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Die geheimen Fähigkeiten Casanovas: Was wir von dem Meister-Verführer lernen können

©2010 Bachelorarbeit 42 Seiten

Zusammenfassung

Giacomo Casanova ist vor allem als Verführer bekannt, dabei waren seine sozialen Fähigkeiten weitaus umfassender. Er war allgemein ein Meister der Überzeugung, der sein Wissen über die menschliche Psychologie raffiniert auszunutzen wusste.
Das vorliegende Buch analysiert Casanovas Memoiren auf Grundlage von Robert Cialdinis „Psychologie des Überzeugens“, um Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob moderne Erkenntnisse über Beeinflussungsstrategien bereits von Casanova angewendet wurden.
So wird etwa Casanovas legendärer Gefängnisausbruch aus den Bleikammern unter die Lupe genommen. Wie gelang es ihm den Gefängniswärter auf seine Seite zu gewinnen? Wie konnte er einen Mitgefangenen zu seinem Komplizen machen, obwohl dieser in einer anderen Zelle einsaß? Und was können wir daraus lernen?

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1.3 Commitment und Konsistenz

vgl. Cialdini, 2010, S. 92-154.

„Sobald wir eine Entscheidung treffen oder eine Position vertreten, entstehen intrapsychische und interpersonelle Kräfte, die uns dazu drängen, uns konsistent mit dieser Festlegung zu verhalten“ (Ebd., S. 92) Anders gesagt: in dem Moment, in dem wir eine Entscheidung treffen, orientieren wir uns in unserem zukünftigen Verhalten an dieser Entscheidung. Dies zeigt sich beispielsweise bei Menschen, die auf Pferde wetten. Sobald sie ihre Wette abgegeben haben, sind sie augenblicklich zuversichtlicher in Bezug auf die Erfolgsausichten des Pferdes als vor der Wettabgabe. Die Regel der Konsistenz besagt also, dass wir uns in unseren Entscheidungen an unserem früheren Verhalten orientieren und auch ein Ändern der Umstände, wie beispielsweise ein strauchelndes Pferd während des Rennens, uns nicht an der Richtigkeit unserer Entscheidung zweifeln lassen. Der Mensch neigt demnach dazu, konsistent zu handeln, was zum einen daran liegt, dass konsistentes Handeln in der Gesellschaft als positiv wahrgenommen wird. Vor allem aber dient konsistentes Handeln als ein roter Faden, der uns den Alltag erleichtert, da wir uns so nicht zu sehr mit der Informationsflut, die das Leben mit sich bringt, auseinander setzen müssen.

Allerdings benutzen wir konsistentes Handeln auch, um unangenehme Gedanken verdrängen zu können. So berichtet der Autor über eine Veranstaltung transzendentaler Meditation, bei der sein Kollege in einer Einführungsveranstaltung sämtliche Argumente der Meditationsleiter widerlegte. Überraschenderweise drängten die Teilnehmer der Veranstaltung daraufhin erst recht darauf, einen Meditationskurs zu buchen und zudem noch vor Ort bar dafür zu bezahlen. Die Erklärung: Die Teilnehmer hatten sich im Vorfeld von dem Meditationskurs Großes erhofft und waren mit der Erwartung dorthin gegangen auf jeden Fall den Kurs zu buchen. Nachdem die Effektivität allerdings sehr nachvollziehbar von Cialdinis Kollegen in Frage gestellt worden war, sahen sich die Teilnehmer bedroht, zu inkonsistentem Handeln bewegt zu werden, indem sie ohne eine Buchung nach Hause gegangen wären. Um also ihr Bedürfnis nach konsistentem Handeln zu befriedigen, buchten sie auf der Stelle, um nicht im Nachhinein abwägen zu müssen, ob die vorgetragenen Gegenargumente nicht tatsächlich ausdrücklich gegen einen Besuch des durchaus teuren Meditationskurses sprechen.

Verkaufsprofis machen sich das menschliche Bedürfnis nach konsistentem Handeln durch sogenannte »Commitment»-Praktiken zunutze. Sie bringen uns dazu, eine bestimmte Haltung einzunehmen, die uns dann im Nachhinein zu einer Handlung bewegt, die wir ohne diese verbal kommunizierte Haltung nicht getätigt hätten. Ein Beispiel hierfür ist die »Fuß-in-die-Tür-Taktik«. Wer einmal einer kleinen Bitte zugestimmt hat, stimmt daraufhin mit größerer Wahrscheinlichkeit einer größeren Bitte zu, vorausgesetzt es besteht ein Zusammenhang zwischen den Bitten. Dieser Zusammenhang erklärt, warum wir der zweiten Bitte unsere Einwilligung geben: sie abzuschlagen würde inkonsistentes Handeln bedeuten. Ausnutzen können die Verkaufsprofis diese Phänomen, indem sie einem Kunden erst etwas Günstiges verkaufen, nur um ihm danach ein teureres Produkt vorzuschlagen, was im Zusammenhang mit dem Erstkauf steht.

