Anglizismen im Französischen – ein No Go! Eine Untersuchung anhand von Printanzeigen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
Der enorme Einfluss der englischen Sprache auf andere Sprachen ist unverkennbar und der Grad der Integration dieser fremden Elemente in die eigene Sprache wird zunehmend größer. Mit dem Englischen werden verschiedene Werte wie Lebensfreude, Individualität, Modernität, Lifestyle oder Freiheit verbunden (vgl. Elsen, 2008: 91ff). Keine andere Sprache ist in der Lage diese Werte in diesem Umfang zu transportieren. Die Franzosen hingegen versuchen sich vehement gegen Entlehnungen aus dem Englischen zu wehren, um die Reinheit des Französischen zu wahren.
Den Anreiz zu dieser Arbeit hat ein Besuch in Frankreich gegeben. Auffallend waren die unzähligen Werbeplakate in den U-Bahn–Stationen, auf denen die englischen Werbeslogans in das Französische übersetzt wurden. Frankreich betreibt eine von anderen Ländern sehr stark abweichende Sprachpolitik, die ihren Ursprung bereits im 16. Jahrhundert hat. Das Ziel ist die Verteidigung der Reinheit und die Bereicherung des Französischen. Sprachpflegeorganisationen arbeiten auf nationaler und auf internationaler Ebene, um das Französische vor der Überflutung von Anglizismen zu bewahren 1975 wurde das Gesetz Bas Lauriol verabschiedet, welches englische Fremdwörter, für die es eine gebilligte Übersetzung gibt, u.a. aus der Werbung entfernen soll. Das 1994 verabschiedete Gesetz Loi Toubon schreibt die Verwendung des Französischen in sämtlichen Informationen, Anzeigen, auf Schildern o.Ä. vor. Sollten dennoch fremdsprachliche Texte verwendet werden, so müssen diese ebenso groß und gut lesbar dem französischen Ausgangstext hinzugefügt werden (vgl. Braselmann, 2008: 7ff).
In Vorbereitung auf die Analyse werden im Rahmen dieser Arbeit nähere Informationen zu den Einflüssen des Englischen auf das Französische sowie zur französischen Sprachpolitik und Sprachpflege gegeben. Um die gesamte Anglizismendiskussion im Gesamtzusammenhang analysieren zu können, bleibt auch der sozio-kulturelle Hintergrund nicht unberücksichtigt.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, inwiefern es der französischen Sprachpolitik gelungen ist, englische Elemente teilweise oder sogar vollkommen zu eliminieren. Der Fokus liegt hier auf der Werbesprache, die sich aufgrund ihrer sprachlichen Kürze und ihrer Ausdruckskraft sowie den positiven Konnotationen am stärksten der Anglizismen bedient. Des Weiteren werden die Wirkung und Funktion von Anglizismen sowie Erläuterungen zum Begriff der Werbung und der Werbesprache im Theorieteil thematisiert. Ferner wird auf die verschiedenen Entlehnungsformen kurz eingegangen.
Die Materialgrundlage der Analyse bilden Werbeanzeigen aus jeweils drei Ausgaben der französischen Magazine Marie Claire, Public und Le Figaro-magazine. Die Datenerhebung erfolgte mittels einer quantitativen Analyse. Die Ergebnisse werden im Folgenden in Form von Diagrammen dargestellt. Mithilfe verschiedener Fragestellungen wird die einleitende Fragestellung erörtert. Es wird u.a. der Frage nachgegangen, ob sich eine Tendenz im Hinblick auf die Häufigkeit der Anzeigen mit englischen Elementen erkennen lässt. Hier werden schwerpunktmäßig die angesprochenen Zielgruppen sowie die beworbenen Produktbereiche betrachtet.
