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Freundschaft 2.0: Der Einfluss von Facebook & Co. auf unser soziales Umfeld

©2011 Examensarbeit 53 Seiten

Zusammenfassung

Zurzeit ist Facebook in aller Munde. Es vergeht nahezu kein Tag, an dem die Presse nicht in irgendeiner Form über Facebook berichtet – sei es über den rasanten Erfolg, die Firmenpolitik, mögliche Zukunftsszenarien und Gefahren oder auch nur über skurile Vorkommnisse bei der alltäglichen Facebook-Nutzung. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zunächst, das Verhältnis zwischen Facebook-Freunden und real existierenden Freunden zu ermitteln und deren Wechselspiel näher zu beleuchten. In diesem Zusammenhang soll auch die Angemessenheit des Begriffs „Freund“ untersucht und ggf. präzisiert werden. Ein weiteres Ziel der Arbeit ist es, am Beispiel von Facebook die Bedeutung und den Einfluss von sozialen Online-Netzwerken auf reale Freundschaften und Beziehungen zu untersuchen. Dazu sollen sowohl Chancen als auch Risiken erörtert werden. Schließlich soll ein Empfehlungskatalog zur Entscheidungsunterstützung für oder gegen die Teilnahme an einem sozialen Online-Netzwerk wie Facebook erarbeitet werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



1 Einleitung
1.1 Motivation
Zurzeit ist Facebook in aller Munde. Es vergeht nahezu kein Tag, an dem die Presse nicht
in irgendeiner Form über Facebook berichtet ­ sei es über den rasanten Erfolg, die Firmen-
politik, mögliche Zukunftsszenarien und Gefahren oder auch nur über skurile Vorkomm-
nisse bei der alltäglichen Facebook-Nutzung
1
,
2
.
Sogar die Filmindustrie von Hollywood hat bereits einen großen Kinofilm (,,The Social
Network", 2010) über die Entstehung, vielmehr aber über den Gründer von Facebook ge-
dreht. Und die Besucherzahlen bestätigen ihrerseits das weltweite Interesse der Menschen
an der aktuellen Facebook-Entwicklung.
Facebook ist das derzeit weltweit größte soziale Online-Netzwerk und verzeichnet seit
2010 sogar mehr Nutzer als Google
3
. Soziale Online-Netzwerke erlauben es einem Nutzer,
sich selbst mit einem Profil darzustellen und sich mit seinen Freunden zu verknüpfen, so
dass man dadurch einfach Kontakt zu seinen Freunden halten kann und immer über deren
Aktivitäten informiert ist.
Der durchschnittliche Facebook-Nutzer hat 130 Freunde
4
. Diese Angabe wird gerne und
häufig angeführt, wenn es um Nutzungsstatistiken von Facebook geht, und wirft natürlich
einige Fragen auf. Warum haben Facebook-Nutzer so viele Freunde? Inwieweit entspre-
chen diese 130 Facebook-Freunde den real existierenden Freunden der betreffenden Per-
son? Wird der Begriff ,,Freunde" in diesem Zusammenhang überhaupt sinnvoll und tref-
fend verwendet? Welche Arten von realen Beziehungen verbergen sich hinter Facebook-
1
http://www.computerwoche.de/schwerpunkt/f/Facebook.html
2
http://www.spiegel.de/thema/facebook/
3
http://www.hardlab.de/blog/google-bleibt-hinter-facebook-zurück-576/
4
http://www.facebook.com/press/info.php?statistics
5