Commitment-Praktiken sind deswegen so effektiv, weil sie in uns ein Selbstbild schaffen, dem wir entsprechen wollen. Sagt man über uns beispielsweise, dass wir besonders großzügig seien, werden wir daraufhin mit größerer Wahrscheinlichkeit spenden. Diese Wahrscheinlichkeit wird noch größer, wenn wir diese Charaktereigenschaft selber äußern und noch einmal größer, wenn wir sie schriftlich fixieren. Am allergrößten ist sie jedoch, wenn wir sie nicht nur niederschreiben, sondern dies auch noch andere wissen lassen. Dadurch, dass die Öffentlichkeit von unserer Haltung bzw. unserem Commitment weiß, sehen wir uns besonders geneigt konsistent zu handeln.

Noch stärker stehen wir zu einer Haltung, wenn wir keine Kosten und Mühen gescheut haben um sie einzunehmen. Damit sind die brutalen Rituale zu erklären, die Anwärter auf die Mitgliedschaften in Studentenverbindungen auf sich nehmen. Sie durchgehen Schmerz und sonstige Qualen um Teil der Verbindungen werden zu dürfen. Durch diesen hohen Aufwand fühlen sich die neuen Mitglieder den Verbindungen nun besonders zugehörig und treten nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit wieder aus. Wichtig hierbei ist jedoch, dass die Anwärter eine innere Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sich sagen können: „Ich hab dies alles freiwillig auf mich genommen, nur um Mitglied werden zu können.“ Ineffektiver wäre es also, wenn die Rituale dem gemeinen Wohl zugute kämen, wenn sie zum Beispiel darin bestünden, harte körperliche Arbeit beim Errichten von Häuser für wohltätige Zwecke auf sich zu nehmen. Dies würde die Zugehörigkeit zu der Verbindung senken, weil der Anwärter sich denken könnte: „Ich habe das Ritual nicht wirklich nur zum Zwecke der Aufnahme auf mich genommen. Eigentlich steckt mein soziales Engagement dahinter.“

Dieses Prinzip der inneren Verantwortung macht sich auch bei der Kindeserziehung bemerkbar. Wenn ein Kleinkind unter Androhung einer Strafe auf etwas verzichtet, wirkt diese neu angenommene Haltung nur temporär. Sobald das Kind sich nicht mehr von der Strafe bedroht fühlt, nimmt es die Haltung wieder zurück. Wird die Drohung allerdings weggelassen, machen sich zwei Dinge bemerkbar. Wenn das Kind zum Verzicht deutlich aufgefordert wird, hält es sich auch ohne die Drohung daran. Vor allem aber behält es diese Haltung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch langfristig bei, ganz einfach weil es die Haltung nicht aufgrund einer Drohung angenommen hat und sich damit eher verantwortlich für den Sinneswandel fühlt.

Die wohl skrupelloseste Weise, den Konsistenz-Drang des Menschen auszunutzen, ist die «Low-Ball-Technik». Hierbei macht ein Verkäufer einem potentiellen Kunden ein Angebot, welches einen besonderen Vorteil hat, wie etwa ein unschlagbarer Preis. Dann bringt er den Kunden dazu, sich näher mit dem Produkt zu beschäftigen, indem er es ihn beispielsweise testen und Formulare dazu ausfüllen lässt. An diesem Punkt nimmt der Verkäufer den besonderen Vorteil wieder zurück, mit der Begründung, sich geirrt zu haben. Nach dem Konsistenzprinzip entscheidet sich der Kunde dann meist dennoch für das Produkt, weil er bereits eine positive Haltung dazu angenommen hat und diese jetzt nicht mehr zurücknehmen möchte.

Zusammenfassung:

Der Mensch neigt sehr stark dazu, sich in seinem Verhalten an seinem vorherigen Handeln zu orientieren und in Einklang dazu zu agieren. Er tut dies, weil konsistentes Verhalten in der Gesellschaft positiv bewertet wird und weil dieses Handeln auch den Umgang mit der Komplexität des Alltags erleichtert. Verkaufsprofis haben in diesem Zusammenhang die Wirksamkeit von Commitments erkannt. Ein Commitment ist eine klare Bekennung zu einem bestimmten Standpunkt. Es verpflichtet dazu, sich in Zukunft getreu des Commitments zu verhalten und ist besonders dann effektiv, wenn das Commitment ungezwungen und öffentlich gemacht wurde und keine Kosten und Mühen gescheut wurden um diese Haltung einzunehmen.

1.4 Soziale Bewährtheit

vgl. Cialdini, 2010, S. 156-214.

„Das Prinzip der sozialen Bewährtheit besagt, dass sich Leute, um zu entscheiden, was sie in einer gegebenen Situation glauben oder tun sollen, anschauen, was andere Menschen in der Situation glauben oder tun“ (Ebd., S. 211).

