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Wie soll ich leben? Philosophische Konzepte der Lebenskunst und Lebenskönnerschaft

©2013 Bachelorarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Wir Menschen streben nach Harmonie, doch erleben wir immer wieder disharmonische Verhältnisse im Leben. Denn der Mensch ist weder von Leid befreit, noch kann er dem Zufall entkommen. Zudem sind wir alle dem Tode ausgeliefert. Es stellt sich hierbei die Frage, wie der Mensch mit den belastbaren Umständen des Lebens umgehen sollte, beziehungsweise wie überhaupt zu leben sei, um der Sehnsucht nach einem glücklichen Leben nachkommen zu können. Wie ist solch ein gelingendes Leben möglich? Wie werde ich ein Lebenskünstler, der die schwierigen Situationen des Lebens bewältigen kann? Es sei die Philosophie, die uns zum glückenden Leben führt und uns zum Lebenskünstler macht; so die Auffassung vieler Philosophen. So rekonstruiert der Autor Paulo Krüger nach einleitenden Bemerkungen drei verschiedene Konzeptionen der Lebenskunst aus Antike, Renaissance und Moderne. Die Philosophien der ars vivendi im Stoizismus Senecas, in der Moralistik Montaignes und in der gegenwärtigen Lebenskunstphilosophie Wilhelm Schmids werden sodann der Idee der Lebenskönnerschaft in Gerd Achenbachs Konzeption Philosophischer Praxis gegenübergestellt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2. Philosophische Entwürfe einer Lebenskunst

2.1. Seneca und das vernunftgemäße Leben als Basis der Seelenruhe

Für die Stoiker ist die Eudämonie, die Glückseligkeit, das höchste Gut. Dieses Ziel, das um seiner selbst willen erstrebt wird, führe über die Vernunft.[1] Sie ist es, die den Menschen vom Tier abgrenzt. Um sein eigentümliches Wesen zum Ausdruck zu bringen, gilt es demnach vernunftgemäß zu leben.[2] Seneca stellt dabei die Maxime auf, dass der Mensch gemäß der Natur leben solle.[3] Denn konform mit der Vernunft zu leben hieße ein naturgemäßes Leben zu führen.[4] Die Rationalität des menschlichen Handelns gründe in der kosmischen Vernunft. Seneca postuliert, dass das Universum logisch und rational ist, weil es der einzig mögliche und zugleich notwendige Kosmos ist, den die Allvernunft hervorbringen konnte. Und weil die Allvernunft vollkommen rational ist, könne sie auch nicht anders handeln, als sie handelt. Dementsprechend könne im Kosmos, übersetzt Ordnung, keine Unordnung bestehen. Dies soll verdeutlichen, dass die stoische Physik für die Ethik Senecas unumgänglich ist, da sie den Menschen zeigt, dass es Dinge gibt, die nicht in seiner Macht stehen, sondern auf äußere Ursachen beruhen, die auf rationale Weise gemäß dem Kausalitätsprinzip notwendig miteinander verkettet sind.[5] In dieser Ordnung drückt sich nichts anderes als der göttliche Geist aus.[6] In der menschlichen Vernunft offenbart sich schließlich die Immanenz Gottes.[7] Sobald die Vernunft begreift, dass alles, was in der Welt geschieht, vernünftig ist und einen Zweck besitzt, wird sie ihr Wesen verstehen. Insofern spielt Gott in Senecas Philosophie primär eine ethische Rolle.[8] Der einzige allmächtige Gott ist die Natur, und zwar ortlos, ungeteilt, eins mit dem Kosmos[9], welcher die bestmögliche aller Welten sei.[10] Denn es liegt im Wesen Gottes, dass er immer das Optimalste schöpft. Seneca bezeichnet Gott nach seinen verschiedenartigen Betätigungsweisen mit unterschiedlichen Namen. So wird er unter anderem als Schöpfer, vernünftige Weltordnung oder als Fatum beziehungsweise Schicksal betitelt.[11] Seiner Vernunftnatur zu folgen, bedeutet daher immer auch, sich dem Schicksal anzuschließen.[12] Die Zeit bringt nichts Neues, sondern entrollt sich wie ein Seil, nachdem es einmal gebunden und ausgelegt worden ist. Das Schicksal ist so fest geschaffen, dass auch Gott nicht mehr in den Geschehensablauf interveniert.[13] Eine nachträgliche Korrektur würde ja bedeuten, die Erhabenheit Gottes abzuwerten und ihm Irrtum einzugestehen.[14]

Es geht Seneca letztendlich darum, wie das Schicksal gebraucht wird. Ob der Mensch sein Fatum zum Guten oder Schlechten herrichtet, liegt in seiner Hand. Wird es schlecht gebraucht, so ist es nicht die Schuld Gottes, sondern allein seine.[15] Es ist immerhin der Mensch selbst, der sich in der Welt verhält.[16] Jeder Einzelne kann entscheiden, was er aus dem machen will, was ihm widerfährt.[17] Die Freiheit des Menschen ist bei Seneca eine Qualität der inneren Haltung.[18] Es liegt in der Entscheidung des Menschen, dem Schicksal willig zu folgen oder es zu verweigern. Auch wenn seine Freiheit Teil des göttlichen Planes ist und die Spielregeln feststehen, erlebt er sich als frei, da er so handelt, wie er aufgrund seiner Natur will. Der Mensch erfährt eine Einschränkung seiner Freiheit jedoch nur dann, wenn er sich gegen die festgelegten Spielregeln auflehnt und etwas möchte, was ihm durch das Fatum verwehrt bleibt. Je seltener also der Wille des Menschen mit dem, was ihm zuteilwird, in Konfrontation gerät, desto freier ist er.[19] Seneca lehrt den Menschen, die Spielregeln des Lebens so zu betrachten, als hätte er sie selbst konzipiert.[20] Wie auch immer er sein Urteil fällt, der Mensch könne den Lauf der Welt sowohl nicht ändern als auch nicht stören.[21]

Die stoische Ethik, die Seneca vertritt, führt so zu einer Lebenskunst der Hinnahme, die alles als gottgegeben und gleichgültig bestehen lässt, zumal sie schult, dass es kein Leid gibt, außer dem selbst verursachten.[22] Alles Unglücklich-Sein habe seinen Sitz im Menschen selber.[23] Folglich führt Seneca aus:

„Sieh dich nur um: der eine wird gequält von der Liebe zu einem fremden Weibe, der andere durch die Untreue der eigenen Frau. Manche bringt ein Mißerfolg bei Amtsbewerbung ganz außer Fassung, andere bringt die glücklich erlangte Stellung selbst um alle Lebensfreude.“[24]

Seneca möchte damit verdeutlichen, dass Leid eine Folge der Schwäche des Menschen ist, der jene steigert oder sich einbildet. Jeder sei soweit unglücklich, als er es zu sein glaubt. Es handele sich vielmehr um den bloßen Schrecken, der von den Dingen ausgeht, als um den realen Druck, den sie praktizieren.[25] So fordert Seneca:

„Frage dich selbst: quäle ich mich etwa und betrübe mich ohne Grund und mache zu einem Unglück, was kein Unglück ist?“[26]

Weiter schreibt er:

„Mache dir deine Leiden nicht selbst noch schwerer, und vermehre deine Last nicht durch Klagen. Der Schmerz ist leicht, wenn die Einbildung nicht geschäftigt ist ihn zu vergrößern, wenn du im Gegenteil dich aufraffst zu der Ermahnung an dich selbst.“[27]

Alles, was den Menschen als Unglück erscheint, werde sich mildern und zum Guten umgestalten, wenn er sich darüber zu erheben weiß.[28] Seneca gesteht den Menschen das Recht zu, der in Lebenskrisen den Kampf scheut, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen[29]:

„Dies ist das einzige, das uns keinen Grund gibt, über das Leben zu klagen: es hält niemanden fest. […] Gefällt dir’s, so lebe; gefällt dir’s nicht, so kannst du wieder hingehen, woher du gekommen [bist].“[30]

Dennoch werde der Freitod hinfällig, wenn der Mensch anderen gegenüber, die ihn lieben, zum Weiterleben verpflichtet ist. Es wäre sogar ein Ausdruck schwachen Charakters, solch egoistischen Bedürfnissen zu folgen.[31] Gott hat den Geist eines jeden Menschen gegen jedes potenzielle Leid gerüstet. Es müsse tapfer ertragen werden, um jeden Ansturm standzuhalten.[32] Alles, was nach der Notwendigkeit des Weltplanes an Leiden uns widerfährt, müsse der Mensch mit gutem Mut auf sich nehmen.[33] Seneca rät bei Eintritt eines Leids nicht vorschnell der Angst zu verfallen.[34] Anstatt sich zu fürchten und über sein Los zu jammern, solle er die Unannehmlichkeiten, die einem im Leben unvermeidlich widerfahren, ertragen.[35] Ein echter Steuermann auf Schiff setze die Fahrt ebenso mit zerrissenem Segel fort.[36] Wer alle seine Kraft gegen Leid einsetze, der werde Überwinder sein.[37] Es komme nicht darauf an, was der Mensch ertragen muss, sondern wie er es erträgt.[38] Versucht er sich dem zu entziehen, was ihn gefährdet und drückt, dann werde es sich an ihn heften und ihn schwer belasten. Setze er sich aber dagegen zur Wehr, dann werde der Schmerz ihm das Feld räumen.[39] So heißt es:

„Schon oft hat das Schicksal über dir geschwebt, aber niemals hast du dich ihm gefangen gegeben, immer aufgerichtet und hast mit erhöhtem Mute deinen Platz behauptet. Denn Tapferkeit gewinnt zusehends an Kraft, wenn man sie aufreizt.“[40]

Je mehr den Menschen die Vernunft, die allein den Mut nicht sinken lässt, überlegen ist, umso expliziter wird sie aus allen Notlagen den Ausweg finden und den Menschen in jeder Lebenslage Gemütsruhe sichern.[41]

Jeder kann in irgendeiner Form Lust erleben, aber nur der Starke Leid ertragen. Denn wer Leid niemals kennengelernt hat, verweichlicht zunehmend und wird so überempfindlich, dass er sogar ohne gravierenden Anlass zu Grunde gehen kann. Seneca tritt auch hier als Anwalt Gottes auf, der unter diesem Gesichtspunkt dem Leid Bedeutung für das Leben gibt. Leid erscheint geradezu als Privileg, damit der Charakter nicht erschlafft, sondern die Leidensfähigkeit durch Strapazen und härterem Schicksal trainiert wird.[42] Alles, was ihm also an vermeintlichem Übel beifällt, solle der Mensch als Abhärtung und Übung begreifen.[43]

Nach Ansichten vieler Philosophenschulen stellen die Affekte, also Leidenschaften, wie übertriebene Ängste und ausschweifende Begierden, den Beweggrund für Leid dar.[44] Um dem entgegenzuwirken bedarf es eines philosophischen Urteilsaktes, bei dem der Vernunft die Kraft zugeschrieben wird, die Leidenschaften zu besiegen und den Menschen gegenüber lustvollen oder schmerzhaften Empfindungen zu immunisieren.[45] Der Mensch brauche lediglich in Harmonie mit der Natur leben beziehungsweise seine Vernunft wirken zu lassen.[46] In diesem Sinne erscheint die Philosophie als „Therapie der Leidenschaften“[47]. Er soll aus ihr Nutzen ziehen, denn die seelische Erkrankung in Form von Affekten ist dem Menschen allein zuzuweisen.[48] Deshalb rät Seneca von vornherein die Erregung von Leidenschaften in der Seele zu verhindern. Es sei nämlich leichter deren Zutritt im Voraus nicht zu gestatten, als sie wieder hinauszuwerfen, zumal sie im Fortschreiten zunehmend an Macht gewinnen.[49] Es beweise Charakterstärke, wenn der Mensch durch lockenden Reiz verführerischen Genusses sich weder beunruhigen noch von seinen rechten Kurs ablenken lässt.[50] Wer der Vernunft folgt, erlange das Glück, wer aber vernunftwidrigen Neigungen, wie Begierden und Wünschen, Raum gibt, wird unglücklich.[51] Sicherlich müsse der Körper bewahrt werden, aber nicht um leiblichen Bedürfnissen zu viel Aufmerksamkeit zu schenken, sondern da er eine Prämisse für die höhere Vernunfttätigkeit des Menschen bildet.[52] Dem Körper dürfe nur so viel gestattet werden, als zur Gesundheit ausreicht, wobei es dem Menschen in erster Linie um die Gesundheit der Seele gehen soll.[53]

Ein weiterer Aspekt ist, dass das Unglück der Menschen auch dadurch verursacht ist, dass sie starrköpfig nach den Erwerb äußerer Güter streben, die sie nicht erhalten können.[54] Der Mensch könne nur dann zur seelischen Gesundheit gelangen, wenn er beim Streben nach Weisheit die Genügsamkeit als Begleiterin hat.[55] So sei es doch verachtenswert ein glückliches Leben auf Silber und Gold zu gründen.[56] Der Reichtum blende lediglich die Menge[57], der nichts als äußerer Glanz ohne jeden inneren Wert sei.[58] Menschen, die aufgrund ihrer glänzenden Außenseite beneidet werden, werden eher teils erdrückt, teils stürzen sie.[59] Das äußere Glück sei definitiv kein Ruhezustand.

