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Beratungskompetenz im Kontext der Bildungsberatung von Frauen: Prämissen, Anforderungen und Standards

©2013 Masterarbeit 61 Seiten

Zusammenfassung

Die arbeitsleitende Hypothese dieser Veröffentlichung ist, dass an die Bildungsberatung von Frauen spezifische Anforderungen gestellt werden sollten. Dies wird exemplarisch an den Kompetenzen der Beratenden und am Beratungssetting verifiziert. Die Autorin untersucht, welche qualitativen Merkmale erforderlich sind, damit frauenspezifische Bildungsberatung im Sinne der Adressatinnen und der Beratenden optimiert werden kann. Darauf aufbauend werden umsetzungsorientierte Qualitätsstandards formuliert, die sinnvoll sein könnten, um die Qualität der praktischen Beratung inhaltlich weiterzuentwickeln.
Methodisch wird zur Klärung der Leitfrage nach einigen notwendigen Begriffsbestimmungen eine Synopse einschlägiger Anforderungen an Beratungskompetenzen und Beratungssetting in der Bildungsberatung und näher der Bildungsberatung von Frauen erstellt, um daraus abschließend Handlungsempfehlungen zu deduzieren.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Frauenspezifische Bildungsberatung – Entwicklung der Begrifflichkeit
2.1 Beratung in der interdisziplinären Diskussion
2.2 Beratung aus pädagogischer Perspektive
2.3 Bildungsberatung als Arbeitsfeld pädagogischen Handelns
2.4 Merkmale frauenspezifischer Beratung

3. Beratungskompetenz und Beratungssettings in der Bildungsberatung – Anforderungen und Qualitätsmerkmale
3.1 Beratungskompetenz und ihre Qualitätsmerkmale
3.2 Qualitätsmerkmale des Beratungssettings

4 Frauenspezifische Bildungsberatung – qualitative Anforderungen und umsetzungsorientierte Standards
4.1 Standards frauenspezifischer Bildungsberatung am Beispiel der „Kontaktstellen Frau und Beruf“ in Baden-Württemberg
4.2 Qualitätsanforderungen an Beratende in der frauenspezifischen Bildungsberatung
4.3 Qualitätsanforderungen an das Beratungssetting frauenspezifischer Bildungsberatung
4.4 Zur Entwicklung eines praktikablen Handlungsrahmens

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Über die laut Duden üblichen Abkürzungen hinaus werden folgende Abkürzungen für Institutionen, Organisationen oder andere Begriffe verwendet

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1: Aufgabenbereiche in der Bildungsberatung

Abb. 2: Grundlinien eines integrativen Modells.

Tab. 1: Merkmale professioneller Beratung auf vier Ebenen.

Tab. 2: Strukturierung von Weiterbildungsberatungsformen

Tab. 3: Kompetenzgruppen gemäß dem Kompetenzprofil für Beratende

Tab. 4: Überblick Qualitätsmerkmale guter Beratung

Tab. 5: Qualitätsstandards für das Setting frauenspezifischer Bildungsberatung

Tab. 6: Handlungsrahmen für die frauenspezifische Bildungsberatung

1. Einleitung

Beratung hat sich in den vergangenen Jahren „…zu einem kontinuierlich expandierenden Arbeitsbereich sozialer, pädagogischer, psychologischer und medizinischer Fachkräfte in verschiedenen Praxisfeldern entwickelt“ (Engel/ Nestmann/ Sickendiek, 2007,S. 34), gilt aber als „problematischer Begriff“ (ebd.), da wegen der Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten keine eindeutige Auslegung möglich ist (vgl. ebd.).

Daraus folgt, dass auch alle professionellen Spielarten der Beratung in ihrer Begrifflichkeit umstritten sind bzw. unterschiedlich ausgelegt werden. Nicht zuletzt gesellschaftliche und politische Entwicklungen beeinflussen das Verständnis und die Anwendungsbereiche des Begriffs „Beratung“ (vgl. Klein 2010, S. 34). Gleichzeitig hat die Bildungsberatung im Zuge der Bildungsreform der 60er und 70er Jahre einen eigenen Stellenwert erhalten (vgl. ebd., S. 35) und wird als eigenständige pädagogische Profession auch innerhalb der Erwachsenenpädagogik lebhaft diskutiert (vgl. Nittel 2009, S.6ff., Nestmann 2011, S.60ff.). Bildungsberatung differenziert sich in diesem Kontext zielgruppenspezifisch aus, und versucht, unter anderem hinsichtlich der Zugangswege, der Qualitätsanforderungen und der Qualifikation der Beratenden jeweils eigene Standards zu entwickeln.

Was macht vor diesem Hintergrund „gute“ Bildungsberatung für Frauen aus? Welche besonderen Bedarfe lassen sich formulieren, und wie können sie abgedeckt werden? Dort, wo entsprechende Beratungseinrichtungen heute noch bestehen, scheint sich jedenfalls für die Bildungsberatung von Frauen ein Auftrag abzuzeichnen, „…der weitaus komplexer, aber auch konkreter an den sozialen und lebensweltlichen Situationen der Ratsuchenden orientiert ist, als dies im Kontext der allgemeinen Weiterbildungsberatung formuliert wird“ (Mayer 2011, S. 17). Dies ist umso bemerkenswerter, als selbst in der feministischen Beratung „…keine geschlechtsspezifische Beratungstheorie und daraus abgeleitete geschlechtsspezifische Beratungsmethoden…“ (Vogt 2007, S.211) existieren.