Wie auch beim Konsistenzprinzip ist der Grund hierfür die Entscheidungserleichterung. Es wäre zuviel Aufwand, jede Entscheidung durch Abwägen von Argumenten zu treffen, zumal diese Argumente ja auch noch gefunden werde müssen. Stattdessen orientieren wir uns am Verhalten anderer weil wir denken: „Wenn andere so handeln, dann werden sie schon ihren guten Grund dafür haben.“

Auch dieses Prinzip kann ausgenutzt werden. So legen beispielsweise Barkeeper von sich aus Geld in die Trinkgeldschalen um vorzutäuschen, dass sich andere bereits dazu durchgerungen hätten, Trinkgeld zu geben. Auf der anderen Seite lässt sich das Prinzip aber auch nutzen um Menschen ihre Ängste zu nehmen. So werden sozial verängstigte Kinder viel spiel- und interaktionsfreudiger wenn sie andere Kinder dabei beobachten, wie sie sich aktiv Spielgefährten suchen.

Gleichzeitig funktioniert das Prinzip der sozialen Bewährtheit auch mit Dingen, die wir »nicht« tun, was sehr negative Folgen haben kann. Cialdini berichtet hierbei von einem Mordfall, bei dem 38 Menschen zusahen, aber keiner die Polizei rief. Die Begründung: Die Zeugen beobachteten, dass niemand anderes handelte und folgten so dem Prinzip der sozialen Bewährtheit, indem sie ebenfalls nicht handelten.

Der Grund, warum in diesem Fall auf das Prinzip der sozialen Bewährtheit zurückgegriffen wurde, liegt in der Unsicherheit der Beteiligten, wie in der Situation zu Handeln sei. Dies führte dazu, sich am Handeln anderer zu orientieren. Noch stärker kommt das Prinzip allerdings zur Geltung, wenn wir das Verhalten von Leuten beobachten, die uns ähnlich sind. Die erschreckende Effektivität des Prinzips zeigt sich in den Auswirkungen der Berichterstattung über Suizide. Generell steigt die Suizidrate in Reaktion auf das publik werden eines Suizids nicht nur substantiell, sondern betrifft vor allem Menschen, die dem Opfer ähnlich sind.

Werbestrategien machen sich das Prinzip der sozialen Bewährtheit beispielsweise bei der Produktion von Werbespots zunutze. Fernsehwerbung zeigt oft die sogenannten Durchschnittsmenschen dabei, wie sie das beworbene Produkt konsumieren. Somit können sich die Fernsehrezipienten gut mit den Spot-Protagonisten identifizieren, weil sie ähnlich aussehen wie sie und werden somit Opfer des Prinzips der sozialen Bewährtheit.

Zusammenfassung:

Menschen tendieren dazu, sich in ihrer Entscheidungsfindung am Verhalten anderer zu orientieren, insbesondere wenn sie sich unsicher fühlen und den anderen ähnlich sind. Dieses Prinzip lässt sich nutzen um Spenden zu sammeln oder Phobien zu heilen, birgt aber auch in Form von Medienberichtserstattungen die Gefahr, andere zu Untaten anzustiften.

1.5 Autorität

vgl. Cialdini, 2010, S. 262-292.

Eine weitere Waffe der Einflussnahme, die von unserem Drang bestimmt wird, uns Entscheidungen im Alltag zu erleichtern, ist der Faktor Autorität. Wir neigen dazu, bedingungslos den Urteilen und Aufforderungen derer zu vertrauen, die wir als Autoritätspersonen betrachten. Was für erschreckende Ausmaße dies annehmen kann, zeigt ein Experiment von Milgram (Ebd., S. 264). Der Forscher simulierte ein Szenario, in dem die Versuchspersonen aufgefordert wurden, andere Teilnehmer mit Stromstößen zu bestrafen, wenn diese falsche Antworten zu vorher auswendig gelernten Begriffen gaben. Die Versuchspersonen wussten jedoch nicht, dass die «Opfer» nicht wirklich Stromstößen ausgesetzt wurden. Es waren Schauspieler, die dazu angehalten wurden, starke Schmerzen vorzugeben und welche die Versuchspersonen anflehten, weitere Stromstöße zu unterlassen. Erschreckenderweise gehorchten die Versuchspersonen jedoch nicht, sondern fuhren fort, die Stromstöße auszuteilen. Grund hierfür war, dass das Experiment in Beisein eines Forschers stattfand, der die Anordnung gab, den Versuch trotz der Schmerzensschreie und Gnadegesuche fortzusetzen.

Dieses Experiment belegt eindrucksvoll, wie sehr unsere eigenen Meinungen und Instinkte zurückgedrängt und ignoriert werden, wenn wir mit den Anordnungen eines Experten, sprich einer Autorität, konfrontiert werden. Besonders problematisch ist dies in Krankenhausbetrieben. Hier werden die Meinungen der Oberärzte viel zu selten angezweifelt, was oft zu falschen Medikationen mit schwerwiegenden Folgen führt.

Ein Grund für dieses Verhalten kann in den Wurzeln unserer Erziehung liegen. Von klein auf haben wir gelernt, dass es in unserem Sinne ist, auf Autoritäten zu hören, sei es im Elternhaus oder in der Schule. So wurden wir darauf konditioniert uns ins unseren Entscheidungen nach denen zu richten, die es in unseren Augen besser wissen müssen als wir. Dies erklärt, warum eine Pflegekraft in einem Krankenhaus ihr ganzes medizinisches Fachwissen außer Acht lässt und den Anweisungen eines höher gestellten Arztes zu folgen bereit ist, auch wenn sie weiß, dass diese Anweisungen das Leben eines Patienten bedrohen.

