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Über einen für die Traurigkeit bestimmten Minneritter: Gâwân aus der Sicht von Wolfram von Eschenbach und Chrétien de Troyes

©2013 Bachelorarbeit 46 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den Themen der ritterlichen Ehre und Minne am Beispiel Gâwâns, Wolfram von Eschenbachs Held im Versroman „Parzivâl“. Geschrieben in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, zählt der „Parzivâl“ zu den Meisterwerken der deutschen mittelalterlichen Literatur.
Obwohl Gâwân nicht der Hauptheld dieses Werkes ist, handelt es sich bei ihm um eine sehr wichtige Figur: Wolfram malt mit beneidenswerter Meisterschaft die Tendenzen dieses Helden, echte Minne zu verwirklichen, wobei er ihn in unterschiedliche und immer schwierigere Situationen bringt. Auf dem Liebesplan sucht Gâwân ständig nach der idealen Dame. Sein letztendlicher Sieg sowohl auf dem ritterlichen als auch auf dem Liebesplan wird durch Kampf und Überwindung von Hindernissen verwirklicht. Motive der Minne und des Rittertums verflechten sich miteinander; so lässt sich in der Beschreibung einiger Aventiuren auch die Anwesenheit erotischer Elemente bemerken.
Wolfram verkörpert in Gâwân die Figur eines idealen Ritters, der vorbildich in jeder Hinsicht ist. Im Rahmen der Analyse der Charakterisierung Gâwâns zieht die Autorin dieser Studie auch Wolframs Quelle für sein Werk in Betracht, den Roman „Le Conte du Graal“ von Chrétien de Troyes, in dem unter anderem Gâwâns Figur aufgebaut wird. Durch Vergleiche Wolframs Textes mit seiner Quelle weist diese Arbeit suggestiv auf Wolframs Macht des schöpferischen Anbaus hin, die sich auf dem erzählerischen Plan, aber auch auf dem Plan der Charakterisierung des Helden äußert. Die Studie zeigt, dass Wolframs Figuren viel reliefartiger differenziert werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2 Das Gralsepos „Parzival“

Wolfram zählt zu den größten deutschen und europäischen Dichtern des Mittelalters. Er wurde 1170 in der Stadt Eschenbach geboren, nach seinen eigenen Mitteilungen war armer Herkunft und im Dienst des Grafen von Wertheim. Er behauptete, dass er weder lesen noch schreiben kann. Dies dürfte nicht wörtlich verstanden werden, da seine Werke großes literarisches Können und Geschicklichkeit zeigen. Einige Zeit lang wanderte er durch Deutschland als reisender Ritter und genoss die Neigung des Grafen Hermann von Thüringen. Eine Zeit lang verbrachte er am Hofe des Gönners in Wartburg. Da traf er wahrscheinlich Reinmar und Walter von der Vogelweide. Er starb 1220 und wurde in Eschenbach begraben. Als Minnesänger hinterließ Wolfram einige Minnelieder. Die wichtigsten sind die Tagelieder. Außerdem hat er drei epische Werke nach französischen Vorbildern geschrieben. Das erste und wichtigste Wolframs Werk ist “Parzivâl“ (entstand zwischen 1200-1210). Es ist ein Meisterwerk Deutschlands und eines der berühmtesten Werke der Weltliteratur, in dem Wolfram die Artus-Sage mit der Gral-Sage verbunden und einige Elemente eines keltischen Märchens hinzugefügt hat.

Der Dichter gibt keine zuverlässigen Informationen über seine Quellen für dieses Werk. Einmal hat er sich geäußert, dass er keine Vorbilder hat (115,29-30); auf der anderen Seite beruft er sich oft auf aventiure maere und erwähnt sonst unbekannten Kyot als seinen Gewährsmann. Bisherige Studien (Rachbauerа, Fourquetа, Mergellа) zeigen, dass Wolframs Hauptquelle für Parzivâl das Werk Chrétien de Troyes “Le Conte du Graal“ war. Eschenbach benutzte auch andere sekundäre Quellen. Ab dem 11. Buch distanzierte er sich immer mehr von französischer Quelle.

Man merkt den Einfluss der deutschen Quellen, Veldeke und Hartmann.

In Bezug auf die Typologie zählt Parzivâl zu den Doppel-Romanen. Als literarische Gattung tritt dieser Roman in der Antike auf; im Mittelalter zum ersten Mal bei Chrétien de Troyes, vorbereitet in Lancelot und aufgeführt in “Le Conte du Graal“. Wolfram übernimmt das Schema des Doppel-Romans, entwickelt ihn aber nicht im Sinne von Chrétien.

2.1 Die anfängliche Charakterisierung Gâwâns

Gâwân ist die wichtigste Figur in diesem Roman, nach Parzivâl. Ihm wurden die Bücher 6-14 gewidmet. Sein Name wird zum ersten Mal im zweiten Buch des Romans erwähnt, an der Stelle wo der Dichter ein Turnier beschreibt. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ist eigentlich sein Vater Lot, der König von Norwegen, über den positiv gesprochen wird („gein valscheit der træge“; „der snelle gein dem prîse“, „der küene degen wîse.“). Als er Gâwân erwähnt, weist Eschenbach darauf hin, dass er zu klein ist, um auf den Turnieren teilzunehmen, was bedeutet, dass er noch ein Kind ist. Es wurde erwähnt, dass er den Kampf wollte, wusste aber, dass er stark genug sein sollte, um die „Speere zu brechen“. Er war ohne Zweifel kämpferisch.

Im sechsten Buch beginnt Eschenbach mit intensivem Aufbau dieses Charakters. In der erstmaligen Beschreibung wird angedeutet, dass er, wie auch Parzivâl, für eine intensive Liebe fähig ist. Auf diese Weise möchte er die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass die Minnethematik in seinem Fokus ist. Gâwân erscheint zuerst in einer Szene, die durch den hohen Grad der Symbolisierung gekennzeichnet wird. Parzivâl, der sich bei der Jagd verlaufen hat, befindet sich in einer schneebedeckten Umgebung (es hat viel geschneit, obwohl es Mai war). Im Morgengrauen bummelte er ohne den Weg zu wissen; sein Falke verletzte die Gans, die den Schutz im Stamm eines Baums fand. Aus ihrer Wunde fallen drei Bluttropfen auf den Schnee. Nachdem Parzivâl diese Tropfen sieht, überwindet ihn die Sehnsucht, die das Ergebnis seiner treuen Liebe zu Condwîr âmûrs ist. Mit dem visuellen Eindruck fasziniert (mit dem Kontrast zwischen dem Knallrot und zärtlicher weißer Farbe), findet er wie sich die Schönheit dieser Szene nur mit der Schönheit seiner Geliebten vergleichen kann.[1] Nach Wolframs Worten fühlte Parzivâl wahre Liebe zu Condwîr âmûrs. Diese ungewöhnliche Szene betont stark Parzivâls Zärtlichkeit und Verbundenheit mit der Frau, die der Gegenstand seiner Liebe ist, aber auch die Macht seiner Liebe (in Gedanken versunken fiel er in Trance). In seinem Kommentar hebt Wolfram eine starke magische Kraft der Liebe hervor (ihre faszinierende Wirkung), sowie die Tatsache, dass Parzivâl durch die Liebe zu seiner Condwîr âmûrs bezaubert war. Sie hat ihm den Verstand „gestohlen“ (weggenommen), und so saß er auf seinem Pferd, als er schlief. Der Schriftsteller spricht über Gâwâns Rolle bei der Parzivâls Befreiung aus diesem Zustand, in den er gefallen war. Er stellt ihn als Artus Neffe vor und sagt, dass er die magische Wirkung von Bluttropfen erkannt hat, da er, wie auch Parzivâl, für eine intensive Liebe fähig war; den „Zugrundegehenden“ kehrte er in die Realität zurück, indem er das Symbol der Liebe mit einem Schal deckte. Durch den Vergleich mit Parzivâl, kündigt der Schriftsteller die Zusammenfassung über Gâwân an und möchte zugleich seine Rationalität hervorheben.

Es wurde weiter erzählt, wie Gâwân Parzivâl an den Hof von Artus brachte; da beklagte ihn Ritter Kingrimursel, dass er seinen Herrn und Verwandten, König Kingrisin von Ascalon, geschlagen hat. Kingrimursel verlangt, dass Gâwân, falls er seine Unschuld beweisen möchte, innerhalb von 40 Tagen in Schanpfanzun an einem Zweikampf teilnimmt. Obwohl er durch diese Zwangslage betroffen wurde (viel später weist Schriftsteller darauf hin, dass sie unbegründet wurde), musste er diese Aufforderung akzeptieren; würde er seine Entscheidung in Bezug auf seine Teilnahme am Zweikampf ändern, würde er die Ritter der Tafelrunde entehren, zu denen er selbst gehört. Parzivâl geht weiter und Gâwân macht Vorbereitungen für den Kampf (wählt das Gefolge und die Waffen aus).

Zu Beginn des siebten Buches lobt der Schriftsteller Gâwân und sagt, dass er nie etwas Schändliches getan hat. Für ihn benutzt er das Adjektiv „erkande“. Er macht dem Leser/Hörer deutlich, dass dieser Held „nach einiger Zeit“ über den Roman entscheiden wird. Wolfram platziert Gâwân zweifellos gleich neben seiner Hauptfigur. Gâwâns Porträt wird an dieser Stelle durch Hervorhebung einiger seiner wesentlichen Charakterzügen ergänzt: er zeigte feste Einstellung, Mut und Fähigkeit, sich selbst zu beherrschen. Eschenbach weist auf Gâwâns militärische Fähigkeiten hin (er ist im Kampf erfolgreich und befindet sich immer im Mittelpunkt der Ereignisse).

2.2 Gâwân und Obilôt

Danach zeigt Eschenbach wie Gâwân nach Schanpfanzun reist. Auf seinem Weg hält er an einem Ort, von einer großen Armee angezogen, die in entgegengesetzter Richtung geht. Er denkt darüber nach, wie es zu spät ist, in den Wald zu entfliehen. Die Feigheit stimmt aber mit seinem Stolz nicht überein. Er entscheidet, den Speer zu nehmen, falls sie ihn angreifen. Von einem Jungen, der in seiner Nähe war, erfährt er, dass die Armee vom König Meljanz von Lîz geführt wird, der in den Kampf gegen Herzog Lyppaut geht, dessen Tochter Obîe ihn beleidigt hat. Sie verspottete den Wunsch des Königs, ihm für seinen Minnedienst die Belohnung zu geben. Nachdem er das alles gehört hat, denkt Gâwân nach, ob er bleiben sollte, um den Kampf zu betrachten (er fragt sich, ob es zu riskant ist) oder ob er weitergehen sollte, obwohl er als Ritter an dem Zweikampf zweifellos das Interesse hat. Er ist von Bêârosche beeindruckt (es ist prächtig), reitet zu Schloss, kann aber nicht reinkommen, weil die Tore gemauert sind. Deswegen reitet er bergauf. Er zieht die Aufmerksamkeit der Fürstenfamilie, besonders ihrer Tochter auf sich. Die ältere Obîe sieht in ihm einen gewöhnlichen Händler,[2] und die jüngere Obilôt widerspricht ihr. Sie lobt sein Aussehen und macht deutlich, dass es liebenswert ist. Sie will ihn als Ritter zu sich nehmen und ihm die Belohnung geben, falls er ihr Minnedienst leistet. Gâwân kann von seiner Stelle dieses Gespräch hören. Lyppauts Ehefrau konfrontiert mit Obîe, weil sie denkt, dass der Fremde kein Händler ist. Dann widerspricht Obilôt stärker ihrer Schwester und veröffentlicht die Einzelheiten ihrer Liebesgeschichte. Obîe versucht danach Gâwân nicht nur mit den Worten zu erniedrigen. Sie schickt den Edelknaben, ihn zu fragen, ob die Pferde zum Verkauf sind. Er bleibt aber sprachlos, weil er mit dem Gâwâns Aussehen erschrocken wurde[3] ; er wurde vom Angst fast gelähmt (360, 17-23). Danach verlangt Obîe vom Grafen der Stadt Scherules, Gâwâns Pferde und Ware zu nehmen; sie warnt, dass der Händler bzw. Gâwân sie zu betrügen versuchen wird und dass Scherules es verhindern muss. Beim Treffen merkt Scherules Gâwâns Qualitäten (361,21-26), wird herzlich und bietet ihm die Gastfreundschaft an. Der dritte Versuch von Obîe, Gâwân zu schädigen, scheint der Gefährlichste zu sein. Sie sendet ihrem Vater eine Nachricht, dass auf dem Weg ein Geldfälscher ist, wobei sie an Gâwân denkt. Sie informiert den Vater, dass Gâwân etwas Gutes und Teueres besitzt, was er als militärische Gehälter nutzen kann und viele Söldner mit Pferden, Silber und Kleidung bezahlen kann. Aber Scherules hilft Gâwân; er überzeugt Lyppaut, dass er betrogen wurde. Danach möchte Lyppaut Gâwân kennen lernen; bei dem Treffen merkt er seine Schönheit, angemessenes ritterliches Verhalten und gewagte Haltung (364,24-30).

Es scheint, dass Eschenbach absichtlich mit der Beschreibung von Obîes Nachteilen übertreibt. Dann versucht er ihr unangemessenes Verhalten zu erklären.[4] In seinem Exkurs zeigt er, dass niemand vollständig erzählen kann, zu welchen Wundern die Liebe führen kann; eine wahre Liebe des Herzens schwächt deutlich den Verstand. Wenn er über die Liebe zwischen Obîe und Meljanz spricht, betont er, dass sie sich viel geliebt haben und dass ihre Treue so stark war. Deswegen sollte der Zorn von Meljanz keine Kritik, sondern das Mitgefühl wecken. Eschenbach gibt an, dass Obîe wütend wurde[5] und dass Gâwân, obwohl unschuldig, wie viele andere Männer, wegen ihrer Frustration leiden musste. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf einen wichtigen Charak­terzug von Obîe: sehr oft, aus Wut, „si kom dicke ûz frouwenlîchen siten“, d. h. sie benimmt sich unangemessen. Sie hat es gestört, immer wenn sie einen edlen Mann sah. Dann wünschte sie immer, dass Meljanz der Erste ist. Durch die Rechtfertigung von Obîe, versucht der Schriftsteller darauf hinzuweisen, dass auch in seiner Zeit („auch heute“) die Liebe oft zum Zorn führt.