Die vorliegende Arbeit will sich deshalb darauf fokussieren, Merkmale „guter“, das soll heißen diesem komplexen Hintergrund gerecht werdender, frauenspezifischer Bildungsberatung herauszuarbeiten. Insofern soll die arbeitsleitende Hypothese, dass Bildungsberatung von Frauen spezifische Anforderungen zu erfüllen hat, exemplarisch an den Kompetenzen der Beratenden und am Beratungssetting verifiziert werden. Die Arbeit will also dazu beitragen zu klären, welche qualitativen Merkmale erfüllt sein müssen, damit frauenspezifische Bildungsberatung im Sinne der Adressatinnen und der Beratenden optimiert werden kann. Darauf aufbauend sollen umsetzungsorientierte Qualitätsstandards formuliert werden, die sinnvoll sein könnten, die Qualität der praktischen Beratung inhaltlich weiterzuentwickeln. Die Gliederung der Arbeit orientiert sich an einer Reihe von Fragen, die sich aufgrund dieser Aufgabenstellung ergeben:

Wie wird Beratung im gegenwärtigen erwachsenenpädagogischen Diskurs besprochen? Von welcher Basis geht die theoretische Auseinandersetzung deshalb aus? Welche begriffliche Eingrenzung scheint infolgedessen bezüglich der pädagogischen Handlungsform Bildungsberatung sinnvoll? Welche Merkmale frauenspezifischer Bildungsberatung lassen sich ausmachen, und welche – eventuell fruchtbar zu machenden – Bezüge gibt es zur feministischen Beratung? In welchem Rahmen findet frauenspezifische Bildungsberatung heute statt, und welche Qualitätsanforderungen bestehen hinsichtlich Beratungskompetenz und Beratungssetting im allgemeinen Kontext der Bildungsberatung sowie in ihrer frauenspezifischen Ausformung?

Dementsprechend versucht die nachfolgende Arbeit vorzugehen:

In einem ersten Schritt soll auf den Beratungsbegriff eingegangen und eine für das Vorhaben dieser Arbeit tragfähige Definition entwickelt werden. Auf dieser Grundlage wird versucht, eine Eingrenzung des Begriffs der „Bildungsberatung“ vorzunehmen, um sich anschließend den Merkmalen frauenspezifischer Beratung und den feministischen Traditionslinien zuzuwenden. Vor diesem Hintergrund nimmt die vorliegende Arbeit die gegenwärtige institutionalisierte frauenspezifische Bildungsberatung in den Blick, um beispielhaft nachzuzeichnen, in welchem Bezugsrahmen Beratende in diesem pädagogischen Handlungsfeld arbeiten. Darauf aufbauend soll auf die Begriffe „Beratungskompetenz“ und „Beratungssetting“ eingegangen werden, um dann spezielle Qualitätsanforderungen hinsichtlich dieser Merkmale bei der Bildungsberatung für Frauen herauszuarbeiten und diese zu operationalisieren.

Die Untersuchung stützt sich vor allem auf eine umfängliche Literaturanalyse. Dazu wurde in der Landesbibliothek Baden-Württemberg, den Hochschulbeständen der Universität Tübingen, sowie der Dualen Hochschule für Sozialwesen Stuttgart recherchiert. Außerdem wurden online Datenbanken und Fachartikel aus dem Internet genutzt. Zur Klärung der Leitfrage wurde nach einigen notwendigen Begriffsbestimmungen eine Synopse einschlägiger Anforderungen an Beratungskompetenzen und Beratungssetting in der Bildungsberatung und näher der Bildungsberatung von Frauen erstellt, um abschließend daraus Handlungsempfehlungen zu deduzieren.

Diese Arbeit ist um eine gendersensible Sprache bemüht. Die Thematik legte es allerdings nahe, dort wo eindeutige Zuschreibungen nötig waren, die weibliche Form zu verwenden.[1] Die männliche Form ist selbstverständlich immer mit gemeint.

2. Frauenspezifische Bildungsberatung – Entwicklung der Begrifflichkeit

Frauenspezifische Bildungsberatung ist in vielfältige wissenschaftliche Auseinandersetzungen eingebettet, von denen einige, in engerem Bezug zur Aufgabenstellung dieser Arbeit stehend, im folgenden Abschnitt aufgegriffen und nachgezeichnet werden. Beabsichtigt ist damit, den wissenschaftstheoretischen Hintergrund des Themas darzustellen. Dabei wird zunächst der Frage nachgegangen, welche Konnotationen der Terminus Beratung im interdisziplinären Diskurs erfährt und vor allem, in welchen Bereichen sich einheitliche Auffassungen ausmachen lassen. Im Fortgang konzentriert sich die Diskussion auf die Auseinandersetzung mit dem Begriff Beratung in der Pädagogik und weiter auf den der Bildungsberatung als Aufgabe pädagogischen Handelns. Abschließend soll in diesem Abschnitt dargestellt werden, in welcher Hinsicht sich Besonderheiten in der Bildungsberatung von Frauen ergeben könnten und wo sich Bezüge zu Forderungen der feministischen Beratungsarbeit mit Frauen ausmachen lassen.

