Zentrale Konzepte der Transaktionsanalyse: Konflikte und Lösungen in unterschiedlichen kommunikativen Situationen in der Schule
©2001
Examensarbeit
64 Seiten
Zusammenfassung
Eine der Hauptaufgaben eines Lehrers ist es, Schülern die Inhalte des Bildungsplans zu vermitteln. Dabei muss er viele soziale und persönliche Fragen, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung von der 1. bis zu 13. Klasse mit ihm besprechen, klären und den Schülern Lösungen anbieten. Grundlage dieser Fähigkeit ist es, mit den Schülern, den Eltern und den Kollegen eine kommunikative Basis zu finden, von der aus sich diese Aufgabe lösen lässt. Ist diese Kommunikationsfähigkeit nicht entwickelt oder gestört, so kommt es demnach zu Problemen im primären Aufgabenfeld des Lehrers und er selbst, seine Schüler, die Eltern und Kollegen leiden unter diesem Problem. In der vorliegenden Studie wird für die Betrachtung der Kommunikationsfähigkeit eines Menschen die Transaktionsanalyse angewendet. Bezogen auf das Schulumfeld und den Lehrerberuf soll untersucht werden, wie die Erkenntnisse der Transaktionsanalyse in diesem Bereich helfen können Probleme zu lösen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
5
1. Vorbemerkung
Für den Beruf des Lehrers
1
ist es, neben vielen anderen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die
Hauptaufgabe seinen Schülern die Inhalte des Bildungsplan zu vermitteln. Dabei muss er
auch viele soziale und persönliche Fragen, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung von der 1.
bis zu 13. Klasse mit ihnen besprechen und ihnen Lösungen anbieten. Grundlage dieser
Fähigkeit ist es, mit den Schülern, den Eltern und den Kollegen eine kommunikative Basis
zu finden, von der aus sich diese Aufgabe lösen lässt.
Ist diese Kommunikationsfähigkeit nicht entwickelt oder gestört, so kommt es demnach zu
Problemen im primären Aufgabenfeld des Lehrers und er selbst, seine Schüler, die Eltern
und Kollegen leiden unter diesem Problem. In dieser Arbeit soll für die Betrachtung der
Kommunikationsfähigkeit eines Menschen die Transaktionsanalyse angewandt werden. Die
Transaktionsanalyse
2
beobachtet den Menschen, zieht aber die meisten Schlüsse aus seinem
Kommunikationsverhalten. Zum einen, dem Kommunikationsverhalten anderen Menschen
gegenüber, zum anderen aber auch wie der Mensch ,,mit sich selbst" spricht, d.h. welchen
,,inneren Stimmen" er folgt. Der grundlegende Ausgangspunkt dafür sind die Ich-Zustände
eines Menschen. Neben einer Betrachtung des Menschen selbst, der Strukturanalyse,
untersucht die TA vor allem wie Menschen sich austauschen ( engl. ,,transaction" ) und
warum sie dies in der einen oder anderen Weise tun. Dabei legt die TA besonderes
Augenmerk auf bestimmte Muster menschlichen Verhaltens, die schon in früher Kindheit
gelernt werden die Ränkespiele. Über die Beobachtung der Spiele, die ein Mensch ,,spielt"
traut sich die TA sogar die Aussage zu, dass jeder Mensch einem bestimmten Lebensplan
folgt, indem er unbewußt bestimmte Selbstvorstellungen verwirklicht. Dies kann z.B. die
Einstellung sein : ,,Ich schaffe es nie !". Die TA sagt einem solchen Menschen voraus, dass
er unbewusst in seinem Leben immer wieder Dinge tun wird, die diese Grundhaltung
bestätigen.
Bezogen auf das Schulumfeld und den Lehrerberuf soll deshalb untersucht werden, wie die
Erkenntnisse der TA in diesem Bereich helfen können Probleme zu lösen.
1
Der Terminus ,,Lehrer" wird in dieser Arbeit für sämtliche Lehrernde benutzt, gleichgültig
welchen Geschlechts oder welchen Schultyps.
2
Weiterhin abgekürzt als ,,TA"
6
2. Geschichte der Transaktionsanalyse
Die Transaktionsanalyse ist eine relativ junge Form der Psychotherapie und der Betrachtung
menschlicher Verhaltens- und Kommunikationsweisen. Entwickelt wurde sie von dem
amerikanischen Arzt Eric Berne.
