Sublimierung bei Freud und Scheler
©2014
Bachelorarbeit
44 Seiten
Zusammenfassung
Der Begriff Sublimierung ist - trotz seiner populären Verbreitung - ein äußerst umstrittener Ausdruck, sowohl innerhalb der Psychoanalyse als auch bei Kulturphilosophen und Anthropologen. In psychoanalytischen Kreisen wird oft auf die soziokulturelle Bedeutung hingewiesen, die mit der systematischen Einordnung des Begriffes schwierig zu vereinbaren ist. Die Psychologie und philosophische Anthropologie stößt sich dabei besonders an Sigmund Freuds These, dass Kultur und Geist als Triebableitungen zu sehen sind. Doch nach meinem Empfinden besitzt der Begriff der Sublimierung weiterhin seine Berechtigung und vor allem eine bemerkenswerte Aktualität. So steht jedes Individuum in einem stetigen Spannungsfeld von leiblichen Bedürfnissen sowie kultureller bzw. sozialer Einordnung. Diese beiden Realitäten können mithilfe des Sublimierungsbegriffes näher beurteilt und verbunden werden. Dabei entstehen Fragen über den Zusammenhang von Trieb und Geist, wie etwa ob der Leib ein antigeistiges Prinzip darstellt. Diese Fragen werden in den Bereichen Psychologie, Philosophie und philosophischer Anthropologie zu beantworten versucht. Aus diesem Grunde soll die vorliegende Ausarbeitung den von Sigmund Freud populären psychoanalytischen Begriff der Sublimierung analysieren und neben den Sublimierungsbegriff von Max Scheler einordnen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
4
psychologische Qualität in seinen Werken befestigt, sodass der Ausdruck auch im
gemeinverständlichen Sprachgebrauch seine Berechtigung findet. Für Freud steht fest, dass es
Sublimierung gibt, ferner dass Sexualtriebe sublimiert werden, sowie dass Sublimierung als
wesentlicher Kulturfaktor anzusehen ist. Unklar bleibt jedoch in seiner Konzeption, welche
exakte Rolle Sublimierung bei der Kulturentwicklung spielt und vor allem wie Sublimierung
metapsychologisch zu fassen ist. So können im Begriff der Sublimierung zwei Probleme der
Philosophie- bzw. Anthropologiegeschichte miteinander verknüpft werden und zwar der
Zusammenhang von Körper und Geist sowie das Verhältnis von Individuum zur Gesellschaft.
Und so wird die Erarbeitung zum Sublimierungsbegriff bei Sigmund Freud zeigen, dass dieser
zwei Dimensionen besitzt; eine soziale und eine individuelle.
Neben Sigmund Freud wird der Philosoph Max Scheler in das Zentrum der Erarbeitung gestellt,
genauer gesagt dessen Konzeption des Sublimierungsbegriffes. Für Scheler, einem
philosophischen Anthropologen des anfänglichen 20. Jahrhunderts, bildet der Begriff der
Sublimierung einen wichtigen Bestandteil, um seine Konzeption von Geist und Drang zu
belegen. Für Scheler, der in seinem Spätwerk Die Stellung des Menschen im Kosmos der Frage
nach Abgrenzung von Mensch und Tier und einer damit zusammenhängenden Sonderstellung
des Menschen nachgeht, ist die typisch menschliche Qualität der Geist. Dieser erklärt die
Sonderstellung des Menschen, da er die höchste Seinsschicht darstellt sowie ein ,,allem und
jedem Leben überhaupt, auch dem Leben im Menschen entgegengesetztes Prinzip"
2
ist, also
entgegen aller biopsychischen Formen steht. Der Geist umfasst neben kognitiver Akte auch
eine ,,bestimmte Klasse volitiver und emotionaler Akte, wie Güte, Liebe, Reue, Erfurcht"
3
. Das
Zentrum dieser geistigen Akte stellt die Person dar. Um seinen Geistbegriff zu unterstützen,
führt Scheler den Begriff der Sublimierung ein. Der Geist ist in der Lage sich von der Umwelt-
und Triebgebundenheit aller anderen Seinsformen zu befreien. Eben diese Befreiung von der
Triebgebundenheit besteht in der Sublimierung von vitaler Energie des Triebes hin zu geistiger
Aktivität. Diese Darstellung wird im Folgenden präzisiert und einer kritischen Betrachtung
unterworfen, um Schelers Grundthese zu beleuchten, dass die Triebbefreiung des Geistes die
charakteristischen menschlichen Züge des Selbstbewusstseins und der Weltoffenheit
begründen, sowie dass die Triebbefreiung auf Sublimierung beruht. Da man Sigmund Freud,
geboren 1856, und Max Scheler, geboren 1874, grob einer Generation zuordnen kann, bildet
diese Ausarbeitung eine Grundlage den Sublimierungsbegriff der beiden Philosophen einer
2
Scheler, Max: Die Stellung des Menschen im Kosmos. Bonn 2010, Seite 27.