2 Theoretische Grundlagen
Im Folgenden werden die für die Arbeit wichtigen Begriffe definiert. Bzgl. des Begriffs der Werbung sei an dieser Stelle anzumerken, dass lediglich eine für diese Arbeit gültige Arbeitsdefinition gegeben werden kann, die sich auf den Bereich der Anzeigenwerbung bezieht. Es folgt eine kurze Erörterung der Fragestellung, ob man von einer Werbesprache als Sondersprache sprechen kann, oder nicht. Zur konkreten Abgrenzung wird an dieser Stelle ergänzend auf die Kriterien einer Sondersprache eingegangen. Zur Vorbereitung auf die anschließende Analyse werden im ersten Teil dieser Arbeit die Elemente Schlagzeile, Slogan, Produktname und Fließtext einer Werbeanzeige genauer definiert. Diese Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit – der Schwerpunkt wurde auf die für die Beantwortung der Fragestellung wichtigen Elemente gelegt.
2.1 Werbung
2.1.1 Was ist Werbung?
Ohne eine weitere Erläuterung des Begriffs der Werbung ist umgangssprachlich die Absatzwerbung für Konsum- und Investitionsgüter gemeint. Werbung wird auch für andere Märkte, wie z.B. Beschaffungs-, Finanz- und Personalmärkte oder aber auch für den nicht-kommerziellen Bereich (für Wohlfahrtsverbände, Bildungseinrichtungen, Städte, Parteien, Kirchen u.a.) betrieben (vgl. Kroeber-Riel, 1990: 29). Die Thematik der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit der Absatzwerbung in Form von in Zeitschriften geschalteten Anzeigen. Zur Reduktion der Komplexität orientiert sich diese Arbeit an der Arbeitsdefinition von Nadine Rentel (2001: 68).
„Werbung ist ein intentionaler Kommunikationsprozeß, der vom Kommunikator (das kann je nach Art der Werbung ein Unternehmen, ein Verband o.ä. sein) mit dem Ziel durchgeführt wird, zunächst die Einstellungen und anschließend das Verhalten des Rezipienten in Hinblick auf das beworbene Produkt, die beworbene Dienstleistung etc. positiv zu beeinflussen. Die Kommunikation der Werbebotschaft geschieht dabei über den Einsatz visuell und verbal auffällig gestalteter Werbemittel (z.B. Anzeigen, Kinospots, Plakate), die an bestimmte Werbeträger (Zeitungen, Zeitschriften, Plakatwände etc.) gebunden sind.“
In der Werbung dient die Sprache als wichtigstes Instrument, um Meinungen zu beeinflussen. Lewandowski (zit. in Zielke, 1991: 28) spricht neben der rein informatorischen Funktion von Sprache auch von formalen Stimulations- und Manipulationseffekten, die dem Adressaten allerdings in den meisten Fällen gar nicht bewusst werden. Mithilfe bestimmter Formulierungen, die dem Rezipienten u.a. die Vorteile des Produkts vor Augen führen, können positive Vorstellungen aktiviert werden, die ihn schließlich zum Kauf des Produktes veranlassen (vgl. Janich, 2005: 86). Werbesprache ist persuasiv gestaltet und hat u.a. die Funktion, Aufmerksamkeit und Interesse zu erwecken, sowie die Attraktivität des beworbenen Produkts herauszustellen.[1]
Auch für die Anzeigenwerbung gilt die beinahe in jedem Standardwerk zitierte AIDA-Formel: Zu allererst soll eine Anzeige Aufmerksamkeit (A ttention) beim potenziellen Kunden erregen und sein Interesse (I nterest) im Hinblick auf das beworbene Produkt bzw. die beworbene Dienstleistung wecken. Anschließend soll der Kunde den Wunsch (D esire) zum Kauf verspüren und letztendlich zum Handeln (A ction) veranlasst werden (vgl. Zentes, 1980: 54).
Um die vorgegebenen Werbeziele zu erreichen, ist es in der Regel hilfreich, wenn Werbung innovativ und kreativ gestaltet ist. Werbetreibende weichen daher mehr und mehr von routinierten Produktpräsentationen ab (vgl. Hölscher, 1998: 183).
