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Minderheitenpolitik der Türkei und Spaniens: Ein Vergleich zwischen den Minderheiten der Basken in Spanien und der Kurden in der Türkei hinsichtlich ihrer Sprach- und Bildungsfreiheit innerhalb der jeweiligen Gesetzgebung

©2011 Bachelorarbeit 35 Seiten

Zusammenfassung

Minderheiten unterscheiden sich je nach ihrer Religion, Kultur, Sprache und Ethnie. Dabei kommen religiöse und sprachliche Minderheiten am häufigsten vor. Die Interaktionen zwischen Mehrheiten und Minderheiten sind in vielen Ländern weiterhin problematisch; einen gerechten Ausgleich zu gewährleisten, stellt eine Herausforderung für Staaten dar. Obwohl die Rechte der Minderheiten in den vergangenen Jahren von vielen Ländern nach nationalen, internationalen und universellen Normen reguliert wurden, werden sie von vielen Ländern noch nicht praktiziert. Deshalb haben diese Länder Konflikte mit ihren eigenen Minderheiten in unterschiedlicher Intensität. Im Rahmen dieser Arbeit wird auf das brisante Thema ‘Die Minderheitenpolitik der Türkei und Spaniens’ eingegangen. Es wird ein systematischer Vergleich zwischen der rechtlichen Lage der Basken in Spanien und der Kurden in der Türkei hinsichtlich ihrer Sprach- und Bildungsfreiheit innerhalb der jeweiligen Gesetzgebung gezogen. Zuletzt werden hierzu Schlussfolgerungen gezogen und der Versuch unternommen, Lösungen und Vorschläge an die zukünftige Minderheitenpolitik der Türkei und Spaniens bezüglich der Sprach- und Bildungsfreiheit zu unterbreiten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.2 Sprachliche Minderheiten

Blumenwitz definiert sprachliche Minderheiten wie im Folgenden: „eine sprachliche Minderheit ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich schriftlich und/oder mündlich, öffentlich oder privat einer Sprache bedient, die nicht die Nationalsprache ist und in ihrem Wohngebiet nicht die gewöhnliche Sprache darstellt“ (Blumenwitz in Harald 1999:44). Sprachliche Minderheiten unterscheiden sich von ethnischen Minderheiten dadurch, dass sie nicht unbedingt eine gemeinsame Kultur und Geschichte haben. „Eine „sprachliche“ Minderheit ist als eine Gruppe von Menschen anzusehen, deren Angehörige im privaten Bereich und in der Öffentlichkeit mündlich und/oder schriftlich eine Sprache benutzen, die sich von der in einem bestimmten Gebiet benutzten Sprache unterscheidet und die nicht als die Staatssprache angesehen wird, sofern es das Ziel der Gruppe ist, ihre Sprache zu bewahren und zu pflegen“ (Ben Achour in Delbrück/Dahm/Wolfrum 2002:280). Die Kurden in der Türkei und die Basken in Spanien verfügen sowohl über eine eigene Sprache, als auch eine Kultur und gemeinsame Geschichte. Nach den Definitionen sprachlicher und ethnischer Minderheiten sind Basken und Kurden demnach vergleichbare Bevölkerungsgruppen

2.3 Nationale Minderheiten

Die Definition von nationalen Minderheiten wird hauptsächlich von Ländern in einem bestimmten rechtlichen Rahmen anerkannt. Obwohl es in verschiedenen Ländern viele nationale Minderheiten gibt, sind sie nicht immer anerkannt. In diesem Zusammenhang spielt die Minderheitenpolitik der Staaten eine wichtige Rolle dafür, ob bestimmte Minderheiten als nationale Minderheit gelten oder nicht. Innerhalb des europäischen Sprachraums versteht man unter nationaler Minderheit „[einen] Oberbegriff für religiöse, sprachliche, ethnische und kulturelle Minderheiten“ (Informationsplattform humanrights.ch 2007: 1. Abschnitt).

Nationale Minderheiten werden über den Begriff Nation definiert. „Ein wesentliches, die nationalen Minderheiten charakterisierendes Element ist Nationalbewusstsein. Außerdem verfügen sie über die Merkmale, welche die gegebene Nation von den anderen unterscheidet und teilen ein gemeinsames nationales Interesse“ (Sparer 1999:27). Zum Beispiel: die Deutsche Bundesregierung erkennt die nationale Minderheit des sorbischen Volkes und die dänische Minderheit mit deutscher Staatsangehörigkeit an. Demgegenüber werden die Friesen sowie die Sinti und Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit nicht als nationale Minderheiten anerkannt, sondern als ethnische Minderheiten (vgl. Bundesministerium des Innern 2010).

Ein weiteres Beispiel dafür sind die innerhalb des Territoriums der Volksrepublik China lebenden Uiguren. Sie sind eine türkischsprachige nationale Minderheit und entsprachen im Jahr 1994 7,7 Millionen Menschen. Sie nennen das Land Ost-Turkestan, es befindet sich im Chinesischen Nordwesten Xinjiang (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2002). Das bemerkenswerte Merkmal der nationalen Minderheit ist hier wiederum die Sprache.

