenen Faktormärkten aus, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

- Heterogenität der Ressourcen

Diese Prämisse bedeutet, dass anfangs von einer asymmetrischen, also ungleichen, Verteilung der KK auf die einzelnen Unternehmen innerhalb eines Marktes oder einer Branche ausgegangen wird. Diese könnte zwar durch eine Umverteilung der Anfangsausstattung an KK behoben werden, ist jedoch aufgrund der zweiten Prämisse der unvollständigen Faktormärkte nicht möglich.[38]

- Unvollständige Faktormärkte

Diese Grundannahme besagt, dass das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage an Produktionsfaktoren auf den Faktormärkten zu keiner Markträumung führt, d. h. nicht die gesamte Nachfrage befriedigt werden kann bzw. nicht das gesamte Angebot nachgefragt wird[39] – und somit „Faktorunvollkommenheiten“ bei den Unternehmen entstehen können, da diese notwendige Ressourcen nicht in ausreichender Menge oder Ausprägung über den Markt beschaffen können.[40] Diese Annahme beruht dabei einerseits im volkswirtschaftlichen Kontext auf der Theorie der „Adversen Selektion“[41] sowie anderseits innerhalb des CBV auf den Grundsätzen der Unternehmensspezifität, der Nicht-Transferierbarkeit und der Nicht-Substituierbarkeit von KK.[42] Letztere 3 Begriffe werden im Kapitel „Voraussetzungen für das Bestehen dynamischer Kernkompetenzen“ näher erläutert. Es wird daher an dieser Stelle lediglich auf diesen Abschnitt verwiesen.

3.1.2.5 Begriff der Kernkompetenz
3.1.2.5.1 Von (Standard-)Fähigkeiten zur Kernkompetenz

In der Praxis fällt es Unternehmen schwer, den Begriff der KK zu definieren. Viele Definitionen sind zu weit angelegt, andere wiederum decken nicht das gesamte Spektrum ab.[43] Im Folgenden soll daher dieser Begriff, ausgehend vom weitest gefassten Begriff der Fähigkeiten, über den Ausdruck der Schlüsselfähigkeiten bis hin zur umfassenden Definition einer KK schrittweise eingegrenzt werden.

Nach dem Grad des Kundennutzens kann man Standardfähigkeiten, Schlüsselfähigkeiten, und KK unterscheiden. Standardfähigkeiten, als weitest gefasster Begriff, bilden dabei die Basis eines Unternehmens. Sie sind notwendig, um überhaupt ein Geschäft betreiben zu können und tragen damit nicht zur Erhöhung des Kundennutzens bei, sondern stellen ein Mindesterfordernis dar. Fehlen Standardfähigkeiten, kann das Unternehmen lang- und mittelfristig nicht mehr weiter existieren. Schlüsselfähigkeiten weisen hingegen ein bereits wesentlich höheres Nutzenniveau auf, sind aber gegenüber der Konkurrenz nicht verteidigbar und bringen somit wegen der Nachahmbarkeit keinen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Erst Kernkompetenzen als die sog. Juwelen des Unternehmens erhöhen den Nutzen beim Kunden massiv, sind verteidigbar und fördern die Wettbewerbsfähigkeit damit entscheidend.[44] Durch diese Ausführungen zeichnet sich der Entwicklungsweg von KK, ausgehend von den allgemeinen Fähigkeiten über Schüsselfähigkeiten hin zu echten KK ab. Dem Management kommen auf diesem Weg vor allem unterstützende und koordinierende Aufgaben zu.[45]

[...]


[1] Vgl. Moingeon/Ramanantsoa/Métais/Orton [The Resource-based view 1998], S. 299f.

[2] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 204.

[3] Vgl. Pousttchi/Herrmann [Kompetenzorientiertes Management 2001], S. 309.

[4] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 15.

[5] Quelle: Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 395.

[6] Quelle: Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 395.

[7] Vgl. Müller-Stewens/Lechner [Strategisches Management 2003], S. 220.

[8] Quelle: Pousttchi/Herrmann [Kompetenzorientiertes Management 2001], S. 310 (leicht modifiziert).

