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Konflikte: Definition, Arten, Lösungsansätze

©2004 Studienarbeit 22 Seiten

Zusammenfassung

Konflikte gibt es überall und auf vielen Ebenen, sei es zwischen Ehepartnern, zwischen Generationen oder zwischen Staaten. Sie haben oft nicht nur ein zerstörerisches Potenzial, sondern bieten auch eine Chance zur Verbesserung und Weiterentwicklung. Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit Lösungsansätzen zur Konfliktbeseitigung. Dazu wird der Begriff „Konflikt“ von anderen ähnlichen Termini abgegrenzt sowie verschiedene Konflikttypen analysiert. Zudem wird Bezug zum Phasenmodell der Konflikteskalation geschaffen. Abschließend werden Formen der Konfliktbewältigung durch die Konfliktparteien selbst oder mithilfe einer Drittpartei diskutiert. Insbesondere wird die Konfliktlösung durch das Mediationsverfahren durch einen Außenstehenden herausgegriffen und erläutert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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1. Begriffsbestimmung und Abgrenzung
Das Substantiv ,,Konflikt" leitet sich vom lateinischen Verb ,,confligere" ab, das mit
,,zusammenstoßen, kämpfen" übersetzt werden kann. Oft werden Konflikte aggressiv
ausgetragen. Doch muß zwischen reiner Aggression (die beabsichtigte körperliche oder
seelische Schädigung einer Person) und Konflikt unterschieden werden, da bei
Aggressionen wesentliche Merkmale eines Konflikts fehlen.
1)
Konflikte machen vorhandene Unterschiede deutlich.
2)
Trotzdem ist nicht jede Situation
zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen auch gleich ein Konflikt.
3)
Heute
werden viele Meinungsverschiedenheiten mit dem Wort Konflikt bezeichnet,
beispielsweise der Streit zwischen Eheleuten als Ehekonflikt oder die unterschiedlichen
Auffassungen in der Familie als Generationenkonflikt. Diese Situationen, in denen
Ereignisse lediglich unterschiedlich wahrgenommen werden, sind jedoch noch keine
Konflikte. Erst wenn dieser Eindruck einer Unvereinbarkeit ein entsprechendes Handeln
nach sich zieht sind die Voraussetzungen für einen Konflikt gegeben.
Ein Konflikt liegt dann vor, wenn diese Handlungen eine Seite beeinträchtigen, wenn z. B.
im Versuch, den anderen zu überzeugen, Druck ausgeübt wird oder Drohungen
ausgesprochen werden. Konflikte entstehen auch dadurch, dass jede Seite versucht, ihre
Ansichten, ihre Interessen und ihr Vorgehen gegen die andere Seite durchzusetzen. Als
Voraussetzung für einen Konflikt müssen diese Menschen oder Gruppen außerdem in
einer Beziehung zueinander stehen, d. h. sie müssen aufeinander angewiesen sein.
4)
Für das Entstehen eines Konfliktes ist das Verhalten der betreffenden Parteien
verantwortlich. Es kommt zum Konflikt, wenn Ziele und Interessen unvereinbar scheinen
und die Parteien sich entsprechend verhalten. Die Ziele können dabei objektiv vereinbar
sein. Doch wenn eine der Parteien subjektiv davon ausgeht, mit der anderen in einem
Interessengegensatz zu sein und dementsprechend handelt, kann ein Konflikt entstehen.
5)
1) Vgl. Rüttinger/Sauer (2000), S. 14
2) Vgl. Schwarz (1995), S. 15
3) Vgl. Bitzer/Liebsch/Behnert (2002), S. 38
4) Vgl. Höher/Höher (2000), S. 47
5) Vgl. ebd., S. 48