2.1.2 Werbesprache – eine Sondersprache?
Unter dem Begriff der Werbesprache werden grundsätzlich zwei verschiedene Formen der Kommunikation verstanden: Erstere wird als Berufssprache der Werbefachleute, auch bekannt als Werbeslang, bezeichnet, die sich u.a. zahlreicher Fachtermini und Anglizismen bzw. Amerikanismen bedient und für Laien auf diesem Fachgebiet demnach unverständlich erscheint. Letztere wird als Sprache der Publikumswerbung, als Reklamejargon, bezeichnet (vgl. Baumgart, 1992: 32).
Im Folgenden wird aufgezeigt, inwiefern diese sprachlichen Sonderformen Kriterien enthalten, die die Vermutung bekräftigen, dass es sich bei der Werbesprache um eine Sondersprache handelt. Der Begriff Sondersprache wird in der Literatur facettenreich benutzt. Um ein einheitliches Verständnis zu schaffen, sei hier auf die Definition von Römer (1971: 202) verwiesen:
„[…] eine Sprache […] die a) von einem beschränkten Personenkreis gesprochen wird, b) einen besonderen Wortschatz hat, c) zum Zwecke einer esoterischen Kommunikation[2] gesprochen wird, d) ein besonderes Ausdrucksbedürfnis erfüllt“.
Die Sondersprache ist demnach nicht zu verwechseln mit der Fachsprache, z.B. der Sprache von Ärzten, Seeleuten oder Soldaten. Das erste Kriterium der Definition der Sondersprache besagt, dass sie nur von einem sehr beschränkten Personenkreis gesprochen wird. Bereits dieses Kriterium kann nicht erfüllt werden, da die Werbesprache nicht gesprochen wird. Römer bezeichnet die Werbesprache in ihren Ausführungen nicht als die natürliche Sprache eines Menschen, sondern als ein abgehobenes, isoliertes Gebilde (a.a.O: 1971: 203). Auch Janich (2005: 36) bezeichnet die Werbesprache in ihren Ausführungen als artifiziell und vertritt die Meinung, dass sie keine Sprechwirklichkeit besitzt.
Die in der Werbung verwendete Sprache wird nur von einigen wenigen Leuten, den Werbetreibenden, geformt. Sie richtet sich dabei allerdings an einen sehr großen Empfängerkreis. Auch das dritte Kriterium, welches besagt, dass die Sprache zum Zwecke einer esoterischen Kommunikation gesprochen wird, entfällt somit.[3]
Das Hauptkriterium einer Sondersprache ist der besondere Wortschatz, welches auch auf den ersten Blick für die Werbesprache als zutreffend erscheint. Bedingt mag ein besonderer Wortschatz, u.a. aus den Bereichen Technik oder Medizin etc. verwendet werden. Hinzu kommen bestimmte Methoden der Wortbildung, rhetorische Mittel und die hohe Frequenz weniger Wörter. Vergleicht man den Wortschatz anderer Sondersprachen mit dem der Werbesprache, so ist letzterer dem der Gemeinsprache wesentlich ähnlicher. Das Kriterium des besonderen Wortschatzes kann folglich nur als bedingt gültig betrachtet werden (Römer, 1971: 204).
Das letzte Kriterium eines besonderen Ausdrucksbedürfnisses hingegen kann als einziges vollkommen bejaht werden. In der Werbesprache werden u.a. verschiedene Dialekte, bestimmte Termini aus Fachsprachen oder der Jugendsprache verwendet. Sie werden eingesetzt, um bestimmte Zielgruppen anzusprechen und um bei ihnen bestimmte Assoziationen hervorzurufen (vgl. Janich, 2005: 36).
Mit den Worten Baumgarts (1992: 34) lässt sich resümieren, dass die Werbesprache im eigentlichen Sinne keine Sondersprache ist. Sie ist instrumentalisiert und zweckgerichtet und stellt eine auf die Anwendung konzipierte Sonderform der sprachlichen Verwendung dar. Die Werbesprache ist eng mit der Alltagssprache verwoben.