Fürst Lyppaut bittet Gâwân um ritterliche Hilfe und zeigt seine Bereitschaft, ihm die notwendige Kampfausrüstung zu besorgen. Gâwân sagt jedoch, dass er seine Bitte gerne akzep­tieren würde, aber dass er selbst auch in den Kampf gehen muss, um sein Ansehen wieder zu gewinnen. Lyppaut gibt nicht nach und versucht weiter, Gâwân zu überreden, auf seiner Seite zu kämpfen. Er lobt Gâwân und verweist auf seine Unschuld. Die Rede verwandelt sich in eine Art persönlichen Bekenntnisses, emotional gefärbt.[6] Offensichtlich mit Lyppauts Bekenntnis wird Gâwân erschüttert und verspricht ihm, bis zu der Nacht über seine Teilnahme am Zweikampf zu entscheiden.

Nach diesem Treffen konnte Lyppaut Gâwâns Hilfe nicht mit Sicherheit erwarten. Obwohl er sich beim Treffen mit Lyppaut seltener ankündigt, zeigt Gâwân ein gewisses Maß an Empathie (Einf ü hlung). Zuerst ist er entschlossen, mit Lyppaut nicht zu kämpfen, und dann, nachdem er seine Rede gehört hat, denkt er darüber nach.

Bei seiner Rückkehr sah Lyppaut Obilôt, wie sie mit einer Freundin im Garten spielt. Er fragte sie, woher sie kommt, und sie antwortete, dass sie aus dem Schloss komme, und dass sie einen fremden Ritter bitten möchte, ihr für die Belohnung zu dienen, wie es üblich war. Dann sagte Lyppaut seiner Tochter, dass Gâwân weder zugestimmt noch abgelehnt hat. Er bittet seine Tochter „kum mîner bete anz ende nâch“. Obilôt, ohne nachzudenken, eilt sofort zum Fremden.

Lyppauts Bitte, ungeachtet der Schwere der Situation, in der er sich befindet (sie ist am Anfang der Episode sehr ausdrücklich angezeigt), scheint als unethisch, weil Obilôt für diese Rolle nicht reif genug ist. Die Beschreibung des Treffens zwischen Lyppalut und Obilôt ist für die Vorstellung ihrer Tugenden bedeutend. Sie fühlt mit ihrem Vater mit und ist bereit, ihm zu helfen.

Das Treffen von Obilôt und Gâwân, das im Zimmer von Gâwân stattfand, zeigt der Schriftsteller mit besonderer Aufmerksamkeit und mit einer Reihe von erzählerischen Details. Nachdem sie das Zimmer betrat, ist sie auf Gâwân „aufgesprungen“ und er nahm seinen Platz neben ihr. Eschenbach sagt: „zuo der süezen er do saz.“ (368, 25), womit er die Gedanken von Gâwân über Obilôt dem Leser näher bringen möchte. Gâwân dankt ihr für die Hilfe (sie unterstützte ihn beim Streit mit Obîe). Beim Gespräch mit Gâwân beginnt sie ihre „Anwerbung“ für den Minnedienst.[7] Sie bringt ihn zur Kenntnis, dass er der erste Mann ist, mit dem sie spricht. Dadurch betont sie ihre Unerfahrenheit in dieser Kommunikationsweise. Ihre Rede ist in Übereinstimmung mit höfischen Konventionen. Sie verweist auf die Worte ihrer Lehrerin, dass das Gespräch eine Hülle für den Geist ist, und stimmt damit zu. In Bezug auf ihre Bitte, weist sie darauf hin, dass sie ein großes Problem hat, und möchte Gâwân darüber informieren. Sie spricht darüber nicht direkt, sondern durch Anspielungen. Ihre Worte: „ir sît mit der wârheit ich, swie die namen teilen sich“, erregt die Aufmerksamkeit, weil die Metapher Umtausch des Herzens verwendet wurde. Eschenbach geht über den regelmäßigen Gebrauch dieser Metapher hinaus. Obilôt macht Gâwân klar, dass er jetzt ihren Namen tragen soll und dass sie für ihn und sich selbst betet. Sie warnt ihn und spricht ihn als Herrn an, dass er, wenn er das nicht erfüllt, seinen guten Ruf vor ihrer Höflichkeit rechtfertigen soll, weil sie die Zuflucht in seiner Gnade sucht. Sie verspricht, dass sie, falls er das will, ihm gerne ihre ganze Liebe schenken wird.[8] Dann bietet sie ihm eine Vereinbarung über den Minnedienst und die Belohnung, im Geiste der höfischen Minnelehre. Sie lädt ihn ein, den beiden zu dienen, für ihren Lohn.[9] Was Obilôt unter dem Lohn versteht, entdecken uns die Verse 371,25-30: „wie füert ir âne mînen solt? dar zuo wære i'u alze holt. ich sol mich arbeiten, mîn kleinœte iu bereiten. swenne ir daz traget, decheinen wîs überhœht iuch nimmer ander prîs.“ Sie ist offensichtlich nicht reif genug, um die Ernsthaftigkeit eigener Worte zu verstehen, die sie ihm ausspricht, und die ganze Liebesbeziehung versteht sie sehr naiv. Sie spricht aus reinem Herzen, weil sie Gâwân wirklich liebt. Gâwân kündigt bei dieser Gelegenheit an, dass er ihre Liebe mit dem Herzen und der Dienst gewinnen möchte; gleichzeitig bringt er sie zum Kenntnis, dass sie für die Liebe noch nicht reif ist.[10] Doch verspricht er ihr, für sie zu kämpfen. Offensichtlich setzt er die Grenzen. Als vorbildhafter Ritter muss er die Dame respektieren, ungeachtet dessen, ob sie ein Kind oder eine erwachsene Frau ist. Es soll auch bedacht werden, dass Gâwân alles das unter einer Maske tut, aus dem Wunsch, Lyppaut zu helfen. Er hatte sicherlich keine Liebesabsichten mit Obilôt. Er hat sie als Frau nicht betrachtet und spürte keine intime Anziehung zu ihr. Er respektierte und liebte sie, aber freundlich. Eschenbach kommentiert nicht die Entscheidung von Gâwân; es ist zu erwarten, dass Obilôt mit ihrer Reinheit, Kinderehrlichkeit und Einnahme, ihrem Vater in jeder Weise zu helfen, bei Gâwân Sympathien weckte. Er konnte bemerken, dass Obilôt ihn mit ihrer Kinderminne geliebt hat. Er macht ihr klar, dass sein Schwert jetzt in ihren Händen ist und dass sie zur Schlacht reiten muss und für ihn kämpfen muss. Wenn er kämpfen wird, wird dies für ihn durch sie geschehen. Er erinnert sich daran, dass Parzivâl mehr der Frau als Gott geglaubt hat.[11] Auf diese Weise fördert er sie (jedoch) zu seiner Dame. Glücklich deswegen, erklärt Obilôt, dass sie sein Schutz und Schild ist, sein Herz und seine Hilfe, der Dach gegen alle unglücklichen Zeiten, komfortabler Schutz usw.[12]

Die Phrase, die Obilôt ausspricht, entspricht nicht ihrem Alter; sie wurden sicherlich gelernt. Beim Lesen bekommt man den Eindruck, dass Eschenbach beim Aufbau der Szenen die Ironie benutzt. Er macht sich lächerlich über das Vokabular der höfischen Minnerhetorik. Er möchte das offizielle Verhalten kritisieren, die Tendenz, dass alles nach Regeln geschieht. Sogar Obilôt, obwohl sie ein Kind ist, benimmt sich in Übereinstimmung mit diesen Konventionen. Ihre Rede wirkt ein bisschen grotesk, weil es eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen ihrem Alter und dem, was sie spricht, besteht. Etablierte Beziehung Ritter – Dame erniedrigt der Schriftsteller, indem er sagt, dass Obilôts „Händchen“ (Verkleinerungsform) den Schutz in Gâwâns „Händen“ gesucht haben. Offensichtlich geht es hier um keine Minnedienst.[13]

Dass Obilôt eigentlich ein Kind ist, hat der Dichter schon angedeutet, indem er ihr Spiel mit der Freundin darstellte, und danach ihre Aufregung als sie „kleinœte“ für ihren Ritter besorgen sollte.[14] In Bezug auf Lyppaut stellen sich zwei Fragen: möchte er seine Tochter opfern, um die Familie zu retten, und ob er Gâwân in dem Maße glaubt, dass er sich dafür entscheidet, seine Tochter zu ihm zu schicken. Vielleicht denkt er an die Ehe von Obilôt und Gâwân. Obilôt gesteht ihrem Vater, dass sie in Gâwân verliebt ist („nie magede wart sô liep ein man“). Gleichzeitig legt der Dichter nahe, dass er sich deswegen in einer schweren Situation befindet und bedauert seinen Helden.

Eschenbach beschreibt den Kampf episch und ausführlich. Er weist darauf hin, dass der Kampf grandios war. Er erwähnt alle wichtigen Akteure und ihr Schicksal.[15] Selbstverständlich legt er besondere Aufmerksamkeit auf den Kampf zwischen Gâwân und Meljanz (sie kämpfen am Ende). Mit dem Liebeszeichen auf seinem Schild (der Ärmel von Obilôt) errang er den Sieg. Er verletzte seinen Gegner (er hat ihm die Hand mit dem Speer durchstochen) und zwang ihn sich zu ergeben. Der Ärmel, der im Kampf beschädigt wurde, gab er Obilôt zurück und sie trug ihn stolz im Geiste der Tradition.[16]

Nach dem Zweikampf möchte sich Gâwân mit Obilôt treffen, um ihr zu bestätigen, dass er völlig in ihrem Dienst ist. Er „liefert“ ihr den König (Meljanz), überzeugt davon, dass sie richtig entscheiden wird, was mit ihm tun sollte (sie entscheidet, dass Meljanz und Obîe heiraten sollen).[17] Beim Treffen von Gâwân und Obilôt, bekommt er keinen Kuss von ihr, seiner „frouwe“; er drückt „kint wol gevar“ auf seine Brust, als eine Puppe, und hat den Wunsch nach ihrer Zuneigung. Obilôt („das Mädchen“) schmiegt sich stark an Gâwân. Danach bittet Gâwân um die Entlassung, und Obilôt, nachdem sie davon erfährt, beginnt sie furchtbar zu weinen und bittet ihn, sie mitzunehmen. Er kann ihren Wunsch nicht erfüllen. Ihre Mutter reißt sie von Gâwân los, und er geht zum Wald. Die Szene ist sehr bewegend. Der einzige Kommentar des Dichters war, dass Gâwân für Traurigkeit bestimmt war.

Warum Eschenbach diese Episode in seine Geschichte eingeschlossen hat, fragt sich sicherlich jeder Leser. Es geht bestimmt um eine einseitige Liebe eines Kindes zu einem angesehenen Ritter der Tafelrunde. Gâwân selbst (dies kommt an mehreren Stellen zum Ausdruck) ist der Ungehörigkeit der Beziehung mit einem jungen Mädchen bewusst. In der Literatur gibt es eine Meinung, dass er zu ihrem Niveau „niedergeht“, wobei er diese Beziehung nur als ein Spiel betrachtet. Durch dieses Spiel nähert er sich dem Mädchen, aber er verlässt es auch. Diese Stellungnahme wird im Text bestätigt: Obilôt spielt mit den Puppen und Gâwân (in der Schlussszene) behandelt sie wie eine Puppe (er hebt sie vom Boden ab und druckt an die Brust). Seine Empfindsamkeit und seine Vorstellung von der ritterlichen Ehre sind „schuldig“ an seinem Engagement im ganzen „Liebesabenteuer“. Obilôt spielt nach den Regeln einer großen Dame. Sie ahmt die Formen von Erwachsenen nach und versucht, die Lektionen ihrer Erzieherinnen in die Praxis umzusetzen. Das vollständigste Lob ihrer Weiblichkeit gab Meljanz (394,12-13). Einerseits verfügt Obilôt über eine Reife bei der Beurteilung (vor allem in einer objektiven Situation), andererseits über eine kindliche Naivität, wenn es um die Minnebeziehung geht. Der Dichter sieht ihre Reife (vor der Beschreibung der Schlacht), sowie außergewöhnlichen Charme vor. Doch es ist nur ein Hinweis, der nicht irreführend sein kann. In keinem Moment bezeichnet Gâwân seine Gefühle als Liebe, sondern eher als Freude und Glück (wegen des Treffens mit Obilôt, anlässlich des Empfangs des „Liebeszeichens“ usw.). Er ist ihrer Reife in Bezug auf den Alltag bewusst (deswegen überlässt er ihr die Entscheidung über das Schicksal von Meljanz). Er sieht ein, dass sie, und nicht Lyppaut, die Verantwortung für die Stabilität der familiären Beziehungen trägt. Gâwân verwendet formale Wendungen, die Phraseologie aus der höfischen Umgebung, und schafft dadurch die Illusion einer realen Beziehung zwischen einem Ritter und einer Dame, und zwar durch Worte und Gesten, um Obilôt glücklich zu machen. Er versucht eine surreale Ebene zu schaffen, auf der sie kommunizieren könnten. Er hält die Kommunikation auf dem gewünschten Niveau bis zum Ende, als er sie als eine Puppe umarmt. Gâwân, wie es Eschenbach darstellt, nimmt seine Rolle des Liebhabers ernst; er, wie es Ursula Kessler bemerkt hat, gezielt durch die Liebesformeln, entfremdet die Liebesformeln, die normalerweise aus dem Herzen kommen, weswegen diese Beziehung so grotesk scheint.[18] Während er in keinem Moment die Liebe zu Obilôt spürt, intensiviert sich bei ihr dieses Liebesgefühl und erreicht seinen Höhepunkt am Ende der Episode, als sie eine geistige Erschütterung wegen des Abschieds mit ihm erlebt. Gâwân hat sich keinesfalls in dieses Abenteuer leichtfertig eingestellt; im Gegenteil sagt der Dichter, dass er über alle seine Taten ernsthaft nachdenke. Durch sein Mitgefühl mit Obilôt und ganzer Fürstenfamilie kann sich seine Entscheidung erklären, die Rolle zu übernehmen, die ihm der Ruhm gebracht hat, aber auch den Tod hätte verursachen können. Phraseologisch ahmt Obilôt eine erwachsene Frau nach,[19] aber der Sinn und die Intensität der Liebe bleiben ihr unbekannt, weil sie dafür nicht genug alt ist. Ihr Geist ist viel reifer als ihr Körper. Sie verfügt über Scharfsichtigkeit. Ihr Charakter ist nicht erhaben. Der Dichter geht nicht so viel auf ihre Psyche ein.