Eric Berne wurde am 10. Mai 1910 in Montreal, Canada als ,,Leonard Bernstein" geboren.
Sein Vater, David Hiller Bernstein, war praktischer Arzt, seine Mutter Sarah Gordon
Bernstein war professionelle Schriftstellerin und Verlegerin. Die Eltern waren aus Polen und
Russland nach Canada emigriert und machten Ihre Abschlüsse an der McGill Universität.
Eric war seinem Vater sehr zugetan und begleitete ihn bei Hausbesuchen. Sein Vater starb
früh im Alter von 38 Jahren an Tuberkulose und seine Mutter zog ihn und seine Schwester
alleine auf.
Eric Berne tat es seinem Vater gleich und studierte Medizin. Er machte seinen Doktor und
auch einen Abschluss in Chirurgie ebenfalls an der McGill Universität im Jahre 1935.
Nach seinem Abschluss ging Berne in die USA an das Eaglewood Hospital in New York.
1936 begann er seine psychiatrischen Tätigkeiten an der ,,Psychatric Clinic of Yale
University school of Medicine". Berne wurde Amerikaner und verkürzte seinen Namen auf
zu ,,Eric Berne". Er bekam seine erste Anstellung im psychiatrischen Bereich am ,,Mt. Zion
Hospital" in New York City. Dort blieb er bis 1943. Im Jahre 1940 hatte Berne sein erste
private Praxis in Norwalk, Conneticut gegründet, wo er auch seine erste Frau Elinor
kennenlernte. Zwischen 1940 und 1943 praktizierte er auch in New York am New York
Psychoanalytic Institute.
Im Jahre 1943 war der Bedarf an Armeepsychologen sehr groß und Bernes diente zwischen
1943 und 1946 im AUS Medical Corp zunächst als Unteroffizier und stieg bis zum
Kriegsende bis zum Major auf. Während der letzten zwei Kriegsjahre begann er auch mit der
Gruppentherapie.
Als er 1946 die Army verließ, zog Berne, der sich zwischenzeitlich hatte scheiden lassen,
nach Carmel in Californien. Dort war er kurzfristig stationiert und er hatte dabei seine Liebe
zu diesem Ort entdeckt. Noch im selben Jahr beendete er ,,The Mind in Action" und
unterschrieb einen Vertrag zur Veröffentlichung mit Simon & Schuster. Er begann auch
wieder am sein psychoanalytisches Training am San Fransisco Psychanalytic Institute. 1947
arbeitete er mit Eric Erikson ( ein Schüler Freuds) zwei Jahre lang zusammen.
7
Zu dieser Zeit traf er auch seine zweite Frau Dorothy de Mass, aber auf Anraten von Erikson
wartete er mit der Hochzeit noch bis 1949, bis sie ihre gemeinsame Arbeit beendet hatten.
Dorothy de Mass brachte drei Kinder mit in die Ehe und sie hatten auch zwei eigene Söhne.
Berne liebte die Rolle des Familienvaters und war mehr der sanfte Vater, als der autoritäre
Erzieher. Er fand aber auch Zeit zum Schreiben, wobei er sich in einen kleinen Bereich am
äußersten Rand seines Gartens zurückzog um dort in Ruhe zu schreiben. In dieser
Umgebung schrieb er zwischen 1949 und 1964 die meisten seiner Bücher. Im Jahr 1964
ließen sich er und Dorothy de Mass einvernehmlich scheiden. Er nahm in dieser Zeit auch
verschiedene Stellen und Positionen an, u.a. als Berater der U.S. Army.
Die ersten signifikanten Spuren der Transaktionsanalyse findet man bereits in den ersten fünf
Artikeln der sechs Artikeln über die Intuition, die Berne bereits im Jahre 1949 zu schreiben
begonnen hatte. Bereits damals ,,traute" sich Berne die freudschen Konzepte des
Unbewussten zu verlassen. Er war damals noch kein Psychoanalytiker und besuchte noch
Schulungen am Psychoanalytic Institute in San Fransisco. Berne wollte diesen Titel, ihm
wurde jedoch 1956 der Titel verweigert mit der Begründung er sei noch nicht weit genug
und er müsse noch drei oder vier Jahre weiter bemühen. Berne wurde dadurch noch mehr
angespornt der Psychoanalyse etwas Neues hinzuzufügen, einen neuen Ansatz zu finden.