2.2 Zum Aufbau von Werbeanzeigen
Werbeanzeigen folgen in den meisten Fällen einem ähnlichen Schema und enthalten weitestgehend dieselben Bestandteile. Diese werden im Folgenden erläutert. Nicht jede Anzeige beinhaltet notwendigerweise jedes Element. Insbesondere heutige Werbeanzeigen weichen immer mehr vom klassischen Aufbau einer traditionellen Anzeige ab (vgl. Kupper, 2003: 82).
2.2.1 Schlagzeile
Die Schlagzeile ist der Aufhänger und neben dem Bild das zentrale Element einer Anzeige. Sie soll den Leser auf die Anzeige aufmerksam machen und bei diesem das Interesse wecken, die gesamte Anzeige zu lesen. Verschiedene sprachliche Strategien, wie z.B. die Verwendung von Fragen, Ausrufen, Aufforderungen, rhetorischen Figuren, Wortspielen o. Ä. steigern die Aufmerksamkeit des Lesers (vgl. Janich, 2005: 43ff). Formal lässt sich die Schlagzeile häufig durch einen besonders großen Schriftgrad, Fettdruck, auffällig gewählte Schriftarten und die zentrale Positionierung innerhalb der Anzeige erkennen (vgl. Zielke, 1991: 67).
Von Werbefachleuten wird die Schlagzeile auch als Headline bezeichnet, welche wiederum von der Subheadline (Unterüberschrift) und der Topline (oberhalb der Headline) unterschieden wird (a.a.O.: 1991: 68). Diese Differenzierung in Headline, Sub- und Topline ist allerdings aufgrund des formalen Aufbaus von Werbeanzeigen schwierig und überflüssig und findet daher in der vorliegenden Arbeit keine Berücksichtigung (vgl. Janich, 2005: 45).
Im Hinblick auf die Schlagzeile sei hier der produktspezifische Zusatznutzen zu erwähnen, der von Werbefachleuten als USP (unique selling proposition) bezeichnet wird (vgl. Zielke, 1991: 67). Dieser Zusatznutzen kann u.a. darin bestehen, eine bestimmte Produkteigenschaft besonders hervorzuheben, außergewöhnliche Verwendungssituationen des Produktes zu präsentieren oder den besonderen Nutzen des Produktes für den Kunden zu betonen (vgl. Janich, 2005: 46).
2.2.2 Fließtext
Der Fließtext wird in der Werbesprache auch Copy, Textcopy oder Body Copy genannt. Der in der Schlagzeile dargestellte Aspekt des beworbenen Produktes soll im Fließtext thematisch aufgegriffen und präzisiert werden. In erster Linie geht es darum, dem Leser die Zweckdienlichkeit des beworbenen Produktes vor Augen zu führen (vgl. Zielke, 1991: 73). Im Vergleich zu der Schlagzeile oder dem Slogan, wird im Fließtext selbst mehr über das Produkt ausgesagt. Seine sprachliche Gestaltung unterliegt daher anderen Gestaltungsprinzipien. Es kommt allerdings eher selten vor, dass der Fließtext vom Leser komplett gelesen wird (vgl. Janich, 2005: 48).
Neben der informatorischen enthält der Fließtext auch eine suggestive Funktion, indem er eine gewisse Glaubwürdigkeit erzeugt. Bereits die Anwesenheit eines längeren Textblocks kann ausreichen, um dem Rezipienten den Eindruck zu vermitteln, dass es wichtige oder neue Informationen über ein bestimmtes Produkt gibt. Auf diese Weise kann sich das Produkt von anderen Konkurrenzprodukten abheben. Zielke verwendet an dieser Stelle den Ausdruck eines besonderen grafischen Kommunikationselements (vgl. Zielke, 1991: 75).
Unterschieden wird hier nach Zielke zwischen Shortcopies und Longcopies. Shortcopies sind nicht länger als 5 Sätze und werden optisch durch Absätze, Zwischenüberschriften o.ä. gegliedert. Anstatt wirkliche Produktinformationen zu liefern, dienen sie eher der Erzeugung von Glaubwürdigkeit. Longcopies hingegen sind in der Regel länger als 5 Sätze und enthalten daher weitere Informationen über das beworbene Produkt.