3
Ebd.
5
Betrachtung zu unterziehen, welche psychologische, philosophische und philosophisch
anthropologische Züge der besagten Theorien des anfänglichen 20. Jahrhunderts zu bieten hat.
2. Zum Begriff der Sublimierung
2.1 Historische Entwicklung des Sublimierungsbegriffes
Der Duden
4
definiert sublimieren als etwas ,,auf eine höhere Ebene erheben, ins Erhabene
steigern; verfeinern, veredeln"
5
sowie psychologisch ,,(einen Trieb) in künstlerische, kulturelle
Leistung o.Ä. um[zu]setzen"
6
. Die Qualität als chemischen Faktor kann an dieser Stelle außen
vor gelassen werden. Als Synonyme werden ,,erhöhen, hochstilisieren, ins Erhabene steigern,
kultivieren, verbessern, verfeinern, verschönern, vervollkommnen; [...] veredeln; [...]
spiritualisieren"
7
aufgezeigt; die Etymologie des Wortes lässt sich aus dem lateinischen
sublimare, was so viel wie erhöhen bedeutet, ableiten. Im Folgenden soll der traditionelle
Wortgebrauch von sublim bzw. Sublimierung erörtert und in den Kontext der Darstellungen
von Max Scheler und Sigmund Freud eingearbeitet werden.
Bereits in der lateinischen Kultur war der Begriff sublime bekannt und wurde sowohl in
wissenschaftlichen als auch in kulturellen Kreisen verwendet
8
. Im 18. Jahrhundert wurde in
literarischen Kreisen ein Sprachstil gepflegt, der sublim genannt wurde. Der sublime
Sprachgebrauch wurde unter anderem von deutschen Philosophen und Literaten wie Friedrich
Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Novalis, Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche
gepflegt und steht für das Feinste, für Kultur, für Geist. Im deutschen Wörterbuch von Jakob
und Wilhelm Grimm wird sublim ,,zur kennzeichnung eines erhabenen sprachlichen stils
[gebraucht,][...] sublim bezeichnet weiter die erhabene einstellung im geistigen überhaupt"
9
.
Bei Friedrich Nietzsche meint sublim den erhabensten Kunstgenuss, Passagen an denen der
deutsche Philosoph von sublim spricht, finden sich in vielen seiner Werke, so auch in Die
dionysische Weltanschauung von 1870, in der er zu Papier bringt:
,,[...] Hier begreift man am leichtesten den unglaublichen Idealismus des hellenischen Wesens: aus einem
Naturkult, der bei den Asiaten die roheste Entfesselung der niederen Triebe bedeutet, ein panhetärisches
Thierleben, das für eine bestimmte Zeit alle socialen Bande sprengt, wurde bei ihnen ein
4
Vgl. Sublimierung auf: Duden.de. Abzurufen unter: http://www.duden.de/node/730051/revisions/1138720/view.
Abgerufen am 23.03.2014.
5
Ebd.
6
Ebd.
7
Ebd.
8
Vgl. im Folgenden: ,,Sublim" im traditionellen Wortgebrauch und das Problem der Sublimierung in: Vinzens,
Albert: Friedrich Nietzsches Instinktverwandlung. Basel 1999, Seite 22 26.
9
Sublim in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-
1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971, sublim bis subsistieren (Bd. 20, Sp. 815 bis 818).
6
Welterlösungsfest, ein Verklärungstag. Alle die sublimen Triebe ihres Wesens offenbarten sich in dieser
Idealisierung der Orgie."
10
Bezogen auf den Menschen bedeutet sublim bei Nietzsche, dass dieser einen erhabenen und
hohen Zustand erreicht hat. Doch Nietzsches Sublimierungsgebrauch ist an eine differenzierte
Begriffsdarstellung gebunden und soll an späterer Stelle thematisiert werden. Zu erwähnen sei,
dass außerhalb des geisteswissenschaftlichen Sprachgebrauchs Sublimierung in der Chemie
bzw. Alchemie seit dem Mittelalter geläufig war. Der Franziskanermönch Raimundus Lullus
hat ,,zusammen mit der Destillation, Filtration und Kristallisation, auch die Sublimierung
beschrieben"
11
. Diese chemische Qualität der Sublimierung, als ,,vom festen unmittelbar in den
gasförmigen Aggregatzustand übergehen[de]"
12
Begrifflichkeit, wird in der folgenden
Ausarbeitung jedoch nicht thematisiert.