Bereits 1956 hatte er zwei Seminararbeiten veröffentlicht und zwar : ,,Intuition V : The Ego
Image" und ,,Ego States in Psychotherapy". Mit Referenzen zu P. Federn, E. Kann und H.
Silberer legte Berne dar, wie er auf das Konzept der ,,Ich-Zustände" gekommen war und
woher er die Idee des Trennens in ,,Erwachsenen-" und ,,Kinder-Ich" bekommen hatte.
Einige Monate später schrieb er : ,,Transactional Analysis : A New and Effective Method of
Group Therapy". Mit der Veröffentlichung dieses Artikels 1958 in American Journal of
Psychotherapy wurde der Name ,,Berne" und seine neue Methode der Diagnose Teil der
psychotherapeutischen Literatur und Berne weithin bekannt.
Berne hatte schon von Beginn an seine abendlichen Seminar am Donnerstag in Monterey als
,,Testgebiet" für seine Theorien und Methoden genutzt. Aus diesen Sitzungen mit seinen
Studenten entwickelte sich mit der Zeit die International Transactional Analysis Association
und eine zunehmende Zahl von Psychoanalytikern begann Bernes Methode zu praktizieren.
Auch das San Fransisco Seminar änderte seinen Namen in San Fransisco Trasactional
Analysis Seminar.
Zwischen 1964 und 1970 war Bernes Leben sehr unruhig. Nach seiner Scheidung arbeitete
er sehr viel, litt aber darunter keine neue Partnerin zu haben. Diese fand er 1967 in Torre
Peterson, hörte aber nicht auf sehr viel zu arbeiten. 1970 wurde er auch von ihr geschieden.
8
1970, kurz nachdem er ,,What do You say after You say hello ?" geschrieben hatte, erlitt
Berne einen Herzinfarkt und wenige Woche später einen weiteren schweren Infarkt an dem
er am 15. Mai 1970 starb. Er wurde auf dem El Carmelo Friedhof in Pacific Grove,
Kalifornien begraben.
9
3. TEIL A. Grundlagen der TA
Die Transaktionsanalyse versucht aus der Art, wie sich ein Mensch äußert, welche
Einstellung er zum Leben hat und wie er sich verhält Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit,
sein Menschenbild und seine Grundeinstellung zu ziehen. Dies geht sogar so weit, dass in
der TA behauptet wird, jeder Mensch folge einem bestimmten Lebensplan, den man
herausfinden und so gewissermaßen das Tun eines Menschen vorhersehen könne.
Die Transaktionsanalyse beobachtet dabei den Menschen, zieht aber die meisten Schlüsse
aus seinem Kommunikationsverhalten. Zum einen, dem Kommunikationsverhalten anderen
Menschen gegenüber, zum anderen aber auch wie der Mensch ,,mit sich selbst" spricht, d.h.
welchen ,,inneren Stimmen" er folgt. Der grundlegende Ausgangspunkt dafür sind die Ich-
Zustände eines Menschen.
3.1. Die Ich-Zustände in der TA
Nach den Grundsätzen der TA befindet sich jeder Mensch zu jeder Zeit in einem seiner drei
Ich-Zustände. Diese drei Ich-Zustände sind das :
Eltern-Ich
Erwachsenen-Ich
Kinder-Ich
Diese ,,Ich-Zustände" stellen verschiedene Grundhaltungen dar, die jeder Mensch in sich
trägt. Sie sind nach Ihren Charakteristika benannt, so z.B. unser K, welches ,,kindische"
Verhaltensweisen in uns auslöst und steuert. Berne bezeichnet die Ich-Zustände als ein
Empfindungssystem, das mit einer beziehungsgerechten Verhaltensstruktur gekoppelt ist
3
Ein geistig gesunder Mensch befindet sich zu einigermaßen gleichen Teilen in einem dieser
Ich-Zustände. Ein Mensch, bei welchem einer oder mehrere dieser Ich-Zustände nicht
vorhanden ist, ist psychisch gestört
4
.