Freundschaften? Warum wird der Quantität von Freunden mehr Bedeutung beigemessen
als der Qualität?
Und natürlich stellen sich auch grundsätzlichere Fragen, etwa welche Auswirkungen die
zunehmende Verbreitung dieser sozialen Online-Netzwerde auf unsere real existierenden
sozialen Netzwerke haben wird. Stellen soziale Online-Netzwerke wie Facebook eine Be-
reicherung für die Pflege und Aufrechterhaltung existierender Freundschaften und Bezie-
hungen dar? Bieten sie sogar geeignete Möglichkeiten zum Kontaktaufbau mit neuen Per-
sonen? Oder wirken sie sich eher hemmend aus, weil durch den zunehmenden Gebrauch
derartiger Online-Angebote die Zeit für die Pflege und die Aufrechterhaltung existierender
Freundschaften und Beziehungen reduziert wird?
Diese Fragen sind aktuell bedeutend für das individuelle und gesellschaftliche Leben, al-
lerdings auch nicht ganz einfach und auf die Schnelle zu beantworten. Sie sind Gegenstand
der vorliegenden Arbeit.
1.2 Ziele
der
Arbeit
Ziel der Arbeit ist es zunächst, das Verhältnis zwischen Facebook-Freunden und real exis-
tierenden Freunden zu ermitteln und deren Wechselspiel näher zu beleuchten. In diesem
Zusammenhang soll auch die Angemessenheit des Begriffs ,,Freund" untersucht und ggf.
präzisiert werden.
Ein weiteres Ziel der Arbeit ist es, am Beispiel von Facebook die Bedeutung und den Ein-
fluss von sozialen Online-Netzwerken auf reale Freundschaften und Beziehungen zu unter-
suchen. Dazu sollen sowohl Chancen als auch Risiken erörtert werden.
Schließlich soll ein Empfehlungskatalog zur Entscheidungsunterstützung für oder gegen
die Teilnahme an einem sozialen Online-Netzwerk wie Facebook erarbeitet werden.
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1.3 Gliederung
Die Arbeit gliedert sich wie folgt. In Kapitel 2 werden die Grundlagen für die vorliegende
Arbeit erarbeitet. Nach einer Definition von Freundschaft wird die Betrachtung des Men-
schen im Kontext von seinen Freundschaften auf den Kontext all seiner sozialen Bezie-
hungen erweitert. Diese Verallgemeinerung wird zu einem späteren Zeitpunkt einen besse-
ren Vergleich zwischen Facebook-Freunden und real existierenden Freunden ermöglichen.
In Kapital 3 wird das Phänomen Facebook näher beleuchtet. Anhand von Zahlen, Fakten
und Studien soll das Nutzungsverhalten greifbarer gemacht werden. Am Ende des Kapitels
wird der Zusammenhang zwischen Faceook-Freunden und echten Freunden hergestellt.
Kapitel 4 bildet den Kern der vorliegenden Arbeit. Hier werden die Chancen und Risiken
von sozialen Online-Netzwerken wie Facebook im Hinblick auf unsere realen Freund-
schaften und Beziehungen erörtert.
Im fünften und letzten Kapitel der Arbeit werden die gefundenen Ergebnisse und Erkennt-
nisse in Form eines Empfehlungskatalogs zusammengefasst. Diese Empfehlungen können
neue potentielle Facebook-Nutzer bei der bewussten Entscheidung für oder gegen eine
Facebook-Teilnahme unterstützen. Aber auch bereits aktive Facebook-Nutzer können an-
hand der Empfehlungen ihr Verhalten im Umgang mit Facebook überprüfen und es ggf.
nutzbringender für sie selbst gestalten. Ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklun-
gen im Bereich der sozialen Online-Netzwerke schließt die vorliegende Arbeit ab.
7