2.2.3 Slogan
Der Slogan unterstützt die Wiedererkennung eines Produkts, einer Marke oder eines Unternehmens und wirkt imagebildend. Der Slogan bezieht sich niemals auf den konkreten Inhalt einer Anzeige, da er anzeigen- und häufig auch medienübergreifend eingesetzt wird. Dank seiner oft sehr langen Lebensdauer, den ständigen Wiederholungen sowie durch seine knappe und prägnante Form soll sich der Konsument den Slogan einprägen und folglich anhand dessen bestimmte Produkte wiedererkennen. Kennzeichnend sind seine relative Kürze sowie die häufige Verwendung des Produkt-, Marken- oder Firmennamen (vgl. Janich, 2005: 48ff).
In der Regel befindet sich der Slogan am Ende einer Anzeige und soll somit für sich allein und selbstständig wirken. Auch wenn der Name eines Produktes oder einer Firma etc. nicht im Slogan selbst enthalten ist, so bilden beide Elemente dennoch eine Einheit. Denn der Slogan steht häufig in enger Verbindung zum Signet, dem Logo oder dem Firmenzeichen.
Verschiedene sprachliche Besonderheiten (Reim, Assonanz, Alliteration u.a.) unterstützen den Slogan in seinem Signalcharakter und erwecken die nötige Aufmerksamkeit beim Rezipienten. Präzise gewählte lexikalische oder grammatikalische Unvollständigkeiten bzw. Mehrdeutigkeiten führen schließlich dazu, dass sich der Rezipient gedanklich mit dem Slogan auseinandersetzt und versucht ihn zu deuten (vgl. Baumgart, 1992: 34ff u. 41ff).[4]
2.2.4 Produktname
Produktnamen besitzen ein hohes werbewirtschaftliches Potential (vgl. Rentel, 2004: 75). Sie nehmen eine Zwischenstellung zwischen Eigennamen und Appellativen ein, da sie wie Eigennamen einzelne Objekte identifizieren können. Andererseits benennen sie auch wie die Appellative ganze Klassen von Gegenständen mit bestimmten Eigenschaften.
Bestimmte Produkte, wie zum Beispiel Tempo sind bereits ins Lexikon eingegangen, da sie genügend Bekanntheit erlangt haben und der Produktname nun wie ein Appellativ verwendet wird. In der Anzeigenwerbung werden die Produktnamen genannt, um auf ein bestimmtes Produkt hinzuweisen. Durch die Produktnamensgestaltung soll der Rezipient ein positives Image und ein Vorstellungsbild mit dem Produktnamen verbinden. Um eben genau diese Funktionen zu erfüllen, muss bei der Wahl eines Namens darauf geachtet werden, dass dieser expressiv, aufwertend und originell ist (Platen, 1997: 45-68 zit. in Janich, 2005: 54) Produktnamen garantieren den Bezug zum Unternehmen und repräsentieren Qualität. Außerdem machen sie die Herkunft eines Produktes erkenntlich(vgl. Janich, 2005: 53).
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es weitere besondere Formen von Textelementen gibt. Dazu zählen Adds, Claims, Inserts und das Logo. Diese sind allerdings im Hinblick auf die Analyse nicht relevant und werden daher im Rahmen dieser Arbeit nicht näher beleuchtet.[5]
3 Anglizismen
3.1 Zum Begriff des Anglizismus
Wie einleitend erwähnt, verfolgt die Reklamesprache sowohl ein psychologisches als auch ein wirtschaftliches Ziel. Es gibt verschiedene, in diesem Kontext betrachtete sprachliche Mittel, die unterschiedlich eingesetzt werden können, um diese Ziele zu erreichen. Dabei gilt es sowohl die Seite des Verfassers der Werbeanzeige als auch die des angesprochenen Kunden zu berücksichtigen (vgl. Schütz, 1968: 113). An dieser Stelle soll gezeigt werden, inwiefern Anglizismen in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Zuerst werden die verschiedenen Entlehnungsformen vorgestellt, um anschließend näher auf die Funktion und Wirkung von Anglizismen einzugehen.