Laut einigen Kritikern wurde die Figur Meljanz eingeführt, um die politischen Beziehungen aufzuklären, die zu dieser Zeit aktuell waren. Hier geht es um den Konflikt zwischen dem König und dem Fürsten. Durch die Figur von Meljanz wurden diese gesellschaftlichen Beziehungen reflektiert, weil der König als höchste Autorität es für sein Recht hält, die Tochter seines Vasallen, des Fürsten Lyppaut, zu bekommen, obwohl Lyppaut eigentlich sein zweiter Vater ist, d.h. derjenige, der ihn erzogen hat. Hier geht es auch um ein vorhöfisches Verständnis von Liebe, weil Meljanz um jeden Preis sein Ziel erreichen möchte, d.h. er möchte nicht geduldig auf seinen Lohn warten. Der Charakter von Gâwân dient auch zur Präsentation von Verhältnissen; durch seine Kontakte mit den Persönlichkeiten sehen wir diese Welt und die Konflikte.

Zur Analyse von Wolframs Einstellung ist der Einblick in den Inhalt des Werkes über Parzivâl von Chrétien de Troyes sehr wertvoll, das ihm als Quelle gedient hat. Er folgt seiner Quelle, aber nicht wörtlich. Oft nimmt er zu Änderungen und Ergänzungen Zuflucht, seine Ziele begleitend. Selbst die Rahmenerzählung ist bei ihm unterschiedlich. Im Hintergrund der Ereignisse befindet sich bei ihm der Konflikt zwischen Obîe und Meljanz (er passierte schon), und seine schweren Folgen werden sichtbar. Bei Chrétien de Troyes erscheinen Meljanz und Gâwân als Teilnehmer am Turnier und Gâwân spielt keine Rolle des Retters von Lyppaut. Er ist ein gleichberechtigter Teilnehmer, der mit seiner ritterlichen Fähigkeit Meljanz besiegt. Auch bei dem französischen Dichter kämpft Gâwân, weil ihn darum Obilôt bittet, aber seine Gründe sind ganz anderer Natur. Obilôt ist in Konflikt mit ihrer älteren Schwester geraten, die glaubt, dass Meljanz der beste Ritter ist; Obîe ist wütend darüber und schlägt ihre Schwester, weil sie ihr widerspricht. Gâwân nimmt am Turnier teil, damit Obilôt Obîe beweisen kann, dass es auch bessere Ritter als Meljanz gibt. In der Geschichte von Chrétien de Troyes gibt es keine Liebesgeschichte. Lyppaut möchte seiner jüngeren Tochter einen Gefallen tun und sie mit der älteren Tochter ausgleichen, indem er Gâwân als Minneritter darstellen möchte. Im Schlussteil gibt es auch wichtige Unterschiede zwischen dem französischen und deutschen Text. Im Werk von Chrétien de Troyes geht Gâwân seinen Weg, nachdem er die Bitte von Obilôt erhört hat. Es wird nicht über die Trauer von Obilôt gesprochen, sondern sie zeigt Dankbarkeit durch ihre Gesten und Worte (sie küsst Gâwâns Füße und bittet ihn, die Erinnerung an sie zu behalten). Im Werk von Chrétien de Troyes wird Obîe viel mehr im negativen Sinne dargestellt. Dieser Dichter, im Unterschied zu Wolfram, verurteilt deutlich ihr Verhalten und stellt ihren Vater Lyppaut in die Rolle des Richters. Bei Wolfram verurteilt Lyppaut Obîe nicht so sehr; er beschäftigt sich viel mehr damit, die Situation zu lösen, d.h. sich von Meljanz zu verteidigen. Chrétien zeigt die Mängel von Obîe, indem er darauf hinweist, dass sie eifersüchtig ist, wenn ihr Vater kleine Obilôt kuschelt. Die beiden Texte unterscheiden sich, auch wenn es um die Beziehung zwischen den Schwestern geht. Im Unterschied zu Chrétien besteht Wolfram nicht darauf, dass Obîe ihrer Schwester etwas Schlechtes antun möchte. Bei ihm wird sie nicht ständig in die Ereignisse eingeschlossen. Über sie spricht man am Anfang und am Ende der Episode (wenn sie Meljanz heiratet). Wolfram spricht über ihre Reue, weil sie sich berührt fühlt, wenn sie den verletzten Meljanz sieht und macht sich selbst Vorwürfe für alles, was passiert ist. Der Dichter suggeriert, dass sie sich in positiver Richtung ändert (am Anfang war sie nämlich arrogant und rachsüchtig, während sie am Ende mitfühlend ist und zeigt ehrlich ihre Liebe zu Meljanz, sie bemerkt ihre eigenen Fehler).

2.3 Gâwân und Antikonîe

Das Erzählen über Gâwâns neues Minneabenteuer beginnt an der Stelle, wenn er zum Schloss geht, nachdem er sein Pferd Inglîart im Wald verloren hat. Durch Aufrufung seiner Rezipienten, die Leiden des Helden zu trauern, kündigt der Dichter im Voraus das unglückliche Ende dieses Abenteuers an. Durch Einführung in seinen kreativen Zweifel (ob er erzählen sollte oder nicht) lenkt er die Aufmerksamkeit auf den Plan der Ereignisse. Gleichwohl erzählt er, und zwar aus dem Wunsch heraus „Gâwân zu ermöglichen, dass er ‚weiter fällt‘“. Was mit dieser Figur passieren wird, bezeichnet er als Unfall.

Die Beschreibung des Schlosses ist beeindruckend. Durch die Betonung seiner Schönheit und Pracht sagt Eschenbach, dass vor langer Zeit auch Karthago nicht so schön gewesen sei.[20] Gâwân sah in der Nähe vom Schloss den König Vergulaht, der auf der Jagd war und einen Unfall hatte.[21] Dieser Unfall ist, wie es später gezeigt wird, ein Anzeichen von Schwierigkeiten, die später der König erleben wird.

Durch die Darstellung, wie der König Gâwân empfangen hat, vergleicht der Dichter diesen Empfang mit demjenigen, den Erec in Karidol hatte; seiner Meinung nach wurde Gâwân besser als Erec empfangen. Allerdings warnt er davor, wie teuer der Sohn des edlen Lots diese Gastfreundschaft zahlen muss. An dieser Stelle spricht er über kreative Veranlassungen. Er er­wähnt, dass er darüber schreiben wird „wie ein lûter gemüete fremder valsch gefrumte trüebe“. Er beharrt auf der Wahrheit als dem wesentlichen Merkmal seines Ansatzes.

Der König weist Gâwân darauf hin, dass es für ihn am besten ist, in die Stadt zu reiten. Er zeigt ihm das Schloss, das vor ihnen steht (das ist Schanpfanzun). Ferner verweist er ihn auf seine Schwester. Da er noch jagen möchte, sollte sie ihn begleiten, bzw. mit ihm reden, bis der König kommt. Gâwân ist geschmeichelt und sagt, dass ihn noch nie so edle Damen empfangen hätten.[22] Der Ritter des Königs bringt die Nachricht zum Mädchen, dass sie sich mit dem Gast unterhalten solle, damit er sich nicht langweile. Vor der Beschreibung des Treffens von Gâwân und der Schwester vom König, die Antikonîe hieß, informiert Eschenbach den Leser, dass er da Spaß gefunden habe, besser als anderswo.[23] Am Anfang wird Antikonîe ironisch dargestellt. Eschenbach fragt sich, ob die weibliche Ehre käuflich sei,[24] und stellt fest, dass Antikonîe in dem Falle viel „gekauft hat“, durch den Verkauf von Niedertracht. In diesem Sinne „bedauert“ er den Tod von Veldeke, weil er Antikonîe besser loben würde. Gâwân ist, wie es sich herausstellt, vom Mädchen begeistert, das im Glanz ihrer Schönheit saß, und „die magt ersach“.[25] Nachdem sie die Botschaft gehört hat, lädt sie Gâwân ein, näher zu kommen und weist darauf hin, dass er ihr Lehrer in der edlen Haltung werden wird. Höflich bringt sie ihn zur Kenntnis, falls er mit ihr sprechen will, sollte es sein, wie er will. Sie erwähnt auch den Befehl ihres Bruders, Gâwân zu küssen, falls er das erlaubt. Er „erlaubt“ einen solchen Kuss, aber er stellt Antikonîe klar, dass er mehr als einen Kuss will. Er sagt, dass ihre Lippen zum Küssen geschafft worden seien, wonach er auf ihre „heiz, dick unde rôt“ Lippen seine drückt. Gâwân hat den Kuss eigentlich „über­bestimmt“. Er ist nicht konventionell, sondern ein Teil der Strategie von Gâwân. Er wird mit einer starken erotischen Ladung verwirklicht und drückt deutlich Gâwâns Sinnlichkeit aus. Indirekt wird hier auch auf die erotische Anziehungskraft von Antikonîe hingewiesen. Gâwân setzt sich dann neben sie und sie beginnen, miteinander zu plaudern. Obwohl es scheint, dass Eschenbach diskret sein will, versäumt er nicht zu signalisieren, dass Gâwân die Zuneigung von Antikonîe zu gewinnen versuchte. Er verweist ebenfalls auf die Tatsache, dass Antikonîe nur scheinbar Gâwân ablehnt und sie rechtfertigt sich, dass sie genug gemacht hat und zu ihm lieb war, weil sie ihr Bruder darum gebeten hatte.[26] Sie macht ihm Vorwürfe, weil er schnell ihre ganze Liebe gewinnen möchte, weil er sich u.a. nicht vorgestellt hat. Ohne seine wahre Identität zu enthüllen, weist Gâwân schlau darauf hin, dass er und Antikonîe gleichen Ranges sind und dass das Verhältnis hier in Ordnung ist.

Wenn im Zimmer nur Gâwân und Antikonîe bleiben (anwesende Damen sind inzwischen weggegangen), wagt sich Gâwân, ihr noch näher zu kommen. In ihren Gedanken erscheint das Bild eines Adlers, der einen großen Strauß fängt, weil er Hunger hat. Das hat zweifellos einen symbolischen Charakter und veranschaulicht sehr ausdrucksstark seine Minnebegehrung. Dass es um eine richtige Deutung geht, zeigt die nachfolgende Abfolge der Ereignisse. Gâwân steckte die Hand unter ihren Mantel und berührte ihre Hüfte; der Dichter hebt hervor, dass er noch stärker gelitten hat. Er stellt fest, dass sich die Leidenschaft auch bei dem Mädchen geweckt hat. Es wäre fast zum Geschlechtsverkehr gekommen, wenn Gâwân und Antikonîe in ihrer Leidenschaft plötzlich durch den Eintritt eines Ritters nicht gestört worden wären.

Das Bild des Adlers, der den großen Strauß fängt, ist indikativ. In der Kritik wurde diese Stelle mehrmals interpretiert. Es wurde nicht bis zu Ende die Symbolik von Gâwâns Gedanken erklärt, aber es scheint, dass es hier eigentlich darum geht, dass Eschenbach den Liebeshunger hervorheben wollte, d.h. Gâwâns Begehrung, der Antikonîe als eine leichte Beute betrachtet hat (auf symbolischer Ebene: den Strauß, der nicht fliegen kann). Einige Forscher vertreten die Meinung, dass die Symbolik nicht ganz klar ist; der Adler wurde nämlich nie als ein Raubtier bezeichnet: „Neben einem Scherz Wolframs kann hier auch eine Bewertung von Gawans Verhalten gesehen werden. Der Adler wurde im Mittelalter nicht als Beizvogel verwendet, denn er ist kein Vogel des hohen Fluges wie der Falke, sondern hat einen niedrigen Beuteflug wie auch Sperber und Habicht. Je höher aber ein Vogel fliegt, desto kostbarer und edler ist er als Beizvogel. Gawan wird hier also mit einem wilden und daher unhöfischen Vogel verglichen, der als Beizvogel nicht gebräuchlich war und der seine Beute fängt (407,1) und nicht schlägt (282,16), wie es der Falke tut.“[27]

Der Ritter klagt Gawan dessen an, früher seinen Herrn getötet zu haben und jetzt seine Tochter vergewaltigt zu haben. Gawan sieht ein, welche Gefahr ihm droht und bittet Antikonîe darum, für ihn eine Waffe zu finden. Sie ist selbst des Ernstes der Situation bewusst und bereit, sowohl ihm zu helfen als auch mit ihm gemeinsam zu kämpfen. Sie findet eine geeignete Stelle für die Verteidigung (der Turm in der Nähe ihres Zimmers) und die Waffe (das Schachbrett und die Figuren). Mit dem zweiten Plan zeigt der Dichter die Ankunft der feindlichen Schar. Er lobt Antikonîe, betont ihre Entschlossenheit („diu küneginne rîche“), Mut („streit dâ ritterlîche“), und die Unterstützung zu Gâwân („bî Gâwân si werlîche schein“). Allerdings macht er ihr Vorwürfe, dass sie „die Grenze überschritten hat“, was einer Dame nicht passt. Zur gleichen Zeit rechtfertigt er sie und weist darauf hin, dass sie alles aus Liebe gemacht hat, um Gâwân ihre Zuneigung zu zeigen. Während er gegen den Feind kämpfte, hat Gâwân seine Liebesgefühle nicht unterdrückt; in der Ruhezeit zwischen den Angriffen betrachtete er ständig Antikonîe und beobachtet ihr Gesicht und ihren Körper. Er bemerkte ihre extreme Schlankheit („baz geschict an spizze hasen“), schmale Teile, die ein Gürtel umfasste. Laut Eschenbach verstärkte der Blick auf ihren Körper Gâwâns Tapferkeit und Mut, so dass viele Feinde getötet wurden („dâ von ir vil den lîp verlôs“). Dramatische Kampfszenen wechseln sich mit Szenen, in denen Gâwân und Antikonîe gegenseitige Zuneigung ausdrücken.

