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Duftmarketing am Point of Sale: Olfaktorische Reize richtig setzen

©2004 Studienarbeit 28 Seiten

Zusammenfassung

Duftmarketing am Point of Sale gibt einen Einstieg in die Thematik Einsatz von Duftstoffen zur Verkaufsförderung. Neben den vielen Möglichkeiten hält dieser Bereich des Marketing aber auch Risiken bereit, die nicht unbedingt auf der Hand liegen, gerade da Kunden sehr individuell auf Düfte reagieren.
Diese Analyse bietet einen neutralen Blick auf den Sachstand, erklärt die Wirkungsweisen von Düften und den hieraus resultierenden Schwierigkeiten. Sie zeigt aber Möglichkeiten zur Vorgehensweise, wenn man sich für den Einsatz von Duftstoffen entscheidet.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2. Die Funktionsweise des menschlichen Geruchssinnes

Geruchs- und Geschmackssinn unterscheiden sich von den anderen Sinnen dadurch, dass sie nicht auf elektromagnetische oder mechanische Reize reagieren, sondern auf chemische Substanzen.[1]

Aufgabe der Nase ist es, die chemischen Substanzen in elektrische Signale umzuwandeln und diese an das Gehirn weiterzuleiten. Den Ausgangspunkt für den Vorgang des Riechens bilden die sechs bis zehn Millionen Rezeptorzellen der Riechschleimhaut. Ein Geruchsstoff wird von der Riechschleimhaut aufgenommen und reizt dort die dünnen Sinneshaare der Riechzellen. Diese Riechzellen bestehen aus Proteinen und werden durch Duftmoleküle gereizt, als Reaktion setzen sie selbst Moleküle frei. Die freigesetzten Moleküle rufen in den Rezeptorzellen elektrische Impulse hervor, welche im Riechhirn verstärkt werden, um an andere Bereiche des Gehirnes weitergeleitet zu werden.[2]

„Die Speicherung von Duftinformationen in unmittelbarer Nähe des limbischen Systems (Hypothalamus) ist verantwortlich für deren enge Beziehung zu unserer Gefühlswelt. Das limbische System steuert zentrale Funktionen des Verhaltens (z.B. Nahrungsaufnahme, Sexualverhalten sowie Abwehr- und Fluchtverhalten), regelt den Hormonhaushalt und spielt sowohl für Wahrnehmungsprozesse als auch für die Entstehung von Emotionen eine wichtige Rolle“[3].

Trainierte Nasen können hunderttausende von Gerüchen unterscheiden, weit mehr, als der Mensch in der Lage ist zu beschreiben.[4] Das gespeicherte Lexikon zur Beschreibung von Gerüchen ist sehr begrenzt und die differenzierten und spezifischen Fachbegriffe der Parfümeure sind in der Regel nicht bekannt. Daher werden meistens Adjektive des täglichen Sprachgebrauchs verwendet.[5]

2.3. Klassifizierungsprobleme bei Duftstoffen

Klassifikation[6] ist ein Versuch, die Vielfältigkeit der Phänomene methodisch in Teilklassen zu ordnen und zu reduzieren.

Um eine wissenschaftliche Methode zu entwickeln oder zu begründen, erwies sich die Klassifizierung im 18. Jahrhundert als ein wichtiges Hilfsmittel. In der heutigen Wissenschaft werden vorzugsweise quantitative Begriffe eingesetzt.

Die Untersuchung des olfaktorischen Bereiches, hinsichtlich seines vielfältigen Spektrums an Gerüchen, ist bis heute nicht sehr weit entwickelt. Dies begründet sich durch zwei Aspekte, zum einen gibt es keine allgemein anerkannte Rezeptortheorie, zum anderen existiert kein chemisches oder physikalisches Maß, mit dem eine Klassifikation möglich wäre. Farben lassen sich durch die Wellenlänge des Lichtes bestimmen und klassifizieren, für Gerüche ist noch kein objektives Maß gefunden. Daher handelt es sich bei der Klassifizierungsversuchen oftmals um eine Umschreibung eines Duftes mit sprachlichen Begriffen.[7]

In einer sprachpsychologischen Studie wurden aus über 10.000 freien Assoziationen 20 Adjektive zur Beschreibung der subjektiven Duft-Erlebnisse ermittelt: süß, schwer, frisch, herb, intensiv, aufdringlich, billig, künstlich/unnatürlich, angenehm, unangenehm, blumig, elegant, auffällig, modisch, sportlich, sauber, fruchtig, weiblich und männlich.[8] Die hier aufgezählten Adjektive lassen sich leider nur schwer in eine Klassifizierungsform bringen. Daher dienen sie nur zur Beschreibung des momentan wahrgenommenen Duftes.