3
Berne, Spiele der Erwachsenen, S.25
4
Rogoll, S. 25
10
Die drei Ich-Zustände bestimmen unser Handeln und unser Denken. Je nachdem in welchem
Ich-Zustand sich ein Mensch befindet, handelt und artikuliert er sich anders, reagiert anders
und wird von anderen Emotionen begleitet.
Kurz zusammengefasst, kann man die Ich-Zustände folgendermaßen charakterisieren
5
:
Das Eltern-Ich
Das Eltern-Ich unterteilt sich in zwei Teile : Das "nährende" Eltern-Ich (nEL), welches
sorgend, tröstend und helfend ist, das streichelt, füttert oder pflegt und
Das "kritische oder korrigierende" Eltern-Ich (kEL), das schimpft, kritisiert, mit dem
Zeigefinger droht. Es verpflichtet und bestimmt.
Das Erwachsenen-Ich
Das Erwachsenen-Ich ist der Ich-Zustand in dem wir logisch denken, Vor- und Nachteile
einer Sache abwägen und einem anderen interessiert zuhören. Das ER ist emotionslos,
sowohl im positiven. als auch im negativen Sinne. Es stützt seine Entscheidungen auf
Tatsachen und nicht auf Emotionen.
Das Kinder-Ich
Das Kinder-Ich (K) unterteilt sich wie das Erwachsenen-Ich in zwei Zustände:
Das freie Kinder-Ich (fK) lebt seine Emotionen aus, sowohl positive, als auch negative.
Es freut sich, ärgert sich, hat Angst oder liebt. Es kümmert sich nicht um
gesellschaftliche Konventionen ( wie etwa das zweijährige Kind, das nackt auf die
Straße läuft, wenn ihm danach ist ).
Das angepasste Kind ist nörgelig und verängstigt und versteckt sich. Es ist angepasst
und verschüchtert. Daneben gibt es als ein Unterfall noch das rebellische Kinder-Ich,
dass sich rebellisch verhält und das trotzt, um des Trotzes willen.
Wie bereits erwähnt befindet sich jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt in einem dieser Ich-
Zustände. Dies kann auch eine sehr kurze Periode sein. Je nachdem in welchem Ich-Zustand
der Mensch sich befindet handelt er. Dabei kann er den Ich-Zustand von einem Augenblick
zum anderen wechseln. So z.B. ein Mensch, der emotionslos jemand etwas erklärt ( ER) aber
5
nach Rogoll, S.13f.
11
In diesem Fall ragt ein Teil des K in das ER hinein. Es wird dort so behandelt, als
gehöre es zum ER, d.h. es wird zunächst nicht erkannt, dass es sich nicht um einen
diesem Ich-Zustand zugehöriges Denkmuster handelt.
Als Beispiel kann man hier viele der unbegründeten Ängste (Phobien) anführen,
die wir Menschen haben. Viele Menschen haben z.B. eine hier in Deutschland
sachlich völlig unbegründete Angst vor Spinnen.
schlagartig in das k-EL wechselt und den anderen beschimpft, weil er seine Erklärungen
nicht verstanden hat.
Die Ich-Zustände werden in der TA graphisch dargestellt, indem jeder Ich-Zustand als
kreisförmiges Symbol dargestellt wird und der entsprechende Buchstaben eingetragen wird :
Die drei Ich-Zustände sind im allgemeinen klar voneinander getrennt. Das bedeutet nicht,
dass kein Informationsfluß zwischen den Ich-Zuständen stattfindet. Das EL ,,weiß", was das
K ,,getan" hat. Es gibt aber einen Zustand, in denen bestimmte Bereiche aus einem Ich-
Zustand in einen anderen hineinragen und dort so behandelt werden, als würden sie diesem
Ich-Zustand entspringen.
Diese Angst entspringt dem K, dass eben Angst hat ( so wie kleine Kinder viele, für uns
Erwachsene irrationale, Ängste haben ). Diese Angst spielt nun in das ER hinein und führt
auch bei ansonsten rationalen und vernünftigen Menschen zu Angstsituationen, als bestünde
wirklich eine Gefahr. Sie fliehen dann, oder töten das Tier, obwohl es objektiv nicht
begründet ist und ein ,,normales" Erwachsenen-Ich dies auch nicht tun würde, da es nach
Abwägung der Fakten zu dem Schluss kommen würde, dass die Spinne keine Gefahr
darstellt, da es in Deutschland keine für den Menschen gefährlichen Spinnen gibt.