3.1.1 Anglizismus
Der Begriff Anglizismus wird als Oberbegriff für Entlehnungen aus dem amerikanischen und dem britischen Englisch verwendet. Auch Entlehnungen aus den übrigen englischen Sprachbereichen wie z.B. Kanada, Australien und Südafrika werden als Anglizismen bezeichnet. Viele Sprachwissenschaftler haben sich bereits bemüht, die verschiedenen Entlehnungen aus dem Englischen ihrer Herkunft zuzuordnen; eine Aufgabe die sich allerdings als unmöglich erwiesen hat (vgl. Yang, 1990: 7). Beispielhaft sei hier auf Carstensen (1965: 18 zit. in Plümer 2000: 17) verwiesen:
„Bei vielen Wörtern lässt sich die Scheidung zwischen AE und BE nur mit Mühe aufrechterhalten, und die philologische Exaktheit wäre hier nicht gewährleistet, wenn man mehr als `Englisch` sagte.“
Den Erkenntnissen der Sprachwissenschaftler folgend, wird auch in dieser Arbeit keine Unterscheidung zwischen Amerikanismen und Anglizismen getroffen.
3.1.2 Zum Begriff der Entlehnung
Anhand der folgenden Graphik soll die Problematik verdeutlicht werden, die mit der Differenzierung einzelner Anglizismen und deren Integration in die jeweilige andere Sprache einhergeht. Aufgrund der Thematik und dem Umfang dieser Arbeit wird allerdings von einer späteren Differenzierung einzelner Anglizismen abgesehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Fremdsprachliche Entlehnungen im Deutschen nach Bußmann (2002: 194)
Als Entlehnung werden der Vorgang und das Ergebnis von der Übernahme eines sprachlichen Ausdrucks aus einer Fremdsprache in die Muttersprache bezeichnet. Laut Bußmann (2002: 193) geschieht dies, sofern es in der eigenen Sprache keine Bezeichnung für eine neu entstandene Sache oder einen Sachverhalt gibt. Als Gründe sind hier u.a. verschiedene politische, kulturelle, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen (z.B. der Import neuer Produkte oder die Internationalisierung von Fachsprachen) zu nennen. Grundsätzlich werden zwei Arten von Entlehnungen, die lexikalische und die semantische, unterschieden.
3.1.3 Lexikalische Entlehnung
Bei der lexikalischen Entlehnung wird nach dem Grad der Integration in die jeweilige Sprache unterschieden. Dementsprechend wird eine Differenzierung zwischen einem Fremdwort und einem Lehnwort getroffen.
Als Fremdwort wird ein aus einer fremden Sprache übernommenes Wort bezeichnet. Es bezeichnet Gegenstände, Eigenschaften, Tätigkeiten oder Begriffe, die in der eigenen Sprache nicht genau ausgedrückt werden können oder aber in dieser Sprache nicht vorhanden sind. Oftmals stehen aber in der eigenen Sprache sogar gleichwertige oder aber Wörter mit ähnlicher Bedeutung zu Verfügung (vgl. Carstensen, 1967: 20). Im Gegensatz zum Lehnwort (Erläuterung erfolgt im Anschluss) ist das Fremdwort im Hinblick auf Lautung, Flexion und Schreibung noch nicht in das jeweilige Sprachsystem integriert. Laut Bußmann (2002: 226ff) ist die Grenze zwischen beiden Entlehnungsstufen allerdings fließend und kann aufgrund unterschiedlicher Normen bei der Entlehnung nur einzelsprachlich bestimmt werden.
Als Lehnwort wird jenes Wort einer Sprache A verstanden, welches sich in Lautung, Schriftbild und Flexion vollkommen an eine andere Sprache B angeglichen hat (a.a.O.: 2002: 398).