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In der Literatur existiert eine Vielzahl an Definitionen für Konflikte. Exemplarisch sollen
hier zwei Definitionen herausgegriffen werden.
Rüttinger definiert Konflikte als ,,Spannungssituationen, in denen mehrere Parteien, die
voneinander abhängig sind, mit Nachdruck versuchen, unvereinbare Handlungspläne zu
verwirklichen und sich dabei ihrer Gegnerschaft bewusst sind".
1)
Bei Glasl wird diese Definition auf der Ebene des Empfindens abgeändert:
,,Sozialer Konflikt ist eine Interaktion
- zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen, etc.)
- wobei wenigstens ein Aktor
- Unvereinbarkeiten
im Denken/Vorstellen/Wahrnehmen
und/oder Fühlen
und/oder Wollen
- mit dem anderen Aktor (anderen Aktoren) in der Art erlebt,
- dass im Realisieren eine Beeinträchtigung
- durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge."
2)
Konflikte laufen auf verschiedenen Ebenen ab. Sie werden bestimmt durch den
Sachinhalt (die Inhaltsebene) und die Beziehungsebene (Personen- oder
Verhaltensebene der Konfliktparteien). Außerdem müssen Abläufe und
Steuerungsprozesse sowie Rahmenbedingungen beachtet werden.
3)
Bei Schwarz treten Konflikte auf dreierlei Dimensionen auf: der rationalen Dimension (hier
geht es um ein bestimmtes Problem), der emotionalen Dimension (es geht um die
asymetrische Identifizierung der Beteiligten mit gegensätzlichen Interessen) und der
sozialen Dimension (gesellschaftlicher Bereich).
4)
1) Rüttinger/Sauer (2000), S. 7
2) Glasl (2002), S. 14
3) Vgl. Bitzer/Liebsch/Behnert (2002), S. 39
4)
Vgl. Schwarz (1995), S. 44ff

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2. Konfliktarten
Bei der Einteilung der Konflikte nach Arten gibt es unterschiedliche Ansätze.
2.1 Unterscheidung nach der Anzahl der Beteiligten
Hier wird zwischen intrapersonellen (seelischen oder inneren) Konflikten und
interpersonellen (sozialen oder äußeren) Konflikten unterschieden.
Der intrapersonelle Konflikt beruht auf verschiedenen Interessen innerhalb der selben
Person. Hier liegt das Problem oder ein Teil des Problems in der eigenen Person. Dabei
können drei Konflikttypen entstehen:
1)
· Annäherungs-Annäherungs-Konflikt (Appetenz-Appetenz-Konflikt)
Die Person steht zwischen zwei Zielen, die sie für gleich wertvoll hält, aber nicht
gleichzeitig anstreben oder erreichen kann.
· Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikt (Aversions-Aversions-Konflikt)
Die Person muss zwischen zwei Gegebenheiten entscheiden, die sie beide als Übel
ansieht.
· Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt (Appetenz-Aversions-Konflikt)
Die Person steht vor einer Entscheidung, die ihr sowohl Wertvolles wie Übles bringt.
Ein interpersonelle (zwischenmenschliche) Konflikt besteht aus unterschiedlichen
Strebungen zweier oder mehrerer Personen.
2)
Intrapersoneller und interpersoneller Konflikt sind voneinander abhängig. Nach Berkel
kann ein Konflikt sowohl im Inneren der Beteiligen als auch in der Beziehung zwischen
ihnen entstehen. Jeder Konflikt hat eine Innenseite (seelische Ebene) und eine
Außenseite (zwischenmenschliche Ebene), die sich gegenseitig beeinflussen. Alles, was
auf der zwischenmenschlichen Ebene passiert, wird innerlich verarbeitet.
3)
1) Lewin, K., Resolving Social Conflicts, New York 1948, zitiert nach: Crisand/Reinhard (1995), S. 15
2) Vgl. Crisand/Reinhard (1995), S. 17
3) Berkel, K., Konflikttraining. Konflikte verstehen und bewältigen, 4. Auflage, Heidelberg 1995, zitiert nach:
Crisand/Reinhard (1995), S. 17

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2.2 Unterscheidung nach Inhalten
Eine Einteilung der Konflikte kann auch aufgrund ihrer Themen oder Inhalte erfolgen.
1)
· Verteilungskonflikte
Hier kann eine Partei nur gewinnen, wenn gleichzeitig die andere Partei verliert.
Bsp.: In einem Unternehmen konkurrieren die Abteilungen Vertrieb und Personal-
verwaltung, wer in den neuen, technisch bestens ausgerüsteten Anbau umziehen darf.
Dort ist nur Platz für eine Abteilung.
· Persönliche Konflikte
Eigenschaften und Verhaltensweisen der Konfliktparteien stehen im Mittelgrund.
Dieser Fall tritt vor allem in Mobbing-Konflikten auf.
Bsp.: Ein Mitarbeiter wird wegen seines Übergewichtes von den Kollegen gehänselt.
· Zielkonflikte
Sie treten in intrapersonellen Konflikten auf, wenn sich eine Person zwischen zwei
Möglichkeiten entscheiden muss; und in interpersonellen Konflikten, wenn zwei
Konfliktparteien unvereinbare Ziele verfolgen.
Bsp.: Ein Einkäufer hat die Wahl zwischen einem inländischen Lieferanten, der in der
Vergangenheit immer pünktlich und zuverlässig war aber etwas höhere Preise
verlangt und einem Zulieferer aus dem Ausland mit billigeren Preisen, der allerdings
schon einmal durch Unpünktlichkeit und schlechte Qualität auffiel.
· Methodenkonflikte
Hier sind sich die Parteien zwar über die Ziele einig, jedoch nicht über die Wege und
Methoden zur Zielerreichung.
Bsp.: Die Mitarbeiter der Vertriebsabteilung möchten die Umsatzzahlen steigern.
Während ein Vertreter vermehrt Altkunden durch einen Besuch von den Vorteilen des
Produkts überzeugen will, hält der Kollege die Akquisition von Neukunden durch
verstärkte Messeauftritte für besser.
· Wertekonflikte
Eine Handlung steht im Gegensatz zu den eigenen ethischen Grundwerten.
1) Vgl. Höher/Höher (2000), S. 51 f