Das Schachspielen, wie es schon bekannt ist, war das beliebteste Vergnügen in adligen Kreisen. Die Schachbretter waren viel größer und schwerer als heute, gemacht aus Holz oder Metall. Deshalb gab es die Möglichkeit, mit ihnen den Gegner zu verletzen, besonders wenn das Brett und die Figuren aus einer Höhe geworfen wurden.[28]

Interessant ist Gâwâns Beobachtung von Antikonîe „baz geschict an spizze hasen“. Laut „Lexikon der Ikonographie, Liturgie und Symbolik des westlichen Christentums“[29] ist der Hase in einem ungünstigen Sinne das Symbol der Fruchtbarkeit und der Lust. Dargestellt in Krallen des Adlers, ist er das Symbol der besiegten Leidenschaft. Wenn dies berücksichtigt wird, denkt Gâwân bei der Betrachtung ihres Körpers daran, dass dieser Körper geschaffen wurde, um die Leidenschaft zu wecken.

Auf den ersten Blick scheint es, dass der Dichter mit Zuneigung und Sympathie die Anwesenheit von Antikonîe im Kampf betrachtet. Er sagt: „mîn frouwe Antikonîe, vor valscheit diu vrîe, dort al weinde bî im stêt. ob iu daz niht ze herzen gêt, sît iuch pêde ein muoter truoc, so gedenket, hêrre, ob ir sît kluoc, ir sandet in der magede her...“ (413,1-7) Es ist auch möglich, dass sich hinter diesen Worten seine ironische Einstellung versteckt.

Die Ankunft des Bruders von Antikonîe, des Königs, kompliziert zusätzlich die Situation. Der Dichter unterbricht die Erzählung, um seine Anschauung darzustellen; offensichtlich ist er auf Gâwâns Seite, weil er sagt, dass der König seine eigene Ehre in Bezug auf den edlen Gast verraten habe. Dabei denkt er wahrscheinlich an seine Verletzung der Gastfreundschaft. Der König befiehlt, den Turm, in dem Gâwân und Antikonîe sind, niederzustürzen. Besondere Aufmerksamkeit wird auf ihre Kampflust und Empfindsamkeit gelenkt (sie weint im Turm, besorgt über ihr und Gâwâns Schicksal). Kingrimursel hilft Gâwân und sie kämpfen mutig gegen die Angreifer. In der Zwischenzeit entdeckt der Schriftsteller, dass Gâwân kein Mörder des Vaters von Antikonîe ist, sondern der gewisse Ehcunat; dadurch „befreit“ seinen Helden von der Verantwortung.

Die Auflösung kommt relativ schnell. Eschenbach entdeckt alle Einzelheiten. Er stellt das Gespräch zwischen Antikonîe und ihrem Bruder dar; sie wirft Vergulaht vor, einige grundlegende Prinzipien der Gastfreundschaft verletzt zu haben. Sie beruft sich auf einige Bräuche und rechtliche Vorschriften.[30] Neben der Gastfreundschaft geht es hier auch um die Bereitstellung der Zuflucht. Gâwân wird befreit, nachdem er bestimmte Bedingungen akzeptiert hat.[31]

Nach dem Beenden der Kämpfe ist Gâwân ständig in Gesellschaft von Antikonîe. Sie nimmt ihn ohne jegliche Scham an der Hand und führt ihn „dâ si wolte wesn“. Des Weiteren glaubt sie, dass die ganze Welt ärmer wäre, wenn Gâwân nicht gerettet worden wäre. Gâwân hält wiederum Antikonîe gerne an der Hand. In Begleitung von Kingrimursel gehen sie in das Zimmer mit Kamin, in das sonst niemand hineingehen darf. Die Prinzessin macht sich Sorgen um Gâwân und der Schriftsteller sagt, dass er ihr am Herzen liege. Alle genießen die reiche Kost und den Wein und Antikonîe selbst bedient sie. Ohne ins Detail zu gehen, deutet Eschenbach darauf hin, dass Gâwân in dieser Nacht seine schönste Ruhe gefunden hat. Das Treffen mit dem König beschreibend, hebt er hervor, dass mit Gâwân auch Antikonîe kam und dass sie ihn an der Hand hielt. Der Schriftsteller lobt Antikonîe: „mit lobe wir solden grüezen die kiuschen unt die süezen Antikonîen, vor valscheit die vrîen. wan si lebte in solhen siten, daz nider was underriten ir prîs mit valschen worten. al die ir prîs gehôrten,ieslîch munt ir wunschte dô daz ir prîs bestüende alsô bewart vor valscher trüeben jehe, lûter virrec als ein valkensehe. was balsemmæzec stæte an ir, daz riet ir werdeclîchiu gir. diu süeze sælden rîche sprach gezogenlîche.“ (427,5-20)

Die Abwesenheit jeglicher Ironie des Schriftstellers liegt auf der Hand. Antikonîe hat ihren Bruder darum gebeten, ihr zuliebe freundlich zu Gâwân zu sein, was ihr der König verspricht. Das Treffen von Gâwân und dem König führte zur Versöhnung und Gâwân wurde sofort ge­schickt, um den Gral zu suchen.

Mit großer Aufmerksamkeit beschreibt Eschenbach Gâwâns Verlassen des Schlosses und den Abschied von Antikonîe. Beim Verlassen spricht Gâwân Antikonîe an und sagt aus, dass er seinen Weg zum Kampf und sein ganzes Ritterherz ihren Tugenden widmen werde und dass seine Dienste ihr gegenüber ewig dauern würden. Antikonîe tut sein Verlassen weh und mit ihr weinen viele schöne Damen, voller Mitgefühl. Antikonîe sagt, dass ihr Glück größer wäre als die Trauer, wenn sie mehr für Gâwân getan hätte; sie werde mit ganzem Herzen mit Gâwân sein, und zwar in guten und in schlechten Zeiten. Antikonîe gibt Gâwân symbolisch ihr Herz, mit dem Wunsch, dass er durch ihre Minne in allen möglichen Situationen unterstützt wird. Sie küsste seinen Mund. Er eilt aber, sie zu verlassen, da er fühlt, dass ihn die Freude darüber schwach macht. Der Schriftsteller bemerkt, dass den beiden die Trennung schwer fiel. Gâwân macht sich auf die Suche nach dem Gral und der Schriftsteller gibt an, dass er „al ein gein wunders nôt“ geht.

Hier kommt Gâwâns Rittertugend weniger zum Ausdruck. Ähnlich wie bei Hartmanns Erec muss Gâwân als idealer Ritter das Gleichgewicht zwischen Ritterpflicht und Minne finden.[32]

Was in dieser Erzählfolge Aufmerksamkeit erregt, ist Antikonîes Rede; hier zeigt sie die Kraft ihrer Minne zu Gâwân. Sie ist lyrisch intoniert und stellt ein effektives Finale der ganzen Erzählung dar.

In dieser Episode ist Antikonîe ohne Zweifel die dominierende Person. Gâwân spielt eher eine passive Rolle. Bei Antikonîe gab es keinen Minnedienst vor der Minne. Neben den Minnemotiven trifft man hier auf Motive des Ritterkampfes und manchmal verflechten sie sich miteinander.

Die Figur Antikonîes ist komplex und der Schriftsteller bleibt manchmal unentschlossen bei ihrer Charakterisierung. Während der Darstellung des ersten Treffens von Antikonîe und Gâwân bezeichnet Eschenbach sie zwar als „ magt “ (Jungfrau), aber er stellt sofort klar, dass sie sehr gut die Regeln des Minnewerbens kennt und dass sie fast genauso erfahren ist wie Gâwân (405,26-27). Gâwân erkennt leicht, dass sich hinter den üblichen freundlichen Phrasen, mit denen man seine Gastfreundschaft ausdrückt, auch eine Art von Minnenachricht verbirgt. Antikonîe führt das Gespräch auf eine Art, dass Gâwân die verborgene Bedeutung ihrer Worte erkennt und sie zu erobern beginnt. (405,29) Sie neckt ihn auf besondere Art und versucht auf sehr erfahrene Weise, in ihm die Begierde zu wecken.

In den Szenen kommt sehr stark die Erotik zum Ausdruck und es wird auf gegenseitiger körperlicher Anziehung insistiert. Die Sinnlichkeit kommt zum Vorschein und man gewinnt den Eindruck, dass die Minne zwischen Gâwân und Antikonîe eigentlich durch sinnliche Reize angeregt wird (er berührt ihre Hüfte, was bei beiden Begierde auslöst). Der Gesprächsverlauf selbst enthüllt Antikonîes Erfahrung in Minnesachen, obwohl sie ihre eigene Keuschheit betont, sie scheint wie jemand, der nicht zum ersten Mal mit einem solchen Treffen zu tun hat und wer genau weiß, wo die Grenzen des Flirts liegen, wo man zu einer tieferen Beziehung hinübergeht und wie dies zum Ausdruck kommt. Es zeigt sich, dass die beiden sehr erfahren in Minnesachen sind (405, 24-27). Sie kennen die Minneklischees.

Die globale Komparation der ganzen Episode mit dem entsprechenden Abschnitt aus dem Roman Chrétien de Troyes (Kapitel XII) zeigt, dass Eschenbach diese Episode in erheblichem Maß entwickelt hat. Bei dem französischen Schriftsteller wird Gâwâns Figur suggestiver gegeben, während Antikonîe eigentlich eine Nebenrolle spielt (ihr Name wird sogar gar nicht erwähnt).[33] Bei Eschenbach geschieht genau das Gegenteil, Antikonîes Figur wird stark ausgebaut und ist sehr geprägt. Chrétien de Troyes schenkt dem ambientalen Raum große Aufmerksamkeit (hervorragende Beschreibung der Stadt, in der sich das Königsschloss befindet) und verbindet logisch die Ereignisse. Bei ihm ist die Minnegeschichte weniger entwickelt, außerdem ist jede Abwesenheit von Erotik charakteristisch. Eine Minneszene prägt den Anfang der Episode. Sie beschreibt das Treffen zwischen Gâwân und Antikonîe: „They both talked of love - if they talked of anything else, what a waste of breath it would have been! Sir Gawain sought and begged for her love, and said he would be her knight all his life; and she did not refuse, but granted it most willingly.“[34] Der Schriftsteller greift hier nicht auf detaillierte, szenische Darstellungen der Situation zurück, mit minimaler Erzählervermittlung. Er erzählt eigentlich selbst vom Ereignis, und zwar aus eigener Perspektive, womit er den Leser des kompletten ästhetischen Erlebnisses beraubt. Trotzdem gibt er seiner Heldin an einer Stelle die Gelegenheit, ihre starken Gefühle mittelbar auszudrücken. Obwohl sie sich als sehr zerbrechlich zeigt (sie fiel nämlich in Ohnmacht in dem Moment, als der Ritter Gâwân als der Mörder ihres Vaters „enthüllt“ wurde und sie beschuldigt, mit Gâwân zu flirten), bekommt sie im Moment der größten Gefahr (die Menschenmenge zertrümmert gerade die Tür, die zum Turm führt) die Kraft, sich an die Angreifer zu wenden. Im Eifer des Augenblicks greift sie zu Schimpfwörtern, in der Bemühung, die Meute zu vertreiben. Gâwân in Schutz nehmend, warnt sie davor, dass ihn ihr Bruder als Gast angenommen und ihn zu ihr mit der Bitte geschickt hat, das gleiche zu tun, was sie auch ihm selbst tun würde. Ihre Gehorsamkeit betont sie in diesem Fall als Tugend und rechtfertigt sich mit den Worten: „Do you think me base for giving him company and joy and pleasure at my brother's request? Think it if you want to, but that's the only reason I gave him such a welcome: there was no foolishness in my mind. “[35] Den ganzen Angriff sieht sie nicht nur als Angriff auf Gâwân, sondern auch auf sich (sie wollen in ihr Scham auslösen). Sich rechtfertigend, spricht sie über ihre Gehorsamkeit dem Bruder gegenüber und verdeckt sich hinter der faktischen Subordination. Chrétien zeigt mit Aufmerksamkeit, wie Antikonîe Gâwân im Laufe der Abwehr hilft, aber suggeriert keine Emotion und kein Minneverhältnis zwischen ihnen. Sehr blass wird der Abschied Gâwâns von Antikonîe gezeigt. Es wird erwähnt, dass Gâwân vor seinem Verlassen eine Erlaubnis von dem Mädchen verlangt. Hier unterbricht der Schriftsteller die Erzählung mit der Begründung, dass er nichts mehr über sie oder über die Trauer sagen wolle, die sie zeigten.

Bei Chrétien wird dies mehr im Sinne von mittelalterlichen moralischen Vorstellungen dargestellt. Gâwân stellt im Moment fest, als er mit Antikonîe allein im Zimmer gelassen wird (sonst ist niemand mehr anwesend), dass sie nicht nur schön (beautiful), sondern auch höflich (courteous) und dermaßen gut erzogen ist, dass sie nicht daran denkt, dass jemand sie überwachen soll.[36] Den Verlauf von Gâwâns Treffen mit Antikonîe zeigend, macht Chrétien deutlich, dass sich zwischen ihnen allmählich gegenseitige Anziehungskraft entwickelt hat und dass sie angefangen haben, einander Zärtlichkeiten zu zeigen. Er beharrt nicht auf Sinnlichkeit und Erotik, wie es übrigens Wolfram tut.