2.1 Beratung in der interdisziplinären Diskussion

In der wissenschaftlichen Debatte besteht einerseits dahingehend Einigkeit, dass unter Beratung im weitesten Sinn eine fest etablierte Form des Wissenstransfers zu verstehen ist (vgl. Pohlmann/ Zillmann 2006, S. 3). Andererseits ist festzuhalten, dass „…bei aller Differenziertheit der kaum noch überschaubaren Publikationsfülle allerdings die Frage nach der kommunikativen Spezifik und der Logik beratenden Handelns nicht beantwortet (ist)“ (Dewe/ Schwarz 2011, S. 11). Dies scheint auch der Vielfalt an Beratungsformen, -feldern und -professionen geschuldet zu sein, die sich als Antwort auf je ganz unterschiedliche gesellschaftliche Fragestellungen und Problemlagen herausgebildet haben, um adäquate theoretische Antworten auf die Veränderungen in modernen Gesellschaften finden zu können (vgl. Engel/ Nestmann/ Sickendiek 2007, S. 34, Arnold/ Mai 2008, S. 26). Insofern kann von „der Beratung“ nicht gesprochen werden und gerade das Spektrum möglicher Auslegungen des Begriffs macht diesen diffus (vgl. Engel/ Nestmann/ Sickendiek 2007, S. 34). Dementsprechend unterschiedlich – und abhängig von der theoretischen Perspektive und dem Erkenntnisinteresse der Autorinnen (vgl. Steinebach 2006, S. 12) – sind die Auffassungen von Beratung. Die Bandbreite reicht von der Gleichsetzung mit reiner Informationsweitergabe bis zu ihrer Bestimmung als „kleiner Therapie“ (Engel/ Nestmann/ Sickendiek 2007, S. 33), die Fülle der in den letzten Jahren erschienen Grundlagenliteratur belegt dieses Spektrum (vgl. Sander/ Ziebertz 2010, S. 23).

Diese Arbeit will sich angesichts der Vielfalt der Bestimmungen darauf beschränken, für die Themenstellung wesentliche Hauptlinien des Beratungsbegriffs nachzuzeichnen. Dabei kann in einem ersten Schritt die Unterscheidung zwischen „Alltagsberatung“ und Beratung in professionellen Kontexten dienlich sein (vgl. Steinebach 2006, S.12). So gesehen ist Beratung eine aus dem herkömmlichen Sprachgebrauch vertraute Kommunikationsform, die aus diesen alltäglichen Zusammenhängen entlehnt und als professionelle Intervention in verschiedensten theoretischen Bezügen sowie methodischen Konzepten, Settings, Institutionen und Handlungsfeldern etabliert wurde (vgl. Engel/ Nestmann/ Sickendiek 2007, S. 34). Allerdings stellt sich die Frage, welche Charakteristika professioneller Beratung sich vor dem Hintergrund der alltäglichen herausarbeiten lassen.[2]

Eine hilfreiche Differenzierung bieten hier Sickendiek und Nestmann, die alltägliche Beratung, wie sie beispielsweise zwischen Paaren, Familienmitgliedern, Freunden oder Kolleginnen in lebenspraktischen Fragen stattfindet[3], primär über das Rollenverständnis von professioneller Beratung unterscheiden: Im Unterschied zur Alltagsberatung sind die Rollen bei professioneller Beratung eindeutig (asymmetrisch) verteilt und können nicht gewechselt werden, insofern die eine Seite Unterstützung sucht, und die andere sie bietet (vgl. Sickendiek/ Nestmann 2003, S. 155). Außerdem lassen sich professionelle Beraterinnen von der Problemsituation nicht tangieren und werden deshalb hinsichtlich des Anliegens der Ratsuchenden[4] nicht von eigenen Interessen geleitet. Ihre Rolle ist mit einem ausgewiesenen Expertinnenstatus versehen, der das Verhältnis zu ihren Klientinnen wesentlich prägt (vgl. ebd.). Ergänzend lässt sich mit Engel/ Nestmann/ Sickendiek sagen, dass in der professionellen Beratung – im Unterschied zur semiprofessionellen[5] und zur Alltagsberatung – sowohl Fachkompetenzen als auch feldunabhängige Beratungskompetenzen nötig sind. „So betrachtet speist sich Beratung aus zwei Quellen: zum einen aus dem Arbeitsfeld spezifischen Wissens und zum anderen aus eher feldunspezifischen Kommunikations- und Handlungskompetenzen“ (Engel/ Nestmann/ Sickendiek 2007, S. 35).