2 Grundlagen
In diesem Kapitel sollen zunächst die Grundlagen für die vorliegende Arbeit erarbeitet
werden. Zu Beginn wird das Thema Freundschaft näher betrachtet, aus philosophischer
und psychologischer Sicht. Daraus ergibt sich, dass die Berücksichtigung reiner Freund-
schaftsbeziehungen für die vorliegende Arbeit zu restriktiv wäre. Daher werden die Be-
trachtungen auf alle Beziehungsformen in real existierenden sozialen Netzwerken erwei-
tert. Eine Reihe von Studienergebnissen wird Aufschluss über das Aussehen eines typi-
schen sozialen Netzwerks geben. Schließlich soll über die Erläuterung des Begriffs des
Sozialkapitals der Nutzen von sozialen Netzwerken verdeutlicht werden.
2.1 Freundschaft
Über Freundschaft ist schon viel geschrieben und nachgedacht worden (vgl. Lemke 2000).
Schon die alten Schriftsteller und Philosophen wie Aristoteles, Cicero, Seneca oder Socra-
tes haben ein Loblied auf die Freundschaft gesungen, und auch neuere Philosophen und
Schriftsteller wie Montaigne oder Shakespeare stimmen in diesen Kanon mit ein. Auf der
anderen Seite zweifeln Skeptiker wie Nietzsche oder Schopenhauer die bloße Möglichkeit
von Freundschaft grundsätzlich an.
Gegenstand der philosophischen Betrachtungen sind dabei stets ,,wahre" und ,,echte"
Freundschaften, sogenannte Tugend- oder Charakterfreundschaften ­ im Gegensatz zu
Nutz- oder Zweckfreundschaften. Wahre, echte Freundschaften sind freiwillige und gleich-
berechtigte Beziehungen. Sie bestehen um der Person des Freundes willen, zeichnen sich
durch Wertschätzung der anderen Person, Beständigkeit und gegenseitiges Wohlwollen
aus.
Die philosophische Betrachtung von Freundschaft als Tugend- oder Charakterfreundschaft
ist für die vorliegende Arbeit zu restriktiv. Hier soll der Mensch im Kontext von all seinen
bestehenden Freundschaftsbeziehungen betrachtet werden. Die philosophischen Ansätze
8

können die aktuelle Praxis der Freundschaftsbeziehungen weder adäquat beschreiben noch
erklären. Daher soll ein Blick auf psychologische Betrachtungen zum Thema Freundschaft
weiterhelfen.
Der Psychologe Dr. Ignace Lepp definiert Freundschaft als intensive geistige Gemein-
schaft und betrachtet Freundschaft als die universalste zwischenmenschliche affektive Be-
ziehung (vgl. Lepp 1965). Für die Entstehung von Freundschaft nennt er folgende Voraus-
setzungen:
x gewisse Gemeinsamkeiten von mehr oder weniger wichtigen Interessen
x Bereitschaft, Wille und zeitliche Ressourcen auf beiden Seiten
x gewisse Ähnlichkeit der Charakter-/Temperamentsfamilien
x gewisse Übereinstimmung zwischen Ich-Idealen und Leitbildern
Für eine Freundschaft ist ein tieferer geistiger Austausch von zentraler Bedeutung. Daher
stellt die Kommunikation einen wichtigen Aspekt bei Freundschaften dar. Die Kommuni-
kation kann bei persönlichen Begegnungen stattfinden, telefonisch oder in schriftlicher
Form.
Mit der Definition als intensive geistige Gemeinschaft grenzt Lepp Freundschaft auch klar
von anderen zwischenmenschlichen Beziehungen ab. Kameradschaft oder Kameradenban-
den dienen mehr der gemeinsamen Zerstreuung und auch mit Kollegen und Genossen er-
folgt nicht der geforderte intensive geistige Austausch. Selbst die Solidarität in der eigenen
Familie muss nicht zwingend mit Freundschaft einhergehen.
Lepp lässt in seinem Buch sehr deutlich anklingen, wie wichtig und wertvoll Freundschaf-
ten für den modernen Menschen sind und dass dennoch die Mehrheit aller real stattfinden-
den Gespräche und Beziehungen lediglich oberflächlich und leer sind. Zur Erklärung be-
dient er sich des Philosophen Sartre bzw. dessen These zum Alleinsein der Menschen, die
sinngemäß etwa folgendes besagt: ,,Allein wird der Mensch geboren, und allein stirbt er;
nur durch Selbstbetrug kann er sich einreden, dass er zwischen diesen beiden entscheiden-
den Augenblicken nicht allein ist."
9

