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Die Maori in Neuseeland: Geschichte, Konflikte, Diskriminierung

©2004 Studienarbeit 29 Seiten

Zusammenfassung

Die Maori, die autochthone Bevölkerung Neuseelands, lebten lange Zeit isoliert, bis die Europäer in ihren Entdeckungsreisen Neuseeland fanden und für sich nutzbar machten. Es kam zu weit reichenden Auseinandersetzungen, in deren Verlauf das Volk der Maori über Jahrzehnte hinweg sichtlich benachteiligt und dezimiert wurde.
In der Ausarbeitung sollen unter anderem Fragen geklärt werden, wie es zum Konflikt mit den Weißen europäischer Abstammung (pakeha) gekommen ist und warum die Maoris vom ‘Cheaty of Waitangi’ reden, wenn sie über den am weitest reichenden Vertrag in ihrer Historie sprechen. Hierzu ist es wichtig, die geschichtlichen Umstände zu beleuchten und die heutige Situation der Maori im Kontext dazu zu sehen. Weiterhin soll geklärt werden, inwieweit sich die Regierung bemüht, das entstandene Unrecht am Volk der Maori aufzuarbeiten und ob sich gegenwärtig die Lage, beispielsweise hinsichtlich der Diskriminierung oder der Bildungsdefizite, entspannt hat.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.1.2. Ta moko – Tatauierung

Ta moko ist ein Verfahren des Hautschmucks und eine höchst heilige Zeremonie des Tätowierens. Die Empfänger waren alle wichtigen oder höherrangigen Personen eines Stammes, wie z.B. der Stammesführer oder die Krieger sowie Frauen, welche allerdings lediglich die Lippe, das Kinn und manchmal die Nasenflügel verziert bekommen durften.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Das traditionelle moko Das ursprüngliche Verfahren des Tätowierens war äußerst schmerzhaft

Quelle: http://www.nzedge.com (Zugriff am 10.06.2004)

Ta moko erzählt die Geschichte des Menschen und wichtige Passagen seines Lebens und ist ein Unikat. Außerdem sollte es die männlichen Stammesmitglieder attraktiver für Frauen machen. Am heiligsten eines Körpers wurde bei den Māori der Kopf angesehen, deshalb wird traditionell dort tätowiert und der Tätowierer (tohunga-ta-oko) war dadurch, dass der Vorgang Blut forderte, tapu. Ursprünglich wurde mit einem spitzen Meißel aus Knochen gearbeitet. Ein guter Tätowierer berücksichtigte die Knochenstruktur des Schädels und passte das Bild der Kopfform an. Im Laufe der Prozedur, welche mitunter Jahre dauerte, ritzte der Tätowierer die Haut des Empfängers an und träufelte eine aus Pflanzen gewonnene Flüssigkeit in die Wunde. Die Zeremonie wurde durch Flötenspiel begleitet und die geschwollene Haut mit dem einheimischen Karaka Baum bedeckt, um den Heilungsprozess zu beschleunigen.

2.2. Traditionelle Sozialstruktur und Siedlungen der Māori

Die Māori trennten die Gebäude ihrer Siedlung nach Funktion: Es gab Schlafhäuser, das Versammlungshaus (whare runanga; s.u.), einige Vorratshäuser (patakas; s. links) und Kochstellen. Zusätzlich spielt die Genealogie eine zentrale Rolle, denn die Ahnenreihe wird innerhalb eines Stammes