„Was willst du lieber haben: viel oder genug? Wer viel hat, der wünscht immer noch mehr und beweist dadurch, daß er noch nicht genug hat: wer genug hat, der hat, was bei dem Reichen niemals der Fall ist, sein Ziel erreicht.“[60]

So befürwortet Seneca, sich mit Wenigem zu begnügen und sich lieber an den wahren Reichtum, dem Inneren, zu halten.[61] Während Letzterer treu und fest ist, verlieren äußere Güter, an denen der staunenswerte Blick der Menge hängt, ihren Wert mit der Zeit.[62] Es mag ja nützlich und angenehm sein, äußere Güter für eine gewisse Zeit zu besitzen, doch hängt das Glück nicht von ihnen ab. Seneca, der selbst vom Reichtum betroffen war, sagt nicht, dass der Mensch gar kein Vermögen besitzen dürfe. Er betont lediglich, dass er sich innerlich nicht von jenen Gütern abhängig machen soll.[63] Sie seien letztendlich nichts anderes als Zubehör, von denen er sich nicht die Seele verfinstern lassen soll, wenn sie ihm nicht mehr zur Verfügung stehen[64]:

„Ich will dir seinen Besitz nicht etwa untersagen; aber ich will dir dazu verhelfen, daß dir eben dieser Besitz keine Angst und Sorge mache. Es gibt nur einen Weg, dies zu erreichen: du mußt dich innerlich durchdringen mit der Gewißheit, daß du auch ohne ihn glücklich leben würdest; du mußt ihn immer als etwas ansehen, das dir auch verloren gehen kann.“[65]

Der Mensch hat viel gewonnen, wenn er einen Verlust einstecken muss und doch die Ruhe bewahrt.[66] Sein Reichtum wird auch sorgenfreier sein, wenn er weiß, wie wenig beschwerlich es ist, arm zu sein.[67] Derjenige, der am wenigsten des Reichtums bedarf, der genießt ihn auch am meisten.[68] Und wer sich mit Wenigem gut zu stellen weiß, der kann wahrlich als reich bezeichnet werden.[69]

Alles, was der Mensch braucht, erfährt er in sich selbst.[70] Diese Selbsterkenntnis bedeute, auf die eigene Seele zu schauen[71]:

„[H]alte deinen Blick auf das wahre Gut gerichtet und laß deine Freude dem entquellen, was dein ist. Was ist aber dieser Quell? Du selbst bist es, du mit deinem besten Teil.“[72]

Demnach ist das wahre und höchste Gut jenes, das uns die Vernunft gibt. Es ist die eigentümliche Schönheit, die darin besteht, sich gemäß dem Naturwillen zu verhalten.[73] Wer also in vollem Einklang mit der Natur steht, ist glücklich. Die Glückseligkeit, in der es in dieser Lebenskunst geht, ist bei Seneca kein materieller Glücksbegriff, sondern rein geistig. Denn ein glückliches Leben besteht in Sorgenfreiheit, Gelassenheit und dauernder Seelenruhe.[74] Und wer es zu solch einem glücklichen Leben führen will, der müsse die virtus, die Tugend, für das einzige Gut halten.[75] In ihr allein ist das Glück begründet.[76] Sie ist ein Gemütszustand, den der Mensch zum Ziel hat:

„[K]einer Schicksalslaune sich beugend, erhaben über alle Zufälligkeiten und Vorkommnisse, von unvergleichlicher Schönheit und einer Selbstbeherrschung, in der sich Würde und Kraft vereinigen, besonnen und nüchtern, aller Leidenschaft und Furcht enthoben, von keiner Gewalt gebeugt, durch den Wechsel des Schicksals weder übermütig gemacht noch zu Boden gedrückt: eine solche Seelenverfassung heißt Tugend.“[77]

Sie ist die vornehmste Errungenschaft. Es ist die Lebenskunst, ein tugendhafter Mensch zu werden, da die Natur die Tugend nicht verleiht.[78] Sie fällt einem nicht von ungefähr zu, sondern es bedarf weit mehr als geringe Mühe, um sie mit dem Geiste zu erfassen. Aber die Anstrengung werde sich lohnen.[79]

Es ist reichlich Übung erforderlich, um der Seele Festigkeit zu geben.[80] Seneca geht es um Selbsttechniken für ein lebenslanges Lernen.[81] Denn es ist eine Kunst im Leben, Sorge für die eigene Seele zu tragen.[82] So bekommt der Begriff der Kunst (téchne) einen technischen Inhalt.[83] Zu den beständigen geistigen Übungen zählen unter anderem Wachsamkeit, Selbstbeherrschung, asketische Lebensweise und gründliche Prüfung.[84] Seneca legt den Menschen ans Herz:

„Prüfe dich bis ins Innerste, erforsche und beobachte dich auf jede Weise; achte vor allem darauf, ob du im philosophischen Studium oder im Leben selbst Fortschritte gemacht hast.“[85]

Durch jene philosophischen Tätigkeiten könne der Mensch zur seelischen Gesundung kommen. Seneca mahnt, sich nicht zu früh in Sicherheit zu wiegen, sondern sich kontinuierlich selbst kritisch anzusehen, da das Selbstvertrauen leichtsinnig in Selbstgefälligkeit umschlagen kann.[86] Und durch die ständige Wiederholung des Gelernten wurzelt es tiefer im Inneren des Menschen.[87] Die philosophischen Übungen bringen es zu Wege, dass der Mensch sich auf die Möglichkeit widriger zukünftiger Ereignisse vorbereitet, um sie besser aufzunehmen. Dadurch mindert er, wenn die Schicksalsschläge tatsächlich eintreten, die Plötzlichkeit, die Furcht, den Zorn oder das Gefühl der Hilflosigkeit.[88] Diese Fassung gewinne der Mensch, wenn er sich den möglichen Wechsel der Dinge scharf ins Auge gefasst hat, ehe er ihn zu fühlen bekommt.[89] Um es metaphorisch auszudrücken, gilt es im Leben:

„Traue nicht dieser Windstille: ein Augenblick genügt, um das Meer aufzuwühlen. An demselben Tage, wo die Schiffe noch um die Wette fuhren, wurden sie von den Wellen verschlungen.“[90]

Seneca geht es bei seinem Konzept der Lebenskunst vor allem um die Tilgung eigener Fehler. Durch die täglichen philosophischen Übungen, sollen jene aufgedeckt werden. Jedoch klagt Seneca, dass die meisten Menschen in ihre Fehler verliebt seien, die sie lieber entschuldigen als abschütteln wollen. Es liege demgemäß im Nichtwollen, die Fehler zu entfernen. Das Nichtkönnen sei lediglich ein Vorwand.[91] Ein Ortswechsel würde die Fehler nicht korrigieren, weil sie dem Menschen überallhin folgen:

„Du fragst, warum dir diese Flucht nichts helfe? Du selbst begleitest dich auf deiner Flucht. Erst mußt du den Druck los werden, der auf deiner Seele lastet; vorher wirst du dich an keinem einzigen Platze wohl fühlen.“[92]

Nur mit der Erkenntnis der eigenen Fehler beginne die Wandlung des Menschen.[93] Es geht Seneca bei den Übungen nicht um einfaches Wissen, sondern um die Umformung der Persönlichkeit.[94] Der Mensch als Philosoph ist jemand, der sich ausschließlich mit den Fehlern und Krankheiten seiner eigenen Seele befasst.[95] Gesund sei sie, wenn sie mit sich selbst zufrieden ist und volles Vertrauen zu sich hat.[96] Dabei fungiert die Philosophie mit der Revision verfehlter Lebenshaltung als Therapeutikum. Sie wird somit als eine Kunst verstanden, die einstellungsändernd und handlungsanleitend wirkt[97] und dementsprechend Theorie und Praxis vereinigt.[98] Die innere Haltung und der festgelegte Lebensstil werden sich notwendigerweise auf die ganze Existenz auswirken.[99] Sie lehrt eben nicht Reden, sondern Handeln, sodass jeder folgsam seinem inneren Gesetz nach lebe.[100] Daher steht der Philosophie eine lebenspraktische Bedeutung zu. Ihre Aufgabe erschöpft sich nicht in Unterhaltung und Zeitvertreib, sondern in Formung und Bildung des Geistes sowie Steuerung des gesamten Lebens.[101] Ohne sie könne niemand sorglos leben. Für Seneca bedeutet Philosophieren leben üben beziehungsweise bewusst und frei zu leben.[102] Außerdem plädiert er dafür, dass jeder Mensch sein Leben nach einem festen Grundsatz regelt, den er zur Richtschnur für alle Lebenslagen macht.[103] Dazu eigne sich ein hervorragend tüchtiger Mann als Muster, damit der Mensch sein eigenes Inneres nach jenem Vorbild gestaltet und somit ein großer Teil seiner Verfehlungen wegfällt.[104] Demzufolge legt Seneca den Menschen nahe:

„Erwähle dir einen, dessen Lebens- und Sprechweise, ja dessen vertrauenerweckendes Antlitz schon deinen Beifall hat. Ihn halte dir immer als Wächter und Beispiel vor. Glaube mir: wir bedürfen eines Musters, nach dem sich unser Charakter bilde. Ohne Richtmaß läßt sich Verfehltes nicht in Ordnung bringen.“[105]

Nun scheint das Ziel ein Weiser zu werden, der „ein Meister in der Kunst ist, die Übel zu bändigen“[106], unerreichbar zu sein. Mit dem Begriff der Weisheit, die sich mithilfe der Philosophie erreichen lässt, wird in der Stoa ein Idealzustand skizziert, den auch Seneca letztlich für den Menschen für nahezu unerfüllbar hält. Er selbst stellt sich gleichermaßen nicht als Weisen dar. Ihm genüge es, wenn er täglich einen Teil seiner Schwächen entfernt und seine Fehler unter Kontrolle bekommt.[107] Schon die Annahme dieses Ziels, das Streben nach der Weisheit, also das Philosophieren selbst, hilft und bessert.[108] Bei der Annäherung des Menschen an das Ideal des Weisen brauche der Mensch jedoch einen Freund, der ihn auf diesem Weg begleitet, der ihm Halt und Ratschläge bietet und umgekehrt, all jenes ebenfalls von ihm empfängt.[109] Mit dem Freunde solle er alle seine Sorgen und Gedanken teilen.[110] Wenn er ihm aber nicht so vertraue, wie sich selbst, so zeuge dies eine ungenügende Kenntnis von wahrer Freundschaft:

„[M]it dem Freunde mußt du alles beraten; nur mußt du über ihn selbst vorher mit dir ins reine gekommen sein. Ist die Freundschaft einmal geschlossen, dann darf nichts anderes gelten als unbedingtes Vertrauen.“[111]

Für die wahre Freundschaft gilt der natürliche Reiz, das sympathische Gefühl gleicher Verbundenheit im Streben nach dem höchsten Gut.[112] Es wäre ein Irrtum zu glauben, Freundschaft werde des Nutzens wegen begonnen. Wer sie deswegen ins Leben ruft, der werde sie auch des Nutzens wegen wieder aufgeben.[113]

Was den Tod betrifft, so ist er von einem wahren Philosophen nicht zu fürchten.[114] Er findet sich mit dem Los der Sterblichkeit ab, da er ihn als Grundgesetz der universalen Ordnung hinnimmt.[115] Nur eine Kette gebe es, die ihn gefesselt hält, und das sei die Liebe zum Leben. Er will sie nicht von sich weisen, aber er müsse ihren Druck mindern, sodass, wenn die Entscheidung eintritt, ihn nichts zurückhält und hindert bereit zu sein, das ohne Bedenken zu tun, was einmal doch passieren muss.[116] Der Mensch solle immer an den Tod denken, um ihn nie zu fürchten, zumal die Menschen nicht den Tod fürchten, sondern die Vorstellung von ihm. Wer, so Seneca, nicht sterben will, der habe überhaupt nicht leben wollen. Denn das Leben ist nur unter der Prämisse des Todes gegeben.[117] Insofern stirbt der Mensch nicht, weil er krank ist, sondern weil er lebt.[118] Die letzte Stunde allein mache den Tod nicht aus, der Mensch befinde sich schon sein ganzes Leben auf dem Weg zu ihm. Sogar den heutigen Tag teilt er mit dem Tod. Der Mensch stirbt täglich, da ihm täglich Kraft und ein Teil seines Lebens entzogen wird, und selbst, wenn er noch im Wachstum ist, nimmt das Leben auch schon wieder ab.[119] Gleich von Geburt an werde er zum Tode geführt. Es ist ungewiss, wann und wo er ihn erwartet. Mag der Tod dem einen ein längeres Leben geben, dem anderen es mitten in der Blüte abschneiden, so ist er doch bei allen der gleiche, der das Leben zum Abschluss bringt.[120] Er verschont niemanden:

„Alle sind an dasselbe Gesetz gebunden. Wer das Schicksal gehabt hat geboren zu werden, der erwartet auch den Tod. Durch Zwischenräume sind wir unterschieden, durch den Ausgang wird der Unterschied ausgeglichen.“[121]

Zudem wisse der Mensch ja schon, wie es mit dem Nichtsein steht. Denn was nach ihm sein wird, ist nichts anderes, als das, was vor seiner Geburt war: tiefe Ruhe.[122] Seneca geht es darum, beständig an den eigenen und den Tod aller zu denken. Der Mensch müsse bedenken, dass bei liebgewonnenen Menschen die Würfel zum Nichtsein auch vor ihm fallen können. So schreibt Seneca über sich selbst:

„Ich habe es nicht getan, und so hat das Schicksal mich unvorbereitet plötzlich überrumpelt. Denke du gleich jetzt daran, daß alles sterblich ist und zwar sterblich nach einem unbestimmten Gesetz. Was irgend einmal geschehen kann, das kann auch heute geschehen.“[123]

Zum Glück genügt die Gegenwart. Es besteht die Gefahr, die Gegenwart zu verträumen und dementsprechend das eigene Leben zu versäumen, indem der Mensch Zukunftssorgen und belastenden Erinnerungen zu viel Platz zugesteht.[124] Daher erteilt Seneca den Rat, sich von zwei Schwächen zu befreien: von der Erinnerung an vergangenes Leid, die ein Wiederdurchleben alter Misserfolge hervorbringt, und von der Furcht vor der Zukunft, die Beunruhigung oder Verzweiflung hervorruft.[125] An bereits erlebten Freuden dürfe der Mensch sich gerne dankbar erinnern und jene auf dieser Art in der Gegenwart genießen. So sollte ein Trauernder sich nicht jedes Mal das Verlusterlebnis vor Augen halten, sondern sich den geliebten Menschen durch gute Erinnerungen vergegenwärtigen, um den seelischen Schmerz besser zu bekämpfen.[126] Der Weise erfreut sich der Gegenwart, weil er mit dem zufrieden ist, was er hat. Seneca kritisiert, dass die meisten Menschen die Zeit nicht recht schätzen, da sie jene verschwenden, als ob sie nichts wert wäre. Sie leben, als würden sie in aller Ewigkeit existieren.[127] Doch ist die Zeit das wahre Eigentum des Menschen. Erst bei Krankheit oder drohender Todesgefahr wachse mit einem Male die Gesinnung für ihren gewaltigen Wert.[128] Die Zeit, die den Menschen zu Gebote steht, sei laut Seneca auch nicht gering, nur lassen die Menschen viel davon verloren gehen:

„[D]as Leben ist lang, wenn man es recht zu gebrauchen weiß. Aber den einen hält unersättliche Habsucht in ihren Banden gefangen, den anderen eine mühevolle Geschäftigkeit, die an nutzlose Aufgaben verschwendet wird; […], der andere dämmert in trägem Stumpfsinn dahin […].“[129]

Der Philosoph erwirbt die Kunst, aus dem Bewusstsein der Endlichkeit richtig zu leben. Er schätzt jeden Tag so, als könnte er sein letzter sein, ohne ihn jedoch auszuplündern.[130] Die Zeit solle sinnvoll genutzt werden, und zwar mit dem Ziel, dass der Geist des Menschen sein eigenes Gut voll herausbildet und sich zum Herrn über sich selbst macht. Das Leben sei wie besonders kostbare Gegenstände zu halten, die nicht viel Raum einnehmen, aber viel wiegen.[131] Das Gefühl, genug gelebt zu haben, sei nicht eine Frucht der Jahre, sondern einzig allein der Seelenverfassung.[132] So wird dem Weisen ein langes Leben zugestanden, da er die Zeit, die ihm geschenkt worden ist, nutzte, und zwar zur Selbstvervollkommnung. Viele Menschen brauchen aber ihre ganze seelische und körperliche Energie auf für andere Dinge. Sie verstehen erst gar nicht den Umgang mit sich selbst, weil sie sich nie für wert gehalten haben, Blick und Ohr in sich zu werfen.[133] Der Mensch ist ständig mit scheinbar wichtigen Geschäften beladen und der Ausblick, irgendwann einmal Zeit für sich zu nehmen, stellt sich als Täuschung heraus, da er sich selbst äußere Pflichten aufsetzt.[134] Doch das Leben eilt. Daher empfiehlt Seneca, sich nicht, modern ausgedrückt, von Arbeitsüberlastung oder sonstigem Stress ausbrennen zu lassen, und immer die eigene Endlichkeit vor Augen zu halten, um der Lebenszeit eine Lebensqualität abzugewinnen.[135]

