Hörfunk-Werbung „Claudia“ der Radiozentrale
Eine Untersuchung der Textstruktur - und Funktion
©2014
Hausarbeit
19 Seiten
Zusammenfassung
Der Radio-Werbespot „Claudia“ unterscheidet sich in einigen Aspekten von anderen Hörfunk- Werbespots. Sie ist ein Projekt der deutschen Radiozentrale und wirbt auf dem Medium Radio für das Medium Radio.
In dieser Arbeit sollen Textthema- und Funktion geklärt werden, um am Ende eine Antwort auf die Frage geben zu können, an wen sich die Werbung richtet und welche Intention der Emittent hat. Die tatsächliche Intention des Emittenten sowie die tatsächliche Wirkung auf den Rezipienten können nicht generell festgelegt werden, daher können in dieser Arbeit lediglich Möglichkeiten darstellt werden. Die zentrale These, die in dieser Seminararbeit bewiesen werden soll, ist, dass von der Werbespot drei Gruppen von Rezipienten hat: die Radiohörer, die Radiosender und die Werbebranche. Die Unklarheit über das eigentliche Textthema steigert das Interesse aller drei Gruppen und hebt den Werbespot von anderen sowohl thematisch als auch strukturell ab.
In dieser Arbeit sollen Textthema- und Funktion geklärt werden, um am Ende eine Antwort auf die Frage geben zu können, an wen sich die Werbung richtet und welche Intention der Emittent hat. Die tatsächliche Intention des Emittenten sowie die tatsächliche Wirkung auf den Rezipienten können nicht generell festgelegt werden, daher können in dieser Arbeit lediglich Möglichkeiten darstellt werden. Die zentrale These, die in dieser Seminararbeit bewiesen werden soll, ist, dass von der Werbespot drei Gruppen von Rezipienten hat: die Radiohörer, die Radiosender und die Werbebranche. Die Unklarheit über das eigentliche Textthema steigert das Interesse aller drei Gruppen und hebt den Werbespot von anderen sowohl thematisch als auch strukturell ab.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
und die Informationsfunktion. Diese beiden kämen immer in Verbindung miteinander vor
und seien nicht voneinander zu trennen. Der Grund dafür ist laut Jagetsberger, dass
Werbung nicht neutral informiert sondern lediglich auf die Vorteile des Produktes hinweist.
Die Informationsfunktion ist dadurch gegeben, dass der Emittent dem Rezipienten etwas
über etwas mitteilen will. Brinker stellt dazu folgende Paraphrase auf: ,,Ich (der Emittent)
informiere dich (den Rezipienten) über den Sachverhalt X (Textinhalt)" . In Bezug auf
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Werbetexte ist der Emittent derjenige, der die Werbung kreiert hat (meist ein Unternehmen)
und der Rezipient der Kunde, der von einem Produkt überzeugt werden soll. Da Werbung,
wie Jagetsberger schreibt, nicht neutral ist, muss zu der Informationsfunktion eine weitere
Funktion hinzugefügt werden, und zwar die Appellfunktion. Diese Funktion definiert sich
dadurch, dass der Emittent den Rezipienten in seiner Meinung oder seinem Handeln
beeinflussen will. Brinker stellt hierfür folgende Paraphrase dar: ,,Ich (der Emittent)
fordere dich (den Rezipienten) auf, die Einstellung (Meinung) X zu übernehmen/die
Handlung X zu vollziehen". Diese beiden Grundfunktionen sollen später auf den
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vorliegenden Radiospot übertragen und geprüft werden.
Die Kombination von Informations- und Appellfunktion in Bezug auf den Text an sich
sollen zur Absatzfunktion der Werbung führen. Der Erfolg einer Werbung kommt nach
Jagetsberger durch die Kombination von Werbemitteln, wie etwa einem Funkspot an sich,
und Aufmerksamkeit des Rezipienten. Wie Werbung im Optimalfall funktioniert,
beschreibt die AIDA-Formel: Als erstes muss die Aufmerksamkeit des potentiellen
Konsumenten erregt werden (,,attention"), danach muss die Werbung sowohl Interesse bei
diesem wecken (,,interest"), als auch einen Besitzwunsch (,,desire") bei ihm auslösen. Ist
die Werbung gelungen, führt sie zum Kauf oder zur Nutzung, des beworbenen Produkts
(,,action"). Basierend auf der vorliegenden Definition von Werbung im Allgemeinen soll
nun die Funktion des Hörfunk-Werbespots ,,Claudia" untersucht werden.