Es gibt mehrere Merkmale, die wir mit Autorität assoziieren. Zum einen sind Titel wie «Doktor» oder «Professor» starke Autoritätssymbole. Deren Urteilsvermögen wird automatisch höher als das eigene eingestuft. Zudem wurde in einer Studie nachgewiesen, dass die physische Größe eines Menschen höher geschätzt wird, wenn er mit einem Autoritätstitel versehen ist. Eine mögliche Erklärung hierfür: Physische Größe ist ein entscheidender Faktor in der Tierwelt um in der Hierarchie aufzusteigen und wird dementsprechend mit Macht bzw. Autorität assoziiert.

Ein weiteres Merkmal, dem wir überdurchschnittlich viel Respekt zollen, ist Kleidung. Den Aufforderungen gut gekleideter oder uniformierter Menschen folgen wir mit größerer Wahrscheinlichkeit als jenen, die diese Kleidungsmerkmale nicht aufweisen können.

In engem Zusammenhang dazu steht das Merkmal Luxus. Kleidung kann auch ein Indikator für Wohlstand sein, welcher wiederum als Autoritätsmerkmal empfunden wird.

In der Werbung kann sich das Autoritätsprinzip zunutze gemacht werden, indem Produkte von Menschen angepriesen werden, die uns autoritär erscheinen, wie zum Beispiel der fiktiven Dr. Best aus der Zahnbürstenwerbung.

Zusammenfassung:

Unsere Gesellschaft hat die Tendenz entwickelt, sich den Meinungen und Urteilen von Autoritäten zu beugen, selbst wenn diese offensichtlich ethisch nicht zu vertreten sind oder es sich um Irrtümer handelt. Autorität macht sich entweder durch Titel, Kleidung oder Luxusgüter bemerkbar.

1.6 Knappheit

vgl. Cialdini, 2010, S. 294-333.

Eine Studie über die Qualität des Mensaessens an einer Universität brachte Überraschendes zu Tage: Als die Studenten erfuhren, dass die Mensa für zwei Wochen geschlossen bleiben würde, wurde die Qualität des Essens sofort höher eingeschätzt, obwohl sich am Angebot nichts geändert hatte. Die Begründung: Aufgrund der Tatsache, dass das Mensaessen zu einer knappen Ware geworden war, wurde es von den Studenten automatisch als hochwertiger empfunden. Erklären lässt sich dieses Phänomen mit dem Knappheitsprinzip, „...das besagt, dass Möglichkeiten uns umso wertvoller erscheinen, je weniger erreichbar sie sind“ (Ebd., S. 295).

Dieses Prinzip ist bei Werbestrategen sehr beliebt, um die Popularität ihrer Produkte zu steigern. Die Taktik eines Elektrowarenhändlers besteht beispielsweise darin, einem interessierten Kunden zu verkünden, dass ein bestimmtes Produkt nicht mehr erhältlich sei und ihm dann im Nachhinein zu eröffnen, doch noch ein «allerletztes» aufgetrieben zu haben. Verstärkt wird dieser Effekt, wenn das Produkt als nur für befristete Zeit erhältlich angepriesen wird.

Wie ist dieses Phänomen nun zu begründen?

„Wie die anderen Waffen der Einflussnahme stützt sich auch das Knappheitsprinzip auf unsere Schwäche, Faustregeln bei der Entscheidungsfindung heranzuziehen. Auch hier handelt es sich um eine Schwäche, die letztendlich auf einer bestimmten Einsicht beruht, nämlich der, dass Dinge, die nur schwer zu bekommen sind, in der Regel besser sind als solche, derer man leicht habhaft wird. [...] Ein Grund für den Einfluss des Knappheitsprinzips liegt daher darin, dass es ermöglicht, ohne großen Aufwand gute Entscheidungen zu treffen“ (Ebd., S. 301).

Eine weitere Erklärung liefert die Reaktanztheorie. Sie besagt, dass durch die Knappheit ein Freiheitsverlust empfunden wird. Wir fühlen uns in unseren Entscheidungen nicht frei, wenn wir nicht uneingeschränkt Zugang zu etwas haben und drängen dann darauf, diese Freiheit zu erlangen.

Interessanterweise bezieht sich das Knappheitsprinzip nicht nur auf Güter sondern auch auf Informationen. Wenn uns Informationen vorenthalten werden, sind wir stärker daran interessiert, sie zu bekommen und haben dann auch noch eine bessere Meinung von ihnen. So wirkt eine Information allein dadurch glaubwürdiger auf uns, dass sie uns nicht zugänglich ist. Wenn sie uns doch verfügbar gemacht wird und uns wissen gelassen wird, dass wir zu den wenigen gehören, die sie erfahren dürfen, erscheint uns sie uns dann nur umso glaubwürdiger.