Ein Rückzug aus der Menschenmenge, die von Vergnügungssucht, Macht- und Geldgier geprägt ist, könne den Menschen vor deren Einfluss schützen.[136] Besserung finde der Mensch, wenn er sich der Muße bedient. Seneca lädt ihn aber nicht damit zur Untätigkeit ein, sondern zur Heilung seines Inneren, zum Philosophieren, was in Ruhe betrieben werden müsse.[137] Findet er zur Selbstzufriedenheit und Selbtsbejahung, so ist dies die Prämisse für ein positives Verhältnis zu den Mitmenschen.[138] Es ist ihm viel wichtiger, wie er über sich selbst denkt als über andere.[139] Er wird den Dorn im Auge des anderen nicht suchen, sondern den Balken im eigenen, um ihn zu beseitigen. Folglich wird der Mensch Hass, Neid und Verachtung vermeiden können. Wenn er beschimpft wird und doch die Gelassenheit nicht verliert, gewinnt er sehr viel.[140]

„Jedermann soll wissen, daß du dir aus Beleidigungen nichts machst. Auf Wiederversöhnung deinerseits soll man leicht und sicher rechnen können.“[141]

2.2. Montaignes philosophischer Individualismus in der Lebenskunst

Nach eigenen Aussagen macht Michel de Montaigne sich in seinen Essais selbst zum Hauptgegenstand aller Betrachtungen.[142] Vorweg sei dazu gesagt, dass sein philosophischer Individualismus sich dabei nicht imstande sieht, allgemeine Anweisungen für die Lebensführung vorzugeben.[143] Was er sucht, sucht er nur für sich.[144] Dabei kommt es nicht darauf an, was Montaigne glaubt, sondern wer er ist. Niemand könne ihm gleichen, da er seine eigene Persönlichkeit präsentiert.[145] Er beobachtet, belauscht und kritisiert sich. Seine Selbstbeobachtungen werden von einer skeptischen und kritischen Grundhaltung gelenkt. Denn laut Montaigne gibt es keine sicheren Erkenntnisse über den Menschen, sondern lediglich Erfahrungswerte, die stets geprüft werden müssen.[146] Für ihn ist der Mensch ein ungreifbares und schwankendes Wesen, sodass es schwierig ist, etwas Allgemeingültiges über ihn auszusagen.[147] Er setzt also auf die „Pointierung von Erfahrungen“[148], da sie der eigenen Person am zugänglichsten sind. Bei seiner Beschreibung beschränkt er sich auf seine derzeitige Lebensphase, weil der Mensch als solcher, so Montaigne, immer nur aus der konkreten Situation beurteilt werden kann.[149] Er entdeckt nämlich, dass sein Ich nichts Starres ist, sondern sich während der Zeit wandelt.[150] So haben seine Lebensmomente, die er schildert, etwas eigentümlich Zufälliges. Er weist ergänzend bei der Selbstanalyse und Selbstbewertung auf die Gefahr der Selbstverfälschung hin.[151] Sein Herzensanliegen besteht in einer angemessenen, realistischen Selbsteinschätzung und stabilen Selbstachtung.[152] Montaigne wirbt für eine Philosophie, die den Menschen selbst erkennen lehrt.[153] Der Mensch könne aber nicht nach seinen äußerlich sichtbaren Handlungen beurteilt, sondern es müsse bis ins Innere hineingeleuchtet werden, um zu erblicken, von welcher seelischen Feder die Bewegung angetrieben werde.[154] Dennoch ist die Reflexivität alles andere als einfach, da der Mensch sich ein inneres Auge erst bilden müsse[155]:

„Es ist schwieriger, als es zunächst scheint, den schweifenden Verlauf der geistigen Erlebnisse zu verfolgen, in die dunklen Tiefen der inneren Seelenfalten einzudringen, die vielen kleinen Nuancen dieser inneren Unruhe zu fassen und festzuhalten; es ist ein ganz besonderer und ein ganz neuer Genuß; […].“[156]

Jeder Mensch habe die Möglichkeit, an sich selbst zu arbeiten.[157] Im Nachgehen der eigenen Gedanken, im lebensrelevanten Philosophieren, machen die größten Seelen ihren Lebensinhalt. Bei keiner Tätigkeit könne er so lange weilen, keiner könne der Mensch sich so oft widmen.[158] Was Montaigne an Ruhm in seinem Leben erstrebt, besteht einzig darin, dass er, so seine Aussage, es ruhig gemeistert habe, und zwar einzig nach dem inneren Gesetz.[159] Dieses individuelle Gesetz kann nur jeder in sich selbst sichten.[160] Das verspricht Originalität.[161] Insofern hat die Philosophie, mit der kein Dogma gemeint ist, sondern das Nachsinnen in sich, dem Menschen immer etwas zu bieten, vor allem für die Seele:

„Die Seele fühlt sich wohl, wenn die Philosophie in ihr wohnt; diese seelische Gesundung wird auch auf die körperliche Gesundheit übergreifen; ihre Ruhe und ihr Glück wird auch nach außen strahlen, die ganze äußere Erscheinung wird sich nach dem Seelenbilde formen; schon die ganze Haltung wird von liebenswürdigem Stolz, von einem tätigen und lebendigen Geist und von zufriedener und behaglicher Stimmung Zeugnis ablegen. Das deutlichste Anzeichen der Weisheit ist eine immer gleichbleibende Heiterkeit.“[162]

Montaigne möchte insbesondere damit aussagen, welch humane Ressourcen jeder Mensch in sich trägt und dass er aus sich selbst das machen kann, was die eigene Konstitution verspricht, indem er sich selbst erkennt.[163] Eifere der Mensch hingegen einem Beispiel auf direkte Weise nach, so wäre dies eine Imitation und er als selbständige Persönlichkeit gescheitert. Es geht Montaigne darum, selbst herauszufinden, welches Leben das Beste für einen sei. Denn keine einzige Lebensform kann für alle Menschen gleichermaßen das gute Leben darstellen.[164] Dazu sind sie zu verschieden. Daher gilt es primär sich selber zu verstehen, denn in einem selbst sei genug Stoff vorhanden, um weise zu werden.[165]

Gefährtinnen des Philosophierens seien, wie oben im Zitat schon erwähnt, Wonne und Glück.[166] Jene liegen in der Seelenruhe, die eine vollständige innere Autonomie bedeutet. Letztere beinhaltet Selbstbestimmung und die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung.[167] Dazu gehört der Wunsch, die eigene Persönlichkeit zu bilden und sein eigenes Wesen, den Charakter, auszuprägen.[168] Montaigne bekennt sich damit zur Freiheit, indem der Mensch den einen oder anderen Schritt im Leben selbständig tun müsse.[169] Der Mensch kann demnach sein Glück selbst in die Hand nehmen.[170] Damit betont Montaigne neben der Selbständigkeit auch die Eigenverantwortung jedes einzelnen Individuums.[171] Doch müsse der Mensch, ehe er zur Selbstgestaltung schreitet, mit sich übereinstimmen.[172] Diese Selbstannahme verhindert eine Verstellung in der Gesellschaft und bringt stattdessen den Mut hervor, der zu sein und zu zeigen, der er auch wirklich ist. Dies ist ein Zeichen von Aufrichtigkeit und Authentizität. Viele Menschen aber verlassen ihre Identität aufgrund des Bedürfnisses, „sich auf einer anderen Bühne Geltung zu verschaffen“[173]. Jene haben ihr eigenes Wesen in Abhängigkeit von der öffentlichen Meinung gegeben, mit der die Menge lediglich Ansehen verleiht.[174] Dazu äußert sich Montaigne wie folgt:

„Wer es nötig hat, sich zu verstellen und sich unter einer Maske zu verbergen, und wer nicht den Mut aufbringt, sich zu zeigen, wie er ist, der ist eine Memme oder ein Knecht; durch diese Gewohnheit werden die Menschen von heute zur Unwahrhaftigkeit geradezu erzogen; da ihr Wort sowieso falsch ist, machen sie sich kein Gewissen daraus, es zu brechen.“[175]

Montaigne plädiert dafür, sich auch seiner Schwächen zu bekennen. Diese sollte der Mensch sehen und studieren, wenn er sie schmähen möchte. Doch wer sie vor anderen Menschen verbirgt, maskiert sie gewöhnlich auch vor sich.[176] Diesem Menschen liege nicht so viel daran, wie sein Wesen innerlich und in Wahrheit beschaffen ist, als daran, wie er sich vor der Öffentlichkeit präsentiert. Er betrügt sich um das, was er wirklich brauchen könnte, weil er sich äußerlich auf die öffentliche Meinung einstellt.[177] Jemand anderes belügen, heißt nichts anderes, als sich selbst hinters Licht zu führen.[178] Er kränkt sich im Grunde mehr als den, den er anschwindelt.[179] Montaigne erzählt über sich, dass er eine offene Art habe, sich zu geben. Auf diese Weise gewinne er oftmals gleich bei ersten Zusammenkünften Vertrauen. Denn Natürlichkeit und reine Wahrheit stellen sich als vorteilhaft heraus. So entgeht er dem Verdacht der Heuchelei.[180] Je mehr der Mensch sich seiner Autonomie und Einzigartigkeit bewusst wird, desto mehr erkennt er jenes für seine Mitmenschen an. Die Selbsterkenntnis wird zum Ausgangspunkt jeglicher Individualität und einer edlen Toleranz.[181] So sollen auch nicht die eigenen Schwächen daran hindern, die Stärken bei denen anzuerkennen, die es verdienen.[182]

Montaigne wertet das Zusammensein als notwendige Lebensform. Der Umgang mit den Mitmenschen bietet allen die Gelegenheit, die eigenen Möglichkeiten zu entfalten.[183] Der Mensch kann von seinen Mitmenschen lernen, parallel vor ihnen zur Geltung bringen, was in ihm steckt, sofern es der Mitteilung lohnt.[184] Die ganze weite Welt ist der Spiegel, in diesem der Mensch sich betrachten müsse, um den gründlichen Blick für die Selbstbeobachtung zu erhalten. Das Handeln anderer müsse mit dem philosophischen Denken in Verbindung gesetzt werden.[185] Folglich formuliert Montaigne:

„Wenn er mit Menschen zusammen ist, soll er seine Augen überall haben. … Er muß versuchen, herauszubekommen, was in jedem einzelnen steckt: […] alles muß er ausnutzen, von jedem muß er sich nehmen, was er zu bieten hat, denn alles kann er brauchen; sogar die Dummheit und die Schwächen, die er bei anderen sieht, können ihm zur Lehre dienen; […].“[186]

Der Mensch sollte aber nicht nur Zuschauer sein, sondern sich ins Werk setzen.[187] Er hat nun mal die Aufgabe, in seine Welt einzugehen, und es liegt an ihm, seine Beziehungen zu den Mitmenschen zu regeln.[188] Wirklich leben heißt nicht bloßes Dasein, sondern im Austausch sein und sich nach außen wie nach innen beweglich halten.[189] Das Leben zu führen, als das eigentliche Kunstwerk, vollzieht sich in Reflexion und Kommunikation. Durch die Sprache sind die Menschen zur Gemeinschaft erst fähig.[190] Gespräche sind Montaignes Ansicht nach die lohnendste und natürlichste Übung des menschlichen Geistes. Gerade durch die Berührung mit klaren und starken Köpfen gewinne der Geist Kraft.[191]

Ihm fällt es in der Regel nicht schwer Wohlwollen und Freundlichkeit, anstatt Hass und Zorn zu zeigen. Montaigne scheint über einen, wenn man so möchte, inneren Thermostat zu verfügen, der Emotionen vor Überhitzung schützt.[192] Schließlich gilt es, sich mit den Menschen, so wie sie sind, abzufinden, statt sich über sie aufzuregen. Montaigne schlussfolgert:

„Wie kommt es, daß es uns nichts ausmacht, wenn wir jemanden treffen, der einen schiefen und verwachsenen Körper hat, daß wir es aber nicht aushalten können und böse werden, wenn wir auf einen wirren Geist treffen? Diese Empfindlichkeit ist verkehrt, die Schuld liegt mehr beim Beurteiler als beim Fehler.“[193]

Eine einzelne Eigenschaft, die an einem Menschen kritisiert wird, stellt ihn nie ganz wahrhaftig dar.[194] Zudem ist kein Mensch so vollkommen, dass er nicht des Öfteren in seinem Leben den Galgen verdient hätte, wenn er alles, was er gedacht und getan hat, sich gesetzlich prüfen lassen müsste.[195] Montaigne kritisiert, dass die Menschen immer nur auf ihr Gegenüber schauen, ohne den Blick zu sich, nach innen zu wenden.[196] Die Natur lehrt ihnen, dass sie zwar Pflichten gegenüber der Gesellschaft haben, die vorrangigen aber gegenüber sich selbst.[197] Wenn der Mensch seine Selbstbeherrschung verliert, sei das der schlechteste Zustand, in den er geraten kann.[198] Er darf sich nicht einfach so hergeben.[199] Bevor er den Druck einer Verpflichtung spürt, sei es aus Gefälligkeiten, die ihn belasten, möge er sie aufkündigen.[200] Freilich ist aber die Kunst, sich selbst zu gehören, sehr schwer.[201] So zog Montaigne sich aus dem öffentlichen Leben zurück.[202] Wer sich aber vom üblichen Leben zurückzieht, müsse sein Sonderleben vernünftig einrichten.[203] Es genüge nicht, sich zurückzuziehen. Die Hauptquälgeister, wie Montaigne sie formuliert, bleiben am Menschen haften, auch wenn er fortgeht.[204] Denn es heißt:

„Unser Leid sitzt in der Seele; diese kann aber nicht von sich selber los; - so muß man sie auf ihr Wesentliches zurückführen und darin zur Ruhe kommen lassen: das ist die wahre Einsamkeit; sie kann auch mitten in der Stadt und im Gedränge eines Königshofes genossen werden, aber abseits hat man mehr davon.“[205]

Einsamkeit bedeutet für ihn der philosophische Rückzug ins Eigene.[206] Nur im Vakuum zu leben ist ein Ding der Unmöglichkeit.[207] Wünschenswert ist es, in der Gesellschaft zu wirken, ohne auf sich verzichten zu müssen, und in sich die Ruhe zu bewahren.[208] Worauf es Montaigne ankommt, ist die Übereinstimmung mit der eigenen Person, auch wenn andere Menschen oder Dinge ihn berühren.[209] Die gegensätzlichen Auslegungen über den Rückzug aus der Gesellschaft und über das gesellige Bedürfnis, ordnen sich schließlich so, dass Montaigne den menschlichen Umgang aus dem Innenraum, der Autonomie, steuern möchte.[210]