Obwohl es viele verschiedene Definitionen für lokale und nationale Minderheiten gibt, gibt es keine einheitlich rechtlich anerkannte Erklärung. Deswegen fällt es auch schwer die Rechte der Minderheiten zu schematisieren. Manche nationalen Minderheiten, die bestimmte Elemente aufweisen, sind in einigen Ländern anerkannt und in anderen nicht. In diesem Fall braucht man auf jeden Fall eine übergeordnete und bestimmte Definition von Minderheit auf der internationalen Ebene, um die Definition auf nationaler Ebene zu legalisieren. Dies ist heutzutage durch die internationale Staatengemeinschaft gegeben, in der sich Staaten verpflichten, Minderheitenrechte zu verwirklichen. Das bedeutet, sie sind nicht nur auf einer nationalen Ebene, sondern auch auf regionaler und internationaler Ebene verantwortlich für ihre Minderheiten. Sie müssen die internationalen Verträge für Minderheitenrechte unterzeichnen und ratifizieren. In diesem Zusammenhang lässt sich ausgehend von der internationalen Ebene wie z.B. der Europäischen Union und der Vereinten Nationen, deren Mitglieder Türkei und Spanien sind, untersuchen und ermitteln, was der rechtliche Status einer Minderheit ist und wie ihre Rechte hinsichtlich der Sprach- und Bildungsfreiheit nach internationalen Abkommen reguliert werden.

Zweites Kapitel

3. Die Minderheitenrechte hinsichtlich Sprach- und Bildungsfreiheit nach Internationaler Normen

3.1 Sprach- und Bildungsfreiheit in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen

Die Sprache ist ein Grundausdrucksmittel der Völker und ein Verbot ihrer Sprache ist eine Verletzung der Menschenrechte. Falls die Sprache einer Minderheit verboten wird, kann eine Kultur bzw. ein Volk nicht mehr im kulturellen Sinne überleben. Dadurch werden sie im Laufe der Zeit assimiliert. Sprache und Bildung sind unverzichtliche Rechte des Individuums und darf nicht verhindert werden. Die erzwungene Assimilation ist daher ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Recep Tayyip Erdogan sprach diese Thematik während seiner diesjährigen Wahlkampagne auf einer Veranstaltung in Düsseldorf an, indem er gegenüber der türkischen Gemeinde sagte, dass die Bildung integraler Bestandteil der Sprache sei und dazu betonte: „Ihr sollt euch natürlich in die deutsche Gesellschaft integrieren. Aber ich sage nein zu Assimilation“ sowie empfahl, dass türkische Kinder erst Türkisch, danach Deutsch lernen sollten (Süddeutsche.de:2011). Er erwähnte implizit kulturelle Rechte der türkischen Minderheit in Deutschland, die gleichzeitig für die kurdische Minderheit in der Türkei nicht ermöglicht werden.

Anscheinend sind die Minderheitenrechte nicht so umfassend gestaltet, wenn sie von den Staaten bzw. von der Mehrheit auf der nationalen Ebene gestaltet werden. Deswegen war es nötig, auf der Ebene der am höchsten anerkannten internationalen Institutionen wie z.B der Vereinten Nationen und der Europäische Union die Minderheitenrechte und den Minderheitenschutz sorgfältig zu regulieren. Alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und der Europäischen Union sind verpflichtet, die Verträge für Menschenrechte und Minderheitenrechte zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Mit diesen Verträgen wurde beabsichtigt, die Grund- und Völkerrechte als international gültige Normen zur Anerkennung der Menschen zu garantieren.

In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurden im Jahr 2000 folgenden Regelungen zu Sprach- und Bildungsrecht unter dem Kapitel 3 – Gleichheit getroffen:

„Art. 21 Nichtdiskriminierung

(1) Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, sind verboten.

Art. 22 Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen

Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.“

(Amtsblatt der Europäischen Union 2010: C 83/389)

Die Sprachenvielfalt ist ein wichtiger Bestandteil der Europäischen Union, der von ihr gefördert wird, um die Kommunikation der Menschen zu erleichtern und die Kulturen zu pflegen. Ein weiteres Abkommen für den Minderheitenschutz wurde hinsichtlich der Sprach- und Bildungsfreiheit in Straßburg vereinbart.

3.2 Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten

Der Europarat unterzeichnete im Jahr 1995 in Straßburg das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und fördert damit die Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Im Abschnitt 2 in den Art. 5, 10, 11, 12, 14 unterstützt er die nationalen Minderheiten:

„In der Erwägung, dass eine pluralistische und wahrhaft demokratische Gesellschaft nicht nur die ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität aller Angehörigen einer nationalen Minderheit achten, sondern auch geeignete Bedingungen schaffen sollte, die es ihnen ermöglichen, diese Identität zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und zu entwickeln; in der Erwägung, dass es notwendig ist, ein Klima der Toleranz und des Dialogs zu schaffen, damit sich die kulturelle Vielfalt für jede Gesellschaft als Quelle und Faktor nicht der Teilung, sondern der Bereicherung erweisen kann“ (Europarat:1995).