Ähnliches gilt für andere Ängste, wie z.B. die Angst vor engen Räumen, oder die Angst vor
einer Gruppe zu sprechen. Wenn also eine Annahme fälschlicherweise als rational oder
durch Erfahrung begründet angesehen wird, nennt die TA dies eine ,,Trübung"
6
6
Schlegel, Handwörterbuch der Transaktionsanalyse S. 171
EL
ER
K
Eltern-Ich
Erwachsenen-Ich
Kinder-Ich
EL
ER
K
12
(contamination). Es muss sich dabei nicht nur um Ängste handeln, sondern Trübungen
können auch in Form von ,,Vorurteilen" auftreten. Dann hält das ER einen Teil des kEL für
zu sich gehörig und reagiert entsprechend ( ... alle Ausländer sind Kriminelle.. etc.)
Trübungen sind relativ harmlos, können aber auch zu neurotischen Krankheitsbildern führen.
Nach Berne ist dabei das ER was andere sachliche Urteile betrifft ungetrübt und durchaus in
der Lage
Eine andere ,,Störung" der Ich-Zustände ist die Abspaltung, oder der Ausschluß (Exclusion).
Bei Ihr spaltet ein Mensch einen seiner Ich-Zustände gänzlich ab und kann diesen Ich-
Zustand nicht mehr besetzen
7
. Menschen, denen das K fehlt, sind humorlos, können aber
auch nicht trauern, sie wirken langweilig und gefühllos
8
. Menschen ohne ER sind eigentlich
sehr selten. Aufgrund der nicht vorhanden Fähigkeit ihre Lebenswirklichkeit sachlich zu
erfassen bedürfen sie der Fürsorge durch andere und sind offensichtlich geistig-seelisch
krank. Menschen ohne EL sind gewissenlos und gefühlskalt. Sie nützen rücksichtslos
Mitmenschen und Umwelt zu ihrem Vorteil aus. Sie haben eine abnorme Persönlichkeit
(Psychopathen) und unter Ihnen findet man Mörder und Kriminelle.
Menschen, denen ein Ich-Zustand fehlt, oder bei denen dieser nur schwach entwickelt ist,
suchen sich oft solche Partner, bei denen dieser Zustand oft besonders deutlich hervorsticht
und ,,benutzen" dann den Ich-Zustand des Partners mit. Sie sind also ohne die Anwesenheit
ihres Partners keine vollständige Persönlichkeit mit allen Ich Zuständen. Damit dies
funktioniert, bleiben sie meist passiv und erhalten die Symbiose durch ,,Abwerten" aufrecht
9
7
Schlegel, Handwörterbuch der Transaktionsanalyse S. 162
8
Rogoll, S. 26
EL
ER
K
Ausschluss (Exclusion)
K
EL
ER
K
ER
Symbiose mit dem K
Ausschlus
EL
13
Diese Beobachtungen der Ich-Zustände eines einzelnen Menschen, die Feststellung, dass
Ich-Zustände anderer überlagern ( Trübung ) oder dass sie nicht vorhanden sind ( Ausschluss
) nennt man die Strukturanalyse
10
. Bisher wurde hier nur das Strukturmodell erster Ordnung
dargestellt. Die Transaktionsanalyse befasst sich aber nicht nur mit der Struktur der
einzelnen Ich-Zustände eines Menschen, sondern vor allem ( und daher kommt auch der
Name ) mit den ,,Transaktionen" eines Menschen, wobei die TA hiermit die Kommunikation
mit anderen Menschen meint .
Die Transaktionsanalyse geht davon aus, dass jede Äußerung ( die auch nonverbal sein kann
) aus einem bestimmten Ich-Zustand heraus erfolgt . Diese Äußerung richtet sich dann an
einen bestimmten Ich-Zustand beim Gegenüber . Je nachdem an welchem Ich-Zustand des
Gegenübers diese Transaktion ankommt und aus welchem Ich-Zustand heraus das
Gegenüber reagiert, ergeben sich verschiedene ,,Transaktionen", die dann graphisch
dargestellt werden können .