Den Sublimierungsmechanismus hat sicherlich erst Sigmund Freud in das kollektive
Bewusstsein gebracht. Stefan Andreae schreibt in Zum Begriff der Sublimierung bei Sigmund
Freud, dass ,,die Bezeichnung Sublimierung [...] Freud nach seinen eigenen Aussagen von
seinem langjährigen Freund [...] Wilhelm Fließ"
13
übernommen habe. Sublimierung ist ein
Begriff, den Freud entschieden geprägt und beeinflusst hat, allerdings darf nicht vergessen
werden, dass Friedrich Nietzsche Jahre vor Freud eine Form der Sublimierung in seinen Werken
beschrieb
14
. Die Beziehung Freuds zu Nietzsche soll an dieser Stelle nicht vertieft werden, da
sich ganze Bücher diesem Thema widmen. Festgehalten werden kann, dass Friedrich Nietzsche
den Sublimierungsbegriff in vielen Passagen seiner Werke anführte und allgemein belegt ist
mittlerweile ebenso, dass ,,Freud [...] Nietzsches Werk als Student kennengelernt hat [und sein]
Einfluss auf Freud [...] unbestritten [ist]"
15
.
Freuds wichtiger Beitrag zur Sublimierung ist deren Einordnung in den psychoanalytischen
Kontext. Bezeichnend für die Relevanz, die der Begriff Sublimierung in der analytischen
Psychologie spielt, ist, dass die Bezeichnung Sublimierung in Freuds Werken durch Sperrdruck
hervorgehoben wurde.
16
Die genauere Erläuterung der psychoanalytischen Qualität der
10
Nietzsche, Friedrich: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden, Band 1 hrsg. von Giorgio Colli
und Mazzino Montinari. München und New York 1980, Seite 556.
11
Vinzens, Albert: Friedrich Nietzsches Instinktverwandlung. Basel 1999, Seite 26.
12
Sublimierung auf: Duden.de. Abzurufen unter: http://www.duden.de/node/730051/revisions/1138720/view.
Abgerufen am 23.03.2014.
13
Andreae, Stefan: Zum Begriff der Sublimierung bei Sigmund Freud. In: Materialien zur Psychoanalyse und
analytisch orientierten Psychotherapie, hrsg. von P. Hahn, E. Herdieckerhoff. Göttingen und Zürich 1975, Seite 7.
14
Vgl. dazu Die Entdeckung der Sublimierung in der Psychoanalyse in Vinzens, Albert: Friedrich Nietzsches
Instinktverwandlung. Basel 1999, Seiten 26 32.
15
Vinzens, Albert: Friedrich Nietzsches Instinktverwandlung. Basel 1999, Seite 26.
16
Vgl. Vinzens, Albert: Friedrich Nietzsches Instinktverwandlung. Basel 1999, Seite 26, sowie ausgewählte
Passagen in Freud, Sigmund: Gesammelte Werke. Chronologisch geordnet, hrsg. Von Anna Freud, E. Bibring, W.
Hoffer, E. Kris, O. Isakower, Imago Publishing Co., London 1952.
7
Sublimierung von Sigmund Freud soll im nächsten Kapitel differenziert dargestellt werden. Für
Max Scheler stellt die Sublimierung eine bedeutsame Größe in seiner anthropologischen
Philosophie dar. Nach Scheler kann der Geist, trieb- und umweltoffen, nur durch jene
Sublimierung vom Triebleben befreit werden und vitale Triebenergie zu geistigen Aktivitäten
erhöhen. Auch Schelers Sublimierungsdarstellung soll an späterer Stelle genauer gefasst
werden. Erstmalige Erwähnung findet die Idee der Sublimierung für Eckart Goebel bei Platon
in seinem Werk Symposion
17
. Gert Janssen führt aus, dass Nietzsche in Menschliches,
Allzumenschliches II erstmals ,,von einer ,sublimierten Geschlechtlichkeit` [...] sprach und
damit dem Begriff seine spezifische Bedeutung gab"
18
. Fest steht, dass der Begriff
Sublimierung durch die psychoanalytische Rezeption seine Berechtigung in Soziologie,
Psychologie und Philosophie gefunden hat.
2.3 Triebsublimierung in den Werken Sigmund Freuds
Der Begriff der Sublimierung wurde von Sigmund Freud in die Psychoanalyse eingeführt,
allerdings entwarf der Psychoanalytiker keine Gesamtkonzeption, sondern nur fragmentarische
Ansätze dieses Begriffes. Dieses Kapitel widmet sich der Grundstruktur des freudschen
Sublimierungsbegriffes, der in einem weiteren Schritt einer kritischen Betrachtung unterzogen
wird. Eine praktische Übersicht über diese Thematik bietet das Kapitel Selbstbeherrschung.
Sigmund Freud aus dem Werk Jenseits des Unbehagens. Sublimierung von Goethe bis Lacan.