Bei politischen Revolutionen wenden Menschenmassen innerhalb kurzer Zeit wahnsinnige Energien auf um sich gegen die Staatsmacht aufzulehnen. Grund dafür ist ein Wechsel von Überfluss zu Knappheit. Den Menschen wird etwas weggenommen, das sie bis vor kurzem noch im Überfluss besaßen. Sie beschweren sich also nicht über eine Knappheit, die schon lange bestand, sondern über eine kurzfristig entstandene. Knappheit wird demnach dann stärker wahrgenommen, wenn sie abrupt auf einen Zustand des Überfluss erfolgt.

In der Werbung wird dieser Effekt noch verstärkt eingesetzt und zwar, indem Knappheit durch eine hohe Nachfrage begründet wird. Somit wird das Produkt allein dadurch als begehrter betrachtet, weil die Knappheit nicht etwa durch Lieferengpässe begründet wird, sondern damit, dass sie durch eine unerwartet starke Beliebtheit des Produkts entstanden ist.

Wie ein Verkaufsprofi das Knappheitsprinzip effektiv einsetzen kann, erläutert Cialdini anhand der Verkaufsstrategien eines Autohändlers.

Der Händler lädt mehrere Interessierte gleichzeitig zu einem Besichtigungstermin eines bestimmten Autos ein. Dies führt dazu, dass dem ersten eingetroffenen Interessenten zwar das Exklusivrecht auf den Wagen zugesprochen wird, die Anwesenheit eines nachkommenden zweiten Interessenten den Wagen jedoch plötzlich wertvoller erscheinen lässt. Auch aus der Sicht des zweiten Interessenten erscheint der Wagen wertvoller, allein dadurch, dass er nicht das Exklusivrecht auf den Wagen hat. Kommt noch ein dritter Interessent hinzu, steigt der Wert für den zweiten Interessenten noch einmal besonders, wenn der erste Interessent den Wagen ablehnt, da er nun ein Exklusivrecht zugesprochen bekommen hat. Mit anderen Worten: Die beschränkte Verfügbarkeit des Wagens lässt ihn um einiges begehrenswerter erscheinen.

Zusammenfassung:

Sobald uns etwas weniger verfügbar erscheint, haben wir die Tendenz, dieser Sache einen höheren Wert beizumessen. Dieser Effekt tritt nicht nur bei Produkten sondern auch bei Informationen auf. So ist nicht nur der Wunsch stärker, eine Information zu bekommen, wenn sie uns nicht verfügbar ist, sondern wir stufen sie auch als glaubwürdiger ein.

Zudem ist das Knappheitsprinzip dann besonders wirksam, wenn eine Sache erst neuerdings knapp ist, anstatt schon immer knapp gewesen zu sein und zudem „...sind knappe Ressourcen verlockender für uns, wenn wir mit anderen um sie in Konkurrenz treten müssen“ (Ebd., S. 331).

2. Giacomo Casanova

Giacomo Casanova gilt heute als der Meister der erotischen Verführung, was sein Leben allerdings nicht annähernd auf den Punkt bringt. Dieses war nämlich nicht nur von seinen amourösen Eskapaden geprägt, sondern vor allem von seiner Abenteuerlust und seiner Rastlosigkeit, die ihn von erniedrigenden Gefängnisaufenthalten bis auf die Königshofe Europas führte. All seine Erlebnisse beschrieb er ausführlich in seinen Memoiren, die er in hohem Alter verfasste und die Grundlage dieser Bachelor-Arbeit sind. Die Antwort auf die Frage «Wer war Giacomo Casanova?» bringt er in seinem zwölfbändigem Werk treffend auf den Punkt:

„Ich war ziemlich reich, von der Natur mit stattlichem Aussehen begabt, ein leidenschaftlicher Spieler, ein Verschwender, ein großer Plauderer mit stets schneidenden Formulierungen, keinesfalls bescheiden und kannte keine Furcht. Ich machte den hübschen Frauen den Hof, stach Rivalen aus und ließ nur die Gesellschaft gelten, die mich unterhielt. So zog ich mir unweigerlich Hass zu. Da ich bereit war, mit meinem Leben zu bezahlen, glaubte ich, mir sei alles erlaubt, denn Amtsanmaßungen, die mich störten, forderten meinen Widerstand geradezu heraus“ (Casanova, 1985a, S. 222f).

2.1 Sein Leben

Giacomo Girolamo Casanova wird am 2. April 1725 in Venedig als Sohn eines Schauspielerehepaars geboren (Flem, 1998, S. 271ff). Seine ganze Kindheit leidet er an einer Krankheit, wegen der er ständig Blut verliert und die Ärzte und Eltern im Glauben lässt, dass er nicht mehr lange zu leben habe. Früh wird er von der Mutter verlassen und wächst unter der Obhut seiner Großmutter auf, die ihn von einer Hexe in eine Truhe schließen lässt, woraufhin die Krankheit des kleinen Giacomo tatsächlich schwächer wird. Kurz darauf verstirbt der Vater.