Wolfram erweitert den Raum, der den eigentlichen Verhältnissen zwischen den Haupt­protagonisten gewidmet wird. Er zeigt Schritt für Schritt, wie Gâwân von plötzlicher Leiden­schaft von der bezaubernden und wunderschönen Dame besessen wurde. Während sich Chrétien s Antikonîe ohne Zögern Gâwân überlässt, ist dies bei Wolfram jedoch nicht der Fall. Er kom­pliziert ihre Figur damit, dass er eigentlich ihr Zögern zeigt, das besonders verbal ausgedrückt wird. Sie versucht, zumindest scheinbar Grenzen entsprechend den Hofvorstellungen von Höflichkeit und von dem, was sich einer Dame gehört, zu setzen: „She objects, temporizes, puts Gawan off. But he has the man’s advantage of strength, and is about to employ it, when he is discovered: his very boldness has captivated her, and her scruples were gone in a moment of unreasoning passion.“[37] Wolframs Antikonîe zeigt diese Art von Schwäche nicht wie bei Chrétien (sie fällt nicht in Ohnmacht, wenn sie die Beschuldigung des Ritters hört, dass Gâwân der Mörder ihres Vaters ist). Unerschüttert bleibt sie bei Gâwân, sucht nach Waffen für ihn, aber zeigt auch bestimmte Kühnheit und Initiative (sie findet einen entsprechenden Ort, von dem aus sie sich von den Angreifern wehren können). Sie ist aber emotionell erschüttert (während sie im Turm sind, weint sie), doch nicht in dem Maße, dass sie ihre Geistesanwesenheit verliert.

Eschenbach verfolgt den Leser mit mehr Details und anschaulich durch den ganzen Verlauf der Handlung, als wären wir anwesend: „...Sie sehen trotzdem, ihr Unglück ist ihnen bald nahe.“ Es handelt sich also um einen allwissenden Schriftsteller, der uns Richtlinien gibt, wohin die Handlung führt, wie sie sich in Zukunft entwickeln könnte und welche ihre Folgen sind. Eschenbach scheint, seine Quelle (Chrétien) zu analysieren und auf eigene Art zu interpretieren, so dass er detaillierter den Verlauf der Handlung begründet, Kommentare gibt, sogar auch subjektive.

Hier kommt auch das hierarchische Verhältnis zwischen Bruder und Schwester zum Vorschein; der Bruder, der König ist, wird als Älterer und als Autorität betrachtet, dem die Schwester gehorchen muss. So war es auch in Wirklichkeit, wie es die geschichtlichen Quellen verraten.[38] Bei Eschenbach tritt Antikonîe als offen und kommunikativ auf. Bei Chrétien nur teilweise. Die Erste wendet sich an Gâwân: „Come and sit here beside me, good sir...“ Bei Eschenbach handelt sie koketter und listig, sie will sich ihm nicht sofort hingeben, beziehungs­weise nicht auf seine Forderungen eingehen; es wird ausgesagt, dass sie ihm schon genug erlaubt habe und dass sie ihm Grenzen setze, um ihn noch mehr zu erregen und zu intrigieren; sie lässt ihn wissen, dass sie keine leichte Beute sei, sondern dass er sich um sie bemühen müsse, um sie zu erobern. Männer sind von Natur aus Jäger und genießen den Nervenkitzel der Jagd. Sie mögen Herausforderungen.

Еschenbach betrachtet Antikonîe mal als Heilige, mal als Dame mit Erfahrung. Er stellt sie auf einer Seite als rein dar (404, 24); er sagt, es sei schade, dass Veldeke, der berühmte Dichter nicht am Leben sei, denn er könnte sie viel besser loben. Hier spricht er ironisch, denn Antikonîes Handlungen weisen darauf hin, dass sie erfahren in Minnesachen ist. Antikonîe scheint bei Chrétien unschuldiger, außer in dem Moment, als sie der Meute droht. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass Chrétien einer der ersten ist, der den Frauen „das Stimmrecht“ gab.[39] Antikonîe wurde hier das Recht gegeben, sich vor der Masse zu verteidigen. Chrétien zeigt aber auch die andere, zu der Zeit aktuelle Meinung über Frau als das Böse, als Verführerin, die den Männern Schaden zufügt. Als Vertreter dieser Meinung erscheint der Ritter, der mit der Beschuldigung kommt.[40] Еschenbach ging auch weiter, die Gleichberechtigung der Frau liegt auch darin, dass sie aktiv in einer Minnebeziehung mitwirken kann.

Bei Chrétien gerät Antikonîe nach der Beschuldigung des Vasallen in Panik und hat Angst um sie und das Leben von Gâwân, so dass sie schließlich in Ohnmacht fällt. Gâwân hilft ihr aufzustehen, sehr traurig und beunruhigt über ihre Angst. Weiterhin verängstigt, eilt sie, um Waffen zu suchen; wie man bemerkt, lähmt sie die Angst nicht, sondern weckt in ihr Unter­nehmensgeist und sie versucht, ihr und Gâwâns Leben zu retten. Die Angst wird bei ihr und Gâwân verringert, sobald sie Waffen und Rüstung für die Abwehr gesichert hat. Dies zeigt auch, dass Gâwân bis dahin verängstigt war. Chrétien greift erfolgreich auf psychologische Charakteri­sierung seiner Helden zurück. Bei Eschenbach zeigt Antikonîe keine Angst, sondern im Gegen­teil, großen Entschluss; sie zögert nicht, sie übernimmt die Initiative, wenn es sich um die Wahl des Ortes, der Abwehr, der Waffen usw. handelt. Dieser Literat hat seine Heldin noch mehr „befreit“.

Bei Chrétien scheint Gâwân gefühlvoller und romantischer: er wendet sich an Antikonîe mit: „Мy love…“

Die Strategie der Abwehr wird bei Chrétien viel besser dargestellt, aber auch die Gefahr selbst. Chrétien sagt: „Sir Gawain was a dead man unless God came to his aid“.[41] Prägend sind die Szenen der Masse, die vorrückt und versucht, die Eingangstür zu zerstören.

Bei Chrétien sieht die Darstellung der Hauptfigur etwas anders aus. Hier insistiert man auf seinem Ritterstolz. Er darf es nicht zulassen, dass die Verurteilung seinen Namen beschmutzt. Man soll sich erinnern, dass Gâwân, als ihn Gigembresil des Mordes an dem König beschuldigte „vor Scham brannte“.[42] Sein Bruder Engrevain wollte seine Ehre retten, aber Gâwân sagte, dass das niemand außer ihm selbst tun könnte: „Brother, no man but myself will defend me from it. I must defend myself, for he accuses nobody but me. If I'd done the knight some wrong and knew it, I'd gladly sue for peace and make such amends as should satisfy all his friends and mine. But his charge is an outrage, and I offer my gage and will defend myself here or wherever he likes“(Buch 10, S. 52). Weiter hebt Chrétien hervor, dass Gâwân fühlte, dass ihm Unrecht getan wurde und dass sein ritterliches Ansehen beschmutzt wurde, weshalb er dies beheben wollte. Er möchte seine Ehre nicht gefährden, auch wenn es um Gefangenschaft oder Lebensverlust geht (Gespräch mit dem König und seinem Ratgeber). Für den Kampf mit Gigembresil bot man Gâwân ein gutes Pferd, Speer, Rüstung, aber er wollte aus Stolz nichts nehmen, was anderen gehörte. Auch auf diese Art drückte er seinen Rittergeist aus. Bei Chrétien wird betont, dass er die Sympathien der Damen ge­noss und dass viele bitter nach ihm trauerten, es gab keine Dame, die nicht verzweifelt nach ihm trauerte.

In ihrer Diplomarbeit deutete Ursula Kessler auf eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Eschenbachs Darstellung der Minne Gâwâns und Antikonîes und den Episoden in Еneide von Heinrich von Veldeke[43], der Minne von Aeneas und Dido gewidmet. Sie machte auch auf den Unterschied zwischen diesen zwei Werken aufmerksam: Antikonîe begeht am Ende keinen Selbstmord, wenigstens berichtet der Schriftsteller nicht davon. Antikonîe ähnelt Dido auch in der Weise, dass sie genauso am Ende von ihrem Geliebten verlassen und vergessen wird. Wie Aeneas auf Didos Schloss herzlich empfangen wird, so wird auch Gâwân am Hofe empfangen, an dem Antikonîe lebt. Bei Eschenbach gibt es auch das Motiv der Jagd (damit beginnt auch die Erzählung von der Minne Gâwâns und Antikonîes), in Eneide spricht man vom gemeinsamen Jagdausflug von Aeneas und Dido, usw. In Eneide wird dargestellt, wie das Unwetter zum Entflammen der Minne führte (Aeneas und Dido mussten Schutz unter einem Baum suchen) und in Parzivâl führte die Gefahr (Angriff des Feindes) zum Entflammen der Minne Gâwâns und Antikonîes. Aeneas betrachtet während des Unwetters Dido und ihm wird klar, wie schön sie ist; Gâwân betrachtet, während er mit Antikonîe im Turm isoliert ist, ihr Gesicht und ihren Körper, sieht ihre Schönheit und denkt, dass ihr Körper dazu geschaffen ist, die Minneleidenschaft zu erregen. Veldeke ent­wickelt einen psychologischen Plan, gibt eigene Observationen, so dass das Verhältnis zwischen Aeneas und Dido geprägt gezeigt wird. Bei Eschenbach ist dies jedoch nicht der Fall. Dem Leser wird es überlassen, das Bild selbst zu vervollständigen und die Handlungen der Helden zu deuten.

2.4 Gâwân und Orgelûse

Eschenbach selbst bestimmt durch die Einleitungsbemerkung zusätzlich den Charakter der nächsten, breit angelegten Episode (sie erstreckt sich durch die Bücher 10-14), durch das Anzeigen, dass hier „wilden mæren“ präsentiert werden, die „diu freuden kunnen læren“ können aber auch „diu hôchgeüete bringent“. Er kündigt an, dass er hier eigentlich beide Möglichkeiten berücksichtigt. Wie es sich zeigt, wird die Episode selbst im kompositorischen Sinn in eine Reihe von Mikro-Episoden geteilt.

Gâwâns neues Abenteuer beginnt im Moment, als er eines Morgens zur grünen Weide kam und das Funkeln eines Schildes sah, von einem Pferdeschlag durchbohrt. Er sah auch ein Pferd mit Damensitz, das neben dem Schild an einen Baum gebunden war. Eschenbach zeigt suggestiv Gâwâns Neugierde in diesem Augenblick.

Gâwân fragte sich, wer diese Frau sei, die sich so kriegerisch benehme und was er tun solle, wenn sie mit ihm kämpfen wolle. Als er sich näherte, sah er eine Dame, die sehr litt. In ihrem Schoss lag ein Ritter, ernstlich verletzt. Die Dame bat Gâwân um Hilfe und er, sehr erfahren mit Wunden, nahm dies an. Als der Ritter zu sich kam, bedankte er sich bei Gâwân für die Hilfe und fragte ihn, ob er bei Lôgroys einen Ritterzweikampf verlangt habe. Er versuchte, ihn davon abzuhalten. Der Ritter kam hierher auf der Suche nach Abenteuern, aber er hat es bereut. Er spricht davon, dass ihn Lishoys Gwelljus[44] schwer verwundet habe. Gâwân möchte Gwelljus finden, obwohl ihn der Ritter stark davon abhält, und möchte erfahren, warum Lishoys das getan hat.

Als er in Lôgroys ankam, sah Gâwân eine Frau von außerordentlicher Schönheit. Während er sie aufmerksam ansah, dachte er, dass man sie bezüglich der Schönheit nur mit Condwîr âmûrs vergleichen könnte, die das Ideal der Frauenschönheit darstellt. Sie war mit clârheit süeze, wol geschict und kurtoys. Der Schriftsteller enthüllt ihren Namen: Orgelûse de Lôgroys,[45] unter Berufung auf Quellen, zeigt er, dass sie „ein reizel minnen gir“, „ougen süeze ân smerzen“, u. a. Gâwân bittet die Dame um Erlaubnis, vom Pferd abzusteigen und fragt, ob es erlaubt sei, dass sie ihn gerne ansehe. Er sagte, dass, falls sie ihm dafür die Erlaubnis gebe, seine große Trauer in Freude verwandelt werde. Er sagt (das ist auch ein Teil des Anstands), dass er bereit sei, für sie zu sterben, da ihn keine andere Frau mehr befriedigt habe. Die Dame warnte Gâwân davor, ohne jegliche Erwartung mit den Loben aufzuhören, da ihm dies keine Ehre bringen wird. Man gewinnt den Eindruck, dass sie ihn erniedrigen möchte, denn sie betont, dass sie es nicht mag, wenn jeder seine Meinung („ein Urteil fällt“) über sie äußert. Orgelûse ließ Gâwân wissen, dass sie ihn nicht kennt, und sie riet ihm, seinen Weg fortzusetzen. Trotzdem zeigt sie ihm ihre Zuneigung, zu der sie sagt, sie habe sich noch nicht genügend entwickelt. Danach fragt sie Gâwân, ob er sich nach ihrer Minne sehne und warum er in sie verliebt sei. Sofort setzt sie ihm Grenzen und sagt, dass er keinen Minnepreis bekommen werde, sondern dass er sich nur bla­mieren könne. Das könnte bedeuten, dass Orgelûse keine Standard-Schablone in der Kommuni­kation zwischen Dame und Ritter annimmt, d.h. dass sie nicht naiv ist und dass sie nicht auf den Charme fällt, der für jedes andere Mädchen von entscheidender Bedeutung wäre. Der Ritter versucht im Grunde genommen durch Charm, das Mädchen für sich zu gewinnen.

Gâwân bleibt aber hartnäckig in seiner Absicht, Orgelûse für sich zu gewinnen. Von seiner Verliebtheit in sie sprechend, hebt er hervor, dass er ihr Gefangener sei: sie habe ihn „in (Minne-) Ketten gebunden“. Es sei ihm egal, ob sie ihn davon befreie oder nicht. Das Leiden sei für ihn eigentlich das Paradies. Es scheint, als ob Orgelûse Gâwân zweideutige Signale gäbe, welche sich gegenseitig aufheben. Kurze Zeit später bittet sie ihn darum, sie mit sich zu nehmen; sie deutet ihm aber gleichzeitig auf die Schwierigkeiten hin, sogar auf die Gefahren, die ihn in diesem Falle drohen können (er verliert seine Minne, sein Lebensglück, große Sorgen werden ihm folgen). Es ist möglich, dass sie sehr geschickt mit ihm manipuliert, da sie bestimmt weiß, dass sich ein richtiger Mann, dazu noch ein Ritter, bestimmt durch Gefahren, die ihm bevor­stehen, angezogen fühlt. Für ihn ist das eine Herausforderung, sich mit ihnen auseinanderzu­setzen und seine Männlichkeit, seine Tapferkeit zu zeigen/beweisen und so das Herz einer bestimmten Frau zu erobern. Orgelûse möchte gleichzeitig feststellen, ob Gâwân ein Mann ist, der sich traut, für sie zu kämpfen. Obwohl sie ihm verwirrende Signale gibt, meistens ab­lehnende, wird Gâwân durch die Worte von Orgelûse nicht erschüttert. Er sagt, dass er keine Minne ohne Dienst wolle und dass ein Mensch, der schnell eine große Minne möchte, falsch liege, er ziehe ja sündig die Beute. Diese Stelle scheint bedeutend zu sein für Gâwâns (aber auch des Schriftstellers) Verständnis von großer (edler) Minne (511 12-16).