Ein sinnvoller kritischer Umgang mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept bietet die
von Gert Janssen verfasste Publikation Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für
Erziehung und Psychotherapie. Sämtliche im Text kenntliche Zitate sind Freuds Gesammelte
Werke entnommen. In Das Unbehagen in der Kultur wird Sublimierung als Vorgang, gemessen
an anderen Passagen, anschaulich von Freud beschrieben:
19
,,Eine andere Technik der Leidabwehr bedient sich der Libidoverschiebungen, welche unser seelischer
Apparat gestattet, durch die seine Funktion so viel an Geschmeidigkeit gewinnt. Die zu lösende Aufgabe
ist, die Triebziele solcherart zu verlegen, daß sie von der Versagung der Außenwelt nicht getroffen werden
können. Die Sublimierung der Triebe leiht dazu ihre Hilfe. Am meisten erreicht man, wenn man den
Lustgewinn aus den Quellen psychischer und intellektueller Arbeit genügend zu erhöhen versteht. Das
Schicksal kann einem dann wenig anhaben. Die Befriedigung solcher Art, wie die Freude des Künstlers
am Schaffen, an der Verkörperung seiner Phantasiegebilde, die des Forschers an der Lösung von
17
Vgl. Goebel, Eckhardt: Jenseits des Unbehagens. ,Sublimierung` von Goethe bis Lacan. Bielefeld 2009, Seite 9
f.
18
Janssen, Gert: Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und Psychotherapie. Eine
kritische Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin 1992, Seite 7.
19
Vgl. im Folgenden: Die Entdeckung der Sublimierung in der Psychoanalyse in Vinzens, Albert: Friedrich
Nietzsches Instinktverwandlung. Basel 1999, Seite 28.
8
Problemen und am Erkennen der Wahrheit, haben eine besondere Qualität, die wir gewiß eines Tages
werden metapsychologisch charakterisieren können. Derzeit können wir nur bildweise sagen, sie
erscheinen uns »feiner und höher«, aber ihre Intensität ist im Vergleich mit der aus der Sättigung grober,
primärer Triebregungen gedämpft; sie erschüttern nicht unsere Leiblichkeit. Die Schwäche dieser
Methode liegt aber darin, daß sie nicht allgemein verwendbar, nur wenigen Menschen zugänglich ist. Sie
setzt besondere, im wirksamen Ausmaß nicht gerade häufige Anlagen und Begabungen voraus. Auch
diesen wenigen kann sie nicht vollkommenen Leidensschutz gewähren, sie schafft ihnen keinen für die
Pfeile des Schicksals undurchdringlichen Panzer, und sie pflegt zu versagen, wenn der eigene Leib die
Quelle des Leidens wird."
20
Die Libidoverschiebungen stellen also eine Technik der Leidabwehr- und verschiebung der
Triebziele hin zu Arbeit, Wissenschaft, Kunst und im weiteren Sinne auch Philosophie dar.
Albert Vinzens schreibt, dass ,,Verfeinerung der Triebe, kultureller Aufstieg und zuletzt
Grenzen der Methode aufgrund nicht allgemeiner Anwendbarkeit [...] die [...] Merkmale von
Sublimierung im Sinne Freuds [sind]"
21
. Somit gehört Sublimierung zu den zehn typischen
Abwehrmechanismen, zu den außerdem noch Introjektion, Projektion, Ungeschehenmachen,
Isolierung, Regression, Reaktionsbildung, Verdrängung, Verkehrung ins Gegenteil sowie
Wendung gegen die eigene Person gehören. Unter Abwehrmechanismen werden Techniken
verstanden, welche das Ich in einem etwaigen zur Neurose steuernden Konflikt nutzt.
22
Sublimierung wird unter die Abwehrmechanismen eingeordnet, weil ,,das Ich hierbei den
Triebanspruch auf eine andere Art als durch bloße Befriedigung erledigt"
23
. Bei der
Sublimierung kommt es nicht zur Verdrängung, da Triebziele und -objekte nur modifiziert
werden. In seinem Werk Die kulturelle Sexualmoral und die moderne Nervosität expliziert
Freud seinen Begriff der Sublimierung:
,,[...] Man nennt diese Fähigkeit, das ursprünglich sexuelle Ziel gegen ein anderes, nicht mehr sexuelles,
aber psychisch mit ihm verwandtes, zu vertauschen, die Fähigkeit zur Sublimierung. [...] Die
ursprüngliche Stärke des Sexualtriebes ist wahrscheinlich bei den einzelnen Individuen verschieden groß;
sicherlich schwankend ist der von ihm zur Sublimierung geeignete Betrag. Wir stellen uns vor, daß es
zunächst durch die mitgebrachte Organisation entschieden ist, ein wie großer Anteil des Sexualtriebes
20
Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, chronologisch
geordnet. Bd. 14. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago Publishing Co, London
1952, Seite 437 f.
21
Vinzens, Albert: Friedrich Nietzsches Instinktverwandlung. Basel 1999, Seite 29.
22
Das Strukturmodell der Psyche, auch zweite Topik genannt, besteht aus den drei Instanzen Es, Ich und Über-
Ich. Während das Es den Ausdruck der Triebe in sich hat, stellt das Über-Ich die sozialen Normen und Werte dar.