3.2. Textfunktion von ,,Claudia"
Zunächst einmal unterscheidet sich diese Werbung insofern von anderen, als dass sie kein
Produkt bewerben will, das man käuflich erwerben kann. In diesem Spot wirbt das
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Brinker, Klaus. (2005): Linguistische Textanalyse. 6. Auflage.: S. 113
2
Brinker (2005): S. 117
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Medium Radio mithilfe von sich selbst für sich und seine Nutzung. Die
Informationsfunktion ist dadurch gegeben, dass der Claim ,,Radio. Geht ins Ohr. Bleibt im
Kopf." die Vorteile des Mediums Radio hervorhebt. Wie es auch bei anderen Werbungen
der Fall ist, ist diese Information sehr einseitig und subjektiv, denn sie bietet keinen
objektiven Vergleich zu anderen Produkten, oder in diesem Fall anderen Medien wie dem
Fernsehen oder dem Internet.
Die Informationsfunktion im Text stellt sich folgendermaßen dar: Der Emittent, also die
Radiozentrale, informiert den Rezipienten über die Tatsache, dass man über das Medium
Radio eine hohe Reichweite von Menschen erreichen und über etwas informieren kann.
Außerdem versucht der Emittent den Rezipienten in Form einer Geschichte davon zu
überzeugen, dass diese Erreichbarkeit gegeben ist. Sie dient hier als Beispiel für das
Erreichen der ,,Richtigen" über das Radio. Allerdings muss erwähnt werden, dass sich
dahinter eine gewisse Ironie verbirgt, weil die richtige Person, die in dem ersten Textteil
erreicht werden soll, fiktiv ist und dementsprechend nicht erreicht werden kann. Die
Geschichte, die die Sprecherin erzählt, ist erfunden und soll nur als Beispiel dienen.
Trotzdem erzielt sie den Effekt, dass der Hörer denkt er könnte jeden über das Radio
erreichen, und zwar mit jedem (noch so absurden) Anliegen.
Die Appellfunktion ist in dem Text insofern gegeben, als dass der Emittent den Rezipienten
von dem Vorteil der hohen Reichweite und der guten Erreichbarkeit überzeugen will und
ihn dazu animiert, das Medium Radio zu nutzen. Die Behauptung des Claims am Ende,
dass Radio im Kopf bleibe, appelliert indirekt an die Hörer, diesen Vorteil zu nutzen. Die
eigentliche Intention des Textes ist nicht sofort zu erschließen, weil der Werbespot zum
größten Teil nicht aus direkt signalisierter Werbung für das Medium Radio besteht.
Vielmehr ist diese so verpackt, dass der Rezipient nicht von vornherein weiß, für was
genau geworben wird. Die Produzenten des Spots beschreiben diese Herangehensweise
folgendermaßen:
,,In alltägliche kleine Geschichten verpackt, trifft die Botschaft via Radio in unterhaltsamer und
leicht provokanter Weise den Nerv der Hörer. Aber auch die avisierte Zielgruppe der
Werbungtreibenden wird zum Schluss eines jeden Spots direkt angesprochen. Ganz im Sinne des
hierfür verwendeten Mottos: Mit Radio erreichen Sie immer die Richtigen."
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Radiozentrale: http://www.radiozentrale.de/aktuell/kampagne-pro-radio/radio-geht-ins-ohr-bleibt-im-kopf/ , abgerufen
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am 19.09.2014
Neben der Hauptfunktion des gesamten Textes, der Werbung für das Radio, stellt der erste
Textteil eine unterhaltende Zusatzfunktion dar. Somit wird die eigentliche Botschaft
erstmal nebensächlich, dafür liefert der erste Teil einen großen Beitrag zum
Wiedererkennungs- und Unterhaltungswert des Spots.
Zunächst mag die Relation zwischen der Textfunktion und der eigentlichen Intention des
Emittenten unklar sein weil weder das Produkt, für das geworben wird, noch das
Unternehmen, das es verkaufen will, bekannt sind. Der Rezipient versteht möglicherweise
nicht, worüber ihn der erste Textteil informieren soll beziehungsweise welche Funktion
dieser hat, bis er den zweiten Textteil hört/liest. Der erste Textteil funktioniert also ohne
den zweiten insofern nicht, als dass er zwar unterhaltsam aber nichtsaussagend über die
Intention des Spots ist.
Betrachtet man den Text im Ganzen, wird die Botschaft des Emittenten jedoch klar. Dass
Werbung für die Nutzung des Mediums betrieben wird, soll also in erster Linie der
Absatzfunktion dienen, genau wie bei anderen Arten der Werbung.
3.3. Prüfung der AIDA Formel
Weil diese Werbung offenbar etwas anders funktioniert als andere soll nun geprüft werden,
ob die oben angeführte AIDA-Formel auf den Radiospot angewandt werden kann. Dies
soll beweisen, dass der Spot dennoch vergleichbar zu anderen Werbungen funktioniert.