Orgelûse hat Gâwân nicht deutlich ihren Entschluss geäußert, dass sie seine Dienste annimmt; sie tat dies mittelbar, ihm konkrete Aufgaben stellend. Die erste von ihnen war, ihr Pferd, das in einem Obstgarten war, zu ihr zu führen. Interessant ist der Moment, als Gâwân Orgelûse erklärt, wie sie die Leine seines Pferdes, das er ihr zur Betreuung lässt, halten soll. Orgelûse gibt Gâwân zu, dass sie die Leine an der Stelle nicht berühren darf, wo sie Gâwâns Hand berührt hat. Auf diese Weise schickt sie ihm ein Signal, dass sie bestimmte Gefühle für ihn entwickelt. Diese Szene hat auch eine bestimmte erotische Ladung. Die Beschreibung von Gâwâns Aufenthalt im Garten ist deshalb bedeutend, weil er eine Warnung bekommen hat, dass Orgelûse einen Betrug schmiedet und dass sie Lishoys zu einem Zweikampf mit ihm provozieren/herausfordern/reizen möchte.

Orgelûse, zu der Gâwân danach geht, nennt Eschenbach zu dem Zeitpunkt die Herrin seines Herzens. Bevor Gâwân zurückkommt, richtet Orgelûse ihre Haube zu Recht, damit sich ihr Gesicht öffnet. Das tut sie zweifellos, um Gâwâns Aufmerksamkeit zu erregen und um ihr Ziel zu verwirklichen: dass er für sie die Aufgabe ausführt. Während sie Gâwân willkommen heißt, wendet sich Orgelûse mit Männerschimpfworten an ihn („west willekomn, ir gans“), sie erlaubt ihm nicht, sie auf das Pferd zu heben. Ihr Vokabular ist nicht nur unangemessen, fast vulgär, sondern sie weicht auch von den Damenregeln ab, wenn sie alleine aufs Pferd steigt. Der Charakter der Heldin ist ohne Zweifel rege, aber auch „schwierig“. Sie scheint auch rätselhaft. Außer dass sie bereit ist, Gâwân auch weiterhin zu erniedrigen, zeigt er, dass er nicht aufgeben wird und dass sie am Ende ihr Benehmen zu ihm ändern wird: „ist iu nu zornes gâch, dâ hœrt iedoch genâde nâch. sît ir strâfet mich sô sêre, ir habt ergetzens êre. die wîl mîn hant iu dienst tuot, unz ir gwinnet lônes muot.“ Dieser Moment zeigt Gâwâns geistige Überlegenheit gegenüber Orgelûse, genauso wie seine Sicherheit und sein gutes Kennen der weiblichen Psyche.

Dass in Orgelûses Verhältnis zu Gâwân manchmal auch Ironie vertreten ist, zeigt ein Detail. Als Gâwân am Wegrand eine Pflanze pflückt (um ein Balsam für den verwundeten Ritter zu machen), bemerkt sie, dass ihr Reisegefährte, wenn er Arzt und Ritter ist, gut verdienen wird, wenn er lernt, Salbenbüchsen[46] zu verkaufen.

Orgelûse hat lange Zeit danach ein negatives Verhältnis zu Gâwân. Es scheint, als wollte sie ihn durch scharfe Worte und durch das Aufgeben von fast unerreichbaren Aufgaben von sich fern halten. Gâwân aber möchte auf jede Art und Weise Orgelûses Minne gewinnen, sei es auch unter den schwierigsten Umständen. Der Schriftsteller macht aus einer Stufe von Gâwâns Verliebtheit in die Dame keinen Hehl. Er verrät, dass die Minne für ihn das Schönste auf der Welt ist. Im Namen dieser Minne würde er auf jegliche Stellung und auf jeglichen Reichtum verzichten. Gâwân denkt sogar an „den bitteren Tod“, wenn er Orgelûses Minne nicht bekommt. Er hält sich für ihren Untertan. Hier erkennt man leicht den bekannten Topos des Minnesangs: die Minne ist wertvoller als der ganze Reichtum. Sterben aus Minnekummer ist eine charakteristische Metapher der Unterwerfung. Für Gâwân ist sogar die Schärfe von Orgelûses Sprache sehr angenehm; ihm ist es egal, was sie sagt. Auf die Faszinierung des Helden von dieser Dame deutet der Schrift­steller mittelbar hin, dabei hervorhebend, dass bei dem Betrachten von ihr bei ihm jede Sorge verschwindet. Die Bedeutung Orgelûses hervorhebend, greift Wolfram zum Vergleichen und sagt, dass sie für ihn wie der Mai, wie die schönste Blume gewesen sei. Im Autorkommentar jedoch hebt er den starken Kontrast hervor: Orgelûse ist süß für die Augen, bitter für das Herz, die Erfüllung und der Verlust. Er sagt, dass Gâwân völlig frei und streng gebunden sei.

Interessant ist der Abschnitt, in dem Wolfram versucht, den Begriff Minne zu definieren. Für Wolfram ist wahre Minne nur die, die nicht durch den äußeren Ansporn entstanden ist. Er vertritt die reine Minne. Ebenso verweigert er eine zu leidenschaftliche Minne.

Die Erzählung nach dem Exkurs fortsetzend, stellt Eschenbach Gâwâns und Orgelûses Ankunft am Schloss Schastel marveil vor. An diesem Ort warnt Orgelûse Gâwân davor, dass ihn Gefahr erwartet, wenn er dorthin geht, denn derjenige, der dorthin gelangt, wird niedergeschlagen und erlebt Verspottung von Seiten der Damen am Hof. Danach ruft sie den Bootfahrer und steigt ins Boot. Dies verbietet sie Gâwân dennoch und sagt, dass er draußen bleiben solle als Bürgschaft. Sie macht ihm deutlich, dass er sie nur wiedersehen kann, wenn er einen Gewinn im Schloss errungen hat.

Während des Kampfes mit Lishoys Gwelljus ist Gâwân nicht in einer gleichberechtigten Lage, weil er ein kleines Pferd hat[47], während Gwelljus ein starkes besitzt. Obwohl er schwächer ausgerüstet ist, schlägt er den Gegner nieder. Er zeigt Rittertugend, wenn er diesem zweimal das Leben schont.

Der nächste Erzählteil weckt Aufmerksamkeit, weil darin eine neue weibliche Figur auftaucht. Gâwân lernt, während er sich im Heim des Bootfahrers aufhält, seine Tochter Bene (Benedikte) kennen. Ihr Vater verlangt von dem Mädchen, dass sie jeden Wunsch Gâwâns erfüllt, auch wenn das Geschlechtsverkehr mit ihm bedeutet. Seine Forderung rechtfertigt er durch die Notwendigkeit, auf diese Weise seine Dankbarkeit an Gâwân auszudrücken, der „sehr viel für sie alle getan hat“. Obwohl Bene sich ihm anbietet, nutzt dies Gâwân nicht aus und drückt auf diese Weise seine Treue zu Orgelûse aus. Bei Chrétien erscheint diese Figur nicht und Eschenbach hat sie eingeführt, um zu ermöglichen, dass Gâwâns Treue einer Prüfung unterzogen wird.

Von dem Bootfahrer bekommt Gâwân wichtige Informationen über das Schloss. Dort seien viele Damen und Ritter verzaubert und man könne sie nur durch schwere Aufgaben und Kämpfe erlösen.

Es versteht sich, dass Gâwâns Aufenthalt im Schloss den Mittelpunkt dieses Erzählteils darstellt. Gâwân ist mutig und bricht zum Abenteuer in das Schastel marveil auf. Die ersten Herausforderungen, denen er begegnete, waren der glatte Boden und das magische Bett Lit marveille. Der Boden symbolisiert den äußerst gefährlichen Weg zur Minne, der besonders angemessen durch das Bett dargestellt wird. Der erste Versuch Gâwâns, aufs Bett zu steigen, scheiterte. Erst durch einen mutigen Sprung gelangt Gâwân aufs Bett (das Bett ist ständig in Bewegung). Es gibt eine verborgene Komik in dieser Szene. Das Ziel ist es, die Bemühung vieler Männer um den Minnedienst darzustellen. Als das Bett durch das Zimmer wie verrückt rast, um Gâwân zu entkommen, nimmt Gâwân sein Schild und betet zu Gott. Dieser Moment zeigt, dass der Held sich in einer ausgangslosen Situation befindet. Das sollte den gefährlichen und erniedrigenden Aspekt der Minne zeigen. Da Gâwân schon alle Herausforderungen der Minne erlebt hat, kann er das Bett anhalten. Gâwân folgen noch zwei Angriffe: auf ihn wurden Steine und Armbrüste (je 500) geworfen. Hier wird die mächtige Magie von Clinschor demonstriert. Es stellt sich heraus, dass die Ritterausrüstung hier nicht von großem Nutzen ist, denn gegenüber der Minne hat sie gar keine Macht. In einem Moment taucht ein Riese auf, der Gâwân beschimpft und ihn auf die nächste Gefahr aufmerksam macht. Danach springt ein Löwe heraus und greift Gâwân brutal an, aber es gelingt ihm, ihn zu besiegen. Der Kampf gegen den König der Tiere symbolisiert den Kampf gegen das Höfische an sich selbst.[48]

Gâwân war während der Kämpfe im Schloss ernsthaft verwundet und fiel in Ohnmacht. Es gelang ihm, die Magie vom Schloss zu entfernen. Seine Wunden wird Arnîve heilen, über die er später erfährt, dass sie seine Großmutter ist. Während er leidet, tritt bei Gâwân die Sehnsucht nach der schönen Orgelûse auf. Der Schriftsteller verrät, dass Gâwân größeren Schmerz wegen Minnekummer fühlte als wegen der Wunden selbst.

Die Aufmerksamkeit erregt noch ein fantastischer Moment. Im Schloss gibt es ein wunderliches siule, mit dessen Hilfe es möglich war, die Umgebung bis zu einer Reichweite von sechs Meilen zu betrachten. Gâwân erblickt, während er ins siule schaut, einen Ritter und eine wunderschöne Dame; der Ritter war ihm unbekannt, aber in der Dame erkannte er Orgelûse. Gâwân geht, obwohl er verwundet ist, zu diesem Ort und wollte mit dem Ritter kämpfen. Orgelûse hielt ihn von dem Kampf ab, da sie wusste, dass er körperlich noch nicht in der Lage dafür ist, womit sie ihm ihre Zuneigung enthüllte. Trotzdem hat Gâwân gekämpft und diesen Ritter besiegt, den man für unbesiegbar hielt. Obwohl sie ihre Sorge und Sympathien für Gâwân angedeutet hat, macht Orgelûse nach dem Zweikampf ironische und böswillige Kommentare auf Kosten seiner Freude. Sie versucht, seine früheren Erfolge zu minimisieren und sagt, dass Lit marveile sich ein wenig an ihm gerächt habe; man könne nur aufgrund seines beschädigten Schildes schließen, dass er dort „ein wenig“ gekämpft habe.

Orgelûse stellt Gâwân eine neue und, wie es sich herausstellen wird, die schwierigste Aufgabe. Er sollte mit dem Pferd den Fluss überspringen und vom Baum auf dem anderen Ufer einen Kranz bringen. Der Sprung endete aber mit Gâwâns Fall vom Pferd ins Wasser. Die Ritterausrüstung störte ihn, aber seine Kraft half ihm. Das Pferd trieb das Wasser davon. Orgelûse fing, als sie das sah, zu weinen an. Im ersten Moment ist nicht klar, ob sie dies aus tiefem Gefühl von Sorge um Gâwân tat oder weil ihr Vorhaben scheiterte. Gâwân hat es, um sein Leben kämpfend, irgendwie geschafft, zum anderen Ufer zu kommen. Er versuchte, auch sein Pferd zu retten und schaffte dies mit großer Anstrengung. Er nahm den Kranz vom Baum. Dann erscheint der schöne Ritter Gramoflanz, der Gâwân erzählt, dass er Orgelûse entführt habe, ihr die Krone und sein Reich angeboten habe und sie ein Jahr lang anbetet habe, mit dem Ziel, ihre Minne zu gewinnen, aber ohne Erfolg/alles sei umsonst gewesen. Gramoflanz ist bekannt dafür, dass Orgelûse seinen Tod ersehnte, weil er der Mörder ihres Ehemannes Cidegast ist. Gramoflanz verrät Gâwân, dass er jetzt eine andere liebt, und zwar Itonje, und bittet ihn um Hilfe. Es stellt sich heraus, dass Itonje Gâwâns Schwester ist. Gramoflanz hat Itonje nie gesehen und gab Gâwân einen Ring, den er ihr geben sollte. Gramoflanz sagt, dass er sich für seinen Vater rächen wolle, den der König Lot, Gâwâns Vater, getötet habe. Er weiß nicht, dass Gâwân vor ihm steht (Motiv des Nichterkennens). Gâwân enthüllt seine Identität und sie vereinbaren einen Kampf in 7 Tagen auf dem Feld bei Joflanze in Gegenwart von König Arthur.