Einschlägige Definitionen betonen ferner den Interaktions- und Hilfscharakter von Beratung sowie die Notwendigkeit festgelegter Qualifikationsstandards:

„Unter einer professionell gestalteten Beratung wird eine wissenschaftlich qualifizierte Problem-, Konflikt- oder Krisenbewältigungshilfe verstanden, die über fachliche Informationsvermittlungen, konkrete Hilfen, Ratschläge und Handlungsanweisungen hinausgeht, ganzheitlich orientiert ist und subjektbezogen ansetzt. Sie … erfolgt auf der Grundlage von einer … Vertrauensbeziehung und definierten Qualifikations- und Qualitätsstandards“ (Straumann 2001, S. 61 f.).

„Bei einer Beratung handelt es sich um eine Form der Hilfe, die sich an den Bedürfnissen und Zielen einer Person orientiert“ (McLeod 2004, S. 34).

Für Beratung (im Unterschied zur Psychotherapie, Anm. der Verf.) „lässt sich ein eher offener, integrativer Hilfediskurs formulieren: Beratung als auf Inklusion verschiedenster Felder und Klientele orientiertes präventives und entwicklungsorientiertes Unterstützungsangebot – eine in Lebensweltkontexte eingebundene offen eklektische Orientierungs-, Planungs- Entscheidungs- und Bewältigungshilfe“ (Engel/ Nestmann/ Sickendiek 2007, S. 37).

„Beratung ist zunächst eine Interaktion zwischen zumindest zwei Beteiligten, bei der die beratende(n) Person(en) die Ratsuchende(n) - mit Einsatz von kommunikativen Mitteln – dabei unterstützen, in bezug [sic] auf eine Frage oder auf ein Problem mehr Wissen, Orientierung oder Lösungskompetenz zu gewinnen“ (Sickendiek/ Engel/ Nestmann 2008, S. 13).

Als charakteristisch können also weiter folgende Merkmale für professionelle Beratung angeführt werden: Sie ist ein hilfsorientiertes, kommunikatives, interaktives Geschehen, dessen Ziel die Unterstützung von Ratsuchenden mit jeweils individuellen Problemlagen ist. Dabei geht es auch um die Stärkung jener Kompetenzen, die die Ratsuchenden in die Lage versetzen, eigene Lösungsansätze zu finden. Beratung ist ihrem Wesen nach eher präventiv und hinsichtlich ihrer Klientel und Einsatzgebiete vielfältig, auf jeden Fall an den Bedürfnissen der Ratsuchenden orientiert.

Die bisher betrachteten Ansätze zu Merkmalen professioneller Beratung lassen sich, bezogen auf den Ablauf bzw. dessen Subjekte wie folgt schematisch darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Merkmale professioneller Beratung auf vier Ebenen (Darstellung der Verf.).

Die nachfolgende Verwendung von „Beratung“ bezieht sich auf diesen hier skizzierten Begriff, der die Facetten von „Beratung“ m.E. bei aller notwendigen Kürze theoretisch fassbar und praktisch handhabbar macht.

Wie sich bisher gezeigt hat, kann eine wissenschaftliche Annäherung an das Thema Beratung auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Wie sich in dieser Diskussion die Pädagogik genauer positioniert, inwiefern sie Beratung als ihr ureigenes Terrain reklamieren bzw. was unter „pädagogischer Beratung“ verstanden werden kann, wird Gegenstand des folgenden Abschnitts sein.

2.2 Beratung aus pädagogischer Perspektive

„Jeder, der sich mit Beratung befasst, begibt sich auf semantisch, professionell und institutionell mehrfach besetztes Gelände. Es ist daher kaum möglich, sich den Fragen einer pädagogischen Theorie der Beratung in direktem Zugriff zu nähern“ (Kraft 2009,S. 181).

Anders ausgedrückt: Der Begriff Beratung erfährt, wie teilweise schon im vorherigen Abschnitt gesehen, je nach Lesart, Wissenschaft und institutionellem Kontext unterschiedliche Konnotationen, die berücksichtigt werden müssen, will man „pädagogische Beratung“ bestimmen. Entsprechend kontrovers wird dieser Terminus innerhalb der Pädagogik besprochen.[6] Dabei ist einer der ersten Diskussionsgegenstände „das Problem einer eigenständigen pädagogischen Beratung in Abgrenzung von anderen Formen psychologischer, betriebswirtschaftlicher Beratung usw.“ (König/ Bentler/ Luchte 2005, S. 119). Oder anders ausgedrückt geht es darum, „…ob es einen genuin pädagogischen Moment in der Beratung geben kann, ob es also ein pädagogisches Proprium in der Beratung gibt bzw. was das Beraten als pädagogisches Phänomen ausmacht“ (Dewe/ Schwarz 2011, S. 115, Hervorhebungen im Original).