Das Ich entspricht dem Selbstbewusstsein und kann als Realitätsprinzip erklärt werden. Werden Triebe nicht
befriedigt und stehen im Kontrast zum Über-Ich, kann es zur Neurosenbildung kommen. Vgl. für ein einführendes
Verständnis: Freud, Sigmund: Das Ich und das Es. In: Freud, Sigmund: Gesammelte Werke, chronologisch
geordnet. Bd. 13. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago Publishing Co, London
1952.
23
Janssen, Gert: Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und Psychotherapie. Eine
kritische Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin 1992, Seite 35.
9
sich beim Einzelnen als sublimierbar und verwertbar erweisen wird; außerdem gelingt es den Einflüssen
des Lebens und der intellektuellen Beeinflussung des seelischen Apparates, einen weiteren Anteil zur
Sublimierung zu bringen. Ins Unbegrenzte fortzusetzen ist dieser Verschiebungsprozeß aber sicherlich
nicht, so wenig wie die Umsetzung der Wärme in mechanische Arbeit bei unseren Maschinen. [...]
Während dieser Entwicklung wird ein Anteil der vom eigenen Körper gelieferten Sexualerregung als
unbrauchbar für die Fortpflanzungsfunktion gehemmt und im günstigen Falle der Sublimierung
zugeführt. Die für die Kulturarbeit verwertbaren Kräfte werden so zum großen Teile durch die
Unterdrückung der sogenannt perversen Anteile der Sexualerregung gewonnen. [...] Die Bewältigung
durch Sublimierung, durch Ablenkung der sexuellen Triebkräfte vom sexuellen Ziele weg auf höhere
kulturelle Ziele gelingt einer Minderzahl, und wohl auch dieser nur zeitweilig, am wenigsten leicht in der
Lebenszeit feuriger Jugendkraft."
24
Für Freud stellen die sublimierten Triebe eine höhere Rangordnung als die unsublimierten dar.
Dass sublimierte Triebe ein höheres Kulturgut als unsublimierte bilden, sieht Freud seiner Zeit
geschuldet, da diese gesellschaftliche Zwecke höher ansieht, als sexuelle. Da die kulturellen
oder sozialen Triebziele, die gegen die erotischen eingetauscht werden, immer höher und besser
sind, als die sexuellen, denen etwas selbstsüchtiges anhaftet, enthält der Begriff Sublimierung
immer ein Werturteil.
25
So führt Freud aus:
,,[...] Er besteht darin, daß die Sexualbestrebung ihr auf Partiallust oder Fortpflanzungslust gerichtetes
Ziel aufgibt und ein anderes annimmt, welches genetisch mit dem aufgegebenen zusammenhängt, aber
selbst nicht mehr sexuell, sondern sozial genannt werden muß. Wir heißen den Prozeß ,Sublimierung`,
wobei wir uns der allgemeinen Schätzung fügen, welche soziale Ziele höher stellt als die im Grunde
selbstsüchtigen sexuellen. Die Sublimierung ist übrigens nur ein Spezialfall der Anlehnung von
Sexualstrebungen an andere nicht sexuelle."
26
An dieser Stelle beschreibt Freud den Prozess der Sublimierung sowie den inhärenten Vorgang
aus sexuellen Trieben, soziale zu formen. Die immense Bedeutung, die Sublimierung für die
kulturelle Entwicklung hat, verdeutlicht Freud in Das Unbehagen in der Kultur:
,,Die Triebsublimierung ist ein besonders hervorstechender Zug der Kulturentwicklung, sie macht es
möglich, daß höhere psychische Tätigkeiten, wissenschaftliche, künstlerische, ideologische, eine so
bedeutsame Rolle im Kulturleben spielen. [...] und das scheint das Wichtigste, ist es unmöglich zu
übersehen, in welchem Ausmaß die Kultur auf Triebverzicht aufgebaut ist, wie sehr sie gerade die
24
Sigmund Freud: Die kulturelle Sexualmoral und die moderne Nervosität. In: Sigmund Freud: Gesammelte
Werke, chronologisch geordnet. Bd. 7. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago
Publishing Co, London 1952, Seite 150.
25
Vgl. Der Begriff der Sublimierung bei Freud. Darstellung und negative Kritik. In: Andreae, Stefan: Zum Begriff
der Sublimierung bei Sigmund Freud. In: Materialien zur Psychoanalyse und analytisch orientierten
Psychotherapie, hrsg. von P. Hahn, E. Herdieckerhoff. Göttingen und Zürich 1975, Seite 9.
26
Freud, Sigmund: Gesammelte Werke, chronologisch geordnet. Bd. 11. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W.
Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago Publishing Co, London 1952, Seite 358.
10
Nichtbefriedigung (Unterdrückung, Verdrängung oder sonst etwas?) von mächtigen Trieben zur
Voraussetzung hat."