Die Māori identifizieren sich in erster Linie mit ihrem jeweiligen Stamm und erst danach mit der Gesamtgruppe der Māori. Die Māori-Siedlungen (kainga) hatten unterschiedliche Größen – meist handelte es sich dabei um einen 20 bis 1000 Einwohner zählenden Sippenverband, welcher durch einen Häuptling geführt wurde (Kreisel 1992, S.195). Die Māori legten feste Siedlungen an, welche sich vorwiegend auf der Nordinsel Neuseelands befanden (Bay of Plenty, Waikato Tiefland, Taranaki Küste) (Kreisel 1992, S. 196). Ansehen, Erfolg, Einfluss und Autorität wurden durch das Prinzip des „ mana “ geregelt. Die Mitglied des Stammes mit dem meisten mana standen in der sozialen Schichtung höher (arii) als Mitglieder mit wenig mana (iatoai).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Reich verziertes Vorratshaus, „pataka“

Quelle: Kreisel, W. (2004); Die pazifische Inselwelt – Eine Länderkunde, S. 123

über viele Generationen hinweg überliefert, was zum Beispiel auch in der Architektur des Versammlungshauses eingang findet (Kreisel 1992, S. 196). Im folgenden Abschnitt soll diese einzigartige Bauweise des Versammlungshauses erläutert werden.

2.2.1. Whare runanga mit Marae – Mittelpunkt der Gesellschaft

Die traditionellen Versammlungshäuser (whare runanga) mit dem angeschlossenen Versammlungsplatz (marae) davor zeugen mit ihrer Architektur von Verehrungen der Vorfahren. Das whare runanga hat traditionell ein reich verziertes Dach und einen Giebelfirst, in welchen der Name des Stammes eingraviert ist. Der First soll hierbei den Rücken der Ahnen symbolisieren und die Seitenteile des verzierten Daches die beiden Arme. Im Falle einer Versammlung sollen sich die Stammesmitglieder im Schoß der Ahnen geborgen fühlen. Das Versammlungshaus ist gleichzeitig der Ort mit der größten Spiritualität, dem größten mana. Die Abbildung zeigt das whare runanga in Waitangi. Es wurde 1940 anlässlich der Unterzeichnung des Vertrages von Waitangi vor 100 Jahren erbaut.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Traditionelles Versammlungshaus der Māori (hier: in Waitangi)

Quelle: University of Delaware

(URL: http://www.ud- el.edu/communication/new_zealand/Home.html)

Der marae ist ebenso ein heiliger Ort und Treffpunkt der Māori. Hier spielt sich das traditionelle Leben der Gemeinschaft ab, hier werden Wiedersehensfeiern, Feste, Hochzeiten und Beerdigungen abgehalten. Man kann den marae als Siedlungszentrum des Stammes betrachten.

2.2.2. Die traditionelle Landwirtschaft

Wie alle pazifischen Inseln war auch die Landwirtschaft der Māori auf die Subsistenzsicherung ausgerichtet. Die Māori waren in der Kultivierung des Landes sehr versiert und sie verfügten über ein hohes Maß an Know-how in Bezug auf Lager- und Konservierungstechniken sowie Methoden der Düngung. Angebaut wurden Süßkartoffeln, Taro und Yams. Durch das System des „ tapu “ wurde sehr gewissenhaft mit den natürlichen Ressourcen umgegangen. Es regelte die Saat- und Erntezeiten der Kulturpflanzen und schützte die Felder während der Wachstumsperiode (Kreisel 1992, S. 196). Weiterhin wurden bedingt Haustiere gehalten, die auch als Tausch- bzw. Opfertiere genutzt wurden. Der Fischfang spielte als Eiweißquelle eine zentrale Rolle und war bei den Māoris ebenfalls sehr durchdacht.

In besonders fruchtbaren Regionen (Waikato, Bay of Plenty, Auckland-Isthmus) kam es durch den Bevölkerungsdruck zu Auseinandersetzung unter einzelnen Māori Stämmen über das Land. Man errichtete befestigte Siedlungen (pa), was im gesamten pazifischen Raum seinerzeit einmalig war.