Wenn nun der Mann von seinem angesprochenen Kinder-Ich aus antwortet, und sich etwa
kleinlaut entschuldigt ( angepasstes Kind !), dann kommt es zu einer parallelen Transaktion,
da die Richtungen gegenseitig, zum anderen Ich-Zustand laufen :
9
Rogoll, S. 67
10
Berne, Spiele der Erwachsenen, S.28
Wenn z.B. die erboste Ehefrau ihren Mann ärgerlich
ermahnt, doch nicht ständig seine Socken überall
herumfahren zu lassen, dann entspringt diese
Äußerung ihrem kEL und richtet sich zunächst einmal
auch an das K des Mannes, von dem sie ja erwartet,
dass er ihr Gebot beachtet.
K
EL
ER
K
EL
ER
K
EL
ER
K
EL
ER
Parallele Diagonale Transaktion
14
Solche Transaktionen können sehr lange andauern (erste Kommunikationsregel)
11
. Solange
jeder seinen Ich-Zustand beibehält, kommt es nicht zu einer Unterbrechung. Solche
Transaktionen können auch parallel zwischen gleichen Ich-Zuständen laufen :
Neben den parallelen Transaktionen gibt es aber noch andere. Bei diesen anderen
Transaktionen kommt es zu einer Überkreuzung der einzelnen Äußerungen und die
Kommunikation ( zumindest in diesen Ich-Zuständen ) bricht dann ab, da nicht von dem
erwarteten Ich-Zustand aus geantwortet wurde und daher die Notwendigkeit besteht nun
selbst einen anderen Ich-Zustand einzunehmen (zweite Kommunikationsregel)
12
.
Ein Beispiel :
A fragt B : ,,Wie spät ist es ?" ( ER ER) und B
antwortet daraufhin: ,,Wenn Du Deine Uhr
aufgezogen hättest, dann wüßtest Du es Ich sag es
Dir jetzt nicht, sonst lernst Du's nie!" (kEL K).
In dieser Situation kommt es nicht zu einer Kommunikation ER ER, wie dies von A
zunächst angestrebt wurde. Sie wird unterbrochen, da B nicht wie erwartet mit seinem ER
antwortet und A die Uhrzeit mitteilt, sondern sein kEL den A maßregelt und auf dessen K
zielt ( Warum B dies macht, wird später noch dargelegt werden ). Wenn sich A nun kleinlaut
entschuldigt und sich ,,duckt", dann haben wir wieder eine parallele-diagonale
Kommunikation. Antwortet er hingegen z.B. wieder mit seinem ER, unterbricht dies erneut
die Kommunikation ER K. Oft enden Kommunikationsverhältnisse auch durch eine
derartige Unterbrechung und die Parteien schweigen.
11
Rogoll, S.32
12
Rogoll, S.35
K
EL
ER
K
EL
ER
Parallele Transaktion
Bsp.: A unterhält sich mit B sachlich über die
technischen Vor- und Nachteile eines neuen Autos.
Dieses ,,Fachsimpeln" kann ( solange keiner der
beiden seinen Ich-Zustand ändert ) sehr lange
fortdauern und oft dauern solche ,,Fachgespräche" ja
in der Tat sehr lange !
K
EL
ER
K
EL
ER
15
Es gibt noch eine weiter Variante der durchkreuzten Transaktion, nämlich die doppelt
durchkreuzte Transaktion. Bei dieser antwortet ebenfalls nicht das erwartete Ich, besonders
ist aber, dass genau dasselbe Ich antwortet, von dem die erste Transaktion ausging. Denkbar
ist dies nur zwischen den EL und den K Ich-Zuständen :
A sagt zu B : "Repariere endlich den kaputten Herd in
der Küche" (kEL K) woraufhin B erwiedert : "Erst
wenn Du die Unordnung dort weggeräumt hast !".
(kEL K). Hier richten sich beide Transaktionen auf
das K des anderen, dass aber nicht antwortet. Auch
hier kommt es zu keiner weiterführenden
Kommunikation, sondern zu immer neuen
Transaktionen.