27
Für die Kultur ist Triebverzicht demnach die entscheidende Komponente. Nach Freuds
Grundkonzeption besitzt der Mensch die beiden Triebkräfte des Aggressionstriebes und die
Libido, die Energie des Eros. Um Kultur zu schaffen, also immer größere Einheiten zu bilden,
versucht nun die Kultur vor allem den Aggressionstrieb zu hemmen. Dies geschieht unter
anderem in der Ausprägung des Über-Ichs, doch dies soll nur als kleiner Exkurs angedeutet
werden. Relevanz besitzt die Tatsache, dass die Hemmung und Abschwächung der Triebe,
meist der Sexualtriebe, Kultur entstehen lassen. Freud spricht unter anderem im
Zusammenhang von Homosexualität davon, dass der Sexualtrieb sich zur ,,kulturellen
Sublimierung"
28
eignet. Diese kulturelle Sublimierung führt Freud in einer immer
widerkehrenden Struktur auf, er postuliert:
,,Die Kulturhistoriker scheinen einig in der Annahme, daß durch solche Ablenkung sexueller Triebkräfte
von sexuellen Zielen und Hinlenkung auf neue Ziele, ein Prozeß, der den Namen Sublimierung verdient,
mächtige Komponenten für alle kulturellen Leistungen gewonnen werden."
29
Und in Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung heißt es, ,,Sublimierung der
erotischen Triebkräfte und Umsetzung derselben in nicht mehr erotisch zu nennende
Strebungen"
30
. Nach diesen Grundannahmen vollzieht sich Sublimierung in eigentlich allen
Fällen, die Freud ausführt. Stefan Andreae führt allerdings die Ausnahme an, für den Fall, dass
Freud von Sublimierung in Zusammenhang des Destruktionstriebes spricht.
31
An wenigen
Stellen setzt Freud Sublimierung mit der Neutralisierung des Destruktionstriebes gleich. Dies
kann jedoch aufgrund der quantitativen Textpassagen vernachlässigt werden, zeigt aber
deutlich, dass Freud eben keine Gesamtkonzeption des Sublimierungsbegriffes ausführt. Es
sollen nun weitere Textabschnitte verdeutlichen, wie der recht vage Begriff der Sublimierung
27
Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, chronologisch
geordnet. Bd. 14. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago Publishing Co, London
1952, Seite 457.
28
Freud, Sigmund: Die kulturelle Sexualmoral und die moderne Nervosität. In: Sigmund Freud: Gesammelte
Werke, chronologisch geordnet. Bd. 7. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago
Publishing Co, London 1952, Seite 153.
29
Freud, Sigmund: Die infantile Sexualität. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, chronologisch geordnet. Bd.
5. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago Publishing Co, London 1952, Seite
79.
30
Freud, Sigmund: Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke,
chronologisch geordnet. Bd. 10. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago
Publishing Co, London 1952, Seite 106.
31
Vgl. Grunddefinition der Sublimierung in Andreae, Stefan: Zum Begriff der Sublimierung bei Sigmund Freud.
In: Materialien zur Psychoanalyse und analytisch orientierten Psychotherapie, hrsg. von P. Hahn, E.
Herdieckerhoff. Göttingen und Zürich 1975.
11
nach Freud das Verhältnis von Trieb und Geist erklären kann. Es ist wiederum die
Kulturentwicklung in Kurzer Abriß der Psychoanalyse, die den Begriff konkretisiert:
,,Wenn man von wenig bekannten inneren Antrieben absieht, so darf man sagen, der Hauptmotor der
Kulturentwicklung des Menschen ist die äußere reale Not gewesen, die ihm die bequeme Befriedigung
seiner natürlichen Bedürfnisse verweigerte und ihn übergroßen Gefahren preisgab. Diese äußere
Versagung zwang ihn zum Kampf mit der Realität, der teils in Anpassung an dieselbe, teils in
Beherrschung derselben ausging, aber auch zur Arbeitsgemeinschaft und zum Zusammenleben mit
seinesgleichen, womit bereits ein Verzicht auf mancherlei sozial nicht zu befriedigende Triebregungen
verbunden war. Mit den weiteren Fortschritten der Kultur wuchsen auch die Ansprüche der Verdrängung.
Die Kultur ist doch überhaupt auf Triebverzicht aufgebaut, und jedes einzelne Individuum soll auf seinem
Wege von der Kindheit zur Reife an seiner Person diese Entwicklung der Menschheit zur verständigen
Resignation wiederholen. Die Psychoanalyse hat gezeigt, daß es vorwiegend, wenn auch nicht
ausschließlich, sexuelle Triebregungen sind, welche dieser kulturellen Unterdrückung verfallen. Ein Teil
derselben zeigt nun die wertvolle Eigenschaft, sich von ihren nächsten Zielen ablenken zu lassen und so
als ,sublimierte` Strebungen ihre Energie der kulturellen Entwicklung zur Verfügung zu stellen.. Ein
anderer Anteil bleibt aber als unbefriedigte Wunschregung im Unbewußten bestehen und drängt nach
irgendwelcher, wenn auch entstellter, Befriedigung."