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2.3 Unterscheidung nach Erscheinungsformen
Eine wichtige Unterscheidung ist die zwischen latentem und offenem Konflikt.
Unter einem latenten Konflikt können folgende Situationen verstanden werden:
1)
1. Eine Situation, die aufgrund ihrer Eigenart leicht zu offenen Konflikten führen kann,
z. B. wenn ein Mitarbeiter mehr Gehalt bekommt als vergleichbare Kollegen.
2. Eine Situation, in der zwischen mehreren Parteien objektive Gegensätze bestehen,
deren sie sich jedoch nicht bzw. noch nicht bewusst sind. Eine Konfliktwahrnehmung
liegt also noch nicht vor, z. B. wenn zwei Mitarbeiter in der Werbeabteilung
voneinander unabhängig zwei gegensätzliche Werbestrategien entwickeln.
3. Eine Situation, in der mehrere Parteien erkannt haben, dass sie gegensätzliche Pläne
verwirklichen wollen, in der sie es aber (noch) nicht wagen, sich für ihre Pläne
einzusetzen. Trotz bestehender Wahrnehmung löst diese Situation kein
Konfliktverhalten aus, weil Barrieren dagegen bestehen, z. B. weil eine Partei der
anderen gegenüber zu mächtig ist.
Latente oder verdeckte Konflikte sind zwar vorhanden, werden aber nicht offen
ausgetragen. Im Gegensatz dazu entstehen offene oder manifeste Konflikte oft aus
latenten Konflikten, die sich schließlich in Konfliktverhalten äussern.
2)
Hinsichtlich der Interaktion und dem Klima der Beziehung zwischen den Konfliktparteien
kann zwischen heißem und kaltem Konflikt unterschieden werden.
Heiße Konflikte sind von einer starken Emotionalität geprägt, es herrscht eine Atmosphäre
der Überempfindlichkeit und Überaktivität. Beide Parteien meinen, im Recht zu sein, und
wollen die jeweils andere Seite überzeugen bzw. ,,bekehren". Diese Konflikte entladen
sich oft in starken Temperamentausbrüchen.
3)
Im kalten Konflikt hingegen bestimmen Enttäuschungen und Frustrationen das Klima. Sie
führen zu einer zunehmenden Lähmung aller äusserlich sichtbaren Aktivitäten. Es bilden
sich Normen und Prozeduren; die Auseinandersetzung findet nur indirekt statt.
4)
1) Vgl. Rüttinger/Sauer (2000), S. 16 f
2) Vgl.Bitzer/Liebsch/Behnert (2002), S. 44
3) Vgl. Glasl (2002), S. 69 f
4) Vgl. ebd., S. 73 f