Besonders der moderne Mensch, für den es keine feste Gruppenzugehörigkeit mehr gibt
und die Individualität im Vordergrund steht, erfährt dieses Alleinsein sehr stark, auch wenn
er nie wirklich alleine und immer umgeben von Menschen und Aktivitäten ist. Das beste
,,Mittel" gegen dieses Alleinsein ist laut Lepp die Erfahrung von echter Freundschaft und
einer intensiven geistigen Gemeinschaft. Da diese aber selten und nicht so leicht zu erlan-
gen sind, sucht und nutzt der Mensch auch alle anderen Formen des Zusammenseins, um
dem Gefühl des Alleinseins zu entgehen.
Dieses Streben der Menschen kann auch in der psychologischen Literatur wiedergefunden
werden, beispielsweise unter dem Begriff ,,Affiliation" (Studienbrief 4). Affiliation ist die
,,Beigesellung, Beziehungsaufnahme, Aufnahme sozialer Kontakte zu anderen Menschen
ohne direkten Zweck aufgrund eines jedem Menschen innewohnenden Gesellungsdranges
und dem Wunsch, von anderen Personen akzeptiert zu werden." (Wenninger 2000)
Auch speziell der Freundschaftsaufbau wurde in der psychologischen Literatur bereits be-
trachtet, grundsätzlich aus zwei Perspektiven (vgl. Mesch und Talmud 2006): Der eine
Ansatz der ,,Sozialen Bedürfnisse" (social needs) geht davon aus, dass der Mensch deshalb
Beziehungen eingeht, um seinen Bedarf an Intimität, Selbstwertschätzung und Gesellschaft
erfüllen zu k5 önnen. Wohingegen der andere Ansatz der ,,Sozialen Kompensation" (social
compensation) den Freundschaftsaufbau aus Konflikten mit und einem geringen Nahver-
hältnis zu Familienangehörigen heraus motiviert.
Damit wird insgesamt klar, dass es für die vorliegende Arbeit nicht zielführend ist, den
Fokus auf die Definition von echter Freundschaft und deren Abgrenzung von allen anderen
Beziehungsformen zu legen. Vielmehr muss der Mensch als soziales Wesen im Rahmen all
seiner Beziehungen betrachtet werden.
2.2 Soziale
Netzwerke
Das soziale Netzwerk eines Menschen (egozentrierte Betrachtung) umfasst die Beziehun-
gen zu allen Personen, mit denen der Mensch persönlich in Kontakt steht. In der Literatur
findet man viele Arbeiten, die die unterschiedlichen Beziehungsformen innerhalb eines
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sozialen Netzwerks anhand von ihrer Stärke unterscheiden und demnach in starke und
schwache Beziehungen unterteilen. Richtungsweisend dafür war sicherlich die Arbeit von
Granovetter (vgl. Granovetter 1973).
x Starke Beziehungen (strong ties) weisen einen hohen Grad an Vertrautheit und
Selbstöffnung auf, einen emotionalen Austausch, Reziprozität (Gegenseitigkeit)
sowie eine regelmäßige Interaktion.
x Schwache Beziehungen (weak ties) sind dagegen eher informell, mit spärlichem
und wenig vertraulichem Austausch.
Starke Beziehungen findet man hauptsächlich zwischen engen Freunden und Familienan-
gehörigen, schwache Beziehungen eher zwischen oberflächlich Bekannten.
Im folgenden soll anhand von Studienergebnissen und Untersuchungen herausgefunden
werden, wie ein typisches soziales Netzwerk aussieht, d.h. zu wie vielen Personen durch-
schnittlich Beziehungen bestehen und von welcher Art diese Beziehungen typischerweise
sind.
2.2.1 Studienergebnisse
zu
Beziehungsformen
Wellman (vgl. Wellman et al 1988) hat schon früh empirische Untersuchungen zu unter-
schiedlichen Beziehungsformen in sozialen Netzwerken durchgeführt. Dabei betrachtet er
Beziehungen nur, wenn ein aktueller Kontakt mit den Personen besteht (auch wenn dieser
nur locker oder selten stattfindet). Diese aktuellen Beziehungen bezeichnet er als signifi-
kant (significant) und unterscheidet sie weiterhin anhand von Bindungsstärke und Interak-
tionshäufigkeit in
x enge Beziehungen (intimate ties) und
x regelmäßige Beziehungen (routine ties).
Als regelmäßig gelten Beziehungen, in denen mindestens dreimal pro Woche Kontakt be-
steht, sei es in Form eines direkten Treffens, telefonisch oder schriftlich.
Wellman fand heraus: Ein typisches Netzwerk besteht durchschnittlich aus 11 signifikan-
ten Beziehungen, von denen 4 als eng und 3 als regelmäßig bezeichnet werden. Durch-
schnittlich 2 Beziehungen gelten gleichermaßen als eng und regelmäßig, so dass man diese
11