Die Geselligkeit findet in der Freundschaft den letzten Grad ihrer Vollendung. Freundschaft ist für Montaigne eine nicht zweckgebundene, sondern vertrauensvolle und geistig gegenseitig befruchtende Beziehung, die überaus selten gelingt und in der die Freunde annähernd zu einer personalen Einheit verschmelzen.[211] Sie lebt vom reibungslosen Gedankenaustausch.[212] Die befreundeten Seelen blicken liebend einander bis ins tiefste Innere.[213] Über die Freundschaft zu Etienne de la Boetie äußert sich Montaigne:

„Wenn ich sagen soll, warum ich ihn so liebhatte, kann ich mein Gefühl nur in die Worte kleiden: ,Weil er es war; weil ich es war.‘ Über alle Erklärung und über alle Analyse hinaus, die ich versuchen könnte, muß eine Art unerklärlicher Schicksalskraft am Werke gewesen sein, um diese Einheit zustande zu bringen.“[214]

Solche Freundschaften seien wertvoller als die, welche aus nachbarlichen oder verwandtschaftlichen Verbindungen entspringen.[215]

Montaigne lehnt natürliche Sinnenlust nicht ab. Der Mensch brauche nicht vor Leidenschaften flüchten, sondern sie mäßigen.[216] Unter dieser Voraussetzung, noch Herr über sich selbst zu sein, darf die Lust genossen werden.[217] Die Klugheit verleiht ihm die Fähigkeit, alle schönen Dinge mit Maß zu genießen, aber auch die Fassung nicht zu verlieren, wenn jene ihm entsagt bleiben.[218] Montaignes Lebensweise ist somit gemäßigt hedonistisch. Die Vernunft fasst er nicht als „göttlichen Funken“[219] auf, sondern lediglich als ein Attribut des Menschen unter anderen.[220] Er schreibt demzufolge:

„Ich habe etwas gegen die Vernunft, die den Spaß verdirbt, gegen ihre übertriebenen Ansprüche, durch die das Leben vergewaltigt wird, […].“[221]

Der höchste und wichtigste Beruf des Menschen ist das Leben. Und seine Aufgabe besteht im „Ausüben von Lebenskunst, im unspektakulären Können des Lebens“[222]. Montaigne sieht die „Größe der Seele“[223] in der Fähigkeit, sich der Grenzen bewusst zu sein, welche dem Menschen von Natur aus gegeben sind, das Verfügbare bewusst zu kreieren und das Unverfügbare gelassen hinzunehmen.[224] Er sieht in dieser Weisheit eine Ordnung der Innerlichkeit.[225] Die Lebenskunst fruchtet, indem der Mensch sich an dem freut, was er hat, und sich damit zufrieden gibt[226]:

„Diejenigen, die […] mit sich zufrieden sind, die das am meisten schätzen, was sie haben, die alles, was sie sehen, wunderschön finden, die sind […] im Grunde glücklicher: ich finde […] ihre Zufriedenheit beneidenswert.“[227]

Glücklich leben heißt bei Montaigne der Natur zu folgen. Dies setzt die Selbsterkenntnis voraus, um den naturgegebenen Reichtum wahrzunehmen, der in einem selbst vorhanden ist.[228] Unter Natur versteht er die eigentliche Organisationskraft der Individualität, die nicht nur außerhalb des Menschen liegt, sondern auch in ihm. In seinen Essais personifiziert Montaigne sie oftmals als Mutter, die empfiehlt, führt, tröstet, Hand bietet und schenkt.[229] Es wäre töricht nach einem anderen oder übermenschlichen Leben zu trachten, als aus den eigenen Möglichkeiten zu schöpfen, die ihm die Natur gab.[230] Zum einen sei es unmöglich, mit der Hand mehr greifen zu wollen, als sie fassen kann.[231] Zum anderen würde es bedeuten, das eigene Leben als wertlos anzusehen und keine Achtung vor dem eigenen Wesen zu haben. Montaigne kritisiert diesen Gedanken stark:

„Es widerspricht der Natur, daß wir uns selbst verachten und geringschätzen; es ist eine sonderbare Krankheit, die man bei keinem anderen Geschöpf beobachten kann, wenn Menschen sich selbst hassen und verabscheuen. Das ist ebenso sinnlos, wie jeder Wunsch, bei dem wir etwas anderes sein wollen, als wir sind: er widerspricht sich innerlich und macht sich selbst zunichte; […].“[232]

Das Gefühl der Wohlhabenheit und der Armut sei von der Einstellung abhängig. Für Montaigne ist Reichtum ebenso wertlos wie Ruhm. Jeder fühlt sich wohl oder unwohl dabei, wie er sich damit zufrieden stellt. Es ist der, der sich auch so fühlt, und nicht der, den andere für zufrieden halten. Reichtum sei lediglich Zubehör und keine Eigenschaft. Das Glück wird durch Reichtum und Ansehen nicht gesteigert. Ihnen zuliebe verzichten viele Menschen auf Ruhe und Gesundheit.[233] Montaigne streitet nicht ab, dass es dem Menschen gut geht, wenn er Lob einsammelt. Nur geben die Menschen darauf zu viel. Er selbst, so notiert er, kümmert sich nicht so sehr darum, was für ein Mensch er im Geiste anderer ist, sondern was er für eine Person vor sich selbst ist. Montaigne will sich reich vor seinem eigenen und nicht durch geborgten Reichtum vorkommen.[234]

Die „Qualität eines Lebens“[235] hängt von Zufällen beziehungsweise der Fortuna ab, indem sie das Unendliche des Möglichen geschehen lässt, das nicht in der Macht des Menschen steht.[236] Sie ist widersprüchlich und unberechenbar. Menschliches Handeln heißt dementsprechend so viel wie blindes Hineingreifen in das Meer der Zufälle, wobei Gelingen und Misslingen von der Gunst oder Ungunst der Stunde abhängig sind. Daher gilt es beim Scheitern von Bemühungen, sich keinen Vorwurf zu machen. Die Fortuna hilft und durchkreuzt menschliches Handeln, wobei sie gleichgültig und ohne Vorsehung eingreift. Demnach kann Fortuna auch Gewünschtes verwirklichen, aber aus reinem Zufall. Es ist ihre besondere Absurdität, dass die Fortuna zum einen „aller Hoffnung ins Gesicht schlägt“[237], zum anderen einen Kleingläubigen über seine Erwartung hinaus positiv überrascht. Montaigne folgert daraus, dass sowohl Planen keine Gewähr bedeutet, das Ziel zu erreichen, als auch Hoffnungslosigkeit und Verzicht keine Gewissheit geben, das Ziel zu verfehlen. Wo eine Tür verschlossen ist, kann Fortuna sie aufmachen, wo sie offen steht, schlägt der Zufall sie zu. Aber das erschreckt den weisen Menschen nicht.[238] Er weiß, dass die Natur alles gut gemacht habe.[239] So liebt er auch das Laster, weil es die Tugend herausstellt, und das Hässliche, da es das Schöne sichtbar macht.[240] Er akzeptiert, dass das Leben nicht nur aus sanften, sondern auch aus rauen Tönen besteht.[241] Mit diesem Bewusstsein verkörpert er die Ruhe eines geschmeidigen und starken Schwimmers über ein bewegtes Meer, dessen Tiefen unergründlich und dessen Stürme unvorhersehbar sind.[242] Dieser Mensch lässt sich nicht durch das schlimmste Unwetter daran hindern, seinem Ziele kontinuierlich zuzustreben.[243] Obwohl es, wie oben zu lesen, keine Garantie gibt, das Ziel zu erlangen, sollte der Mensch dennoch jenes einrichten. Denn was nütze der beste Wind, wenn der Mensch nicht wisse, zu welchem Hafen er segeln will[244], so Montaigne im metaphorischen Sinne.

„Die Gaben Fortunas sind weder gut noch schlecht; sie bietet uns nur den Rohstoff und den Samen; unsere Seele, die mächtiger ist als das Schicksal, gestaltet es und nutzt es wie sie will; sie allein bestimmt, als Urgrund und als Herrscherin, ob es sich zum Glück oder zum Unglück wandelt.“[245]

Was Montaigne damit aussagen möchte, ist, dass die Sicht über das Schicksal und den Lauf der Welt von dem inneren Zustand des Menschen abhängt. Es liegt am Menschen, in welche Richtung er das Schicksal auslegt.[246] Die Haltung, die er hat, ist aber nahezu unbeständig. Denn was der Mensch im Zorn sieht und hört, nimmt er nicht auf, wie es wahrlich ist. Was er liebt, erscheint ihm schöner, als es ist; was ihn ärgert, hässlicher. Und einem bedrückenden Menschen scheint der sonnige Tag verdunkelt. Durch Seelenstimmungen werden seine Sinneswahrnehmungen gefärbt. Wenn sein Geist abgelenkt ist, fasst er vieles gar nicht auf, was er sieht.[247] Wenn das, was der Mensch für quälend und schlimm hält, an sich weder quälend noch schlimm ist, sondern lediglich in seiner Vorstellung dazu wird, steht es in seiner Macht, dieses Bild zu ändern.[248] Montaigne appelliert dementsprechend:

„Ach! Armer Mensch! Du hast genug Beschwerden, die sich von selbst einstellen, du brauchst keine dazu zu erfinden und sie dadurch zu vermehren; du bist deinem Wesen nach elend genug, du brauchst dich nicht künstlich elend zu machen; die wirklich häßlichen Züge, die dir angeboren sind, reichen wahrhaftig aus, du brauchst kraft deiner Phantasie keine neuen auszuhecken: findest du, dass es dir zu wohl ergeht, wenn du dich nicht über die Hälfte deines Wohlergehens ärgerst?“[249]

Hier ist nochmals zu erwähnen, dass Montaigne generell kein Imperativ setzen möchte, wie zu leben sei, auch wenn dies des Öfteren so klingen mag. Ihm geht es einzig darum zu schildern, was er tut, im Augenblick des Niederschreibens fühlt und wie er die Menschen sieht.

Das Leben hat seine Gesetze, denen der Mensch sich mit freundlichem Gesicht fügen müsse. So ist es uns von Natur aus auferlegt, aller Ärztekunst zum Trotz zu altern und vereinzelt krank zu werden.[250] Montaigne ist selbst von einer ererbten Krankheit, den Nierensteinen, betroffen, die in Abständen zu Koliken führt. Er macht die Erfahrung, dass er mit ihr leben kann.[251] Er beschönigt die Krankheit nicht, trotzt sie nicht, sondern lässt sie ihren Weg gehen. Er will nicht eingreifen, sondern walten lassen. Somit übergibt er der Natur selbst die Tat der Heilung. Kommen seine Anfälle, dann komme auch die von der Natur übersendete Kraft des Aushaltens.[252] Er erwähnt, dass er durch sein Aushalten die Probe bestanden habe. Zudem hat er gezeigt, dass er dem Schicksal gegenüber eine gewisse Widerstandskraft besitze. So braucht es schon einen ordentlichen Stoß, um ihn, wie er darlegt, aus dem Sattel zu heben.[253] Die Erfahrung in unangenehmen Dingen lehrt ihn, dass Ungeduld fehlerhaft ist.[254] Durch Geduld kann der Mensch dem Leid seinen Stachel nehmen und selbst bei körperlichen Schmerzen die seelische Gelassenheit bewahren.[255] Hinzu kommt, dass der Mensch durch Krankheiten, auch wenn sie nichts Erfreuliches sind, mit der Realität der Endlichkeit des Lebendigen vertraut gemacht werde.[256]

Die Individualität wird sich ihrer Fülle erst bewusst, wenn sie ihre Vergänglichkeit annimmt.[257] Zum Leben selbst gehört der Tod. So ist es nun einmal bestellt um den Menschen.[258] Das Ende ist unauflösbar mit dem Anfang verbunden. Schon mit seiner Geburt wandert der Mensch zum Tode. Das ganze Leben baut er am Tod. Das endgültige Sterben sei lediglich die letzte Aktualisierung des immer gegenwärtigen Todes.[259] Er könne den Menschen jederzeit von allen Seiten überfallen. Denn er ist ihm immer gleich nahe, ob er krank oder kerngesund ist, auf See oder in seiner Wohnung. Ältere und jüngere Menschen müssen in gleicher Weise vom Leben scheiden. Ob ein langes oder kurzes Leben, durch den Tod wird alles gleichgesetzt.[260] Das Nichts nach dem Tod sei laut Montaigne nichts anderes als das Nichts vor der Geburt. Er rechtfertigt die Natur zudem, dass ein nie endendes Leben unerträglich wäre.[261] Montaigne lässt in diesem Sinne die Natur sprechen:

„In der Tat, du brauchst dir nur zu überlegen wieviel härter und unerträglicher ein Leben, das nie ein Ende nähme, für die Menschen sein müßte, als das Leben ist, das ich ihnen gegeben habe. Hättet ihr den Tod nicht, so würdet ihr mich dauernd verfluchen, daß ich ihn euch vorenthalten hätte: ich habe den Tod absichtlich einen etwas bitteren Geschmack gegeben, damit ihr nicht zu gierig und unbesonnen nach ihm greift, wenn ihr seht, wie einfach durch ihn alles erledigt wird.“[262]

Der Tod heilt alle Leiden. Doch es wäre Torheit, wenn der Mensch ihm nachhilft.[263] Nach Montaigne gelingt die Integration des Todes in das Leben nur, wenn der Mensch die Wirklichkeit des Todes nicht verdrängt, ihn sich aber auch nicht als Schreckensgespenst vorstellt und sein unvorhersehbares Eintreten berücksichtigt.[264] Um den Tod seine Furcht zu entreißen, müsse der Mensch über seinen Ordnungscharakter nachdenken.[265] Montaigne übernimmt direkt vom antiken Philosophen Cicero den Satz: „ Philosophieren heißt sterben lernen[266]. Das Philosophieren ist das Vorausdenken der Sterblichkeit und die Einübung auf sie.[267] Wo der Tod auf ihn wartet, sei unbestimmt, doch durch das Philosophieren, den gedanklichen Einrichten auf den Tod, wird der Mensch überall auf ihn gefasst sein. Solche Vorstellungen tun zwar anfangs weh, doch allmählich, wenn sie ihm immer wieder vor Augen geführt werden, verlieren sie ihren Schrecken.[268] Menschen, die den Tod verdrängt haben, begehen ein Versäumnis, das sie in der Sterbestunde bezahlen müssen[269]:

„Solche Menschen laufen hin und her, sie rennen, sie tanzen; vom Tod ist nicht die Rede. Soweit ist es ganz schön; aber dann, wenn der Tod kommt, zu ihnen oder zu ihren Frauen, Kindern und Freunden, und sie plötzlich überfällt, ohne daß es eine Deckung gibt, da krümmen sie sich und schreien vor Wut, weil die Verzweiflung sie packt. Sie sind vollständig niedergebrochen, verstört, wie umgewandelt. Dagegen muß man rechtzeitig etwas tun.“[270]