Infolgedessen wird es von den Mitgliedstaaten erwartet, dass sie die in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze mittels innerstaatlicher Rechtsvorschriften und geeigneter Regierungspolitik verwirklichen.

3.3 Europäische Menschenrechtskonventionen (EMRK)

Auch die Europäische Menschenrechtkonvention erwähnt die Minderheitenrechte im Abschnitt 1 – Rechte und Freiheiten, Art. 14 – Diskriminierungsverbot mit folgenden Sätzen:

„Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten“ (Europäische Menschenrechtskonvention 2011)

Die oben genannten Verträge und Regelungen für den Minderheitenschutz sind besonders für die Mitglieder der Europäische Union von Bedeutung und für die Länder, die sich in den Beitrittsverhandlungen befinden. Die Vereinten Nationen haben ähnliche Übereinkommen über Minderheitenrechte, die aufgrund der 193 Mitgliedstaaten weitreichendere Bedeutung erlangen.

3.4 Allgemeine Erklärungen der Menschenrechte (1948)

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die am 10. Dezember 1948 als Resolution 217 A (III) verabschiedet wurde, ist eine der ersten Rechtserklärungen der Völker nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. In Artikel 2 wird der Grundstein für spätere Minderheitenschutzabkommen gelegt:

„Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“ (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948).

3.5 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966)

Unter diesem Abkommen werden die klassischen Menschenrechte, Justizgrundrechte, das Diskriminierungsverbot sowie kulturelle Minderheitenrechte gesichert. Der rechtliche Status der Minderheiten wird vom zuständigen Menschenrechtsausschuss kontrolliert, der in Staatenberichten über die Verwirklichung der geschützten Rechte Bericht erstattet. Die Türkei unterzeichnete den Vertrag am 15. August 2000 und ratifizierte ihn am 23. September 2003, Spanien unterzeichnete am 28. September 1976 und ratifizierte am 27 April 1977.

„Artikel 27: In Staaten mit ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten darf Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten werden, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen.“ (UNO-Dokumente zu Minderheitenrechten 1966)

3.6 Übereinkommen über die Rechte des Kindes- Die UN-Kinderrechtskonvention

Die UNICEF ist das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. UNICEF ist tätig auf der Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention, die die 193 Mitgliedsstaaten verpflichtet, das Überleben der Kinder zu schützen und ihre Entwicklung zu fördern, sie vor Missbrauch und Gewalt zu schützen und sie an für sie wichtigen Entscheidungen zu beteiligen. In diesem Zusammenhang wird auch die Förderung der Sprach- und Bildungsfreiheit in den Artikeln 29 und Art. 30 besonders betont. Dieses Abkommen wurde angenommen durch die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen 44/25 vom 5. Dezember 1989 mit Inkrafttreten am 2.9.1990:

Artikel 30:

In Staaten, in denen es ethnische, religiöse oder sprachlicher Minderheiten oder Ureinwohner gibt, darf einem Kind, das einer solchen Minderheit angehört oder Ureinwohner ist, nicht das Recht vorenthalten werden, in Gemeinschaften mit anderen Angehörigen seiner Gruppe seine eigene Kultur zu pflegen, sich zu einer eigenen Religion zu bekennen und sie auszuüben oder seine eigene Sprache zu verwenden“.

3.7 Das Kopenhagener Treffen der Konferenz „Über die menschliche Dimension“ der KSZE

Die Vertragsstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben in dem Treffen von Kopenhagen vom 5. bis 29. Juni 1990 in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Konferenz „Über die Menschliche Dimension“ der KSZE folgendes beschlossen und im abschließenden Dokument des Wiener Folgetreffens festgehalten:

„(34) Die Teilnehmerstaaten werden sich darum bemühen, Angehörigen nationaler Minderheiten, ungeachtet der Notwendigkeit, die offizielle Sprache oder die offiziellen Sprachen des betreffenden Staates zu erlernen, in Einklang mit den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Möglichkeiten für den Unterricht ihrer Muttersprache oder in ihrer Muttersprache sowie, wo immer dies möglich und notwendig ist, für deren Gebrauch bei Behörden zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit dem Unterricht von Geschichte und Kultur in Bildungseinrichtungen werden sie auch die Geschichte und Kultur der nationalen Minderheiten berücksichtigen.“ (KSZE: 1995).

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2011
ISBN (PDF)
9783956849930
ISBN (Paperback)
9783956844935
Dateigröße
682 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
2
Schlagworte
Minderheit Sprachfreiheit EMRK Menschenrecht Kinderrechtskonvention

Autor

Dogukan Cansin Karakus wurde 1984 in Istanbul geboren. Er schloss 2006 sein Erststudium der Sportwissenschaften an der Universität Kirikkale (Türkei) ab und absolvierte anschließend ein Bachelorstudium in Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, am Otto-Suhr Institut (2008-2011). Er studierte weiter an der Georg-August Universität Göttingen, wo er sein Masterstudium in Politikwissenschaft abschließend wird. Seine Masterarbeit fokussiert auf Friedens- und Konfliktforschung in innerstaatlichen Kriegen.
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