Eine weitere Beschreibungsmöglichkeit liefert Jellinek mit seinem Schaubild „Geruchsbezeichnungen der Parfümeure“ (Vgl. Abb. 1, nächste Seite). Er sortiert Geruchsempfindungen nach vier Basis-Geruchsrichtungen, von denen jeweils zwei gegensätzlich zueinander stehen. Hieraus entsteht ein zweidimensionales Klassifizierungsschema, mit den Dimensionen süß – bitter und sauer – basisch. Diesen Dimensionen ordnet Jellinek Gerüche zu, z.B. blumig zu süß oder staubig zwischen bitter und basisch. Weiterhin ordnet er in die obere Hälfte Gerüche mit eher pflanzlichem Ursprung ein und in die untere Gerüche eher tierischen Ursprungs. Der interessante Ansatzpunkt dieses Schaubildes ist, dass er den Gerüchen eine Wirkung auf den Menschen unterstellt und diese den jeweiligen Gerüchen zuordnet. So verbindet er beispielweise sauer mit der Wirkung anti-erogen. Nachteilig an diesem Schaubild ist, dass Jellinek die künstlichen Gerüche (z.B. Kunststoff) nicht berücksichtigt. Ein anderer Kritikpunkt ist die Einteilung der Wirkungsdimensionen auf den Menschen.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Geruchsbezeichnungen der Parfümeure

Quelle: Jellinek (1994) S.89

2.4. Der Einfluss von Duftstoffen auf den Menschen

Reize, die aus der Umwelt auf den Menschen einwirken, lösen emotionale Reaktionen aus. Diese sind dafür entscheidend, ob der Mensch sich einer Umgebung mehr oder weniger nähert oder ob er sie meidet.[10]

„Geruchsempfindungen bewirken Änderungen in der augenblicklichen psychologischen Verfassung des Wahrnehmenden“.[11] Diese These beinhaltet:

- Geruchswirkungen sind von äußeren Umständen (Licht, Temperatur) und ebenso von der inneren Verfassung (Hunger, Stimmung) abhängig.
- Geruchswirkungen sind während der Stimulierung abhängig von der Qualität und der Konzentration des Geruchsstoffes.
- Geruchswirkungen sind bei allen Menschen, bis auf individuelle Ausnahmen, gleich.

Gerade der letzte Punkte ist in der Wissenschaft stark umstritten, Punkt eins und zwei sind hingegen empirisch belegt. Weiterhin ist zu beachten, dass Geruchswirkungen nur im Zusammenhang mit dem jeweiligen Kulturkreis, in welchem sie entdeckt worden sind, zu bewerten sind.

Wie in Abb. 1 zu erkennen ist, wird in diesem Modell nicht nur eine Klassifizierung von Düften vollzogen, sondern sie werden direkt mit einer Wirkung auf den Menschen verknüpft. Die Wirkungen gehen in zwei Richtungen: erogen – antierogen und narkotisch – stimulierend. Diese zweidimensionale Darstellung ist ebenfalls umstritten, aber auf Grund der einfachen Struktur sehr praktikabel.[12] Im Allgemeinen geht man allerdings von drei grundlegenden Gefühlsdimensionen aus. Der Mensch reagiert emotional durch:

Erregung – Nichterregung

Lust – Unlust

Dominanz – Unterordnung

Die anderen Gefühlsdimensionen lassen sich anhand dieser drei Basisdimensionen beschreiben. Äußere Einflüsse und persönliche Faktoren führen zu einer Gewichtung und Richtungsausprägung der jeweiligen Dimensionen.[13]

Der Mensch wird durch Geruchsstoffe in seiner Verhaltensweise beeinflusst und er ändert diese den Umständen entsprechend. Verschiedene Studien belegen, dass unter Einsatz von Geruchsstoffen die Leistungsfähigkeit steigt oder sinkt, ebenso kann die Kreativität gefördert werden. Weiterhin lassen sich durch Duftstoffe die Emotionen und Gefühle von Probanden signifikant ändern. Wie weit sich ein komplexeres Verhalten (z.B. eine Kaufentscheidung) beeinflussen lässt, ist noch nicht hinreichend bewiesen.[14]