Eine weitere Transaktionsform ist die verdeckte Transaktion (Duplexe Transaktion)
13
. Bei
Ihnen gibt es eine vodergründige, tatsächliche Transaktion, aber dahinter steht eine
verborgene, psychologische Transaktion, die eine ganz andere Botschaft transportiert :
A sagt zu B : "Wann ist denn das Essen soweit ? " (
auf den ersten Blick eine sachliche Frage von ER zu
ER ). In Wirklichkeit ist er aber ungehalten darüber,
dass das Essen noch nicht fertig ist und sein kEL ist
erboßt darüber und ermahnt das K des anderen sich
das nächstemal zu beeilen
"Jetzt ist das Essen schon
wieder nicht fertig immer dasselbe...etc."
Sowohl die überkreuzten, als auch die verdeckten
Transaktionen sind oft der Ausgangspunkt für das, was die TA "Spiele" (Games) nennt.
Spiele i.d. S. sind eine Reihe von Trasnaktionen, die ein Mensch durchführt, um einen
gewissen, von Ihm bevorzugten Gefühlszustand zu erreichen. Dieses "Lieblingsgefühl"
nennt man auch Maschen (Rackets).
Maschen ( Lieblingsgefühle )
Eine Masche, ist eine Verhaltensweise, die jemand unbewußt einsetzt, um seine Umwelt (
d.h. seine Mitmenschen ) zu manipulieren, um anschließend das ,,Maschengefühl" zu
erleben. Das Maschengefühl ist negativ getönt, wird aber von dem Menschen als der
Situation angemessen empfunden ( auch wenn es dies nicht ist !). Es stammt aus der
13
Rogoll, S. 37
K
EL
ER
K
EL
ER
K
EL
ER
K
EL
ER
16
Kindheit und ist dort oft als Ersatzgefühl erlernt worden
14
. Ein Beispiel dafür, mag folgendes
sein :
Ein Junge schlägt sich beim Spielen den Fuß an einem Stuhl und weint. Die Mutter, geht nun
zu dem Kind und sagt : ,,Na ein Junge weint doch nicht ! So ein böser Stuhl, hau` den mal
kräftig dafür, dass er Dir so schlimm wehgetan hat."
Das Kind erlebt nun, dass es sein Grundgefühl Trauer nicht ausleben darf, es ihm als Jungen
verboten ist zu weinen. Er erlebt aber auch, dass er sowohl wütend und aggressiv reagieren
darf.
Das Gefühl Wut oder Aggressivität wird damit dem Gefühl der Trauer vorgezogen und
überdeckt dieses zunehmend. Gerade bei Männern ist die oft deutlich erkennbar. Sie können
oft nicht richtig trauern ( z.B. auch in der Öffentlichkeit weinen etwa bei einer Beerdigung )
und überdecken dieses Gefühl dann mit Wut, den sie z.B. im Straßenverkehr, im Beruf oder
im familiären Umfeld ausleben.
Allein die Tatsache, dass Gefühle überdeckt werden ist aber nicht der unbewusste Sinn
hinter Maschen.
Maschen entspringen unserem K, dass sich nicht wohl fühlt
15
. Wenn sich unser K nicht wohl
fühlt, ist daran zunächst nichts Schlechtes. Wenn unser K z.B. ein schlechtes Gewissen hat,
weil es etwas nicht ordnungsgemäß getan hat, oder weil es nicht in der Lage ist, eine
schlechte Angewohnheit ( etwa das Rauchen ) sein zu lassen, dann ist dies zunächst ein
echtes Gefühl des K. Es ist nun am ER, oder auch am EL des Menschen, diesen Zustand zu
ändern, etwa indem das ER dem K ,,sagt" : ,,Rauchen ist schädlich" ( sachliche
Auseinandersetzung ) und das kEL ,,sagt" : ,,Hör auf damit". Der Mensch bekennt sich also
zu seinem Schuldgefühl und nimmt dieses an. Er kann nun den Zustand ändern (s.o.) oder
sein ER bekennt sich dazu und macht weiter ohne Schuldgefühl : ,,Ich weiß, das Rauchen
schädlich ist, aber ich gehe das Risiko bewusst ein und gönne mir diesen Luxus gegenüber
meiner Gesundheit". In beiden Fällen fühlt sich das K nicht mehr schlecht !