Die Erfahrung, beinahe gestorben zu sein, machte Montaigne aufgrund eines Unfalls.[271] In der Nähe des Todes machte er sich, nach seinen Aussagen, mit ihm vertraut. Nur als individuelles Ereignis sei der Tod echt. Dass Montaigne in seinen Essais ausprobiert und keine Deutungen endgültig zulässt, zeigt sich auch in seinem Todesgedanken, mit dem er selber nicht ins Reine zu kommen scheint. Folglich revidiert er auf den letzten Seiten der Essais den Gedanken so um, dass das Sterben nichts sei, worauf der Mensch sich vorbereiten könne[272]:

„Wenn du nicht weißt, wie du mit dem Tod fertig werden sollst, so braucht dir das keinen Kummer zu machen; die Natur wird es dich zur rechten Zeit lehren, vollständig und ausreichend; sie wird dir diese Arbeit ganz und gar abnehmen; deine Bemühung ist überflüssig; […].“[273]

Die Natur, die dem Menschen das Leben geschenkt hat, gibt ihm viele Möglichkeiten, sodass er es sich selbst zuzuschreiben habe, wenn es ihm ungenutzt entgleitet. Es sei sein Meisterwerk sinnvoll zu leben[274], anstatt seine Zeit und Lebenskraft zu verschwenden.[275] Gerade unter dem Aspekt der begrenzten Lebenszeit, sollte der Mensch seine verfügbare Zeitspanne nutzen und die Annehmlichkeiten des Lebens sorglos genießen.[276] Montaigne gelangt zu folgender Erkenntnis:

„Man kann den Wert eines Lebens nicht nach der Länge messen; er ist vom Inhalt abhängig. Manches lange Leben ist inhaltlos. Nutzt es, solange ihr es in den Händen habt: von eurem Entschluß, nicht von der Lebensdauer hängt es ab, ob ihr euch mit dem Gedanken abfindet: wir haben genug gelebt. Ihr konntet doch nicht erwarten, daß ihr das Ziel, auf das ihr immer zugingt, nie erreichen würdet?“[277]

2.3. Schmids Philosophie der Lebenskunst als Gestaltung des Lebens

Wilhelm Schmid möchte Philosophie und Lebenskunst wieder aufeinander beziehen und eine Philosophie der Lebenskunst neu begründen, die sich von der üblichen „Lebensbewältigungsliteratur“[278] unterscheiden soll. Er definiert Philosophie dabei als ein Innehalten und Nachdenken.[279] Sie ist frei von fachphilosophischen und akademischen Zwängen, sodass das Individuum lebenswirkliche Probleme philosophisch ernst nehmen und orten kann.[280] Somit ist die Philosophie bei Schmid die Eröffnung eines geistigen Raumes, innerhalb dessen individuelle Lebensfragen und Grundprobleme existenzieller Natur zur Sprache gebracht und erörtert werden können, ohne dass es dafür einen pathologischen Hintergrund erfordert. Denn wer Fragen an das Leben hat, sei nicht notwendigerweise krank oder gestört und auch nicht unbedingt therapiebedürftig.[281] So wie Schmid Philosophie versteht, setzt sie mitten in der Erfahrung des Alltags an beziehungsweise beim einzelnen Menschen, der seine Fragen stellt, ausgehend von dem zuvor vertrauten Leben, das ihm schlicht fremd geworden ist. Es sind Fragen über

„das Dasein des Menschen, das Wesen des Seins, die Strukturen der Welt, die Möglichkeit von Erkenntnis – aber eben auch schlichte Fragen von der Art: Worin besteht das Leben? Und vor allem: Wie kann ich mein Leben führen?[282]

Schmid installiert Philosophie als Reflexions- und Orientierungsinstanz des Lebens[283], durch jene das Individuum in die Lage versetzt wird, seinen eigenen Lebensvollzug reichlicher zu verstehen und in ihm zu intervenieren.[284] In dieser „reflektierte[n] Lebenskunst“[285], die Schmid lehrt, geht es um das „selbstreflexive Selbst“[286], das fähig ist zur Selbstdistanzierung, durch die eine geistige Perspektive auf das Gesamte des individuellen Lebens erst verfügbar ist. Mit dieser Methode, die eine Sorge um sich ist, gewinnt das Individuum eine skeptische Distanz zu den Dingen der Welt sowie zu sich und betrachtet sie und sich selbst gleichsam von außen, sodass es aus dieser Perspektive das Leben neu orientieren kann.[287] Da der sogenannte Blick von Außen, welchen Schmid mit der Selbstdistanzierung meint, eine Prämisse für das bewusst geführte Leben ist, gilt es, nicht erst bei Bühnenabtritt auf die eigene Existenz zu schauen, sondern schon zu Zeiten, in denen der Mensch seine Rolle auf der Bühne des Lebens in Szene zu setzen hat.[288]

Die kantische Frage „Was soll ich tun?“ hat bei Schmid keinen moralischen, sondern einen existenziellen Sinn, die auf eine Kunst der Existenz zielt.[289] Demnach könne die Gestaltung der eigenen Existenz nicht von einer verbindlichen Sollensmoral abgeleitet werden. Schmids Kunstverständnis bezeichnet ein kreatives Verhältnis zu sich selbst,[290] indem er Lebenskunst, wie schon Michel Foucault, als Ästhetik der Existenz versteht.[291] Die Lebenskunst ist die ununterbrochene Gestaltung des Lebens und des Selbst. Somit hat die „téchné“[292], die Technik, in Schmids Lebenskunstkonzept eine hervorstehende Bedeutung. Die Kunst erscheint dabei als die Gestaltung, das Leben als Material, die Philosophie als geistige Hilfe.[293] Jedes Individuum könne zu jeder Zeit zum Künstler werden und das eigene Leben zum Kunstwerk machen.[294] Das Werk jener Kunst müsse aber nicht irgendwann definitiv vervollständigt sein, sondern könne fragmentarisch bleiben.

Hervorzuheben in Schmids Lebenskunstmodell ist die große Bedeutung, die dem Begriff des Selbstbewusstseins beizulegen ist. Für Schmid ist der Mensch als Vernunftwesen das selbstbewusste Wesen[295], das imstande ist, eine Rolle zu spielen und sein Gesicht zu zeigen, sowie fähig ist, zur Selbstdistanzierung und Selbstreflexion.[296] Schmid beabsichtigt prinzipiell einen Zusammenhang zwischen Selbstbewusstsein und Selbstgestaltung darzulegen und das „Selbstbewußtsein aufgrund der mit ihm gegebenen Selbstdistanzierungsfähigkeit als die Bedingung der Möglichkeit von Selbstgestaltung“[297] herauszustellen. Die Initialzündung der Zusammenführung jener Begriffe findet Schmid in Kants Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, aus der er sein Subjektkonzept entwickelt.[298] In dieser benannten Schrift privilegiert Kant eine autonome Bestimmung des Menschen, für den es darauf ankomme, was dieser aus sich selbst zu machen bereit ist.[299] Da die Menschen nach dem „Verblassen metaphysischer Weltbilder“[300] unter modernen Bedingungen „Kinder der Freiheit“[301] sind, ist nach Schmid das Pathos der Lebenskunst darin begründet, dass der Mensch als „Individuum zunehmend zur experimentellen Daseinsführung genötigt ist und sich ohne fundamentale Sicherheit und Gewißheiten auf dem Weg des Lebens orientieren muß“[302]. Schmid empfiehlt aufgrund dieses „Autonomieschicksal[s]“[303] dem einzelnen Menschen, sich seiner existentiellen Einmaligkeit sowie seines besonderen Lebens bewusst zu sein und genau jenes Wissen zur Grundlage zu machen, um sein Leben in Besitz zu nehmen und zu gestalten.[304] Das Subjekt der Lebenskunst müsse auf Grundlage relativer Aufgeklärtheit soweit wie möglich im Klaren sein, über die eigene Verstricktheit in seinen physischen oder genetischen Strukturen, die seinem Wesen entsprechen, und in Strukturen, in denen es lebt, seien es kulturelle oder politische, um darauf einen Ansatzpunkt zur individuellen Einflussnahme zu entdecken.[305] So kann der Mensch den Spielraum gewinnen, der ihm erlaubt, aus sich das zu machen, was er sich vorstellt.[306] Die Ästhetik der Existenz könne nämlich nur dort zur Entfaltung kommen, wo das Subjekt eine eigene Macht ins Spiel bringen kann.[307] Diese Selbstmächtigkeit des Individuums bildet das vorrangige Ziel.[308] Die Macht über sich ist die Basis für die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von äußeren Einflussnahmen, die ihren Weg in das Selbst nur finden, wenn sie sich den inneren Unstimmigkeiten und unerfüllten Bedürfnissen des Individuums zunutze machen.[309] Schmid fügt dem hinzu, dass die Selbstmächtigkeit mit der Selbstverantwortlichkeit einhergehe.[310] Er bekräftigt, dass es in der Philosophie der Lebenskunst nicht um das rücksichtslose Ausleben der eigenen Freiheit gegenüber anderen Individuen gehen kann. Die eigene Machtausübung müsse dagegen reflektiert werden.[311] Das will heißen, dass die Fähigkeit der reflexiven Distanz zu sich ebenfalls erlaubt, den Blick den Mitmenschen zuzuwenden und sie ihrerseits als Personen mit Würde anzuerkennen.[312] Die Selbstsorge des Subjekts sei mitnichten mit Egozentrismus in Verbindung zu setzen.[313] Dies wäre eine Fehldeutung. Denn die persönliche Selbstsorge geht über in die Sorge um die Gesellschaft.[314]

Letztendlich bleibt das Individuum trotz aller Selbstsorge auf andere Menschen und die Gesellschaft angewiesen.[315] Zudem entspricht der Mühe, andere Menschen zu umsorgen, der Genuss, von anderen Individuen umsorgt zu werden.[316] Der Bezug auf Mitmenschen ist für einen Selbstbezug durchaus maßgeblich.[317] Immerhin habe der Mensch soziale Bedürfnisse, will geliebt und anerkannt werden und mit anderen Gemeinsamkeit erleben.[318] So benötigt das Individuum andere Menschen, um sich in ihnen zu erkennen, um aus deren Wertschätzung Selbstwertgefühl zu erlangen.[319] So heißt es bei Schmid:

„Ein besonderer Aspekt dieser Gestaltung kann die äußerliche Darstellung der Existenz sein, die Art, sie in den Augen der Anderen erscheinen zu lassen, die sie wiederum beurteilen […] nach Kriterien der Stimmigkeit, Glaubwürdigkeit, Wahrhaftigkeit, der Vermittlung von Eindrücken und Anregungen […].“[320]

Die Wechselwirkung mit anderen Menschen wirkt also am Kunstwerk des Lebens mit, je nachdem, welche Beziehung das Individuum wählt und sich von anderen wählen lässt. Dieser Impuls, der auf das Subjekt selbst zurückgeht, wird erleichtert und gestört von der eigentümlichen Struktur des Selbst, das Mitmenschen mit Offenheit begegnet oder sich ihnen gegenüber verschließt. Die Besonderheit der Beziehung der Freundschaft sei das kontinuierliche, wechselseitige Wohlgefallen der Freunde, um des jeweils anderen selbst willen und nicht aus Gründen der Lust, des Nutzens oder des Eigeninteresses.[321] Schmid beschreibt die wahre Freundschaft so:

„In der Freundschaft ist das Selbst bereit, dem Anderen jedes nur denkbare Privileg zuzugestehen, den Umgang mit ihm ohne jedes Kalkül zu pflegen, ihm zu geben, was es zu geben in der Lage ist, auch die Wechselseitigkeit nicht zur Forderung zu erheben, vielmehr in den Anderen sich hineinzuversetzen und immer wieder an seiner Stelle zu fühlen, […].“[322]

Im Lichte dieser Worte erzeugt die gegenseitige Offenheit große Vertrautheit zwischen den Freunden, sodass sie sich in der Gegenwart der jeweils anderen Person zu Hause fühlen. Das Subjekt nimmt vom Freund die Wahrheit über sich selbst entgegen und der Freund ist derjenige, dem es aufrichtig alles erzählen darf. Sicherlich könne die Wahrheit schmerzlich sein, doch dieser Schmerz ist es, der auf das Selbst einwirkt und zu seiner Gestaltung Anteil hat. Umgedreht wirke es befreiend für das Subjekt, zur Sprache bringen zu können, was es bedrückt.[323]

Schmid kritisiert diejenigen Menschen, die im Streben nach dem Besitz materieller Güter ihr Glück suchen. Materielles Eigentum sei nicht der Kern des Selbst. Es ist nachranging gegenüber eines Eigentums im ideellen Sinne. Unter Letzterem versteht Schmid die Aneignung von Selbst und Welt, Wahrnehmung von Freiheit und Einübung von Selbstmächtigkeit. Er stellt die These auf, dass umso weniger das Denken und Fühlen von materiellen Dingen in Beschlag genommen wird, je mehr Selbst- und Weltaneignung erreicht wird. Ideelle Dinge sind gegenüber materiellen nicht käuflich zu erwerben und verdanken ihren Wert einzig der Wertschätzung und der freien Wahl des Individuums.[324]

Die Wahl ist der zentrale Begriff dieser Lebenskunstphilosophie.[325] Um ihr herum gravitiere das bewusst geführte Leben. Sie ist der Angelpunkt der Selbstmächtigkeit.[326] Daraus folge aber nicht, dass zu jeder Zeit und unter allen Umständen völlig frei gewählt werden könnte, da vieles, wie schon zu lesen war, vorgegeben und vorstrukturiert ist.[327] Jedoch selbst im Bereich dessen, was zu akzeptieren ist, sei eine Wahl über die Art und Weise zu treffen, wie mit dieser Situation umzugehen und darüber zu urteilen ist.[328] Nur so sei die Selbstgesetzgebung in der Ästhetik der Existenz zu verstehen, die auf den Akt der Wahl, die das Subjekt selbst trifft, beruht.[329] Die Wahl kann dabei unterschiedliche Formen annehmen: eine aktive als auch eine passive Wahl. Letztere kann mutwillig eingesetzt werden, um in einer Konstellation der Unbestimmtheit zu verweilen, eine gezielte Wahl noch nicht zu treffen, sich offen zu halten für das, was sich ereignet, gleichwohl auch festzusetzen, bis zu welchem Punkt die Wahl den Umständen überlassen werden soll. Damit meint Schmid keineswegs ein unreflektiertes Geschehenlassen, sondern ein bewusstes Lassen, was mindestens ebenso viele Konsequenzen impliziert wie die aktive Wahl.[330] Es können zwei weitere Arten der Wahl unterschieden werden. So ist zunächst eine Fundamentalwahl zu treffen, die den Horizont für weitere, kleinformatige Entscheidungen bildet.[331] Sie ist eine Richtungswahl, die den künftigen möglichen konkreten Einzelwahlakten einen Rahmen setzt. Bei der Einzelwahl handelt es sich um zahllose alltägliche Wahlakte. Es komme nun darauf an, den Punkt der fundamentalen Option zu erkennen, um diese Wahl die größtmögliche Achtung zu schenken. Wenn eine bestimmte Wahl ansteht, konzentriert das Subjekt der Lebenskunst seine Aufmerksamkeit auf das gesamte Umfeld der möglichen Wahl, sodass es mit allen bedeutungsvollen Aspekten vertraut wird und einen persönlichen Zugang zu der in Frage stehenden Angelegenheit gewinnt. Jener persönliche Zugang sei von Nutzen, weil die zahllosen Sachverhalte, die im Umfeld einer Wahl mitspielen, nicht aneinanderreihend zu erfassen sind, sondern vom Selbst in ihrem besonderen Zusammenwirken erfahren werden müssen, um sie wahrhaftig einschätzen zu können und Sensibilität und Urteilskraft zu gewinnen.[332] Zudem schreibt Schmid:

„In das sensitive Vermögen und die kognitive Urteilskraft, die der klugen Wahl zugrunde liegen, fliessen die Berücksichtigung zurückliegender Erfahrungen, die Aufmerksamkeit auf das gegenwärtige Bedingungsgefüge und die künftigen Möglichkeiten ein, sodass die Wahl im vollen Horizont der Räumlichkeit und Zeitlichkeit getroffen werden kann.“[333]

Schmid erwähnt, dass in der alltäglichen Lebenspraxis jedoch nicht beliebig viel Energie und Zeit verfügbar ist, um der Komplexität jeder Angelegenheit durch eingehende Sensibilisierung zu entsprechen. Es sei deshalb eine Ausbildung des Gespürs notwendig, in dem die Sensibilität des Individuums sich konzentriert. Sicherlich könne das Gespür dem Individuum angeboren sein, doch seine bewusste Formung und Einübung geschehe durch Erfahrung und Reflexion.[334] Erfahrungen, die das Subjekt im Umgang mit sich selbst und der Welt macht sowie auf Sinn und Bedeutung hin interpretiert, prägen seine Perspektive grundlegend und gehören deshalb zu seinem Eigensten, die zu seiner Urteilskraft beitragen. Aufgrund dessen diene solch ein Erfahrungswissen dem Individuum dazu, Selbstmächtigkeit zu erlangen.[335] Die widerfahrene Erfahrung muss nicht etwa lediglich passiv entgegengesehen werden, sondern kann aktiv angestrebt werden.[336] Zum einen könne das Subjekt aus gemachten Erfahrungen Schlüsse ziehen, um das Leben eine neue Orientierung zu geben, zum anderen könne er durch Versuche und Erprobungen sich aus festgefahrenen Konstellationen herauskatapultieren.[337] Sich mit Erfahrungen zu bereichern, lohne nahezu jede „existenzielle Investition“[338], um aus verschiedenen Perspektiven schauen zu lernen, in den unterschiedlichsten Situationen zu leben, eine Vielfalt gemachter, auch geschichtlich vermittelter Erfahrungen in sich anzuhäufen, sowie die Reichweite denkbarer und möglicher Erfahrungen zu ergründen, um so das Selbst mit feinem Spürsinn zu versorgen. Das Gespür wird somit zur Kunst des mehrfachen Blicks. Diese weit reichende Optik ermöglicht es, über das Naheliegende und Eigene hinauszuschauen, in diesem weiten Radius ermessen zu urteilen und letztlich zu wählen.[339] Sensibilität, Reflexivität, Gespür und Urteilskraft, auf deren Basis die Wahl in der reflektierten Lebenskunst getroffen wird, bilden das Herzstück des Begriffs der Klugheit (phrónesis). Genau genommen sorge jene Klugheit dafür, in allerlei Hinsicht das richtige Maß zu ermitteln, zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig.[340]

Eine Technik der wirksamen Einübung und bewussten Durchführen von Lebenskunst sei die Gewohnheit.[341] Sie sind von großer Bedeutung, denn ein großer Teil menschlichen Lebens spielt sich in Gewohnheiten ab. Dies wäre auch kaum anders möglich, denn sonst hätten die Menschen in jeder Minute Urteile darüber zu fällen, was sie tun sollen.[342] Die kontinuierliche Wiederholung und die Dauerhaftigkeit der immer gleichen Vorgehensweise dienen dazu, etwas zur Gewohnheit werden zu lassen, sodass es sich von selbst versteht und ohne Anstrengung, ohne weitere Denkarbeit abläuft und in der Zeit befestigt wird. Aufgrund der regelmäßigen Ausübung führt die Gewohnheit zu einer Entlastung von der Wahl. Folglich gleiten die Dinge zuverlässig auf der Schiene der Gewohnheit dahin, sodass die Wahl unschwer zu treffen ist.[343]

Die Sorge, die die Grundlage für ein bewusstes Leben ist, sei eine Anspannung, die nicht ununterbrochen durchgehalten werden kann. Deshalb bedarf das Selbst zumindest eine zeitweilige Aufhebung der Sorge, die Sorglosigkeit, die in der philosophischen Lebenskunst für einen Gebrauch der Lüste steht. Die genießerische Form der Existenz diene für die erforderliche Entspannung, aber nicht um die Sorge vollständig zu beseitigen, sondern um sie von neuem zu ermöglichen. Der bewusste Gebrauch der Lüste kann zum einen darin bestehen, sie zu vervielfältigen, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen, zum anderen, sie im Maße zu halten und nicht die Früchte des Augenblicks aufzuzehren. Die gezielte Beschränkung der Lüste behält die Sehnsucht nach ihrem Genuss bei, da Sehnsucht nur einem nicht beliebig verfügbaren Gut gilt. Diese Begrenzung ist Ausdruck der Selbstmächtigkeit, da es vom Selbst abhängt, die Grenzen aufrecht zu erhalten oder sie anders zu ziehen, gar aufzulösen. Das richtige Maß stehe nicht von vornherein fest, sodass genauso gut auch gelegentlich der Exzess mit gemeint sein kann. Es liege nämlich vieles an der wählerischen Haltung im Umgang mit den Lüsten, um selbst darüber zu richten, welche Lust wann, wie lange, in welchem Maße, in welcher Situation, und bis zu welchem Grad sie in Beschlag zu nehmen ist.[344]

Kein Mensch könne jemals mit Recht von sich behaupten dürfen, dass er die Phänomene und Merkwürdigkeiten des Lebens verstehen beziehungsweise den Lebensnebel vollkommen lichten könnte.[345] Der Mensch müsse hingegen lernen, sein Leben unter Konditionen der Ungewissheit und Unsicherheit zu führen und sich auch dem Zufall zu überlassen.[346] Letzterer ist unberechenbar und kann deshalb für jemanden zum Ärgernis werden, der auf Berechenbarkeit angelegt ist. Es lohnt nicht die Mühe, dem Zufall entkommen zu wollen und sich gegen ihn aufzulehnen. Dies birgt Vergeblichkeit in sich, da derjenige, der ihn ausschalten will, gewiss von ihm eingeholt wird. Deswegen ist es in der philosophischen Lebenskunst wichtig, den Zufall einzukalkulieren und sogar zu versuchen, von ihm Nutzen zu ziehen, ihn gelegentlich auch durch ein bestimmtes Handeln herbeizulocken, das den Zufall begünstigt. In jedem Fall bestehe angesichts des Zufalls die wählerische Haltung, die das Individuum zu ihm einnimmt.[347] So kann das Subjekt sich ihm öffnen und ihn zum Stoff der Lebenskunst machen:

„Auch wenn der Zufall hingenommen werden muss, verfügt das Selbst über die Möglichkeit, ihm Bedeutung zu geben und Gebrauch von ihm zu machen. Der Zufall […] schafft ein Faktum, mit dem man arbeiten kann, statt auf der eigenen Planung zu beharren. Nicht selten erschliesst der Zufall verborgene Möglichkeiten, die ohne ihn nicht entdeckt worden wären und die ein Vorhaben besser voranbringen als die Planung, die mit dem Zufall nicht rechnen wollte.“[348]

Es ist eine Kunst des Lebens mit Widersprüchen zu leben, sie nicht zu leugnen und nicht von ihnen bedroht zu werden; seien es Widersprüche zwischen Wünschen und nackter Wirklichkeit oder zwischen weit reichenden Plänen und unvorteilhaften Verhältnissen. Um mit ihnen umgehen zu können sind Formen der Ironie förderlich, da sie distanzieren. Das Subjekt der Lebenskunst hält Distanz zu seinen inneren Widersprüchen, um von ihnen nicht zerrissen zu werden. Es betrachtet sich in der Selbstironie von außen, wie mit dem Auge eines anderen. Gleichsam wahrt das Individuum Distanz zu äußeren Widersprüchen, um ernüchternd die widerstreitenden Faktoren miteinander zu vermitteln. Die Ironie ist eine Frage der Haltung zum Leben, die im Unterschied zum Zynismus die Widersprüche im Menschen und der Welt kennt, nicht verachtet und die Rolle der Zufälligkeit nicht leugnet. Sie repräsentiere demnach keinen heldenhaften Widerstand, sondern die Möglichkeit das Herrschende der Lächerlichkeit preiszugeben. So sei auch am Rande des Abgrunds der Verzweiflung „das Funkeln dieses Sternes namens Ironie“[349] der letzte Lichtblick, der Heiterkeit ausstrahlt. Doch warnt Schmid davor, alles zu ironisieren, da so keine Realität mehr ernst genommen werden kann.[350] Auch sie müsse in der reflektierten Lebenskunst kalkulierend gebraucht werden.

Schmid plädiert anstelle des Optimismus für ein Negativdenken. Denn wer negativ über Dinge, Verhältnisse und Menschen denkt, erlebe seltener eine Enttäuschung. Folglich schreibt Schmid:

„Wenn das Negative, das er befürchtet und voraussieht, wirklich eintrifft, trifft ihn dies nicht unvorbereitet und das Leben geht weiter; trifft es nicht ein, ist dies umso erfreulicher, und der angenehme Zustand, der gewöhnlich keiner weiteren Beachtung wert wäre, lässt sich nun bewusst geniessen.“[351]

Wer hingegen positiv denkt, dem können böse Überraschungen erwarten. Schmid kritisiert, dass das Positivdenken einen Erfolgszwang ausgesetzt ist, sodass im Gegensatz zum Negativdenken Niederlagen zu fürchten sind. Schmid möchte lediglich davor warnen, im „Meer des Guten zu versinken“[352], da das positive Denken sich allzu gern der Hoffnung hingibt, dass schon alles irgendwie gut werde. Das Negativdenken sei nicht mit einem simplen Pessimismus gleichzusetzen, vielmehr geht es um eine heitere Skepsis, die Distanz zu allzu großen Hoffnungen aufrecht erhält.[353]

Offensichtlich könne Gelassenheit produziert werden, die eine bewusst gewählte und asketisch hergestellte Haltung zu den Dingen und der Welt ist.[354] Mit ihr ist es möglich, Widersprüche und Übles hinzunehmen und gar das eigene Scheitern zu ertragen. Zur Gelassenheit gehört der mehrfach erwähnte Blick von Außen auf die Dinge, mit dem die Distanz zur Unmittelbarkeit der Eindrücke bewahrt wird. Schmid meint mit dem daraus resultierenden Zustand aber keine Gleichgültigkeit, sondern eine Haltung der Geduld, die einen langen Atem zum Inhalt hat. Die Geduld ist ein Geschick, sich selbst, Mitmenschen und den Dingen Zeit zu geben, bis der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein scheint.[355]

Schmid stellt nicht in Frage, dass es eine Grenze der Erträglichkeit von Schmerzen für jeden Menschen gibt. Sie können vielfältiger Natur sein und im Selbst so ohrenbetäubend schreien, dass sie alle Aufmerksamkeit zu sich binden. Doch Schmid betont, dass nicht jeder Schmerz geflohen, nicht jedes so kleine somatische Leid betäubt, nicht jeder psychische Schmerz erstickt werden müsse. Dagegen können sie, wo immer dies auch möglich ist, ebenso wie Lüste ins Leben integriert werden. Die Schmerzgrenze an sich kann nicht exakt festgesetzt werden. Sie hängt vielmehr von den Besonderheiten einer Situation und den Empfindlichkeiten der beteiligten Personen, deren Erfahrungen und Vorstellungen ab, sowie von deren Fähigkeit, Belastungen standhalten zu können. Das Leid scheint das Eigenste des Individuums zu sein, da es sein Schmerz ist, sein Eigentum, den kein anderer haben möchte und somit als einziges Eigentum nicht vom Neid befallen wird. Wie schon die Lust ist das Leid zu einer unbeschreiblichen Intensität im Stande. Im Unterschied zu den Lüsten treffen die Schmerzen aber die Existenz in ihrem eigensten Kern, dort gewissermaßen, wo jene „von Auslöschung bedroht“[356] ist. Folglich sorge das Leid für die intensivste Intimität. Umso schwerer ist es, den Schmerz mitteilen zu können:

„In die größte Einsamkeit wirft der Schmerz das Selbst, in der es allein ist mit ihm, denn mit einem Anderen die Lust zu teilen ist leicht, den Schmerz zu teilen aber unmöglich. So vertraut der eigene Schmerz ist, so fremd bleibt umgekehrt, bei allem Mitgefühl, der Schmerz von Anderen.“[357]

Der Mensch, der durch Leid gegangen ist, will gerade diese Erfahrung nicht missen, da er durch sie das Leben auf neue Weise erschlossen hat.[358] Dies ist ihr Gewinn, da die Schmerzen die Sorge herbeizwingen, dieses Leben in die Hand zu nehmen und gegebenfalls auf andere Art zu gestalten. Das Individuum hat auch hier die Wahl bezüglich des Umgangs mit Schmerzen. Sie können ausgehalten, ausgelebt oder zur Gelassenheit sublimiert werden. Sicherlich suche niemand nach Leid und Krankheiten, doch auszulöschen sind sie nicht. Zudem erinnert der Schmerz den Menschen beizeiten an die eigene Endlichkeit.[359]