3.1.4 Semantische Entlehnung
Der Begriff Lehnprägung ist der Oberbegriff für alle Formen von semantischer Entlehnung. Bei der Entlehnung in Form von Fremdwörtern und Lehnwörtern wird ein fremdes Wort und dessen Inhalt in die eigene Sprache aufgenommen. Die Lehnprägung hingegen beruht auf der Anpassung der eigenen Sprache an die neuen Inhalte. Die Adaption der neuen Inhalte erfolgt auf unterschiedliche Art und Weise (ebd.). Hierzu wird auf die Grafik auf der vorherigen Seite verwiesen.
3.1.5 Scheinentlehnungen und Mischkomposita
Die von Bußmann vorgeschlagene Klassifizierung von Entlehnungen kann durch Yang noch ergänzt werden. Anstelle von lexikalischem und semantischem Lehngut unterscheidet er zwischen äußerem und innerem Lehngut (vgl. Yang, 1990: 16). Ergänzend zur Untergliederung in Lehnwort und Fremdwort führt er für das äußere Lehngut zusätzlich Mischkomposita und Scheinentlehnungen auf.
Scheinentlehnungen
Eine Scheinentlehnung ist nach Glahn (2000: 36)
„[…] eine `Entlehnung` aus dem Gut einer fremden Sprache, wobei die Gebersprache den scheinbar entlehnten Wert nicht bereithält.“
Andere Wissenschaftler verwenden diesbezüglich Begriffe wie Sekundärentlehnungen, Falschentlehnungen, Pseudoanglizismen, Pseudoentlehnungen oder Geisterwörter.[6] Es gibt drei verschiedene Kategorien von Scheinentlehnungen: die Lehnveränderung, die lexikalische und die semantische Scheinentlehnung (Yang, 1990: 16). Von einer weiteren Erläuterung wird im Rahmen dieser Arbeit abgesehen.
Mischkomposita
Als Mischkomposita werden Wörter bezeichnet, die zum Teil aus fremdem Wortgut bestehen. Es wird zwischen zusammengesetzten Adjektiven, zusammengesetzten Verben und zusammengesetzten Nomina unterschieden. Letztgenannte werden als Mischkomposita bezeichnet (Glahn, 2000: 38). Laut Yang (1990: 14ff) lassen sich zwei Arten von Mischkomposita unterscheiden: Die erste Gruppe bilden Wortverbindungen, die nach englischem Vorbild gebildet werden. Die Wortverbindungen der zweiten Gruppe werden ohne englische Vorlage gebildet. Des Weiteren macht Yang darauf aufmerksam, dass es häufig schwierig ist, herauszufinden, ob der Ausdruck bereits in der englischen Sprache vorhanden ist und ob das Mischkompositum also nach englischem Vorbild gebildet wurde oder nicht.[7]
3.2 Zur Wirkung und Funktion von Anglizismen in der Werbung
Eine eindeutige Differenzierung zwischen der Wirkung und der Funktion einzelner Anglizismen ist oft nicht möglich. Die Funktionen gehen beim Verfassen einer Werbeanzeige eher vom Sender aus. Die Wirkungen hingegen sind empfängerbezogen. Auszugsweise sollen im Folgenden die von Schütz und Elsen erarbeiteten Funktionen und Wirkungsweisen von Anglizismen vorgestellt werden. Morphologische, sowie syntaktische Funktionen werden aufgrund der Komplexität dieses Themenbereichs nicht berücksichtigt.[8]
Schütz nennt in seinen Ausführungen als Erstes die sprachliche Kürze eines Anglizismus. Im Englischen gibt es zahlreiche einsilbige Ausdrücke (z.B. job, look, show u.a.), die dem Bedarf der Werbung nach kurzen, bündigen und aussagekräftigen Wörtern nachkommen (vgl. Schütz, 1968: 114). Auch Elsen (2008: 91) impliziert eben Gesagtes am Beispiel von Team anstelle von Arbeitsgruppe, oder Test anstelle von Prüfung. Auch die sprachliche Ausdruckskraft der Anglizismen ist ein entscheidender Vorteil für die Verwendung in der Werbesprache. Schütz (1968: 117) spricht hier dank der Auffälligkeit und Schlagkraft von Anglizismen von einem psychologischen Sieg über den Leser.