Im Alter von einundzwanzig Jahren rettet Casanova dem wohlhabenden Senator Signor Bragadin das Leben, der daraufhin sein Adoptivvater und für den Rest seines Lebens sein Gönner wird. Um den Senator zu beeindrucken, täuscht er vor, über ein magisches Rechenverfahren zu verfügen, was diese Episode charakteristisch für sein Leben macht. In höheren Schichten akzeptiert zu werden und seinen Mitmenschen eine falsche Identität und besondere Fähigkeiten vorzugaukeln, erlaubt es ihm sein Leben lang ohne einen festen Beruf stets über ein ansehnliches Vermögen zu verfügen und ständig die Gesellschaft von Adeligen, hohen Staatbeamten und berühmten Literaten zu genießen. Dieser rebellische Charakter, verbunden mit seinem Eintritt in das Freimaurertum wird ihm dann jedoch zum Verhängnis. Er erregt das Aufsehen des venezianischen Tribunals und wird 1755 in die berüchtigten Bleikammern gesteckt, dem gefürchtesten Gefängniss zu dieser Zeit. Anfangs lebt Casanova hier in einer Zelle, in der er nicht einmal aufrecht stehen kann. Durch einige ausgefeilte Listen gelingt ihm dann jedoch die spektakuläre Flucht über die Dächer der Bleikammern, auf die er während seiner fünfzehnmonatigen Haft unablässig hingearbeitet hat. Hierbei wird seine Lebenseinstellung deutlich, die Freiheit mehr zu lieben als das Leben, was zudem sowohl in seinen wechselnden Wohnorten als auch in seinen kurzen Liebschaften deutlich wird. An keinem Ort hält es ihn lange und mit jeder europäischen Metropople aus der er abreist, verlässt er auch immer eine Frau.

Eine Heirat wäre damit verbunden gewesen, den Rest seines Lebens an einem einzigen Ort zu verbringen – eine für ihn unzumutbare Vorstellung.

„Mit dieser reizenden Frau hätte ich glücklich werden können, doch mir graute vor dem Gedanken, mich irgendwo festzusetzen. In Neapel hätte ich mir ein Landgut kaufen können, durch das ich reich geworden wäre, doch hätte ich dann ein vernünftiges Leben führen müssen, wie es meiner Natur so gar nicht entsprach“ (Casanova, in: Flem, 1998, S. 174).

Casanova war demnach ein Heißblütler, ein Genießer, der sich mit nichts zufrieden geben konnte, mit keiner Heimat, keinem Beruf und keiner Frau. Sein Ziel war stets das Unbekannte, eine neue Stadt in einem neuen Land, eine Anstellung in einem ungewohnten Metier, das Bett einer neuen Eroberung. Stefan Zweig zeigt sich in seiner Biographie ehrfürchtig vor den Verführungskünsten Casanovas und betont, dass der Abenteurer seine Geliebten stets mit dem Gefühl hinterließ, durch die nur kurzzeitige Sinneslust stets bereichert und nicht etwa geschmäht worden zu sein: „...er überglüht, aber versengt sie nicht, er erobert, ohne zu zerstören, er verführt, ohne zu verderben“ (Zweig, 1982, S. 71). Und auch Flem zeichnet ein Bild des Verführers, das ihm ein moralisches Verantwortungsbewusstsein anerkennt: „Er will, dass seine Gefährtinnen dieselben Freiheiten genießen, die er sich selbst einräumt. [...] Casanova zeigt keine Spur von Frauenfeindlichkeit. Im großen Buch seines Lebens sind die Frauen die Herrinnen. Das Weibliche fasziniert ihn so sehr, dass er zuweilen die Grenzen verwischen will“ (Flem, 1998, S. 79). Es lässt sich vermuten, dass Casanova seine Rastlosigkeit stets ausstrahlte und den Frauen somit die Illusion nahm, ihn an sich binden zu können.

Dennoch verlobt Casanova sich mehrmals und hält zu vielen Frauen langjährigen Briefkontakt. Es gibt sogar eine große Liebe in seinem Leben, Henriette, doch auch sie lässt er aus freien Stücken hinter sich.

Ein genaueres Studium seiner Memoiren führt zudem zu Tage, dass er kein makelloser Verführer war. Bisweilen war er ungestüm und auf törichte Weise härtnäckig, was seine erfolgslose Annäherung an seine Londoner Bekanntschaft Charpillon verdeutlicht. Casanova erkennt nicht, dass das Mädchen ihn an der Nase herumführt und mit leeren Versprechungen zu sich lockt, nur um ihn immer aufs Neue abzuweisen. Als sie sich dann auch noch mit einem jungen Friseur einlässt um Casanova zu demütigen, treibt dies den erfolgsverwöhnten Verführer fast in den Selbstmord. Er will in die Themse springen und nur eine zufällige Bekanntschaft hält ihn von diesem Gedanken ab.