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3. Konfliktentwicklung
Konflikte sind dynamische Prozesse, die sehr unterschiedlich verlaufen können.
1)
Sie
können sich im Verlauf verschärfen und damit eskalieren. Der Konflikt entwickelt eine
Eigendynamik, in der sich die Spannung ständig erhöht, wenn nicht eingegriffen wird.
Dabei bestimmt das Verhalten der einen Partei das Verhalten der anderen Partei.
2)
Bei
der Eskalationsentwicklung im Konflikt unterscheidet Glasl neun Eskalationsstufen, wobei
jede Stufe einen ,,Wendepunkt" hat, der von den Beteiligten als kritische Schwelle bzw.
,,point of no return" empfunden wird.
3)
Die erste Stufe ­ Verhärtung ­ besteht aus kleinen Reibungen und Spannungen, die im
normalen Alltag dann und wann auftreten. Jede Seite bemüht sich um Kooperation und
geht davon aus, dass die Spannungen durch Gespräche aufgelöst werden können.
4)
Die zweite Stufe zeichnet sich durch zunehmende Polarisierung und schärfere verbale
Konfrontation aus. Aus Gesprächen entstehen Debatten, in denen egoistische
Standpunkte und die Reizbarkeit zunehmen. Es wird der Versuch unternommen, der
Gegenpartei zu imponieren und sie für die eigene Sicht zu gewinnen.
5)
1) Vgl. Rüttinger/Sauer (2000), S. 10
2) Vgl. Bitzer/Liebsch/Behnert (2002), S. 50
3) Vgl. Glasl (2002), S.211 f
4) Vgl. ebd., S. 216 f
5) Vgl. ebd., S. 221 ff
1
2
3
4
5
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7
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9
,,Win-Win"
,,Lose-Lose"
,,Win-Lose"
Debatte, Polemik
Verhä
rtung
Dro
hst
rategi
e
n
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Image, Koalition
Taten
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Verni
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Zersplitterung
Gemeinsam
in den Abg
ru
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Abb. 1: Phasenmodell der Eskalation. Quelle: Glasl (2002), S. 218 f

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Wenn die Parteien bisher keine Besinnung auf ein gemeinsames Ziel erlangt haben,
folgen in Phase drei Taten statt Worte. Der Gegner soll im Erreichen seiner Ziele
gebremst werden, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Der innere
Gruppenzusammenhalt wächst.
1)
Ab der vierten Stufe (Image und Koalition) geht es nun um Gewinn oder Verlust, ,,win-
lose". Die Parteien glauben nicht mehr an eine friedliche Konfliktbeilegung. Die
Wahrnehmung ist gekennzeichnet durch ,,selbsterfüllende Prophezeiungen" und es
existieren stereotypische Selbst- und Feindbilder. Jede Seite wirbt um Anhänger,
unabhängige Dritte werden gedrängt, sich für eine Seite zu entscheiden.
2)
Die fünfte Phase ist durch Gesichtsangriffe und Gesichtsverlust gekennzeichnet.
Vertrauen ist nun nicht mehr vorhanden. Die Parteien schrecken nicht davor zurück, sich
gegenseitig Schaden zuzufügen. Der Gesichtsverlust des Gegners bewirkt einen ,,Aha-
Effekt" der Entlarvung.
3)
Auf Stufe sechs nehmen Gewaltdenken und ­handeln zu. Drohstrategien beherrschen
das Geschehen, welche die Kommunikation zwischen den Seiten unmöglich machen.
4)
In den drei letzten Stufen steht nicht mehr der Sieg, sondern die Vernichtung des Gegners
im Vordergrund. Diese Stufen treten im Betrieb selten auf, da der Organisationsablauf
schon viel zu stark gestört ist und die Verantwortlichen spätestens jetzt den Konflikt ,,von
oben" autoritär entscheiden. Diese Phasen können jedoch auftreten, falls keine
außenstehende Macht vorhanden ist, um eine Entscheidung zu treffen, z.B. bei Kriegen.
5)
Mit dem Eintritt in Phase sieben hat sich das Feindbild entscheidend verändert. Die
Gegner erleben einander als leblose ,,Objekte" ohne menschliche Würde. Es werden
begrenzte Vernichtungsschläge eingesetzt. Die systematischen Zerstörungen richten
sich gegen das Sanktionspotenzial des Gegners; die Schädigungsabsicht herrscht vor.
6)
In Phase acht werden die Vernichtungsaktionen um vieles heftiger. Die Macht- und
Existenzgrundlage der Gegenpartei soll vernichtet, zersplittert werden.
7)
Die letzte, neunte Stufe ist von totaler Vernichtung geprägt. Gemeinsam in den Abgrund
lautet die Devise, auch zum Preis der Selbstvernichtung.
8)
1) Vgl. Glasl (2002), S. 231 ff
2) Vgl. ebd., S.238 ff
3) Vgl. ebd., S. 247 ff
4) Vgl. ebd., S. 257 ff
5) Vgl. Regnet (2001), S. 68
6) Vgl. Glasl (2002), S. 271 ff
7) Vgl. ebd., S. 276 f
8) Vgl. ebd., S. 278

Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2004
ISBN (eBook)
9783958208964
ISBN (Paperback)
9783958203969
Dateigröße
4.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Neu-Ulm; früher Fachhochschule Neu-Ulm
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
konflikte definition arten lösungsansätze
Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing
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Titel: Konflikte: Definition, Arten, Lösungsansätze
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