2.5. Ansatzmöglichkeiten für das Marketing

Der Kunde in der heutigen Gesellschaft wird mit immer homogeneren Produkten überflutet. Die hervorragende Qualität eines Produktes reicht oftmals nicht aus, um Kunden zum Kauf zu bewegen. Folglich erleben 72 Prozent der Konsumenten Marken und Dienstleistungen als austauschbar.[15] Konsumenten suchen und präferieren jedoch individuelle Erlebniswerte, die gerade während der Kauf- und Gebrauchsphase deutlich werden müssen.

Der Trend zum Erlebnismarketing beinhaltet Strategien, durch die die emotionalen Erlebniswerte in den Mittelpunkt gerückt werden, worauf das Marketing-Mix entsprechend erlebnisbetont ausgestaltet wird. Besonders erfolgreich sind Erlebnisstrategien, wenn sie alle Sinne des Menschen ansprechen, auch den Geruchssinn. Problematisch hierbei ist, dass es zu einer Reizüberflutung der Konsumenten gekommen ist und dadurch sehr viele Informationen den Kunden nicht mehr erreichen. Werden nun Düfte eingesetzt, erreicht man den Kunden oft auf eine unerwartete Weise. Weiterhin besitzen Duftstoffe eine kognitive Auslösefunktion und erreichen den Kunden auf eine persönliche Art und Weise, da Düfte oft mit vergangenen Erlebnissen verknüpft werden. Setzt man Duftmarketing in Kaufhäusern ein, so ist man in der Lage, den Kunden sehr emotionale Erlebniswelten zu generieren.

Die Haupteinsatzgebiete der Düfte im Marketing liegen in den drei großen Bereichen Produktgestaltung, Kommunikation und Verkaufsraumgestaltung. Durch technische Innovationen im Umgang mit Düften und Duftträgern ist dem Marketing eine neue, enorm große Bandbreite an Möglichkeiten gegeben worden. Sie reicht von Duft in Theatern und Kinos über Duftstoffe in Scherfolien eines Rasierers bis hinzu medizinischen Diagnoseverfahren bestimmter Hirn- und Nervenkrankheiten.

Die klassischen Funktionen finden sich vor allem im Bereich der Kosmetik- und der Waschmittelproduktgestaltung. Doch auch der Gebrauch im Rahmen der Verkaufsraumgestaltung gewinnt an Bedeutung, amerikanische Verhaltens­forscher bezeichnen Duft schon als die „Kaufhausmusik“ dieses Jahrhunderts.[16]

3. Anwendung des Duftmarketing im Rahmen der Verkaufsraumgestaltung

3.1. Ziele des Duftmarketing im Verkaufsraum

Die Beduftung von Verkaufsräumen hat folgende kommerzielle Ziele[17]:

- Umsatzsteigerung
- Verkaufsförderung und Information
- Steigerung des Wohlbefindens
- Bekämpfung oder Maskierung unangenehmer Gerüche
- Markierung

Die Umsatzsteigerung bzw. Absatzsteigerung ist das Hauptziel der Beduftung von Verkaufsräumen. Alle anderen Ziele sind als Unterziele zu verstehen. Ihre Erfüllung dient der Erreichung des Hauptziels auf direkte oder indirekte Weise. In einer Untersuchung von Stöhr wird eine durch Duft bedingte Umsatzsteigerung von 6 % in einem Sportgeschäft festgestellt.[18] Wie sich eine solche Umsatzsteigerung ergeben kann, wird im folgenden geklärt.