Eschenbach suggeriert, dass es bei Orgelûse zu einem wesentlichen Wandel kam, während Gâwân die schwierige Aufgabe ausführte. Sie ändert von Grund aus ihr Verhältnis zu Gâwân. Wenn man ihre früheren Handlungen im Sinn hat, kommt ihr Verhalten auf den ersten Blick seltsam in diesen Momenten vor. Als Gâwân vom Pferd steigt, springt sie schnell von ihrem Pferd ab und wirft sich ihm vor die Füße. Auf ihre Reue weisen ihre Worte hin, dass sie es nicht wert gewesen sei, wenn sie ein solch riskantes Unternehmen verlangt habe. Sie hebt hervor, dass ihr die ganze Mühe Gâwâns von Herzen Leid tue. Gâwân, im ersten Moment mit der großen Veränderung in Orgelûses Verhalten auseinandergesetzt, überprüft vorsichtig ihre Worte und fragt sich, ob sie vielleicht Hintergedanken habe. Es scheint so, als wäre er ein wenig böse, denn er sagt, obwohl ihre Minne blende, dürfe sie nie wieder jemanden entehren. Er lässt sie wissen, dass er, falls sie ihn verspotten möchte, lieber auf ihre Minne verzichtet (nun sind die Positionen ohne Zweifel geändert, da Gâwân Orgelûses Rolle übernommen hat). Diese Worte hörend, fing die „schöne und mächtige“ Orgelûse an zu weinen und mit „herzensbrechender“ Stimme ihre traurige Geschichte zu erzählen, um bei Gâwân Mitgefühl und Verständnis auszulösen. Sie bittet um Verzeihung für ihr unvernünftiges Verhalten und sagt, sie habe Gründe dafür gehabt. Sie lobt ihren verstorbenen Mann und beschuldigt sich, ihn vernichtet zu haben; sie verrät, dass Cidegast Gramoflanz ermordet hat, von dem Gâwân den Kranz genommen hat. Sie gibt zu, dass sie feststellen wollte, ob Gâwân ihre Minne wert ist. Sie bemerkt, dass sie sehr wohl weiß, dass sie ihm Schmerz zugefügt hat, aber dass es sich um einen Minnetest handelte. Letztendlich bittet sie Gâwân, seine Freundlichkeit zu zeigen, die Wut zu vergessen und ihr zu verzeihen. Sie lobt ihn, seinen Fleiß hervorhebend, sie vergleicht ihn mit Gold, das in der Hitze schmilzt. Gâwân vergibt ihr, als er ihre Beichte gehört hat, und bittet um ihre Gunst. Sie gehen zum Schloss Marveil. Als sie zum Schloss aufbrechen, hebt Gâwân die schöne Dame aufs Pferd und drückt sie an sich. Orgelûse vertraut sich ihm noch mehr an und verrät ihm neue Details ihrer Vergangenheit (um den Tod von Gramoflanz herauszufordern, nimmt sie den Dienst von König Anfortas, dem Wächter des Grals, an; anstatt ihm Minne zu schenken, fügte sie ihm Wunden, was bei ihr große Trauer auslöste; danach wandte sie sich an Clinschor, der große Magie besaß; das Abenteuer im Schastel marveil hat sie eigentlich Gramoflanz gewidmet, der dort sterben sollte, usw.).

Der Schriftsteller zeigt danach Gâwâns und Orgelûses Aufenthalt in dem Schloss; Gâwân möchte dort inkognito bleiben. Während sie im Schloss verzehren, schaut sich Orgelûse zum ersten Mal Gâwâns Gesicht an und prüft es. Gâwân ist darüber glücklich, mit ihr essen zu dürfen; er meint, dass sein Glück erfüllt ist.

Der Literat benutzt die Symbolik des Lichts, um Orgelûses Schönheit zu zeigen. Seinen Worten nach strahlte sie dermaßen eine Schönheit aus, dass sie die Dunkelheit erhellen könnte; ihre Schönheit verglich er mit dem Tageslicht.

Orgelûse lässt öffentlich alle wissen, dass Gâwân ihr Herr und der Herr ihres Landes ist. Somit hat sie ihre Ehe offenbart.

Bei Chrétien de Troyes wird über Gâwân und Orgelûse in den Büchern 14-16 gesprochen. Das Problem liegt darin, dass die Erzählung gegen Ende, vor allem im Buch 16, bei diesem Schriftsteller nur wie eine Skizze erscheint; offensichtlich ist sie nicht beendet, was die Komparation mit Wolframs Text deutlich erschwert. Die Figur Orgelûses bei Chrétien de Troyes wird etwas anders konzipiert als bei Wolfram. Sie ist bei ihm kokett, sehr böse und manchmal zeigt sie sich als vulgär. Auch Chrétien spricht am Ende über ihre Transformation, aber nicht so ausdrucksstark wie Wolfram. Die Geschichte über Orgelûses erschütterndes Schicksal, die Erklärungen für ihr schlechtes Benehmen gegenüber Gâwân anbieten soll, wird hier fast ohne Zusammenhang geschildert und deshalb nicht sehr glaubhaft. Gâwâns Figur ist bei Chrétien dominanter. Sein ritterlicher Mut wird besonders hervorgehoben, sowie seine Bemühung, sich nicht wie ein Feigling zu benehmen. Wolfram zeigt eher schrittweise die Entwicklung von Gâwâns Gefühlen zu Orgelûse und betont besser die Kraft seiner Emotionen, die ihm dabei helfen, auch die schwierigsten Herausforderungen auszuhalten, die man vor ihn stellt. In Chrétiens Werk kann man dies nicht genügend bemerken. Es fehlen nämlich Beobachtungen, die auf Gâwâns Zustand in den einzelnen Momenten hinweisen würden. Eschenbach kompliziert die ganze Geschichte. Bei ihm spielt die Magie eine weit größere Rolle, was auch die Stärkung der Fantasie und der symbolischen Schicht ermöglicht. Es sind auch bestimmte Modifizierungen zu beobachten. Bei Chrétien wird zum Beispiel von Gâwâns Ankunft in das Schoss mit dem Gastgeber erzählt und bei Eschenbach wird gezeigt, wie er allein hineingeht. Bei Chrétien wird die ganze Erzählung über die Geschichte des Schlosses im Voraus gegeben, und bei Eschenbach sehr viel später. Deshalb wird bei Chrétien Gâwâns Aufenthalt im Schloss nicht von einer Aureole aus Mystik und Fantasie umhüllt. Obwohl alle Prüfungen, die Gâwân bestehen musste, einen symbolischen Charakter haben, ist das, wozu man in dem Schloss kam, am wichtigsten. Die Signale sind mehrdeutig und beziehen sich nicht nur auf Gâwâns Minne zu Orgelûse, sondern auch auf bestimmte gesellschaftliche Phänomene. Charakteristisch ist es, dass an dieser Stelle, im Vergleich zu Chrétien, neue Details eingeführt wurden (rutschiger Boden, der Riese, usw.). Mit Hilfe der Symbole wird das Bild von Gâwâns (Minne-) Zukunft vervollständigt, aber zum Ausdruck kommen auch die Einstellungen des Schriftstellers über einzelne Erscheinungen der aktuellen Wirklichkeit. Die gezwungene sexuelle Segregation des Gefangenen im Schastel marveil, Talion Strafe[49] wurde ihnen zugefügt von Seiten dessen, der sie gefangengenommen hat, Clinschor, wegen sexueller Verletzung, die seinem eigenem Körper zugefügt wurde (657, 3ff.)was einen weiteren Angriff auf die gesellschaftlichen Werte darstellt.

Manchmal vermindert Eschenbach die Anzahl an Erzähldetails, dem Hauptverlauf der Erzählung folgend. Wenn er zum Beispiel Gâwâns Treffen mit dem verwundeten Ritter beschreibt, erklärt er nicht, wo sie alles auftreten. Wenn von Fantasie die Rede ist, weckt bei Eschenbach das magische siule die Aufmerksamkeit, mit dessen Hilfe Gâwân, obwohl er krank ist, beobachten kann, was in seiner näheren und weiteren Umgebung geschieht. Eben diese Abwesenheit von Fantasie lässt Chrétiens Text ärmer erscheinen. Die Fragmentierung der finalen Teile in Chrétiens Werk hat zur Folge, dass manche Ereignisse sehr oberflächlich gezeigt werden (z. B. Gâwâns Sprung über den Fluss). Wenn von Gâwâns Figur die Rede ist, bleibt die direkte Rede bei Chrétien meistens aus, was sich auf die Prägung seiner Figur spiegelt. Bei Eschenbach aber spielt die Rede dieses Helden eine wichtige Rolle in der Charakterisierung und bringt zur Herstellung der Vorstellung über seine Reflexivität in der Geisteskraft bei.

Orgelûses Figur wird bei Eschenbach allmählich ausgebildet und der Schriftsteller stellt am Anfang einen starken Kontrast zwischen ihrer Schönheit einerseits und ihrer Schärfe und Entschiedenheit andererseits her. Wir können bedingt von einer Art ihrer Grausamkeit im Verhältnis zu Gâwân sprechen. Sie stellt vor ihm sehr strenge Aufgaben und bringt damit auch sein Leben in Gefahr. Ihre Zunge ist scharf und befehlerisch. Der Schriftsteller verheimlicht aber auch nicht, dass sie sehr gebildet ist und Fremdsprachen kennt (sie kann Arabisch 529,20). Im Gegensatz zu anderen Frauen hält sich Orgelûse nie an einem Ort auf, sondern sie ist immer in Bewegung und wechselt den Aufenthaltsort. Sie ist sehr reich, sie ist im Besitz vieler Länder. Ihre Ungewöhnlichkeit liegt auch darin, dass sie einen Mann sucht, der sie rächen würde. Der erste Eindruck über Orgelûse ist, dass sie sehr durchdacht, arrogant, unerbittlich und frech ist. Erst später wird sich zeigen, dass das eine Art von Maske darstellt, die sie nimmt, um sich wegen des Todes ihres geliebten Mannes zu rächen. Ohne Zweifel scheint sie am Anfang sehr rätselhaft. Mittels einiger Details (Haube hochbinden) präsentiert Eschenbach ihre Verführungskunst, aber auch ihren Versuch, Gâwân anzuziehen. Man könnte sagen, dass in diesem Anfangsteil Orgelûse gewissermaßen an die Amazonen erinnert, Frauen – Krieger, die keinen Mann brauchen, sondern alles alleine machen. Und wirklich entscheidet Orgelûse selbst, sie bestimmt die Strategie, sie ist unabhängig und immer in Bewegung. Zu einer Umkehrung in ihrem Benehmen kommt es erst nach der letzten Aufgabe, die auf den ersten Blick nicht so komplex erscheint. Als Gâwân seine Aufgabe auf dem Schloss erfüllt hat, die selbst Orgelûse als außerordentlich gefährlich ange­kündigt hatte, ändert sie sich nicht im Verhältnis zu ihm. Die Darstellung der letzten Aufgabe wird sehr interessant gegeben, sehr dynamisch und expressiv. In dem Moment als Gâwân mit seinem Pferd in den Fluss gelangt, bricht Orgelûse in Tränen aus, d. h. sie äußert ihre Gefühle. Wie der weitere Verlauf der Ereignisse zeigen wird, beginnt mit diesem Moment die wesentliche Umwandlung von Orgelûse. Offensichtlich bewusst dessen, dass Gâwân dazu bereit ist, sich für sie zu opfern und dass er sein Leben in Gefahr gebracht hat, fängt sie an, ihre Maske abzuwerfen und ihr wahres Wesen zu enthüllen. Danach folgt ihre völlige Umwandlung. Von dem Moment, als Orgelûse vor Gâwân, aber auch vor den Lesern selbst ihre traurige Lebensgeschichte offen­bart, fängt auch der Autor selbst an, die Vorstellung von seiner Heldin in einer anderen Richtung zu bauen. Er zeigt sie in sehr positivem Licht, dabei ihre Eigenschaften hervorhebend, die sie wieder in die Welt der hohen Damen einschließen. Sie benimmt sich ganz im Sinne des Kodex der hohen Gesellschaft, zu der sie gehört. Sie vergibt sogar ihrem großen Feind, verdrängt ihren Stolz, verlässt ihr ablehnendes Benehmen, so dass sie schließlich im wahren Sinne des Wortes zu einer Minnedame wird. Im Gegensatz zu Chrétien greift Wolfram auf die psychologische Charakterisierung zurück, so dass Orgelûses Figur bei ihm geprägter wird; ebenfalls bemerkt er die Entwicklung der Heldin in positiver Richtung. Bei Chrétien gibt es so etwas nicht, weil Orgelûse dort von Anfang an bis zum Ende eine negative Figur darstellt. Trotzdem befasst sich Wolfram, nachdem er Orgelûses Umwandlung gezeigt hat, nicht viel mit dieser besseren und authentischen Seite ihrer Persönlichkeit. Fast oberflächlich zeichnet er ihre wahren, richtigen Eigenschaften, die sie nicht nur als schöne, sondern auch als sehr höfliche Dame erscheinen lassen, dessen würdig, neben einem Helden wie Gâwân zu sein.

Gâwân wird von Anfang an von der Schönheit Orgelûses angezogen und tut so, als wäre es verzaubert. Er bleibt stets bei ihr, sogar wenn sie ihm die schwierigsten Aufgaben stellt und wenn sie ihn schlecht behandelt. Ausdauernd versucht er, ihre Minne zu verdienen. Es scheint unge­wöhnlich, dass er manchmal in eine Situation gerät, die für einen Ritter nicht angemessen ist. Durch Humor geprägt ist die Szene, in der er statt eines Ritterpferds ein kleines Pferd reitet. Gâwân sagt nichts, als Orgelûse ihn verspottet, und behauptet, dass er, während er auf dem Schloss kämpft, seine Unterwäsche verlieren werde und dass ihn dann die Damen auslachen würden. Es scheint so, als ob Orgelûse Gâwân in diesem Fall völlig entlarven und von sich fernhalten möchte. Im ersten Teil der Episode scheint Gâwân etwas widersprüchlich, auf der einen Seite besitzt er eine außerordentliche kämpferische und kriegerische Bereitschaft und Fähigkeit, weil er die Kämpfe annimmt, in denen er alles von sich gibt, er sehr aktiv ist, während er im Verhältnis zu der Frau zu passiv und ihr bis zum Ende unterworfen ist. Als Schicksals­moment bei Gâwân bezeichnet Eschenbach denjenigen, als es ihm gelang, den Kranz zu ergreifen. Das Ergreifen des Kranzes könnte man symbolisch als Ruhmerwerb verstehen, aber in diesem Kontext hat der Kranz eine einzige Bedeutung: Hochzeitskranz. Die ärztliche Geschick­lichkeit, die Gâwân hat (es war mehrmals die Rede davon), ist hilfreich in seiner Minne­beziehung. Dank ihr heilt Gâwân Orgelûses trauriges Herz.