Die Werbung läuft in ein einem Werbeblock mit einigen anderen Werbespots und muss sich
daher von diesen abheben, um auf den Hörer wirken zu können. Der Earcatcher ist die
persönliche Begrüßung ,,Hallo". Dies entspricht dem Schritt attention, mit dem die AIDA-
Formel beginnt.
Im zweiten Schritt muss das Interesse (interest) des Hörers geweckt werden. Der Text geht
weiter mit den Worten ,,dieser Radiospot ist für alle, die Claudia heißen". Dadurch wird auf
zwei Arten das Interesse der Hörer geweckt: diejenigen Hörerinnen, die tatsächlich den
Vornamen Claudia tragen, fühlen sich persönlich angesprochen und werden den Spot
wahrscheinlich (zumindest anfangs) als lustig und interessant empfinden. Ähnlich
interessant finden die Ansprache aber möglicherweise auch Personen, die nicht Claudia
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heißen und dadurch das Gefühl haben, heimlich bei einer Unterhaltung mitzuhören, die
zwischen der Sprecherin des Spots und einer beliebigen Claudia geführt wird. Außerdem
weiß der Hörer noch nicht, wer der Emittent des Spots ist und welche Intention er hat.
Es wird, anders als bei anderen Werbungen, kein Besitzwunsch nach einem Produkt
ausgelöst, denn es ist nicht Ziel des Spots das Radio als Gerät zu verkaufen. In dem
Moment, in dem der Spot gehört wird, besitzt der Rezipient im Regelfall schon ein Radio
oder hat zumindest die Möglichkeit eines zu nutzen. Der Schritt desire trifft hier aber
insofern zu, als dass der Wunsch oder das Bedürfnis ausgelöst werden sollen, das Medium
Radio zu nutzen. Im zweiten Teil (,,Mit Radio erreichen Sie immer die Richtigen. Radio.
Geht ins Ohr. Bleibt im Kopf") werden dem Hörer die Vorteile des Mediums Radio
genannt, wodurch das Verlangen nach der Nutzen dessen verstärkt werden soll. Der letzte
Schritt, die tatsächliche Aktion (action), bedeutet in diesem Fall, dass das Radio bewusst
eingeschaltet wird, weil es Informationen einprägsam und direkt an den Rezipienten
vermittelt und ihn somit über wichtige Dinge informiert.
Die AIDA- Formel kann mit einer kleinen Einschränkung bei dem Schritt desire also auf
den untersuchten Text angewandt werden. Somit kann dieser als Werbetext bezeichnet
werden, der durchaus vergleichbar wie typischere Werbetexten funktioniert.
Es handelt sich bei dem Text also um eine Form von Werbung, somit kann ihm, wie es für
Werbung im Allgemeinen gilt, sowohl eine Informations- als auch Appellfunktion
zugeschrieben werden, die zusammen der Absatzfunktion der Werbung dienen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Appellfunktion dieses Textes erst durch den
Claim am Ende direkt signalisiert wird: es wird an den Rezipienten appelliert, das Radio
als Medium zu nutzen und seine Vorteile zu erkennen. Die Informationsfunktion ist etwas
weniger offensichtlich, weil sie eher indirekt signalisiert wird.
4. Textstruktur
Im folgenden Abschnitt soll die Struktur des Textes auf grammatischer und thematischer
Ebene genauer untersucht werden. Dies soll, zusammen mit der Analyse der Textfunktion,
eine Antwort auf die Frage nach dem Rezipienten und der Intention des Textes geben.
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4.1. Grammatische Textstruktur
Bei dem untersuchten Funkwerbespot handelt es sich um einen verhältnismäßig kurzen
Text. Er besteht aus 93 Wörtern, die auf insgesamt elf Sätzen verschiedner Länge aufgeteilt
sind. Der Begriff Satz ist nach der Definition von Brinker in ,,Linguistische Textanalyse"
zu verstehen und meint eine Einheit, die ,,durch Punkt, Fragezeichen oder Ausrufezeichen,
und darauf folgende Großschreibung als eine relativ selbstständige Einheit gekennzeichnet
ist." Bei dem Text handelt es sich, wenn er in seiner normalen Veröffentlichungsform im
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Radio ausgestrahlt wird, um einen Mündlichen, weil er von einem Sprecher gesprochen
wird. Laut Brinker sei der Satzbegriff nicht auf mündliche Texte übertragbar, da sie nach
anderen Merkmalen gegliedert seien und die Interpunktion eine andere Rolle spiele als bei
schriftlichen Texten. Dennoch soll der Text auf Grundlage des oben genannten Satzbegriffs
in dieser Arbeit untersucht werden, weil er in der Form, wie er geschrieben steht auch
abgelesen beziehungsweise vorgetragen wird und nicht spontan entsteht.