Da in der Werbesprache häufig verwendete Begriffe und Ausdrücke schnell veraltet und abgenutzt wirken, sind Werbetexter ständig auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten (a.a.O.: 1968: 120), die in Form von Anglizismen geboten werden können. Englische Elemente sollen fremd wirken und die Aufmerksamkeit des Lesers gewinnen, um diesen vom Weiterblättern abzuhalten. Dazu wird die Schreibweise von bereits integrierten Wörtern oftmals wieder rückgängig gemacht. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, integrierte Wörter durch neue und bedeutungsähnliche Wörter zu ersetzen (vgl. Janich, 2005: 111).
Des Weiteren führt Elsen (2008: 91) die positiven Konnotationen auf, die oft mit Anglizismen verbunden werden. Boss beispielsweise klingt wesentlich positiver und moderner als z.B. Vorgesetzter. Hinzu kommen verschiedene mit einem Anglizismus in Verbindung gebrachte Assoziationen, die insbesondere für die Werbung sehr wichtig sind. Laut Elsen vermitteln englische Elemente in der Zigarettenwerbung die Vorstellung von Freiheit und Weite. Im Bereich der Kosmetikwerbung implizieren die englischen Elemente oftmals Internationalität, Individualität, Weltoffenheit, Jugend und auch Lebensfreude. Nicht zu vergessen seien an dieser Stelle die sogenannten Pseudo-Fachwörter, besonders im Bereich der Technik, die dem Leser technischen Fortschritt und auch Qualität eines Produktes vermitteln sollen (ebd.). An dieser Stelle erscheint es jedoch wichtig, auch auf den Effekt der sprachlichen Verhüllung zu verweisen. Schütz macht darauf aufmerksam, dass die Gefühle eines Kunden teilweise geschont werden können, indem bestimmte Dinge, wie z.B. face-lifting, nicht bei dem in der Heimatsprache verwendeten Namen genannt werden. Des Weiteren wird es den Werbetreibenden mit Hilfe von Anglizismen ermöglicht, leichtgläubigen und ungebildeten Kunden vorteilhafte Eigenschaften eines Produkts vorzutäuschen. Gleichgültige und bekannte Informationen werden als besonders und neu dargestellt. Gleichermaßen kann Negatives vertuscht werden (vgl. Schütz, 1968: 129ff).[9]
Mit welcher Frequenz und an welchen Stellen ein Anglizismus verwendet wird hängt von den Wertethematisierungen, der Produktgruppe und der Zielgruppe ab, an die eine Anzeige gerichtet ist.[10]
[...]
[1] Vgl. zur persuasiven Funktion von Sprache weiter Janich, 2005: 85ff
[2] Mit esoterischer Kommunikation ist die interne Verständigung einer Klasse oder Gruppe über Lebensformen, Ideen, und gemeinsame Interessen gemeint. Der Begriff stammt aus der Politologie (vgl. Römer, 1971: 205).
[3] Vgl. hierzu auch Janich, 2005: 36
[4] Vgl. zum Thema Slogan auch Zielke, 1991: 84ff und Rentel, 2004: 75
[5] Vgl. zum Thema Adds, Inserts und Claims auch Janich, 2005: 58ff und Zielke, 1991: 71 u. 85
[6] Vgl. hierzu Glahn, 2000: 36
[7] Vgl. hierzu Glahn, 2000: 38ff
[8] Vgl. hierzu Schütz, 1968: 115ff
[9] Kupper (2003: 24f) verweist in ihrer Arbeit zusätzlich auf außersprachliche Gründe für den Fremdwortgebrauch
[10] Vgl. hierzu weiter Schütte, 1996: 231ff
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Erstausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2010
- ISBN (PDF)
- 9783955495749
- ISBN (Paperback)
- 9783955490744
- Dateigröße
- 981 KB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Hildesheim (Stiftung)
- Erscheinungsdatum
- 2015 (Februar)
- Note
- 1
- Schlagworte
- Werbung Sprachpolitik Französisch Sprache Sprachpurismus Anglizismus
- Produktsicherheit
- BACHELOR + MASTER Publishing