Diese Frage wird recht unterschiedlich beantwortet. Engel stellt fest, Beratung bleibe in pädagogischen Debatten ein „…psychologischer und z.T. auch psychotherapeutischer Import“ (Engel 2007, S. 104), betrachtet also pädagogische Beratung als eine anderen Wissenschaften entlehnte Beratungsform. Dagegen sieht Nittel geradezu eine Usurpation der Beratung durch die Psychologie. Er fordert, „…viel offensiver und zielgerichteter als bisher Beratung als eine genuin (erwachsenen) pädagogische Handlungsform zu definieren, dabei Distanz zur Psychologie zu wahren und damit ausdrücklicher die Expertise der Erziehungswissenschaft für Beratung zu reklamieren“ (Nittel 2009, S. 6). Ähnlich sieht dies Kraft, der insbesondere durch das Reflexionswissen der pädagogisch Beratenden, die Differenz zu anderen Formen der Beratung und damit Unabhängigkeit und berufliche Identität gewährleistet sieht (Kraft 2009, S. 188). Während also Nittel und Kraft die Beratung schwerpunktmäßig als Disziplin der Pädagogik verorten, kritisiert Nestmann die Abspaltung der Bildungs- und Berufsberatung von der psychologisch-psychosozialen Beratung und plädiert für eine Wiedervereinigung von „Counselling“[7] und „Guidance“.[8] Seiner Auffassung nach erfordern sowohl Bildungsberatung als auch psychosoziale Beratung die Berücksichtigung psychosozialer, persönlicher und Bildungs- bzw. beruflicher Aspekte, unabhängig davon, wie der Zugang zur Beratung erfolgt (vgl. Nestmann 2011, S. 60). In einem ähnlichen Sinne argumentieren auch Engel und Sickendiek. Sie merken an, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, Beratung nur noch entweder psychologisch, pädagogisch oder soziologisch zu betrachten. Eine eigenständige Beratungsperspektive kann demzufolge nur eine integrative und disziplinübergreifende sein. In vielen Beratungsfeldern werde heute eklektisch und methodenübergreifend gearbeitet, entsprechend müsse auch die theoretische und praktische Auseinandersetzung mit Beratung disziplinübergreifend, konzeptoffen und integrierend durchgeführt werden (vgl. Engel/ Sickendiek 2005, S. 167). So hat sich „…im Deutschsprachigen mittlerweile ein eigener sozialpädagogischer und psychosozialer Beratungsdiskurs entwickelt, der sowohl psychologische, soziologische wie pädagogische Theorien und Konzepte in einem integrierten Ansatz berücksichtigt“ (Engel/ Sickendiek 2006, S. 36). Beratungskonzepte, die auf Erkenntnisse aus diesen Diskursen zurückgreifen, fokussieren sich zwar immer noch auf das Anliegen der Ratsuchenden, beziehen aber persönliche und soziale Kontexte sowie gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen mit ein (vgl. ebd., S. 37).

Eine Orientierungshilfe hinsichtlich pädagogischer Beratungskonzepte bieten Engel und Sickendiek, indem sie sich dem Gegenstand über die Leitbegriffe System, Kontext, Ressourcen und Netzwerk, Lösung, soziale Konstruktion sowie Gender und Diversität nähern (vgl. ebd.). Zusammenfassend nachgezeichnet stehen diese Begriffe hier für folgende Konzepte:

Systemische Beratung umreißt Ansätze, die sich auf das jeweilige soziale System fokussieren, in das Ratsuchende eingebunden sind. Fragen, Probleme und eventuelle Störungen werden weniger auf innerpsychische Prozesse als auf das umgebende System zurückgeführt. Hierbei handelt es sich um kein einheitliches und außerdem weit gefasstes Konzept (vgl. ebd.).[9]

Dies gilt auch für den Begriff Kontext, unter dem Ansätze gefasst werden, die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen in die Beratungskonzeption einbeziehen und im Hinblick auf die Entstehung und Lösung (pädagogischer) Probleme reflektieren.[10] Auch der Kontext der Beratung selbst ist hier angesprochen, denn institutionelle Kontexte und ihr Umfeld prägen die Beratungssituation ebenso wie die Kommunikation (vgl. Großmaß 2007, S. 488, Weber 2006, S. 88).

Ressourcenorientierte Beratung setzt bei den Möglichkeiten an, die Ratsuchende haben, ihre Problemlagen innerhalb ihres Kontextes zu lösen und so zu „aktiv Handelnden im Sinne von Empowerment“[11] (vgl. Engel/ Sickendiek 2006, S. 38), zu werden .

Netzwerkorientierte Beratung bedeutet in diesem Zusammenhang, auf die soziale Einbindung der Ratsuchenden zu blicken und deren unterstützende oder belastende Funktion für Problem- und Krisenbewältigung zu analysieren (vgl. ebd.).

Lösungsorientierte Beratung stellt im Unterschied zu den eher allgemein orientierenden Leitbegriffen ein kohärentes Beratungskonzept dar, dass sich komplett auf Lösungswege fokussiert; die Vergangenheit wird explizit ausgeklammert und Probleme werden nicht thematisiert.