In der Verkaufsförderung kann man durch Insel- oder Displaybeduftung bestimmte Produkte für den Kunden sensorisch oder emotional erfahrbar machen. Der Pizzaduft am Kühlregal bietet einen sensorischen Vorgeschmack auf die fertige Pizza. Ein entsprechender Duft kann appetitanregend wirken und dadurch Spontan- oder Mehrkäufe auslösen. Düfte im Verkaufsraum können wie Signale wirken. Sie weisen den Kunden auf bestimmte Bereiche innerhalb des Verkaufsraumes hin.[19] Eine Erleichterung der Orientierung durch Düfte hilft den Kunden, da sie „einfach der Nase nach“ gehen können. So können bestimmte Verkaufsbereiche die Aufmerksamkeit des Kunden gewinnen, bevor dieser sie visuell wahrnimmt. Dies ist der Markierung zu zuordnen, mit welcher man das Interesse der Verbraucher auf bestimmte Bereiche richten möchte. Insbesondere „Shop-in-Shop“-Systeme und Erlebnisparzellen im Verkaufsraum profitieren von einer zusätzlichen Markierung durch Beduftung. Auch eine Markierung einzelner Produkte ist mit Duft möglich.[20]

Die Steigerung des Wohlbefindens geht einher mit der Bekämpfung und Maskierung von unangenehmen Gerüchen. Dezent eingesetzte Düfte sind in der Lage Wohlbefinden beim Verbraucher zu erzeugen und unangenehme Gerüche zu überlagern. Denn der Verbraucher hält sich bisweilen länger in einem bedufteten Raum auf, der, wäre er unbeduftet, dem Verbraucher unangenehm auffallen würde.[21] Durch diese erhöhte Aufenthaltsdauer setzt sich der Verbraucher länger mit dem Sortiment auseinander[22] und die Möglichkeit für Impulskäufe steigt. Durch Dufteinsatz in einer Buchhandlung gelang es die Impulskaufrate von 7,5 % auf 16,5% zu steigern.[23]

Durch Düfte wird weiterhin eine erweiterte Form der Kommunikation gegenüber den Kunden möglich. Nicht nur optische und akustische Reize erreichen den Kunden, sondern auch olfaktorische. Die Informationsrate (Summe der wahrgenommen Reize) wird somit vielfältiger ausgestaltet und der Mensch ist in der Lage, mehr Reize aufzunehmen. Denn treten zu viele Reize eines Mediums auf, so blendet unser Bewusstsein den Teil der Reize aus, den es nicht mehr verarbeiten kann. Es gilt möglichst alle Bereiche des sensorischen Gesamteindruckes auszuschöpfen, um optimale Informationsraten zu erzielen. Duftmarketing kann somit auch als Teil einer Kommunikationsstrategie gesehen werden.

[...]


[1] Vgl. Knoblich, Scharf, Schubert (2003): S. 15

[2] Vgl. Scharf (2000) S. 40f

[3] Knoblich, Scharf, Schubert (2003): S. 17

[4] Vgl. Watson (2001) S. 20

[5] Vgl. Schenk (1995) S. 212

[6] Klassifikation ist in diesem Fall mit Kategorisierung synonym, somit nicht wertend zu verstehen.

[7] Vgl. Gschwind (1998) S. 19 & 30

[8] Vgl. Schenk (1995) S. 212

[9] Hierzu mehr im Punkt 2.4

[10] Vgl. Mehrabian (1978) S. 14ff zitiert nach Knoblich, Scharf, Schubert (2003) S. 23

[11] Jellinek (1994) S. 236 zitiert nach Knoblich, Scharf, Schubert (2003) S. 27

[12] Vgl. Knoblich, Scharf, Schubert (2003) S. 27ff

[13] Vgl. Mehrabian (1987) S. 24 – 26 zitiert nach Stöhr (1998) S.52

[14] Vgl. Knoblich, Scharf, Schubert (2003) S. 34ff

[15] Vgl. Esch (2000) S.19 zitiert nach Knoblich, Scharf, Schubert (2003) S. 4

[16] Vgl. Knoblich, Scharf und Schubert (2003) S.2ff

[17] Vgl. Knoblich, Scharf, Schubert (2003) S. 130

[18] Vgl. Stöhr (1998) S. 142

[19] Vgl. Stöhr (1998) S. 199

[20] Vgl. hierzu Knoblich, Scharf, Schubert (2003) Kapitel 3 „Düfte als Mittel der Produktgestaltung“

[21] Vgl. Bochat (1999)

[22] Vgl. Stöhr (1998) S. 140f

[23] Vgl. Knoblich, Scharf, Schubert (1999) S. 130

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2004
ISBN (PDF)
9783956848124
ISBN (Paperback)
9783956843129
Dateigröße
4.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, früher: Berufsakademie Mannheim
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2,2
Schlagworte
Geruch Sinnesreize Absatzförderung Point of Sale Gestaltung Verkaufsraum Point of Decision
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