Beziehungen dann wohl als ,,beste Freunde" bezeichnen kann. Und 6 der signifikanten
Beziehungen sind lediglich aktiv, d.h. sie gelten weder als eng noch als regelmäßig.
In derselben Studie untersuchte Wellman auch verschiedene Gemeinschaftsrollen in einem
typischen Netzwerk. In Tabelle 1 ist dargestellt, wie sich die unterschiedlichen Gemein-
schaftsrollen in den jeweiligen Beziehungsformen wiederfinden.
Signifikante
Beziehungen
Enge
Beziehungen
Regelmäßige
Beziehungen
Enger Verwandter
14 %
30 %
15 %
Weiter Verwandter
23 %
18 %
13 %
Freund
24 %
39 %
8 %
Nachbar
18 %
9 %
39 %
Arbeitskollege
7 %
4 %
25 %
Vereinskollege
4 %
1 %
0 %
100 %
100 %
100 %
Tab. 1: Verteilung der Gemeinschaftsrollen innerhalb der jeweiligen Beziehungsklasse
Verwandte und Nachbarn machen gemeinsam den überwiegenden Teil (55%) aller Bezie-
hungen aus. Nachbarn machen den größten Teil der regelmäßigen Beziehungen aus und
sind eher selten eng. Zu Freunden wird selten regelmäßig Kontakt gepflegt, aber dennoch
wird die Beziehung als eng eingestuft.
Arbeitskollegen machen insgesamt ein Viertel aller regelmäßigen Beziehungen aus, enge
Beziehungen sind unter Arbeitskollegen eher selten zu finden. Vereinskollegen machen
den kleinsten Teil aller signifikanten Beziehungen aus. Nur wenige davon sind als eng und
regelmäßig einzustufen.
Wellman fand in dieser Studie weiterhin heraus, dass 21% der Freundschaftsbeziehungen
aus Nachbarschaftsbeziehungen und 18% aus Arbeitsbeziehungen entstanden sind. Ehema-
lige Nachbarn und Arbeitskollegen werden somit zu engen Freunden, wobei die Freund-
12