Was war Casanova nun von Beruf? In seinem Leben hat er so viele Tätigkeiten ausgeübt, dass man eher von einer Berufung sprechen muss; der Berufung, seine Vielseitigkeit, seine Intelligenz und seinen Charme stets auf Neue unter Beweis zu stellen und dabei auch gerne seinen Arbeitgeber Kompetenzen vorzuheucheln, die er erst beim Ausüben seiner Tätigkeiten zu entdecken schien:

„Stellt Casanova was für eine Aufgabe immer, niemals wird er zugeben, in diesem Fache ein Neuling zu sein, sofort wird er die allerernsteste, fachmännischste Miene aufsetzen, als geborener Schwindler geschickt lavieren, und sich fast immer mit Anstand auch aus der anrüchigsten Affäre ziehen. In Paris fragte ihn der Karinal de Bernis, ob er etwas vom Lotteriewesen verstünde. Natürlich hat er keine blasse Ahnung, aber ebenso natürlich für den Mauldrescher, dass er ernst die Frage bejaht und vor einer Kommission [...] Finanzprojekte entwickelt, als wäre er zwanzig Jahre schon gerissener Bankier. In Valencia fehlt der Text für eine italienische Oper: Casanova setzt sich nieder und dichtet ihn aus dem Handgelenk (Zweig, 1982, S. 47). Von Vater und Mutter her mit Schauspielertum belastet, macht er sich die ganze Welt zur Bühne und Europa zur Kulisse; Bluffen, Blenden, Düpieren und Narren ist ihm wie weiland Eulenspiegel eine blutnatürliche Funktion“ (Ebd., S. 45).

Giacomo Casanova stirbt am 4. Juni 1798 in Dux, im damaligen Böhmen, im Alter von 73 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt hat er sein Vermögen verprasst und da er eine Heirat stets verschmäht hatte und mit dem Alter immer menschenscheuer wurde, stirbt er auch in Einsamkeit. Es ist sein literarisches Vermächtnis, dass ihn einige Jahrzehnte später wieder aufleben lässt.

2.2 Seine Memoiren

Im September 1785 beginnt Casanova seine Memoiren zu schreiben, die er 13 Jahre später, im Alter von 73 Jahren und kurz vor seinem Tod, beendet (Flem, 1998, S. 281).

Er war stets ein begeisterter Literat gewesen, der sich nicht nur durch sämtliche Werke der Weltliteratur las, sondern auch den Kontakt zu seinen literarischen Idolen suchte; im Hause Voltaires war er ein gern gesehener Gast.

Casanova dachte zunächst nicht daran, seine Niederschriften zu veröffentlichen, der eigentliche Grund für die tägliche und stundenlange Arbeit mit Feder und Papier war der Kampf gegen die Langeweile. Er hatte ein Anstellung als Bibliothekar auf einem Schloss in Böhmen bekommen, wo er in Einsamkeit lebte, und somit den Zustand erreichte, den er stets fürchtete - er hatte seine Freiheit verloren und rief sie sich nun wieder ins Gedächtnis. So entstand nicht nur ein kunterbuntes und sehr realitätsnahes Bild der Gesellschaft im Europa des 18. Jahrhunderts, sondern auch das ehrliche Selbstportrait einer historischen Persönlichkeit, die bis heute sinnbildlich für den Genussmenschen steht. Die Ehrlichkeit seiner Aussagen wird von Historikern nicht angezweifelt, man weiß, „...dass er recht wenig geflunkert und in allem Wesentlichen die überprüfbare Wahrheit geschrieben hat“ (Sperber, 1985, S. 15).

Es dauert eine Weile bis seine Schriften and die Öffentlichkeit gelangen. 1822 wird eine erste deutsche Fassung herausgegeben, damals noch in einer stark verfälschten Übersetzung. Erst 1960 kommt eine erste deutsche originalgetreue Fassung auf den Markt.

Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit ist die Übersetzung von Heinz von Sauter in einer Neuauflage von 1985.

3. Analyse von 3 Episoden aus Casanovas Memoiren

Im Folgenden werden drei Episoden aus dem Leben des Abenteurers, so wie er sie in seinen Memoiren darstellt, auf den Gebrauch und die Wirkung von Cialdinis sechs Waffen der Einflussnahme hin untersucht.

3.1 Die Flucht aus den Bleikammern

1755 wird Casanova in Venedig verhaftet und in die berüchtigten Bleikammern eingesperrt, einem Gefängnis, aus dem bis dahin niemandem die Flucht gelungen war (Quenell, 1985).

Casanova gelang die Flucht aus dem Gefängnis nur durch die Beeinflussung anderer, weswegen dieser Abschnitt aus seinen Memoiren sehr gut dafür geeignet erscheint, seine Beeinflussungsstrategien zu untersuchen.

Zunächst folgen die inhaltliche Beschreibung seiner Flucht, so wie er sie in seinen Memoiren beschrieben hat (Casanova, 1985b, S. 220-352) und anschließend die Analyse seiner Beeinflussungsstrategien.

3.1.1 Inhalt

Zu Beginn findet sich Casanova in einer Zelle ohne Möbel wieder und Wärter Lorenzo erscheint, der beauftragt wurde, persönliche Gegenstände und Möbelstücke für den Häftling zu beschaffen. Lorenzo ist eine der Schlüsselfiguren bei der Flucht Casanovas. Er wird beschrieben als ein „... ungebildeter, geschwätziger und habgieriger Mann“ (Ebd., S. 234).

Casanova erkennt schnell, wie wichtig es ist, dass Lorenzo ihm wohlgesonnen ist. Der Wärter ist sein einziger Kontakt zur Außenwelt und zu anderen Häftlingen. Somit ist Casanova bemüht, Lorenzo stets gut zu behandeln, was er beispielsweise tut, indem er ihn das Restgeld der für ihn erledigten Einkäufe behalten lässt.