[9] Vgl. Barney [Resource-based theories 2001], S. 664.

[10] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.

[11] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 426.

[12] Vgl. Rasche [Ressourcenorientierte Unternehmensführung 1994], S. 507.

[13] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.

[14] Vgl. Rasche [Ressourcenorientierte Unternehmensführung 1994], S. 507.

[15] Vgl. Knyphausen [Why are Firms different? 1993], S. 774.

[16] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 62.

[17] Vgl. Barney [Firm Resource and Sustained Competitive Advantage 1991], S. 101.

[18] Vgl. Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 61.

[19] Vgl. Hamel/Prahalad [Strategy as Stretch and Leverage 1993], S. 80.

[20] Vgl. Hanser [Kernkompetenz 1998], S. 39.

[21] Vgl. Müller-Stewens/Lechner [Strategisches Management 2003], S. 221.

[22] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 426.

[23] Quelle Verfasser in Anlehnung an: Krüger/Homp [Kernkompetenz-Management 1997], S. 63; Osterloh/Frost [Prozessmanagement als Kernkompetenz 2003], S. 167; Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 396ff; Hanser [Kernkompetenz 1998], S. 39; Kleinaltenkamp [Strategisches Business-to-Business Marketing 2000], S. 50; Hamel/Prahalad [Wettlauf um die Zukunft 1995], S. 53ff.

[24] Vgl. hierzu und im Folgenden: Kennedy [Management Gurus 1998], S. 78f.

[25] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 427.

[26] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 18ff.

[27] Vgl. Duschek/Sydow [Ressourcenorientierte Ansätze 2002], S. 427.

[28] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 29.

[29] Vgl. Hinterhuber et al. [Kundenzufriedenheit durch Kernkompetenz 1997], S. 186f.

[30] Vgl. Mintzberg/Ahlstrand/Lampel [Strategy Safari 1999], S. 247.

[31] Vgl. Boos/Jarmai [Kernkompetenzen – gesucht und gefunden 1994], S. 20.

[32] Vgl. TLP [C. K. Prahalad 2004], o. S.

[33] Vgl. Thinkers 50 [Most important living management thinker 2004], o. S.

[34] Vgl. Hitt/Ireland/Hoskisson [Strategic Management 1999], S. 24.

[35] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 29.

[36] Vgl. Hamel [Strategy as Revolution 1996], S. 69ff.

[37] Vgl. Hitt/Ireland/Hoskisson [Strategic Management 1999], S. 25.

[38] Vgl. Rasche [Ressourcenorientierte Unternehmensführung 1994], S. 503.

[39] Vgl. Krugman/Obstfeld [Internationale Wirtschaft 2003], S. 328.

[40] Vgl. Knyphausen [Why are Firms different? 1993], S. 775f.

[41] Vgl. Case/Fair et al. [Economics 1999], S. 383.

[42] Vgl. Rasche [Ressourcenorientierte Unternehmensführung 1994], S. 503.

[43] Vgl. Hanser [Kernkompetenz 1998]; S. 37.

[44] Vgl. Hitt/Ireland/Hoskisson [Strategic Management 1999], S. 98.

[45] Vgl. Deutsch/Diedrichs/Raster/Westphal [Gewinnen mit Kernkompetenzen 1997], S. 27.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2004
ISBN (PDF)
9783956848322
ISBN (Paperback)
9783956843327
Dateigröße
5.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Kernkompetenz Competenece Based View Market Based View Resource Based View Wertschöpfungskette Geschäftsfeld Industrieökonomik

Autor

Mag. Alexander Herbst ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzmanagement der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Gastlektor an der Aydin Universität Istanbul (Türkei) sowie der National Technical University Charkiw (Ukraine), Lehrbeauftragter an der FH Joanneum Graz sowie der Universität Innsbruck, Vortragender bei Universitätslehrgängen, Lehrgängen universitären Charakters, Trainer an Erwachsenenbildungseinrichtungen und Autor. Seine Forschungstätigkeiten liegen in ausgewählten Bereichen der betrieblichen Steuerlehre sowie der internationalen Rechnungslegung, vornehmlich auf Basis der IAS/IFRS.
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