3. Historische Übersicht

Um die eingangs gestellten Fragen zu beantworten und auf die heutige Situation der Māori einzugehen, muss zunächst auf die Besiedlung Neuseelands und die Entwicklung der Situation der Autochthonen bezüglich der eintreffenden weißen Europäern erläutert werden. Die Kolonisation warf für beide Völker viele Probleme auf, welche durch große kulturelle Klüfte und mangelnde Toleranz seitens der pākehā bedingt waren. In den folgenden Abschnitten sollen ein geschichtlicher Abriss und die Unstimmigkeiten zwischen beiden Völkern historisch betrachtet und verdeutlicht werden.

3.1. Die Besiedlung Neuseelands

Es gibt heute keine eindeutige Erklärung für den Besiedlungsvorgang Ozeaniens, wohl aber Theorien (vgl. Kreisel, W.; 2004, S. 75 – 96) auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden soll. Aufgrund von z. B. sprachwissenschaftlichen und archäologischen Hinweisen konnte man Rückschlüsse auf die Wanderungsbewegung der pazifischen Bevölkerung ziehen. Das gängigste Modell der Besiedlung (Gierloff-Emden 1979, Brockway 1983, s.u.) geht davon aus, dass der Ursprung in Neuguinea bzw. Südostasien zu finden ist. Diesem entgegen steht das Modell von Heyerdahl, der behauptet, dass die pazifischen Inseln von Amerika aus besiedelt wurden. Seine Erkenntnisse z.B. in der Archäologie und der Ethnobotanik schienen seine Theorie zu stützen, allerdings kritisierten Wissenschaftler zeitliche Differenzen (Suggs, 1970). Deshalb soll im Folgenden die gängige Lehrmeinung zugrunde gelegt werden.

Vor ca. 4000 Jahren wanderten aus der südostasiatischen Region Menschen in den Raum Fiji, Samoa und Tonga. In einer weiteren Migrationswelle besiedelten sie den Raum um die Cook-Inseln, Marquesas und Gesellschaftsinseln. Von dort aus wurde um 800 n. Chr. Neuseeland und das gesamte polynesische Dreieck (Neuseeland, Hawai`i, Osterinsel) bevölkert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Vermutliche Besiedlungswege der pazifischen Inselwelt

Quelle: nach Gierloff-Emden (1979), Brockway (1983), verändert

Die ersten Siedler in Neuseeland waren nicht die Māori, sondern so genannte Moajäger. Sie jagten einen flugunfähigen, straußenähnlichen und mittlerweile ausgestorbenen Vogel – den Moa, welcher ihre Nahrungsgrundlage darstellte. Sie rodeten mithilfe des Feuers große Waldflächen, um den Moa effektiver zu jagen. Als Konsequenz der permanenten Jagd legten die Moajäger lediglich temporäre Siedlungen an (Oliver, 1981, S. 3 – 28).

Zwischen 1100 und 1500 siedelte schließlich das Volk der Māori in Neuseeland in mehreren Migrationsschüben. Dabei wird die größte Einwanderungswelle um 1350 n. Chr. angesetzt (Kreisel, 1992, S.192). Die Māori verfügten über brillante Navigatoren und perfekte Schiffbauer und sie erreichten Neuseeland wahrscheinlich nicht zufällig sondern gewollt, denn sie hatten Kulturpflanzen an Bord, was auf ein neues Siedlungsziel hindeutete. Sie verfügten über hochseetüchtige Doppelrumpfboote (pahi) komplett mit Segel und Paddel, welche bis zu 30 Meter lang waren und ca. 80 Mann Besatzung fassten. Die Konstruktion der pahi hinsichtlich ihrer Größe läßt darauf schließen, dass die Auswanderung der Māori geplant war.