32
Im Kern besagt Freuds These, dass Kultur trotz ihrer Notwendigkeit etwas Versagendes besitzt,
in dessen Endziel ein Triebverzicht steht. Kulturentwicklung und Sublimierung besitzen somit
einen ähnlichen Charakter, da Grundlage der Kulturentwicklung offenbar die Lebensnot ist.
Diese ist somit auch der Ausgangspunkt der Sublimierung. Wenn Freud feststellt, dass das Ziel
der Kulturentwicklung verständige Resignation sei, bedeutet dies, dass er die Unerfüllbarkeit
des Strebens der Menschen einsieht. Hier wird deutlich, dass ,,die Kräfte der Kulturbildung
verwandeltete Triebkräfte sind, eine Verwandlung, die unter dem Druck der äußeren Realität
geschieht"
33
. Die Triebe werden unter Zwang ihrer Mächtigkeit beraubt, dies stellt dann die
entstehende Kultur dar. Die sublimierte Sexualität, in obiger Zitation erwähnt, bezeichnet die
gewöhnliche Anwendung des Sublimierungsbegriffes. Die Sexualität scheint ein Wesen zu
besitzen, dass in der Realität nicht erfüllt werden kann, sodass sie kulturelle Ersatzformen
bilden kann. Festgehalten werden kann, dass ,,Sublimierung [...] nach Freud Triebverzicht aus
Lebensnot [ist], die Folge ist die Entstehung von Kultur"
34
. Diese Definition gilt nicht nur für
32
Freud, Sigmund: Gesammelte Werke, chronologisch geordnet. Bd. 13. Hrsg. v. Anna Freud , E. Bibring, W.
Hoffer, E. Kris, O. Isakower. Imago Publishing Co, London 1952, Seite 424.
33
Andreae, Stefan: Zum Begriff der Sublimierung bei Sigmund Freud. In: Materialien zur Psychoanalyse und
analytisch orientierten Psychotherapie, hrsg. von P. Hahn, E. Herdieckerhoff. Göttingen und Zürich 1975, Seite
20.
34
A.a.O. Seite 22.
12
Kultur allgemein, sondern auch für die persönliche Kultur, also die eigene Entwicklung des
Individuums. In Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und
Psychotherapie beschreibt Gert Janssen Sublimierung als Vorgang innerhalb der
psychosexuellen Entwicklung. Er führt an, dass Sublimierung, neben Verdrängung und
Perversion, während der psychosozialen Entwicklung auftreten kann.
35
Als Beispiel kann die
anale Phase dienen, bei der die Analerotik im Verlauf der Charakterbildung aufgezehrt und zu
Sparsamkeit und Ordentlichkeit sublimiert wird. In der phallischen Phase wird die
Sexualneugier ins Künstlerische oder zum Forscherdrang sublimiert. Bei der Sublimierung als
Abwehrform, wie an früherer Stelle angedeutet, werden nur Triebziel und objekt modifiziert,
es findet jedoch keine Verdrängung statt. Verdrängung bedeutet, dass ein Riss in der
Persönlichkeit entsteht, da Teile des Trieblebens vom Bewusstsein separiert und damit vom Ich
abgespalten werden. Und so kommt Janssen zu dem Ergebnis, dass ,,bei der Sublimierung die
die Triebenergie auf nichtsexuelle, kulturell wertvolle Aktivitäten verschiebt [...] die
Persönlichkeit nicht nur Intakt [bleibt], sondern [...] sogar bereichert [wird]"
36
. Charakterfehler
wie Geiz und Eigensinn oder Zwangssymptome deuten eher auf psychische Störungen hin und
sind somit wesentlich von der Sublimierung zu unterscheiden. Da die Auseinandersetzung mit
verdrängten Symptomen und Wünschen viel Energie erfordert, kommt dies bei der
Sublimierung der Bildung des Ichs zugute. Man kann festhalten, dass ,,der Sublimierende [...]
über ein höheres Maß an psychischer Leistungsfähigkeit bzw. über ein stärkeres Ich"
37
verfügt.
Nach Freuds dritter Triebtheorie
38
steht der Todestrieb im Gegensatz zum Eros, welcher das
Leben zu erhalten sucht. Demnach sind Sexualtriebe dem Objekt zugewandt, die Libido wird
als Energie oder Kraftäußerung des Eros verstanden. Sublimierung entsteht, ,,wenn das Ich die
Libido vom Objekt weg zu sich zurückzieht"
39
. Freud selbst bezeichnet dies als
Desexualisierung des Eros. Freuds Erosbegriff umfasst damit auch die sublimierte Liebe zu
Kunst und Wissenschaft. Sublimiert werden ,,nichtsexuelle Aktivitäten des Ichs, die die
Merkmale des Eros erkennen lassen, die also über das Individuum hinauszielen und eine
Öffnung zur Welt hin darstellen"
40
, welche Leben vermehren wollen und nützlich und
produktiv auch für andere Menschen sind. Diese Form der Veredelung wird neben der
35
Vgl. Sublimierung als Vorgang innerhalb der sexuellen Entwicklung. In: Janssen, Gert: Der Begriff der
Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und Psychotherapie. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem
psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin 1992, Seiten 16 33.