Das Leben zu gestalten sei laut Schmid keine Norm, weil auch dies prinzipiell einer Wahl obliegt. Doch die Kürze des Lebens sei das finale Argument dafür.[360] Der Tod stellt den „messerscharfen Schnitt in der Zeit“[361] dar. Es gehört nun mal zur Bedingung des Lebens, jenes wieder zu verlieren, was auch immer über seine Grenze sein wird. Philosophieren heißt dabei, „im Bewusstsein dieser Grenze leben zu lernen“[362]. Der Gedanke an den Tod soll dennoch keine Fixierung auf ihn bedeuten, durch die das Individuum abgehalten wird, sein Leben zu erfüllen. Im Gegenteil, das Nachsinnen nach ihm soll die Furcht vor dem Tod nehmen, da das Individuum sich so den Tod immer vor Augen hält und Vertrautheit mit ihm gewinnt. Außerdem sei der Gedanke an ihm in der reflektierten Lebenskunst „als Ermutigung zum Leben, als Ansporn zum Auskosten der Fülle des Lebens“[363] gedacht.[364] Was der Mensch dem Tod zu verdanken habe, so die These Schmids, sei eben die Begrenzung des Lebens. Denn wenn es jene Grenze nicht gäbe, wäre eine Gestaltung des Lebens tatsächlich gleichgültig. Der Tod müsste wohl auch erfunden werden, wenn es ihn nicht gäbe, um nicht ein langweiliges Leben zu führen. Unsterblichkeit könne nur Stillstand im Leben bedeuten, so paradox dies klingen mag, denn es gäbe so keinen Grund, sich um ein erfülltes Leben zu kümmern.[365] Denn wozu sollte der Mensch jetzt sein Leben auf erfüllter Weise leben, wenn er es irgendwann in ferner Zukunft noch tun kann?[366] Es könne gar keinen Ehrgeiz geben, die schwierige Arbeit des Lebens, ja sogar sich der Anstrengung des Aufstehens jeden Morgen zu unterziehen, wenn dies alles in die Unendlichkeit verschoben werden könne.[367] Das Wissen um die Endlichkeit des gegenwärtigen Lebens ist es also, das den Anreiz zu einem bewussten Gebrauch der existenziellen Zeit gibt, um nicht eines Tages feststellen zu müssen, dass sie ungenutzt verflogen ist.[368] Unter der bewusst gebrauchten Zeit versteht Schmid nicht nur, der verfügbaren Zeit keine Lücke zu lassen, sondern eben auch „Räume der Leere“[369] zu schaffen:

„Die leere Zeit […] kann […] damit angefüllt werden, nichts zu tun, […], in den Tag hinein zu träumen, sich der Sinnlichkeit hinzugeben. Es ist die leere Zeit, in der neue Gedanken gedacht und alte Erfahrungen verarbeitet, andere Gedanken aufgenommen und neue Erfahrungen gemacht werden; es ist die Zeit des Selbst […].“[370]

Der Tod wird also in das Leben aufgenommen. Zur zwingenden existentiellen Erfahrung wird er allerdings erst, wenn der Mensch direkt betroffen ist. Es gibt ferner laut Schmid keine nachhaltigere Einübung in den Tod, als den Tod eines Mitmenschen als den eigenen zu erleben. Derjenige, der den Tod eines Mitmenschen nah erfahren hat, kehre nicht mehr als derselbe Mensch ins Leben zurück, da der Blick des Sterbenden in ihm fortlebt[371]:

„Das Mitsterben mit Anderen ist mehr als nur deren ,Begleitung‘, denn es ist die Erfahrung des Todes, als wäre es der eigene. Alles Vorwegbedenken des Todes bleibt wirkungslos, solange das Selbst dessen Ernst nicht selbst erfährt, ihn vor sich sieht, sich einfühlt in ihn. Diese Erfahrung verändert die Perspektive auf das Leben von Grund auf, die Dinge ordnen sich neu und gewinnen oder verlieren an Bedeutung. Vieles von dem, was im Alltag sich vordrängt und wichtig erscheint, wird zu einem Nichts angesichts des Todes.“[372]

Maßgeblich für die Philosophie der Lebenskunst ist schließlich, dem Leben ein Ziel zu geben, welches optativ offen zu halten ist.[373] Jedes Individuum müsse selbst suchen, um das zu finden, wofür es sich zu leben lohnt, also das Schöne, für das der Mensch mit seinem Leben einzustehen bereit ist.[374] Schmid versteht unter dem Schönen dasjenige, was als bejahenswert erscheint, und zwar in einer individuellen Perspektive, die keine universelle Gültigkeit beanspruchen kann.[375] Die eigentliche Macht der Schönheit liege nicht in einer Perfektionierung der Existenz, sondern in der Möglichkeit der Bejahung.[376] Dabei legt Schmid Wert darauf, dass keinesfalls mit bejahenswert nur das Angenehme und Lustvolle genannt werden kann. Es wäre fatal zu glauben, dass mit der Gestaltung des Lebens zwangsläufig das Gelingen beabsichtigt sei.[377] Das Scheitern, Unangenehme und Schmerzliche gehören ebenfalls zu einem bejahenswerten Leben, da sie zu tiefen Erfahrungen führen können, die den Menschen weiter bringen. Schön ist jedenfalls das, wozu das Subjekt „Ja“ sagen kann. Und ob das Leben insgesamt als bejahenswert erscheint, sei entscheidend.

„Vor diesem Hintergrund kann der grundlegende Imperativ der Lebenskunst formuliert werden, der […] nur vom Individuum selbst in Kraft gesetzt werden kann, ein einfach erscheinender existenzieller Imperativ. Gestalte dein Leben so, daß es bejahenswert ist.“[378]

Anhand dieses Imperativs, könne das eigene Leben immer wieder gemessen und beurteilt werden. Ist das Leben so, wie es gelebt wird, nicht bejahenswert, dann ist es zu ändern. Um das Leben bejahenswerter zu machen, ist hierzu „Arbeit an sich selbst, am eigenen Leben, am Leben mit Anderen und an den Verhältnissen, die dieses Leben bedingen, zu leisten“[379]. Somit ist das schöne Leben auch politisch auszustatten, um an gesellschaftlichen Umständen zu arbeiten, die bejahenswerter sein könnten als die kontemporären, und entsprechend eine bejahenswertere Existenz begünstigen würden.[380] Es dürfte aufgefallen sein, dass Schmid den Ausdruck „Glück“ in seiner Philosophie der Lebenskunst eher meidet.[381] Jedenfalls meint das schöne Leben nicht das moderne Glück, das gewöhnlich als angenehmer Dauerzustand, voller Lust, ohne Schmerz und ohne Arbeit vorgestellt wird, den die meisten Menschen aber nicht erreichen und deshalb unglücklich sind, während diejenigen, die von ihm befallen sind, auch nicht beneidenswert sind, weil sie keine „Erholung“ vom Glück haben. Schmid zufolge ist derjenige der Glücklichste, der das moderne Glück nicht benötigt. Wenn bezüglich des schönen Lebens überhaupt vom Glück die Rede ist, dann vom autarken Glück. Das ist in der Selbstaneignung und Selbstmächtigkeit des Subjekts begründet, welches sein Leben bewusst führt.[382]

„[E]s handelt sich nicht unbedingt um das, was man ein leichtes Leben nennt, eher um eines, das voller Schwierigkeiten ist, die zu bewältigen sind, voller Widerstände, Komplikationen, Entbehrungen, Konflikte, die ausgefochten oder ausgehalten werden […].“[383]

[...]


[1] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 51.

[2] Vgl. Hauskeller, Michael: Geschichte der Ethik. Antike. München 1997. S. 199.

[3] Vgl. Seneca, Lucius Annaeus: Epistulae morales ad Lucilium. In: Apelt, Otto (Hg.): Lucius Annaeus Seneca. Philosophische Schriften. Vollständige Studienausgabe. Wiesbaden 2004. 41, 7-9.

[4] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 52.

[5] Vgl. Hadot, Pierre: Wege zur Weisheit. Oder was lehrt uns die antike Philosophie? Frankfurt am Main 1999. S. 154 ff.

[6] Vgl. Forschner, Maximilian: Die stoische Ethik. Über den Zusammenhang von Natur-, Sprach-, und Moralphilosophie im altstoischen System. Darmstadt 1995. S. 99.

[7] Vgl. Fischer, Susanne E.: Seneca als Theologe. Studien zum Verhältnis von Philosophie und Tragödiendichtung (= Beiträge zur Altertumskunde Bd. 259). Berlin 2008. S. 14 f.

[8] Ebd. S. 15.

[9] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 218.

[10] Vgl. Wildberger, Jula: Seneca und die Stoa. Der Platz des Menschen in der Welt (= Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte Bd. 84/1). Berlin 2006. S. 49.

[11] Vgl. Fischer: Seneca als Theologe. S. 12 ff.

[12] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 233.

[13] Ebd. S 222.

[14] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 279.

[15] Vgl. Fischer: Seneca als Theologe. S. 28.

[16] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 229.

[17] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 293.

[18] Vgl. Fischer: Seneca als Theologe. S. 202.

[19] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 229 ff.

[20] Ebd. S. 208.

[21] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 299.

[22] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 251.

[23] Vgl. Sen. epist. 71, 28-31.

[24] Ebd. 74, 2-4.

[25] Ebd. 13, 3-9.

[26] Ebd. 13, 6-9.

[27] Ebd. 78, 12-14.

[28] Ebd. 71, 4-6.

[29] Vgl. Schirok, Edith: Ecce altera quaestio, quomodo hominibus sit utendum. Seneca über den Umgang mit Menschen. In: Baier, Thomas u. Manuwald, Gesine (Hg.): Seneca. Philosophus et magister (= Rombach Wissenschaften. Reihe Paradeigmata Bd. 4). Freiburg 2005. S. 234.

[30] Vgl. Sen. epist. 70, 12-15.

[31] Vgl. Schirok: Ecce. S. 234.

[32] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 292 f.

[33] Vgl. Seneca, Lucius Annaeus: De vita beata. In: Apelt, Otto (Hg.): Lucius Annaeus Seneca. Philosophische Schriften. Vollständige Studienausgabe. Wiesbaden 2004. 15, 6.

[34] Vgl. Maurach, Gregor: Seneca. Leben und Werk. Darmstadt 1996. S. 159.

[35] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 293.

[36] Vgl. Sen. epist. 30, 1-3.

[37] Ebd. 78, 15-17.

[38] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 294.

[39] Vgl. Sen. epist. 78, 15-17.

[40] Ebd. 13, 1-3.

[41] Ebd. 74, 20-22.

[42] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 284-290.

[43] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 207.

[44] Vgl. Hadot, Pierre: Philosophie als Lebensform. Geistige Übungen in der Antike. Berlin 1991. S. 15.

[45] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 52.

[46] Vgl. Maurach: Seneca. S. 205.

[47] Vgl. Hadot: Philosophie als Lebensform. S. 15.

[48] Vgl. Hengelbrock, Matthias: Das Problem des ethischen Fortschritts in Senecas Briefen. Hildesheim, Zürich u. New York 2000. S. 82.

[49] Vgl. Sen. epist. 116, 1-3.

[50] Ebd. 18, 2-5.

[51] Vgl. Horn, Christoph: Objektivität, Rationalität, Immunität, Teleologie. Wie plausibel ist die antike Konzeption einer Lebenskunst? In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 124.

[52] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 236.

[53] Vgl. Sen. epist. 8, 3-5.

[54] Vgl. Hadot: Wege zur Weisheit. S. 152 f.

[55] Vgl. Sen. epist. 17, 4-7.

[56] Ebd. 110, 18-20.

[57] Ebd. 119, 10-13.

[58] Vgl. Sen. De vita beata. 2, 3.

[59] Vgl. Sen. epist. 36, 1.

[60] Ebd. 119, 3-6.

[61] Ebd. 110, 14-18.

[62] Ebd. 98, 1-2.

[63] Vgl. Hauskeller: Geschichte der Ethik. S. 244 ff.

[64] Vgl. Maurach: Seneca. S. 122.

[65] Vgl. Sen. epist. 18, 12-15.

[66] Vgl. Maurach: Seneca. S. 121.

[67] Vgl. Sen. epist. 18, 8-11.

[68] Ebd. 14, 16-18.

[69] Ebd. 5, 1-3.

[70] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 292.

[71] Vgl. Horn, Christoph: Antike Lebenskunst. Glück und Moral von Sokrates bis zu den Neuplatonikern. München 1998. S. 231.

[72] Vgl. Sen. epist. 23, 5-7.

[73] Vgl. Zöller, Rainer: Die Vorstellung vom Willen in der Morallehre Senecas (= Beiträge zur Altertumskunde Bd. 173). Leipzig 2003. S. 205.

[74] Vgl. Sen. epist. 92, 2-4.

[75] Ebd. 74, 8-11.

[76] Vgl. Sen. De vita beata. 16, 1.

[77] Vgl. Sen. epist. 66, 6-8.

[78] Ebd. 90, 43-46.

[79] Ebd. 76, 4-8.

[80] Ebd. 82, 15-16.

[81] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 58.

[82] Vgl. Sellars, John: Téchné perí tón bíon. Zur stoischen Konzeption von Kunst und Leben. In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 96.

[83] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 58.

[84] Vgl. Hadot: Philosophie als Lebensform. S. 16.

[85] Vgl. Sen. epist. 16, 1-4.

[86] Vgl. Hengelbrock: Das Problem des ethischen Fortschritts. S. 106.

[87] Vgl. Maurach: Seneca. S. 163.

[88] Vgl. Horn: Antike Lebenskunst. S. 38.

[89] Vgl. Sen. epist. 98, 3-5.

[90] Ebd. 4, 4-8.

[91] Ebd. 116, 1-8.

[92] Ebd. 28, 1-3.

[93] Vgl. Von Albrecht, Michael: Wort und Wandlung. Senecas Lebenskunst. Leiden 2004. S. 177.

[94] Vgl. Hadot: Wege zur Weisheit. S. 14.

[95] Vgl. Sellars: Téchné perí tón bíon. S. 97.

[96] Vgl. Sen. epist. 72, 6-7.

[97] Vgl. Horn: Antike Lebenskunst. S. 16 f.

[98] Vgl. Sellars: Téchné perí tón bíon. S. 117.

[99] Vgl. Hadot: Philosophie als Lebensform. S. 15.

[100] Vgl. Sen. epist. 20, 1-2.

[101] Vgl. Hengelbrock: Das Problem des ethischen Fortschritts. S. 107.

[102] Vgl. Hadot: Philosophie als Lebensform. S. 20.

[103] Vgl. Sen. epist. 20, 2-6.

[104] Ebd. 11, 6-9.

[105] Ebd. 11, 9-10.

[106] Ebd. 85, 40-41.

[107] Vgl. Fuhrer, Theresa: Seneca. Von der Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit. In: Erler, Michael u. Graeser, Andreas (Hg.): Philosophen des Altertums. Vom Hellenismus bis zur Spätantike. Eine Einführung. Darmstadt 2000. S. 99-106.

[108] Vgl. Maurach: Seneca. S. 202.

[109] Vgl. Schirok: Ecce. S. 245.

[110] Vgl. Sen. epist. 3, 1-3.

[111] Ebd.

[112] Vgl. Zöller: Die Vorstellung vom Willen. S. 204.

[113] Vgl. Sen. epist. 9, 9-11.

[114] Vgl. Hurka, Florian: Seneca und die Didaktik des Lachens. Spiel und Ernst in der Briefgruppe epist. 49-57. In: Baier, Thomas u. Manuwald, Gesine (Hg.): Seneca. Philosophus et magister (= Rombach Wissenschaften. Reihe Paradeigmata Bd. 4). Freiburg 2005. S. 128.

[115] Vgl. Hadot: Wege zur Weisheit. S. 163.

[116] Vgl. Sen. epist. 26, 6-10.

[117] Ebd. 30, 7-18.

[118] Ebd. 78, 6-8.