Der Text lässt sich in zwei Einheiten einteilen. Der erste Teil, von Beginn des Textes bis
,,hast", ist in direkter Rede geschrieben und wird im Radio von einer weiblichen
Sprecherin gesprochen. Man weiß nicht, wie das lyrische Ich heißt, sondern lediglich, dass
es sich um eine Frau handelt, die mit einem Stefan Kramer verheiratet ist. Dieses lyrische
ich wird in diesem Text als Sprecherin bezeichnet, meint aber nicht die Person, die den
Funkspot eingesprochen hat, sondern die vermeintliche Emittentin des Textes. Der zweite,
kürzere Teil (,,Mit Radio erreichen Sie immer die Richtigen. Radio. Geht ins Ohr. Bleibt im
Kopf") wird anschließend von einem männlichen Sprecher gesprochen und somit vom
ersten Teil abgegrenzt. Über die inhaltliche Abgrenzung soll später genauer gesprochen
werden.
Zuerst soll nun die Textkohärenz genauer betrachtet werden, beginnend mit der expliziten
und impliziten Wiederaufnahme bestimmter Ausdrücke in dem Text.
Bei der expliziten Wiederaufnahme handelt es sich laut Brinker um die ,,Referenzidentität
(Bezeichnungsgleichheit) bestimmter sprachlicher Ausdrücke in aufeinanderfolgenden
Sätzen eines Textes" .
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Brinker (2005): S. 22
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Brinker (2005): S. 27
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Der am häufigsten wiederaufgenommene Ausdruck in diesem Text ist Claudia und steht
für den Referenzträger Claudia (eine Person, die den Vornamen Claudia trägtt). Lässt man
den Titel außer Acht (weil er im Radiospot nicht genannt wird) kommt man auf fünf
explizite Wiederaufnahmen des Wortes Claudia.
In jedem der ersten fünf Sätze wird das Wort wiederaufgenommen, in den darauf folgenden
Sätzen wird es durch du und deine ersetzt, bezieht sich aber weiterhin auf den selben
Referenzträger. Der Grund hierfür ist der Umschwung zu einer direkten Ansprache dieses
Referenzträgers, die Person Claudia wird von der Sprecherin persönlich angesprochen.
Somit wird sowohl durch die Repetition des Substantivs Claudia als auch durch
Personalpronomen der Referenzträger wiederaufgenommen.
Der am zweithäufigsten wiederaufgenommene Ausdruck im Text ist Stefan Kramer. Der
Ausdruck Stefan Kramer wird im Text drei mal explizit wiederaufgenommen, hinzu
kommt die Wiederaufnahme durch das Substantiv (meinen) Mann. Weil sich diese
Referenzträger durch den kompletten ersten Teil des Textes ziehen, ist dieser auf
grammatischer Ebene kohärent. In den letzten vier Sätzen (im zweiten Teil des Textes)
kommen diese Referenzträger nicht mehr vor, was zu einer Unterbrechung führt.
In diesem zweiten Textteil wird der Referenzträger Radio zwei Mal explizit und
satzübergreifend wiederaufgenommen. Dadurch ist der Textteil in sich wiederum kohärent.
Die implizite Wiederaufnahme unterscheidet sich nach Brinker von der expliziten, weil der
wiederaufnehmende Ausdruck und der wiederaufgenommene Ausdruck keine
Referenzidentität haben, sie beziehen sich also nicht auf denselben Gegenstand oder
dieselbe Person. Allerdings bestehe laut Brinker zwischen ihnen eine Beziehung, in den
meisten Fällen die ,,Teil-von- oder Enthaltensrelation". Um diese Beziehung zwischen den
Ausdrücken zu beschreiben, greift Brinker den Begriff ,,semantische Kontinuität" auf, den
er als die inhaltliche Nähe oder Berührung zweier Ausdrücke beschreibt. Brinker führt im
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Weiteren drei Sorten von Kontiguitätsverhältnissen an: das logisch (begrifflich)
begründete, das ontologisch (naturgesetzlich) begründete und das kulturell begründete.
Alle drei geben Aufschluss darüber, aus welchen Gründen der Text Ausdrücke miteinander
in Verbindung bringt.
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Brinker (2005): vgl. S. 36-37
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2014
- ISBN (PDF)
- 9783959935012
- Dateigröße
- 1 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Hamburg – Germanistik
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Dezember)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- Radio-Werbespot Radio Werbung Rundfunk Radiozentrale Claudia