Im Unterschied zu den vorherigen Geschichten ist die Geschichte von Gâwân und Orgelûse eine mit glücklichem Ende, und damit wird der Kreis der Erzählungen über Gâwân geschlossen. Früher unglücklich, findet er neben Orgelûse sein Glück und ein Leben, mit Freude erfüllt.

[...]


[1] Parzivâl beschließt, dass vor ihm eigentlich das Bild seiner Geliebten liegt. Zwei Bluttropfen spiegeln die Wangen von Condwîr âmûrs wider, und der dritte - ihr Kinn.

[2] Gâwân, wie Parzivâl, gelangt in den Liebeskrieg.

[3] Gâwân war wütend und seine Augen funkelten.

[4] Bayard Quincy Morgan bezeichnet in seiner Studie: „Some Women in Parzival“, S. 190 dieses Benehmen als: pervercity.

[5] Laut Morgans Deutung, war sie traurig (grieve), „Some Women“, S. 90.

[6] Lyppaut spricht davon, wie er zwei Töchter hat, die er sehr liebt. Er informiert Gâwân über seinen Kummer und die Gefahr, der er ausgesetzt ist. Er gesteht, dass er überzeugt ist, dass ihn Meljanz angreift, weil er keinen Sohn hat, ihn zu verteidigen. Er sagt jedoch, dass derjenige, der seine Tochter wählt, obwohl ihr das Schwert verboten ist, eine Hilfe sein kann (hier denkt er an den Schwiegersohn, auf den er hofft). Im Kommentar zu dem Text wird festgestellt, dass Lyppaut an Meljanz denkt, weil Gâwân, über den sich Obîe verspottet hat, in Frage nicht kommt. Dies könnte Lyppauts Verhältnis zu Meljanz völlig zerstören.

[7] Jetzt benutzt Dichter folgende Beschreibung, um Gâwâns Vorstellung über Obilôt zu geben: „diu junge süeze clare“.

[8] Obilôts Werbung (Rede); wie es im Kommentar dieses Werkes betont wurde, stammt das aus dem Vokabular der höfischen Minne. Sie versucht, Gâwân als Ritter zu gewinnen und gleichzeitig ihre Schwester wütend zu machen und ihrem Vater zu helfen.

[9] Sie sagt auch: „Wenn Ihr männlich mutig seid, so bin ich sicher, dass Ihr mir dienen wollt. Ich bin es wert.“(370,1-3)

[10] Das wird erst nach fünf Jahren. Ausgehend von dieser Information, lässt sich erschließen, dass Obilôt zu der Zeit, als dieses Gespräch stattfand, etwa sieben Jahre alt war.

[11] Kommentar: Figurwechsel wird hier mit den Formulierungen von Parzivâl kombiniert. Parzivâl gibt ihm beim ersten Treffen einen Rat, woran sich Gâwân in diesem Moment erinnert. „Mein Freund, steht dir ein Kampf vor, so fechte eine Frau ihn aus, für dich, und leite deine Hand; bei der du weißt, dass sie die Reinheit, die Güte einer Frau besitzt- deren Liebe sei dein Schutz.“ (332,9-14)

[12] Obilôts Rede ist auch hier völlig im Geiste der höfischen Minnerhetorik. Im selben Geiste sind auch ihre Worte, mit denen sie betont, dass ihre Minne Gâwân das Frieden bringt, dass sie das Glück ist, das ihn vor den Gefahren schützt.

[13] Höfische Minne wurde durch die Unterwerfung des Mannes verwirklicht, der als Diener seiner Herrin betrachtet wurde, und der versuchte, alle ihre Wünsche zu erfüllen. Sie verlangt von ihm besser zu werden und damit seiner Dame wertvoller. Höfische Minne ist eine Kunst, Wissenschaft, Tugend mit ihren Regeln und Gesetzen, mit denen die Geliebten meistern können. Sie verlangte lange Dienst des Mannes. Nur manchmal wurde sie schnell ohne Dienst erfüllt. Heute gibt es Probleme bei der Definierung der höfischen Minne, was sie genau bedeuten könnte. Der große Meister der Liebe, Ovid, lehrte dass die Liebe ein Dienst ist…Bumke, 507.

[14] „Zeichen der Liebe“ ist der Ärmel, der nicht genäht wurde, sondern zieht ihn Obilôt nur an; „er berührte ihren rechten Arm“. Laut Frank Kardini, neben heraldischen Insignien auf dem Schild, der Decke oder dem Pferdesitz, ein charakteristisches Zeichen der Anerkennung für jeden Ritter war das Pfand der Liebe. Er weist darauf hin, dass eine starke erotische Aufladung das wesentliche Merkmal dieser Art ritterlicher Aktivitäten ist. Frank Kardini, Krieger und Ritter, veröffentlichte Studie im Buch „Der Mensch des Mittelalters“, herausgegeben von Jacques Le Goff. Clio, Belgrad, 2007; Studie ist auf der S. 83-122, aufgeführte Stelle auf der S. 109. (das Buch wurde ins Serbische aus dem Italienischen übersetzt: L’UOMO MEDIEVALE a cura di Jacques Le Goff, Roma-Bari, 1987).

[15] Eschenbach verweist auf Lyppauts Teilnahme in der Schlacht und den Mut, den er dabei zeigte.

[16] Andere Formen des Kleiderzeremoniells sind nur literarisch bezeugt. Für den Ritter in den Minnedienst bedeutete es höchstes Glück, wenn die Dame, für die er kämpfte, ihm ein Stück von ihrer Kleidung mitgab, nach: Joachim Bumke S. 186.

[17] Eschenbach weist darauf hin, dass aus ihrem Mund der Gott gesprochen hat.

[18] Ursula Kessler: „Die Minnegesinnung Parzivals und Gawans im ‚Parzival‘ von Wolfram von Eschenbach“. Diplomarbeit zur Erlangung der akademischen Grades Magister phil., Wien 1990, S. 67.

[19] Kristoph stellt fest: „a rhetorical catalogue of figures culled aimlessly from a conversational manual for ladies“ (369,4-10).

[20] Hier wurde er von Heinrich von Veldekes „Enêas“ inspiriert. Wenn er über Karthago spricht, erwähnt er, dass Dîdôn dort gestorben sei.

[21] Als einer seiner Falken in Not war, half ihm der König, aber seine Kleidung wurde dabei nass. Er hat sein Pferd und seine Kleidung verloren, so dass sie ihm ein anderes Pferd und eine andere Kleidung gegeben haben.

[22] Gâwân spricht hier keine Wahrheit; als Sohn des Königs und Neffe von Artus ist er daran gewöhnt, mit edlen Damen zu kommunizieren.

[23] Wolfram benutzt Antizipation.

[24] Verachtung als Eschenbachs Betrachtungsweise der Händler.

[25] Der Dichter verbindet zweifellos die Schönheit des Schlosses (detailliert beschrieben) mit der Schönheit seiner Herrin.

[26] Sie fügt hinzu, dass sie lieb war, wie Amphlise zu ihrem Onkel Gahmurett nie lieb war. Antikonîe erklärt ihre Rede und Taten und vergleicht sich selbst mit der Königin Amphlise, aber nach Gegenteilen. Der Dichter bringt erneut die Episode auf den Punkt, in der Amphlise von Gahmurett einen Ritterdienst verlangt, und ihm die Krone, das Land, das Zepter und ihre Liebe anbietet.

[27] Nach elektronischer Ausgabe auf der Website: http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2010/0646/pdf/ddh.pdf .

[28] Auch das Schachspiel kann als Liebesspiel gedeutet werden. So vergleicht Heinrich von Neustadt in seinem Roman „APOLLONIUS VON TYRLAND“ die Hochzeitsnacht von Attaganoras und Tarsia einer Schachpartie. Gawan und Antikonie stellen hingegen sowohl bei Chrestien als auch bei Wolfram eine gefährlichere Variante dar: Beide müssen sich gegen die aufgebrachte Stadtbevölkerung verteidigen. Dieselbe Website: http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2010/0646/pdf/ddh.pdf

[29] Andjelko Badurina, Zagreb 1979, S. 590.

[30] Berufung auf das Recht zum Widerstand gegen den ungerechten König. Verletzt der Herrscher das objektive Recht, so sind seine Untertanen zur Auflehnung befugt.

[31] Die erste Bedingung war es, sich übers Jahr in Barbigol vor König Meleans zum Kampf gegen Kingrimursel zu stellen, und die andere nachträgliche, während dieser Zeit an Vergulachts Stelle den Gral zu suchen.

[32] Еrеc „verliegt sich“, als er Enita als Frau durch Kampf gewinnt, und er denkt nicht an neue ritterliche Heldentaten und Abenteuer. Seine Freunde nehmen ihm das übel und bezeichnen Enita als Hauptschuldige. Sie ist deshalb traurig und Erec bricht, zu neuen Abenteuern auf, als er das erfährt, mit dem Wunsch, zu zeigen, dass er noch immer ein tapferer Ritter ist.

[33] Bei Chrétien sind viele Figuren nur durch Appellative dargestellt, wie z. B. „hässliches Fräulein“, z. B. Blanchefleur (das ist bei Eschenbach Condwîr âmûrs). Vorbild für die Figur Antikonîes gilt die Tochter von Oedipus aus einem Roman aus dem Jahr 1180. Sie hieß Antigonîe. Ein König hat sie stark gedrückt und sie wehrte sich gegen die zu schnelle Minne. Mit Sicherheit hat Chrétien diesen französischen thebenischen Roman gekannt.

[34] „Perceval: The Story of the Grail Chretien de Troyes“. Translated by Nigel Bryant. Cambridge 1982 S. 63.

[35] “Perceval: The Story of the Grail Chretien de Troyes”, S. 64.

[36] „and so well brought up that she did not think anyone should watch over her because she was alone with him“. “Perceval: The Story of the Grail Chretien de Troyes”, S. 63. Diesem Katalog soll man auch Gehorsam hinzufügen.

[37] Bayard Quincy Morgan, „Some Women in Parzival“. In: The Journal of English and Germanic Philology, Vol. 12, No. 2 (Apr., 1913), S. 175-198, S. 194-195.

[38] Im Artikel “Adult brothers and juvenile uncles: Generations and age differences in families at the end of the Middle Ages”, der in The History of the Family, Vol. 6 (2001) veröffentlicht wurde, bemerkt Didier Lett: “When a parent died, children who were still minors were sometimes entrusted to an older brother, as was the case in the town of Gand in the fourteenth century (Nicholas, 1985). Also, when a younger sister married, the brothers sometimes participated in creating her dowry. Thus in 1193, in Béziers, three brothers, having heeded the advice of their mother and uncle, sold a house in order to provide a dowry for their 18-year-old sister.” S. 391-400.

[39] Siehe darüber z. B. Monika Kopřivová, “Women Characters in Arthurian Literature” . Faculty of Arts Masaryk University, Brno. Department of English and American Studies. Benutzt nach der Site: http://is.muni.cz/th/64922/ff_m/Women_Characters_in_Arthurian_Literature.pdf.

[40] „Damn you, woman! God destroy and confound you!Letting yourself be caressed and kissed and embraced by the man you ought to hate most in all the world! Wretched and foolish woman, how typical this is of you!... There's no good in woman: a woman's not a woman if she despises evil and loves good- it would be wrong to call her a woman then: she loses that name if she loves only good! But you're a woman, I can see that; for the man sitting beside you killed your father, and you kiss him! When a woman's got her pleasure she cares nothing for the rest!“ „Perceval: The Story of the Grail Chretien de Troyes”, S.63.

[41] “Perceval: The Story of the Grail Chretien de Troyes”, S. 64.

[42] “Perceval: The Story of the Grail Chretien de Troyes”, S. 51.

[43] Еschenbach verrät in einem Moment (davon war schon die Rede), dass Veldeke seine Quelle war.

[44] Herzog von Gowerzin, im Dienste Orgeluses. Kommentar zum Buch II „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach, zum Vers 507,2 S. 705.

[45] Der Schriftsteller deutet auf die symbolische Bedeutung der Namen; in England bedeutet dieser Name nämlich „Stolze“. Zum Buch II „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach, zum Vers 508,26, S.706.

[46] Die Ärzte haben zu dieser Zeit selbst die Medikamente hergestellt. Es gab keine Apotheker.

[47] Der verwundete Ritter hat ihm das Pferd gestohlen und ist mit seiner Dame fortgeritten. Aber dieses Pferd war nun im Besitz von Gwelljus.

[48] Bei der Deutung der Symbolik lehnen wir uns an die Diplomarbeit von Ursula Kessler an.

[49] Nach „Encyclopaedia Britannica“: talion, Latin lex talionis, principle developed in early Babylonian law and present in both biblical and early Roman law that criminals should receive as punishment precisely those injuries and damages they had inflicted upon their victims. Many early societies applied this “eye-for-an-eye” principle literally. Online Ausgabe auf der Site:http://www.britannica.com/EBchecked/topic/581485/talion.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783958206892
ISBN (Paperback)
9783958201897
Dateigröße
3.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
3
Schlagworte
Artusritter höfischer Roman Minnerhetorik Minnedienst Minnepreis

Autor

Tatjana Georgievska wurde 1990 in Belgrad, Serbien, geboren, wo sie ihre schulische Ausbildung absolvierte. Sie studierte Deutsche Philologie an der Universität Wien und schloss 2013 ihren Bachelor ab. Im selben Jahr begann sie ihr Masterstudium der deutschen Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Autorin verfasste außerdem Poesie und wurde dreimal zu einer der zehn besten DichterInnen Serbiens gewählt. Ihre vielfältigen fachlichen Hintergründe liegen in den Gebieten Literaturwissenschaft, Geschichte, Kunst, Sprache, Film und Theater.
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Titel: Über einen für die Traurigkeit bestimmten Minneritter: Gâwân aus der Sicht von Wolfram von Eschenbach und Chrétien de Troyes
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