[119] Ebd. 24, 18-20.

[120] Ebd. 66, 39-41.

[121] Ebd. 99, 6-8.

[122] Ebd. 54, 1-7.

[123] Ebd. 63, 14-16.

[124] Vgl. Horn: Antike Lebenskunst. S. 41.

[125] Vgl. Hadot: Philosophie als Lebensform. S. 118.

[126] Vgl. Wildberger: Seneca und die Stoa. S. 123 f.

[127] Vgl. Seneca, Lucius Annaeus: De brevitate vitae. In: Apelt, Otto (Hg.): Lucius Annaeus Seneca. Philosophische Schriften. Vollständige Studienausgabe. Wiesbaden 2004. 8, 1.

[128] Vgl. Abel, Karlhans: Die Sinnfrage des Lebens. Philosophisches Denken im Vor- und Umfeld des frühen Christentums (= Philosophie der Antike Bd. 3). Stuttgart 1995. S. 146.

[129] Vgl. Sen. De brevitate vitae. 2, 1.

[130] Vgl. Sen. epist. 61, 1-3.

[131] Ebd. 93, 1-6.

[132] Ebd. 61, 4.

[133] Vgl. Sen. De brevitate vitae. 2, 2.

[134] Vgl. Hengelbrock: Das Problem des ethischen Fortschritts. S. 78.

[135] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 54.

[136] Vgl. Schirok: Ecce. S. 247.

[137] Vgl. Sen. epist. 68, 7-10.

[138] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 51 f.

[139] Vgl. Sen. epist. 29, 7-9.

[140] Vgl. Maurach: Seneca. S. 120 f.

[141] Vgl. Sen. epist. 105, 2-4.

[142] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 70

[143] Vgl. Nehamas, Alexander: Philosophischer Individualismus. In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 154.

[144] Vgl. Zweig, Stefan: Montaigne. Frankfurt am Main 1995. S. 62 f.

[145] Vgl. Nehamas: Philosophischer Individualismus. S. 154 f.

[146] Vgl. Zimmer, Robert: Die europäischen Moralisten zur Einführung. Hamburg 1999. S. 39.

[147] Vgl. Montaigne, Michel de: Essias. Hg., aus dem Französischen übertragen u. mit einer Einleitung versehen von Arthur Franz. Köln 2005. S. 45.

[148] Vgl. Thomä, Dieter: Erzähle dich selbst. Lebensgeschichte als philosophisches Problem. Frankfurt am Main 2007. S. 220.

[149] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 69.

[150] Vgl. Zweig: Montaigne. S. 59.

[151] Vgl. Friedrich, Hugo: Montaigne. Tübingen u. Basel 1993. S. 199-206.

[152] Vgl. Balmer, Hans Peter: Montaigne und die Kunst der Frage. Grundzüge der „Essais“. Tübingen 2008. S. 53.

[153] Vgl. Günther, Horst: Montaigne. Ein Essay. Frankfurt am Main u. Leipzig 1992. S. 100.

[154] Vgl. Montaigne: Essais. S. 174.

[155] Vgl. Maclean, Ian: Montaigne als Philosoph. München 1998. S. 72 ff.

[156] Vgl. Montaigne: Essais. S. 195.

[157] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 58.

[158] Vgl. Montaigne: Essais. S. 305 f.

[159] Ebd. S. 246.

[160] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 72.

[161] Vgl. Nehamas: Philosophischer Individualismus. S. 160.

[162] Vgl. Montaigne: Essais. S. 94.

[163] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 72.

[164] Vgl. Nehamas: Philosophischer Individualismus. S. 156 ff.

[165] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 74.

[166] Vgl. Montaigne: Essais. S. 95.

[167] Vgl. Zimmer: Die europäischen Moralisten. S. 36-44.

[168] Vgl. Nehamas: Philosophischer Individualismus. S. 162.

[169] Ebd. S. 175.

[170] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 65.

[171] Vgl. Von Albrecht: Wort und Wandlung. S. 187.

[172] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 63.

[173] Vgl. Starobinski, Jean: Montaigne. Denken und Existenz. Frankfurt am Main 1993. S. 25.

[174] Ebd. S. 25 f.

[175] Vgl. Montaigne: Essais. S. 260.

[176] Ebd. S. 313.

[177] Ebd. S. 337.

[178] Vgl. Starobinski: Montaigne. S. 154.

[179] Vgl. Montaigne: Essais. S. 269.

[180] Ebd. S. 290.

[181] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 199.

[182] Vgl. Montaigne: Essais. S. 124.

[183] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 226.

[184] Vgl. Montaigne: Essais. S. 57.

[185] Ebd. S. 92.

[186] Ebd. S. 91 f.

[187] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 104 f.

[188] Vgl. Starobinski: Montaigne. S. 154.

[189] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 64.

[190] Ebd. S. 104 f.

[191] Vgl. Montaigne: Essais. S. 328.

[192] Vgl. Bakewell, Sarah: Wie soll ich leben? oder Das Leben Montaignes in einer Frage und zwanzig Antworten. München 2002. S. 222.

[193] Vgl. Montaigne: Essais. S. 330.

[194] Ebd. S. 126.

[195] Ebd. S. 349.

[196] Vgl. Maclean, Ian: Montaigne als Philosoph. S. 73.

[197] Vgl. Montaigne: Essais. S. 271.

[198] Ebd. S. 175.

[199] Vgl. Zweig: Montaigne. S. 64.

[200] Vgl. Starobinski: Montaigne. S. 158.

[201] Vgl. Montaigne: Essais. S. 131.

[202] Vgl. Burke, Peter: Montaigne zur Einführung. Hamburg 1993. S. 60.

[203] Vgl. Montaigne: Essais. S. 133.

[204] Ebd. S. 128 f.

[205] Ebd. S. 129.

[206] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 233.

[207] Vgl. Zweig: Montaigne. S. 64.

[208] Vgl. Starobinski: Montaigne. S. 400.

[209] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 70.

[210] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 233.

[211] Vgl. Zimmer: Die europäischen Moralisten. S. 43.

[212] Vgl. Montaigne: Essais. S. 109.

[213] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 228.

[214] Vgl. Montaigne: Essais. S. 111 f.

[215] Ebd. S. 343.

[216] Ebd. S. 320 f.

[217] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 285.

[218] Vgl. Montaigne: Essais. S. 96.

[219] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 93.

[220] Vgl. Zimmer: Die europäischen Moralisten. S. 39 ff.

[221] Vgl. Montaigne: Essais. S. 353.

[222] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 77.

[223] Ebd.

[224] Vgl. Zimmer: Die europäischen Moralisten. S. 18.

[225] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 282.

[226] Vgl. Montaigne: Essais. S. 122.

[227] Ebd. S. 334.

[228] Vgl. Zimmer: Die europäischen Moralisten. S. 45.

[229] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 296.

[230] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 100.

[231] Vgl. Montaigne: Essais. S. 242.

[232] Ebd. S. 183.

[233] Ebd. S. 144-148.

[234] Ebd. S. 247.

[235] Vgl. Nehamas: Philosophischer Individualismus. S. 161.

[236] Vgl. Starobinski: Montaigne. S. 423.

[237] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 301.

[238] Ebd. S. 300 f.

[239] Vgl. Montaigne: Essais. S. 386.

[240] Vgl. Zweig: Montaigne. S. 66.

[241] Vgl. Maclean: Montaigne als Philosoph. S. 61.

[242] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 304.

[243] Vgl. Montaigne: Essais. S. 182.

[244] Ebd. S. 173.

[245] Ebd. S. 144.

[246] Ebd. S. 170.

[247] Ebd. S. 240.

[248] Ebd. S. 137.

[249] Ebd. S. 318.

[250] Ebd. S. 379.

[251] Vgl. Günther: Montaigne. S. 93.

[252] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 299 f.

[253] Vgl. Montaigne: Essais. S. 364.

[254] Ebd. S. 378.

[255] Ebd. S. 138.

[256] Ebd. S. 378.

[257] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 234.

[258] Vgl. Balmer: Montaigne. S. 76.

[259] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 253.

[260] Vgl. Montaigne: Essais. S. 60-67.

[261] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 253.

[262] Vgl. Montaigne: Essais. S. 70.

[263] Ebd. S. 181.

[264] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 73.

[265] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 249.

[266] Vgl. Fellmann: Philosophie der Lebenskunst. S. 72 f.

[267] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 250.

[268] Vgl. Montaigne: Essais. S. 63 f.

[269] Vgl. Friedrich: Montaigne. S. 250.

[270] Vgl. Montaigne: Essais. S. 62.

[271] Vgl. Bakewell: Wie soll ich leben? S. 23.

[272] Ebd. S. 28 ff.

[273] Vgl. Montaigne: Essais. S. 365.

[274] Ebd. S. 384 f.

[275] Ebd. S. 354.

[276] Vgl. Zimmer: Die europäischen Moralisten. S. 41.

[277] Vgl. Montaigne: Essais. S. 69.

[278] Vgl. Kersting, Wolfgang: Einleitung. Die Gegenwart der Lebenskunst. In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 45.

[279] Vgl. Schmid, Wilhelm: Die Wiederentdeckung der Lebenskunst. In: Schmid, Wilhelm (Hg.): Leben und Kunst am Beginn des 21. Jahrhunderts. München 2005. S. 13 f.

[280] Vgl. Langbehn, Claus: Grundlegungsambitionen, oder der Mythos vom gelingenden Leben. Über Selbstbewußtsein und Selbstgestaltung in der Ethik. In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 218.

[281] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 14.

[282] Vgl. Schmid, Wilhelm: Philosophie der Lebenskunst. Eine Grundlegung. Frankfurt am Main 1998. S. 27.

[283] Vgl. Langbehn: Grundlegungsambitionen. S. 216.

[284] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 55.

[285] Vgl. Kersting, Wolfgang: Gerechtigkeit und Lebenskunst. Philosophische Nebensachen. Paderborn 2005. S. 208.

[286] Vgl. Langbehn: Grundlegungsambitionen. S. 226.

[287] Ebd. S. 220.

[288] Vgl. Langbehn: Grundlegungsambitionen. S. 220.

[289] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 21.

[290] Vgl. Schmid, Wilhelm: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. In: Schummer, Joachim (Hg.): Glück und Ethik. Würzburg 1998. S. 85.

[291] Vgl. Kersting, Wolfgang: Macht und Moral. Studien zur praktischen Philosophie der Neuzeit. Paderborn 2010. S. 309 f.

[292] Vgl. Thomä, Dieter: Lebenskunst zwischen Könnerschaft und Ästhetik. Kritische Anmerkungen. In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S 238.

[293] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 85.

[294] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 71-75.

[295] Vgl. Langbehn: Grundlegungsambitionen. S. 223 f.

[296] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 240.

[297] Vgl. Langbehn: Grundlegungsambitionen. S. 225.

[298] Ebd. S. 224 f.

[299] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 80 f.

[300] Vgl. Heidbrink, Ludger: Autonomie und Lebenskunst. Über die Grenzen der Selbstbestimmung. In: Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 261.

[301] Ebd. S. 262.

[302] Ebd. S. 265.

[303] Vgl. Kersting: Gegenwart der Lebenskunst. S. 52.

[304] Vgl. Kersting: Macht und Moral. S. 279.

[305] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 150.

[306] Ebd. S. 241.

[307] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 85.

[308] Vgl. Heidbrink: Autonomie und Lebenskunst. S. 267.

[309] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 152

[310] Vgl. Schmid, Wilhelm: Schönes Leben? Einführung in die Lebenskunst. Frankfurt am Main 2000. S. 187.

[311] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 166.

[312] Ebd. S. 240.

[313] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 83.

[314] Vgl. Heidbrink: Autonomie und Lebenskunst. S. 264.

[315] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 86.

[316] Ebd. S. 268.

[317] Vgl. Rolf, Thomas: Normale Selbstverwirklichung. Über Lebenskunst und Existenzästhetik. In: : Kersting, Wolfgang u. Langbehn, Claus (Hg.): Kritik der Lebenskunst. Frankfurt am Main 2007. S. 337.

[318] Vgl. Kersting: Gegenwart der Lebenskunst. S. 40.

[319] Vgl. Kersting: Macht und Moral. S. 304.

[320] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 85.

[321] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 260 ff.

[322] Ebd. S. 262.

[323] Ebd. S. 270.

[324] Ebd. S. 157-163.

[325] Vgl. Kersting: Gegenwart der Lebenskunst. S. 56.

[326] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 18.

[327] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 86.

[328] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 18 f.

[329] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 86.

[330] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 19.

[331] Vgl. Kersting: Gegenwart der Lebenskunst. S. 56 f.

[332] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 19 f.

[333] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 85.

[334] Ebd. S. 198 f.

[335] Ebd. S. 302 f.

[336] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 21.

[337] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 87.

[338] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 21.

[339] Ebd.

[340] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 221-227.

[341] Ebd. S. 325.

[342] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 15.

[343] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 326.

[344] Ebd. S. 333 ff.

[345] Ebd. S. 295.

[346] Vgl. Heidbrink: Autonomie und Lebenskunst. S. 266.

[347] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 366 f.

[348] Ebd. S. 367.

[349] Ebd. S. 378.

[350] Ebd. S. 375-380.

[351] Ebd. S. 382.

[352] Ebd. S. 386.

[353] Ebd. S. 3581-385.

[354] Vgl. Schmid, Wilhelm: Schönes Leben. S. 163.

[355] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 394.

[356] Ebd. S. 341.

[357] Ebd.

[358] Ebd. S. 340-345.

[359] Ebd. S. 446 f.

[360] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 21.

[361] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 348.

[362] Ebd. S. 89.

[363] Ebd. S. 351.

[364] Ebd. S. 350 ff.

[365] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 22.

[366] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 89.

[367] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 22.

[368] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 355-358.

[369] Ebd. S. 360.

[370] Ebd.

[371] Ebd. S. 350 ff.

[372] Ebd. S. 352.

[373] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 23.

[374] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 88 f.

[375] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 23.

[376] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 87.

[377] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 77.

[378] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 23.

[379] Vgl. Schmid: Philosophie der Lebenskunst. S. 170.

[380] Vgl. Schmid: Wiederentdeckung. S. 24.

[381] Vgl. Schummer, Joachim: Glück und Ethik. Neue Ansätze zur Rehabilitierung der Glücksphilosophie. In: Schummer, Joachim (Hg.): Glück und Ethik. Würzburg 1998. S. 15.

[382] Vgl. Schmid: Lebenskunst als Ästhetik der Existenz. S. 90 f.

[383] Ebd. S. 90. 2. Philosophische Entwürfe einer Lebenskunst

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783956848599
ISBN (Paperback)
9783956843594
Dateigröße
823 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
Seneca Michel de Montaigne Wilhelm Schmid Gerd Achenbach Philosophische Praxis

Autor

Paulo Krüger, B.A., geboren 1988, studiert derzeit im Masterstudium die Fächer Philosophie und Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
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Titel: Wie soll ich leben? Philosophische Konzepte der Lebenskunst und Lebenskönnerschaft
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