36
Janssen, Gert: Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und Psychotherapie. Eine
kritische Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin 1992, Seite 61.
37
Ebd.
38
Freud revidierte mehrfach seine Triebtheorie, es lassen sich grundsätzlich drei Werkphasen ausmachen.
39
Janssen, Gert: Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und Psychotherapie. Eine
kritische Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin 1992, Seite 97.
40
Ebd.
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Zielsetzung daran erkannt, dass sie von Stetigkeit und Dauer geprägt ist. Erweitern wir nun die
Sublimierung im psychoanalytischen Kontext und fragen nach Freuds Menschenbild, um
weitere differenzierte Aussagen zur Sublimierung treffen zu können
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.
Sigmund Freuds Menschenbild war - unter anderem aufgrund seines Medizinstudiums -
biologisch-organischen Grundstrukturen unterworfen. Der Ursprung alles Menschlichen liegt
im Triebleben, ebenso wie die Sublimierung, die als Triebschicksal zu begreifen ist. Auf dieser
Grundlage steht Freud im Verständnis von Philosophen wie Schopenhauer, Nietzsche oder dem
Evolutionsbiologen Darwin, deren Menschenbild ausgehend von Leiblichkeit gedeutet werden
kann. Somit steht Freud nicht in der Tradition der Idealisten, die den Geist losgelöst vom Körper
sehen. Diese Konzeption des Biologischen wird im Verlauf der Erarbeitung besonders bei der
Darstellung der Sublimierung bei Max Scheler von Bedeutung sein. ,,In Freuds These, daß das
Geistige ein Sublimierungsprodukt des Sexualtriebes ist, ist der entscheidende Grundgedanke
enthalten, daß das Geistige im Leib verankert ist und sich auch nur im Zusammenhang mit Leib
und Seele entwickeln kann."
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Dies ist als immens relevante Basis für den Begriff der
Sublimierung festzuhalten. Der Begriff Sublimierung bildet also einen Randbegriff in der
Psychoanalyse.
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Sublimierung betrifft die Sexualtheorie, da ,,Sublimieren den Triebanspruch
unter den Aspekt der Verhaltung stellt"
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. Neben Verdrängung und Verleugnung hat Freud sie
zuerst in Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie 1905 eingeführt und in keiner seiner relevanten
Werke fehlt der Begriff. Neben der psychologischen Qualität besitzt Sublimierung auch den
kulturtheoretischen Aspekt, dass eben die Kultur auf Sublimierung beruht. Ohne Sublimierung
kann kein stabiler Zustand möglich sein: ,,,Allein die gelungene oder gescheiterte
Transformation in sublimierte Triebäußerungen entscheidet über das Normale und
Pathologische`"
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. Auf der anderen Seite ,,zählt die Sublimierung zu den trivialitätsanfälligen
Posten von Freuds Lehre, ein Rest der kathartischen Therapie in den 1890er Jahren, Abfuhr der
Triebenergie in Phantasieprodukte, die dem Gemeinwesen angeblich nicht schädlich sind."
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Auch wenn der Begriff der Sublimierung bei Freud unausgearbeitet blieb, lassen sich zwei
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Vgl. im Folgenden: Der Charakter des sublimierungsfähigen Menschen in Abgrenzung zu defizienten Formen
der Charakterbildung. In: Janssen, Gert: Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und
Psychotherapie. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin
1992, Seite 107 146.
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Janssen, Gert: Der Begriff der Sublimierung und seine Bedeutung für Erziehung und Psychotherapie. Eine
kritische Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischen Sublimierungskonzept. Berlin 1992, Seite 98.
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Vgl. Die psychoanalytische Zensur. Randstellung der Sublimierung. In: Johanna Bossinade: Theorie der
Sublimation. Ein Schlüssel zur Psychoanalyse und zum Werk Kafkas. Würzburg 2007, Seite 16 f.
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Bossinade, Johanna: Theorie der Sublimation. Ein Schlüssel zur Psychoanalyse und zum Werk Kafkas.
Würzburg 2007, Seite 17.
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Ebd.
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Ebd.
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2014
- ISBN (PDF)
- 9783958208162
- ISBN (Paperback)
- 9783958203167
- Dateigröße
- 786 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Christian-Albrechts-Universität Kiel
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Sigmund Freud Max Scheler Sublimation sublim Anthropologie