Feministische Beratung [12] berücksichtigt Machtverhältnisse in Beratungsbeziehungen, will parteilich sein und widmet sich den Begriffen Gender und Diversität. Indem innerhalb der Gender Debatte die soziale Konstruktion von Geschlecht thematisiert wird, kann eine entsprechende Beratung Geschlechterrollen in Frage stellen, entsprechende Handlungsmuster aufbrechen und Offenheit für andere Muster wecken. Mit dem Begriff Diversität ist aber auch kulturelle Diversität und der Umgang mit ihr angesprochen, er ist damit auch für interkulturelle Kontexte wichtig.[13]

Wie gezeigt wurde, kann weder von einem einheitlichen Konzept „der“ pädagogischen Beratung gesprochen werden, noch von konsistenten Handlungsansätzen, „…in der Bilanz bleibt auch pädagogische Beratung ein interdisziplinäres Feld, in dem unterschiedliche Professionen ihre Konzeptionen vorlegen und Handlungspraxen entwickeln“ (ebd., S. 39). Kritischer ausgedrückt lässt sich sagen, dass „die zentrale Frage also, wann Beratung zu pädagogischer Beratung wird, trotz oder gerade wegen der inflationären Beratungskonzepte weiterhin unbeantwortet [ist]“ (Hechler 2010, S.21) und in dieser Frage ein Konzeptualisierungsdefizit vorliegt (vgl. ebd., S.22), bzw. noch keine abschließende theoretische Verarbeitung des Terminus Beratung durch die Pädagogik als Wissenschaft stattgefunden hat (vgl. Dewe/ Schwarz 2011, S.119). Bildungsberatung als eine Aufgabe pädagogischen Handelns müsste demnach ebenfalls in diesen Verarbeitungsprozess involviert sein und eigene Ansätze und Konzepte zur Systematisierung ihres Arbeitsfeldes thematisieren. Dieser Diskussion wird im nächsten Abschnitt nachgegangen.

2.3 Bildungsberatung als Arbeitsfeld pädagogischen Handelns

“CGC services are growing in importance. More and more, people from all parts of society are seeking assistance in dealing with their career-related challenges. Generally they face important and sometimes difficult questions; whether they are considering additional education, searching for employment, trying to improve their life-work-balance, or striving to give their lives more meaning through a vocational change” (Schiersmann et. al 2012, S.17).

Schiersmann konstatiert hier ganz aktuell die wachsende Wichtigkeit von Bildungs-[14] und Laufbahnberatung[15]. Aber nicht nur Beiträge jüngeren Datums wie dieser betonen eine zunehmende Relevanz, die vor allem im Zusammenhang mit dem technologischen Wandel, der Globalisierung, dem Lebenslangen Lernen und den Herausforderungen, die sie für die Individuen darstellen, gesehen wird (vgl. Dobischat 2000, S. 23, Schiersmann 2006, S. 141, Robak/ Kil 2009, S. 51, Sander/ Ziebertz 2010, S. 18). Auch Arnold und Mai weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich in fast allen gesellschaftlichen Feldern als Reaktion auf gesellschaftliche Megatrends wie Globalisierung, Individualisierung, Risikozuwachs oder Wissensexplosion ein Zuwachs an Interaktionsformen beobachten lasse, die als Beratung beschrieben werden könnten. Insofern sei es eine beinahe redundante Feststellung, dass sich dieser Beratungstrend auch im Feld der Erwachsenenbildung/ Weiterbildung beobachten lässt (vgl. Arnold/ Mai 2008, S.26). Umso erstaunlicher ist es Arnold und Mai zufolge, dass „noch keine stabile begriffliche Fassung“ vorliege, ein Umstand, der sich negativ auf Professionalisierungsbestrebungen in diesem Feld auswirken könne (vgl. ebd.).

Die Autoren identifizieren bezogen auf den Begriff der Bildungsberatung zwei grundlegende Systematisierungsvorschläge (vgl. ebd.). Dies betrifft zum einen den Ansatz Schiersmanns, die für die Bildungsberatung zwei Arbeitsfelder, nämlich die personenbezogene und die organisationsbezogene Beratung mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen unterschieden hat (vgl. Schiersmann 2006, S. 142f.),[16] zum anderen den Vorschlag, von Gieseke/ Opelt/ Ried, der sich auf die Perspektive der Ratsuchenden fokussiert (Gieseke/ Opelt/ Ried 2004, S.31 ff.).

Primäre Aufgabenbereiche der personenbezogenen Beratung sind Schiersmann zufolge die Orientierungsberatung , Lernberatung und Kompetenzentwicklungsberatung, während die Schwerpunkte der organisationsbezogenen Beratung auf der Qualifizierungsberatung für Betriebe und der Organisationsberatung für Weiterbildungs- und Weiterbildungsberatungseinrichtungen liegen. Die nachfolgende Abbildung schematisiert diesen Zusammenhang:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aufgabenbereiche in der Bildungsberatung (vgl. Schiersmann 2006, S. 143)

Diese Position Schiersmanns erachten Arnold und Mai zwar als hilfreichen Systematisierungsversuch, die Trennung zwischen personenbezogener und organisationsbezogener Beratung werfe aber Probleme auf, „…denn die Thematisierung verschiedener (beruflicher, familiärer etc.) Rollen und Ressourcen einer Person, die in zahlreichen Beratungsansätzen vollzogen wird, weist immer auch organisationale Bezüge und Einbindungen auf, deren Auswirkungen überhaupt nicht ausgeklammert werden können“ (Arnold/ Mai 2008, S. 26), umgekehrt setze auch die Beratung von Organisationen immer bei Personen an (vgl. ebd.). Dieser Einwand ließe sich m.E. noch um die Frage ergänzen, inwiefern eine scharfe Abgrenzung der Orientierungsberatung von Beratungsformen wie der Lernberatung und der Kompetenzentwicklungsberatung überhaupt stimmig ist. Daher bietet sich, da Orientierung ein zentrales Moment von Bildungsberatung ist, aus Sicht dieser Arbeit für die Praxis eher ein Modell an, das hier Überschneidungen zulässt.