In seiner Zelle findet Casanova einen Eisenriegel, den er zu einem Werkzeug zurechtschleift. Er bezeichnet es als «Spuntone». Mit ihm will er den Boden der Zelle durchbrechen um durch den Raum darunter zu fliehen. Damit er in der Dunkelheit an seiner Flucht arbeiten kann, nutzt er seine gute Beziehung zu Lorenzo aus, indem er sich von ihm unter Vorwänden verschiedene Utensilien beschaffen lässt, aus denen er eine Öl-Lampe baut. In monatelanger Arbeit bohrt er sich durch die Bretter seiner Zelle, wird dann allerdings, kurz bevor er fliehen kann, in eine andere, angenehmere Zelle gebracht. Daraufhin entdeckt Lorenzo das Loch und stellt Casanova wutentbrannt zur Rede, da er sich nicht vorstellen kann, wie das Loch hatte entstehen können. Lorenzo traut sich jedoch nicht Casanova für den Fluchtversuch bestrafen zu lassen, da er fürchtet, selber dafür belangt zu werden, dass dem Häftling ein Fluchtwerkzeug zur Verfügung stand.

Den Spuntone hatte er nicht gefunden, da er gut in einem Stuhl versteckt gewesen war. Dieser Stuhl befindet sich nun samt Spuntone in Casanovas neuer Zelle.

Nachdem Casanova den Schock überwunden hat, so kurz vor dem Ziel an der Flucht gehindert worden zu sein, beginnt er sofort, einen neuen Plan zu schmieden. Da seine Zelle jedoch von nun an sehr genau abgeklopft wird um jeglichen Ausbruchsversuchen auf die Schliche kommen zu können, sucht sich Casanova einen Verbündeten in einer anderen Zelle. Mit diesem Verbündeten, dem Mönch Balbi, korrespondiert er durch in Büchern versteckte Briefe. Lorenzo spielt nichts ahnend den Bibliothekar, der den Bücheraustausch zwischen den beiden Häftlingen organisiert.

Casanovas neuer Plan ist, dem Mönch den Spuntone zukommen zu lassen, damit dieser ein Loch in seine Zellendecke bohren kann. Da die Zelle des Mönchs auf einer Ebene mit Casanovas Zelle liegt, könnte der Mönch daraufhin zur Decke von Casanovas Zelle gelangen und dort ein weiteres Loch bohren. So könnte Casanova aus seiner Zelle entkommen um dann mit dem Mönch zusammen über das Dach des Gefängnisses zu fliehen. Um dem Mönch den Spuntone zukommen zu lassen, überlegt sich Casanova folgende List: Er teilt Lorenzo mit, dass er dem Mönch ein Geschenk in Form von selbst zubereiteten Makkaroni machen möchte. Lorenzo besorgt ihm hierfür alles Nötige, woraufhin Casanova den Spuntone auf ein Buch legt, das er Balbi zurückgeben möchte und auf den Spuntone den bis zum Rand gefüllten Nudeltopf stellt. So kann Lorenzo den Spuntone nicht sehen und schmuggelt ihn daraufhin unwissentlich zu dem Mönch, der sogleich beginnt, seine Decke auszuhöhlen und das entstehende Loch mit einem Kupferstich abzudecken.

Der Plan gerät in Gefahr, als ein weiterer Häftling, Soradaci, in Casanovas Zelle gebracht wird und Casanova Angst bekommt, an Lorenzo verraten zu werden. Casanova nutzt Soradacis Gutgläubigkeit und seine Gottesfurcht aus, indem er ihm weismacht, ein Engel würde sie befreien wollen, was durch Balbis geräuschvolle Bohrarbeiten an der Zimmerdecke unterstützt wird.

Schließlich entkommen Balbi und Casanova aus der Zelle, sehen sich aber jetzt mit der Herausforderung konfrontiert, über das Dach der Bleikammern das Gebäude verlassen zu müssen. Erst jetzt eröffnet Casanova seinem Komplizen, dass er nicht wisse ob das überhaupt möglich sei und es dem Schicksal überlassen wäre, ob es sich nun überhaupt ergäbe, das Dach wieder verlassen zu können. Balbi reagiert empört und droht damit, wieder umzukehren. Schlussendlich findet Casanova eine Dachluke durch die sie in einen anderen Gebäudeteil gelangen und darauf warten, dass die Eingangstür in den Morgenstunden von außen geöffnet wird. Daraufhin gelingt ihnen die Flucht.

Inwiefern bediente sich Casanova nun der Waffen der Einflussnahme, so wie Cialdini sie beschrieben hat, um seine Mitmenschen in seine Fluchtpläne einzuspannen?

Aufgrund der Komplexität dieser Episode werden im Folgenden Cialdinis Faktoren einzeln näher betrachtet.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2010
ISBN (PDF)
9783956848452
ISBN (Paperback)
9783956843457
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Künste Berlin
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Robert Cialdini Waffen der Überzeugung Überredung Rhetorik Sympathie Konsistenz Beeinflussung
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