schaften sogar dann bestehen bleiben, wenn Wohnort oder Arbeitsplatz gewechselt wer-
den.
Weiterhin belegt die Studie, dass enge Beziehungen durchschnittlich 19 Jahre dauern, re-
gelmäßige Beziehungen dagegen nur 8 Jahre. Die kürzere Dauer wird auf Umzüge und
Arbeitsplatzwechsel zurückgeführt.
2.2.2 Studienergebnisse zur Netzwerkgröße
Eine in der Schweiz durchgeführte Studie (vgl. Franzen 2000) zeigte, dass durchschnittlich
10 Personen zu den engeren Freunden gezählt werden. Dies entspricht in etwa der Anzahl
von signifikanten Beziehungen in der Studie von Wellman und zeigt, dass die gefundenen
Ergebnisse auch heute noch und auch im europäischen Umfeld ihre Gültigkeit haben.
Franzens Erhebung beinhaltete zahlreiche soziodemographische Faktoren, so dass deren
Einflüsse auf die Größe des Freundeskreises untersucht werden konnten. Einen größeren
Freundeskreis haben demnach Menschen, die
x eine höhere Bildung haben,
x ein höheres Monatseinkommen aufweisen,
x verheiratet sind,
x in größeren Haushalten leben,
x mehr Geschwister haben,
x in einem nicht-städtischen Umfeld aufgewachsen sind,
x zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten,
x mehr Zeit mit ihren Familien, mit Sport oder mit anderen Outdoor-Aktivitäten ver-
bringen.
Im Rahmen von dieser Studie wurde eine Vergleichsgruppe von Internetnutzern gebildet,
um den Einfluss der Internetnutzung auf die Größe des Freundeskreises untersuchen zu
können. Es stellte sich heraus, dass die Gruppe der Internetnutzer durchschnittlich sogar 12
Freunde hatte.
13

Allerdings bleibt bei diesen Querschnittsuntersuchungen die Richtung der Kausalität un-
klar. Aus der größeren Freundesanzahl der Internetnutzer kann nicht unbedingt geschlos-
sen werden, dass das Internet zu dieser Vergrößerung beigetragen hat. Es kann auch sein,
dass Menschen mit einem größeren Freundeskreis das Internet stärker nutzen. Was sich
aber dennoch klar festhalten lässt, ist, dass Internetnutzer keineswegs sozial isoliert sind
und dass das Klischee des einsam lebenden Computerfreaks somit auf die Mehrheit der
Internetnutzer nicht zutrifft.
2.3 Sozialkapital
Wenn man sich mit sozialen Netzwerken und sozialen Beziehungsformen beschäftigt,
kommt man an dem Begriff des Sozialkapitals nicht vorbei. Allerdings ist der Begriff mitt-
lerweile derartig vielzitiert, dass auch unterschiedliche Definitionen existieren, die jeweils
unterschiedliche Aspekte hervorheben. Für die Betrachtungen in der vorliegenden Arbeit
ist folgende Definition sinnvoll, da sie den Aspekt des Gewinns aus sozialen Beziehungen
hervorhebt:
,,Social capital is an elastic construct used to describe the benefit one
receives form one's relationships with other people." (Lin 1999)
Sozialkapital umschreibt den Nutzen, den eine Person aus ihren sozialen Beziehungen zie-
hen kann, und ist somit eine Art Maßzahl für den ,,Wert" der sozialen Beziehungen. Als
Sozialkapital werden solche Ressourcen bezeichnet, die eine Person nicht selbst besitzt,
sondern über die sie lediglich aufgrund ihrer sozialen Kontakte zu anderen Personen verfü-
gen kann. Derartige Ressourcen können beispielsweise Unterstützung, Hilfeleistung, An-
erkennung, Wissen und Verbindungen bis hin zum Finden von Arbeits- und Ausbildungs-
plätzen sein.
Soziale Netzwerke helfen aber nicht nur bei der Arbeitssuche oder beim Auffinden wichti-
ger Informationen (instrumenteller Nutzen), sondern es zeigen sich auch positive Auswir-
kungen auf die physische und psychische Gesundheit sowie die Lebenszufriedenheit (ex-
pressiver Nutzen) (vgl. Wöhler und Hinz 2007).
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Erstausgabe
Erscheinungsjahr
2011
ISBN (eBook)
9783958209268
ISBN (Paperback)
9783958204263
Dateigröße
3.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
ALH Akademie für ganzheitliche Lebens- und Heilweisen
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Note
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Schlagworte
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Produktsicherheit
BACHELOR + MASTER Publishing
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