Der Ansatz von Gieseke/ Opelt/ Ried legt eine gänzlich andere Systematisierung vor (vgl. Gieseke/ Opelt/ Ried 2004, S. 31ff.). Intendiert ist ein auf die Perspektive der Ratsuchenden zugeschnittenes Modell, das sich dementsprechend auf deren Anliegen fokussiert, was die Tabelle 2 auf Seite 15 verdeutlichen soll:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Strukturierung von Weiterbildungsberatungsformen (nach Gieseke/ Opelt/ Ried 2004, S.31 ff.).

Arnold und Mai bezeichnen diesen Ansatz von Gieseke/ Opelt und Ried zwar einerseits als wegweisend, kritisieren ihn aber andererseits als inkonsistent (vgl. Arnold/ Mai 2008, S. 27). Tatsächlich wird die Perspektive des Individuums nicht stringent durchgehalten, so dass man den Autoren zustimmen muss, wenn sie darauf aufmerksam machen, dass im Prinzip auf unterschiedliche Aspekte des Beratungshandelns abgehoben wird, nicht auf die Ratsuchenden selber. So steht nicht, wie beabsichtigt, das Individuum im Mittelpunkt, sondern die informative Beratung konzentriert sich auf den Inhalt, die situative auf den Kontext und die biografieorientierte auf das Lernen Erwachsener (vgl. ebd.).

Arnold und Mai haben alternativ auf Grundlage empirischer Untersuchungen ein Modell erarbeitet, das, ausgehend von der Komponente der Orientierungsberatung, die Beratungsfelder Informationsberatung, Lernberatung, Kompetenzentwicklungsberatung und Laufbahnberatung wie in der folgenden Abbildung auf Seite 16 dargestellt miteinander verknüpft (vgl. ebd.):

Lernberatung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Grundlinien eines integrativen Modells (Arnold/ Mai 2008, S. 27).

Diese in Abbildung 2 dargestellte Systematisierung hat den Vorzug, dass jede Beratungsform mit zentralen erwachsenenpädagogischen Diskursen in Beziehung gesetzt wird und sowohl auf organisations- als auch auf personenbezogene Beratung angewandt werden kann.

Damit legt das Modell eine Basis zur Einordnung verschiedener Typen der Bildungsberatung unter dem Aspekt der Aufgabenorientierung vor, unter die sich im Hinblick auf die Beratungsfelder auch Bildungsberatung für Frauen einordnen lässt. Es stellt deshalb meiner Auffassung nach einen geeigneten übergreifenden Bezugsrahmen dar, innerhalb dessen sich auch Besonderheiten frauenspezifischer Bildungsberatung beschreiben lassen müssten.

Für die Darstellung dieser Spezifika sollen im folgenden Abschnitt zunächst Merkmale frauenspezifischer Beratung überhaupt betrachtet werden, die, wie sich zeigen wird, in engem Zusammenhang mit Paradigmen der Frauenforschung und ihrer Aneignung durch die feministische Beratung steht. In einem nächsten Schritt wird herausgearbeitet, welche Merkmale „frauenspezifische Bildungsberatung“ charakterisieren können.

[...]


[1] Im Dienstleistungssektor der professionellen sozialen Beratung liegt der Frauenanteil bei etwa 60% (vgl. Vogt 2007, S. 211), in explizit frauenspezifischen Beratungsstellen gilt der Grundsatz „Frauen beraten Frauen“ in der Regel als selbstverständlich (s. S. 38 dieser Arbeit), so dass hier von einem Anteil der weiblichen Beratenden von 100% auszugehen ist.

[2] Mit dieser Differenzierung ist keine Wertung verbunden, im Gegenteil: Ethisch und auch professionell gesehen sollten Beratende die bereits vorhandenen Ressourcen ihrer Klientel, zu denen auch Ratschläge aus dem sozialen Netz gehören, beachten und wertschätzen (vgl. Nestmann 2007, S. 557, Reichel 2005, S. 17).

[3] Welchen Stellenwert Beratung in diesem Sinne – als Rat geben und annehmen aus dem Erfahrungsschatz der Älteren und / oder Erfahreneren – hat, lässt sich daran verdeutlichen, dass auch heute noch rund 70% aller Beratungsgespräche in Alltagssituationen stattfinden (vgl. Warschburger 2009, S. 4).

[4] Die Begriffe „Ratsuchende“ und „Klientinnen“ sind beide gebräuchlich (vgl. Enoch 2011, S. 105) und werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

[5] Unter „semiprofessioneller“ Beratung wird hier, analog zum Begriff der „halb formalisierten“ (Sickendiek/ Engel/ Nestmann 2008, S. 23) Beratung eine Beratung verstanden „…die von Personen…ausgeübt wird, die keine ausgewiesenen BeraterInnen sind, die aber aufgrund ihrer Profession, Ausbildung oder sozialen Stellung über ExpertInnenwissen verfügen und zu deren Tätigkeit u.a. Beratung zählt. LehrerInnen können SchülerInnen und Eltern in Erziehungsfragen beraten, ÄrztInnen über den Umgang mit gesundheitlichen Problemen und ihren Folgen…“ (ebd.).