Das Entscheidende bei Maschen ist, dass hier das negative Gefühl bestehen bleibt und damit
das Schuldgefühl. Dieses Schuldgefühl, welches oben vom ER und vom EL ,,erkannt" und
auf die eine oder andere Weise beseitigt wurde, ist also immer noch da. Bei einer Masche,
wird dieses Schuldgefühl nun ausgenutzt, um eine eigentlich nicht erlaubte Verhaltensweise
14
Schlegel, Handwörterbuch der Transaktionsanalyse S. 215
15
Rogoll, S.52
17
auszuleben ohne dafür vom ER oder EL getadelt zu werden und hierbei wird dann das
Ersatzgefühl ausgelebt :
Wenn der Raucher aus dem Beispiel oben nun weiter raucht, sich sein K dabei aber auch
weiterhin schlecht (schuldig) fühlt, dies aber vor seinem EL und ER z.B. damit rechtfertigt,
dass ,,..er es ja so schwer hat, weil ihm alle seine Mitmenschen die ganze Zeit unter Stress
setzen und ihm praktisch gar nichts anderes übrig bleibt als zu rauchen, um mit diesem
Stress fertig zu werden...", dann ist dies eine Masche. Sein EL und sein ER werden
sozusagen ,,hintergangen", indem ihnen vorgespielt wird, es sei völlig legitim unter diesen
Umständen zu Rauchen ( ,,..das würde jeder andere auch tun..."). Daher kann er sich nun
schlecht fühlen, ohne sich ( genauer von seinem ER und seinem EL ) dabei im Unrecht zu
sehen und die eigentliche Verantwortung anderen Umständen zuschieben.
Dies hat nun zwei Effekte :
Zum einen kann das K in uns ( welches sich ja eigentlich nicht wohl fühlt, das Schuldgefühle
hat ) weitermachen ohne die Verantwortung für diese Schuldgefühle zu übernehmen, zum
anderen erhält es auch noch Zuwendung für sein Tun wenn auch negative.
Die Schuldgefühle kann man auch eine Weile sammeln, ohne sie sofort gegen ein Verhalten
einzutauschen. Dieses System nennt die TA ,,Rabattmarken sammeln"
16
. Ähnlich wie bei
Rabattmarken sammelt der Mensch eine Weile schlechte Gefühle, um sie dann auf einmal
gegen ein besonders sanktioniertes Verhalten einzutauschen wiederum ohne sich dabei von
seinem EL oder ER aus getadelt zu sehen :
Wenn ein Autofahrer sich z.B. mehrere Tage lang immer über die vermeintlichen ,,Deppen"
aufregt, die ja alle nicht fahren können, dies aber zunächst nicht durch Hupen, Schimpfen
oder andere Gesten auslebt, so klebt er Rabattmarken für jedes schlechte Gefühl, dass er hat,
wenn er mal wieder nicht schnell genug vorankommt. Irgendwann tauscht er dann diese
Rabattmarken gegen einen gewaltigen Wutausbruch indem er z.B. einen anderen Fahre wüst
beschimpft oder ihn aus dem Auto zerrt und verprügelt und verletzt ( was in den USA ja
bereits bei Streitigkeiten um Parkplätze schon zu Tötungsdelikten geführt hat ). Er hat dann
die gesammelten Schuldgefühle auf einen Schlag gegen ein großes, eigentlich nicht erlaubtes
eingetauscht, ohne dass sein EL oder sein ER ihn dafür tadeln.
Sein eigentliches Problem hat er aber indes nicht gelöst. Dass dieses schlechte Gefühl in ihm
steckt, z.B. weil er nicht in der Lage ist, seine Zeit richtig einzuteilen und sein EL ihn immer
antreiben muss ,,steh jetzt endlich auf, fahr jetzt endlich los..." und sich sein K deshalb
16
Rogoll, S. 51
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2001
- ISBN (eBook)
- 9783958209206
- ISBN (Paperback)
- 9783958204201
- Dateigröße
- 410 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Pädagogische Hochschule Weingarten
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Oktober)
- Schlagworte
- zentrale konzepte transaktionsanalyse konflikte lösungen situationen schule