Die Māori lebten ungestört und unbeeinflusst größtenteils auf der Nordinsel Neuseelands, bis am 13. Dezember 1642 ein holländischer Entdeckungsreisender die Westküste der Südinsel erspähte. Der damals 39-jährige Abel Janzoon Tasman gab der Insel den Namen „Staten Landt“. Allerdings betrat er nie die Inseln. Einige seiner Besatzungsmitglieder wurden kurz vor der Küste von bis zu 22 einheimischen Kanus (waka) abgefangen und gerammt. Dabei fanden vier Männer den Tod. Entsetzt lichtete er die Anker und segelte entlang der Westküsten der beiden Inseln um dann wieder in die Heimat zurückzukehren. Dort verkündete er die Nachricht, dass Staten Landt (später: Nieuw Zeeland) ein vollkommen unattraktives Land sei. Die Europäer verloren daraufhin das Interesse und es vergingen 127 Jahre, bis die Māori erneut mit Europäern in Kontakt traten.

3.2. Der erste Austausch mit den pākehā

Am 6. Oktober 1769 erblickte der Mastjunge der HMS Endeavour die Küstenlinie Neuseelands. Der Engländer Kapitän James Cook und seine Mannschaft ankerten am 8. Oktober in der heutigen Poverty Bay. Das erste Treffen endete mit dem Tod von einigen Māori, denn beide Seiten waren außerstande die Sprache und Kultur des anderen zu verstehen. Die Ankunft Cooks war für die Māori eine Art Offenbarung, wurden sie doch plötzlich mit neuen Technologien bekannt gemacht und mit einem völlig unterschiedlichen Lebensstil konfrontiert. Allein die Einführung der gewöhnlichen Kartoffel änderte ihr Leben schlagartig. Anders als die kumara, die Süßkartoffel, wuchs die gewöhnliche Kartoffel fast überall, benötigte kaum Pflege und keine religiösen Rituale, um in ausreichendem Maße zu gedeihen (Mikaere in: Jäcksch, 2000, S. 22).

Der Kontakt mit der westlichen Welt erzeugte bei den Māori Hunger nach Neuem. Gewöhnliche Nägel wurden zu wertvollen Handelsobjekten, denn sie waren vielseitig einsetzbar. Rund 25 Jahre nach Cooks Ankunft entdeckten auch die Wal- und Robbenfänger die Küsten Neuseelands für sich. Walfänger aus England, Frankreich und den USA versorgten sich mit Wasser, Holz aber auch Frauen zu ihrer Unterhaltung für die langen Verfolgungsfahrten. Robbenfänger fanden im Süden Kolonien, die sie alsbald auslöschten.

Aber das Zusammentreffen mit Neuem brachte nicht nur Vorteile mit sich: Die Māori besaßen gegen viele eingeschleppte Krankheiten keine Abwehrstoffe. Erkrankungen wie Grippe oder Masern, Tuberkulose oder Syphilis wurden in die Gesellschaft getragen und dezimierten die Population der Māori. Die größten Schäden verursachte aber das Gewehr. Alte Rivalitäten unter den Stämmen flammten wieder auf und kriegerische Auseinandersetzungen verursachten Blutbäder unter den Māori.

Die schreckliche Zeit der Gemetzel war erst vorbei, als alle Stämme die gleiche Bewaffnung hatten und ganze Landstriche durch die Kriege entvölkert waren. Hilfreich war auch die Einführung einer neuen Philosophie, das Christentum.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2004
ISBN (PDF)
9783956849657
ISBN (Paperback)
9783956844652
Dateigröße
8.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,7
Schlagworte
Maori Neuseeland indigene Bevölkerung pazifische Inselwelt

Autor

David Madeheim, geb. Krzysanowski, wurde 1979 in Bautzen geboren. Sein Studium der Geographie an der Georg-August-Universität in Göttingen schloss der Autor im Jahre 2007 mit dem akademischen Grad des Diplomes erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte der Autor umfassende praktische Erfahrungen in der pazifischen Inselwelt. Fasziniert von polynesischer Kultur und Geographie, verbrachte der Autor mehr als ein Jahr in Hawaii, um die Besonderheiten der Region kennenzulernen. Seine Forschungsaufenthalte auf den pazifischen Inseln motivierten ihn, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
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