[6] Auf die Auseinandersetzung zum Beratungsverständnis der pädagogischen Psychologie im Verhältnis zu dem der pädagogischen Beratung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden, da sie sich zu weit von der Fragestellung entfernt. Für einen Abriss der Diskussion vgl. Gröning (Gröning 2012, S. 72ff.).

[7] Da sich die Schreibweisen des Begriffs „counselling“ im US und im Britischen Englisch unterscheiden (amerikanisch counseling, britisch counselling), wird die Schreibung jeweils wie im Original verwendet zitiert. Die Verf. nutzt die britische Version.

[8] Unter „Counselling“ wird heute eher die psychologisch-psychosoziale Beratung gefasst, während „Guidance“ Beratung in Bildung und Beruf bezeichnet – eine Differenzierung, die den Überschneidungen zwischen beiden nicht unbedingt gerecht wird (vgl. Nestmann 2011, S. 59).

[9] An dieser Stelle kann nicht weiter erörtert werden, wie einschlägige Systemtheorien sich in Konzepten systemischer Beratung niedergeschlagen haben und wie sich im Zusammenhang damit soziale Systeme definieren. Für eine übersichtliche Einführung in die systemtheoretische Sicht auf Therapie und Beratung vgl. Haselmann (Haselmann 2009, S. 155ff.).

[10] Engel und Sickendiek sprechen in diesem Zusammenhang die Forderung neuerer sozialkonstruk-tionistischer Konzepte an, die auch kulturelle Konstruktionen in Kontexten berücksichtigt wissen wollen, die sich in den erlebten und in der Beratung erzählten Problemnarrationen widerspiegeln (vgl. Engel/ Sickendiek 2006, S.37). Hier zeichne sich mit dem Begriff narrative Beratung, den es allerdings so in Deutschland noch nicht gäbe, eine weitere Orientierung ab (vgl. ebd.). In Großbritannien und den USA haben narrative Ansätze dagegen seit Mitte der 90er Jahre an Bedeutung gewonnen, viele Beratende arbeiten mittlerweile mit narrativen Techniken (vgl. McLeod 2004, S. 215).

[11] Der Begriff des Empowerment wird in dieser Arbeit im Abschnitt zu den Merkmalen frauenspezifischer Beratung wieder aufgegriffen (s. S. 19 dieser Arbeit). Er wird mit Herriger als der Versuch der
„…(Wieder-)Herstellung von Selbstbestimmung über die Umstände des eigenen Alltags“ (Herriger 2006,S. 20) gefasst. Zu weiteren Lesarten sowie zur Geschichte des Empowerment-Ansatzes (vgl. ebd., S.13ff. und Sohns 2009, S. 76ff).

[12] S. dazu auch S. 17ff. dieser Arbeit.

[13] Die weitere Entwicklung der Ansätze Gender und Diversität in Wirtschaft, Politik und Forschung wird streckenweise außerordentlich kontrovers diskutiert. Dies kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingehender behandelt werden. Eine kurze einführende Darstellung bieten Andresen und Koreuber (vgl. Andresen/ Koreuber 2009, S. 19ff.).

[14] Mit Strauch wird Bildungsberatung hier als Oberbegriff auch für die Weiterbildungsberatung gebraucht, nicht synonym (vgl. Strauch 2010, S. 26).

[15] Im Rahmen dieser Arbeit werden die Begriffe „Laufbahnberatung“, „Lernberatung“, „Informationsberatung“, „Orientierungsberatung“ und „Kompetenzentwicklungsberatung“ mit Arnold und Mai (vgl. Arnold/ Mai 2008, S. 27) als unterschiedliche, aber mit einander verknüpfte Handlungsfelder der Bildungsberatung aufgefasst. Für eine nähere Auseinandersetzung mit dem sich abzeichnenden Paradigmenwechsel in der Laufbahnberatung vgl. außerdem Lang von Wins und Triebel (Lang von Wiens/ Triebel 2006, S. 13ff.).

[16] Ähnlich unterscheidet Nittel: Beratung in der Weiterbildung ist seiner Auffassung nach eine Dienstleistung, bei der zwischen der personenbezogenen (individueller Fallbezug) und der institutionsbezogenen (kollektiver Fallbezug) Beratung zu unterscheiden ist (vgl. Nittel 2009, S. 7).

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Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958207301
ISBN (Paperback)
9783958202306
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1
Schlagworte
Beratung Beratungssetting Beratungsstandard Qualitätstandard frauenspezifische Bildungsberatung

Autor

G. Hungerland ist seit mehr als 20 Jahren in der Bildungsberatung für Frauen tätig. Die vorliegende Arbeit entstand als Abschlussarbeit des Masterstudiengangs Erwachsenenbildung an der Technischen Universität Kaiserslautern.
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Titel: Beratungskompetenz im Kontext der Bildungsberatung von Frauen: Prämissen, Anforderungen und Standards
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